Zwischenbericht Aufgabenübertragung auf Notare

  • Anliegend als PDF-Datei der




    Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

    „Aufgabenübertragung auf Notare“

    mit einem umfangreichen Fragenkatalog

    edit: Damit wir den Bericht nicht doppelt in der Datenbank haben, habe ich den Anhang entfernt. Der Bericht ist auch hier eingestellt.

  • Quelle: bdr-hamburg.de

    Der Bundesvorsitzende des BDR, Hinrich Clausen, hat sich in einer Stellungnahme an das BMJ kritisch mit dem Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Aufgabenübertragung auf Notare" beschäftigt. Dieser Bericht ist nach einem Beschluss der Justizministerkonferenz Grundlage für die weiteren Überlegungen. Er enthält Vorschläge für die Übertragung von gerichtlichen Aufgaben auf die Notare insbesondere im Bereich des Nachlassrechts, aber auch im Familien- und im Registerrecht.

    Stellungnahme BDR (pdf)http://www.bdr-hamburg.de/hp-doc/stellun…j13-08-2005.pdfhttp://www.bdr-hamburg.de/hp-doc/stellun…j13-08-2005.pdf

  • Im einem "Sonderkurier" des Verbandes Bayerischer Rechtspfleger vom August 2005 ist der Festvortrag des Präs. des BayObLG (namentlich nicht genannt) anlässlich der Delegiertenversammlung am 16.07.2005 abgedruckt.

    Sein Thema lautete: "Erneut Große Justizreform - Stellung und Bedeutung der freiwilligen Gerichtsbarkeit am Beispiel des Nachlassgerichts".

    Im Ergebnis hält der Vortragende die Übertragung der Nachlassverfahren auf die Notare für einen Irrweg. Die Tätigkeit der Notare sei auf Beratung und Betreuung in rechtlichen Angelegenheit und die Gestaltung entsprechender Urkunden und nicht die Entscheidung potentiell streitbefangener Erbsachen ausgerichtet. Zudem sei mit der Übertragung ein Abbau von Rechtsstaatlichkeit verbunden. Diese beruhe nicht nur auf die Funktionstüchtigkeit von Straf- und Zivilgerichten, sondern auch auf dem Vertrauen der bevölkerung darauf, bei den gerichten einen in jeder Beziehung unabhängigen und von keinerlei Interessen abhängigen Amtsträger für die Entscheidung über alle essentiellen rechtlichen Streitfragen zur Verfügung zu haben. Nachlasssachen müssen man als essentielle Streitfragen betrachten.

    Eigentlicher Grund meines Beitrages ist aber ein Aspekt, der die Interessen der Notare an einer Übertragung beleuchtet. Es gehe den Notaren in erster Linie wohl nicht um eine zusätzliche Einnahmequelle.

    Die Notare hätten ein ganz anderes Problem: die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Seit längerem spürten sie den heißen Atem des Wettbewerbskommissars aus Brüssel im Nacken. Er zeige wenig Verständnis dafür, dass bei der freiberuflich ausgeübten notariellen Beratung und Betreuung von Mandanten grenzüberschreitende Konkurrenz ausgeschlossen sein soll. Brüssel äußere erhebliche Zweifel daran, dass der Vorbehalt des EU-Vertrages für den öffentlichen Dienst auf die Notare anwendbar sei. Gäbe es gegenüber diesen Zweifeln ein besseren Gegenbeweis als die Übernahme von Aufgaben, die bisher nicht nur staatlichen Amtsträgern, sondern den Gerichten vorbehalten waren? Man könne das Interesse der Notare an den Aufgaben der Nachlassgerichte verstehen.

    Dadurch entstehe eine paradoxe Konstellation: Auf der einen Seite die Justizminister, die aus Haushaltsgründen bisher der Rechtsprechung vorgehaltener Aufgaben auf außerhalb des öffentlichen Dienste stehende "Dienstleister" geschlossen übertragen wollten. Auf der anderen Seite die Notare, die dieselbe Aufgabe als Nachweis für ihre den öffentlichen Dienst zuzurechnende, dem freien Dienstleistungverkehr nicht unterliegenden Aufgabenstellung gegenüber Brüssel anstrebten.

    Vielleicht wird der Sonderkurier ja irgend wann auch noch auf rechtspflegerverband-bayern.de/kurier veröffentlicht

  • bischen arrogant der bayrische vortragende: der notar ist auch unabhängiger amtsträger. und überhaupt: die erbverträge und testamente materiell-rechtlich gestalten, den erbscheinsantrag beurkunden soll er können, aber das sich daraus ergebene zeugnis über das erbrecht nicht ausstellen können? wer soll mit soner begründung überzeugt werden?

    und dort, wo der richter nicht mehr nachlaß macht, wird sich die ganze argumentation noch weniger tragen lassen. dann heisst es nämlich mal wieder volljurist (= notar) vs. rechtspfleger. und wir wissen ja alle, wen die öffentliche und politische meinung für befähigter hält.

  • Zitat

    die erbverträge und testamente materiell-rechtlich gestalten, den erbscheinsantrag beurkunden soll er können, aber das sich daraus ergebene zeugnis über das erbrecht nicht ausstellen können? wer soll mit soner begründung überzeugt werden?

    Niemand, denn jeder Praktiker bei Nachlassgerichten weiß, wie häufig zumindest Nebenher-Notare daneben liegen, und die Politik wird sich nicht überzeugen lassen.

    Zitat

    dann heisst es nämlich mal wieder volljurist (= notar) vs. rechtspfleger. und wir wissen ja alle, wen die öffentliche und politische meinung für befähigter hält.

    Wenn der Maßstab jetzt nicht Informierte oder politisch motiviert Handelnde sind, ...

  • Zur Ehrenrettung des Vortragenden: An der Seriösität der Interessenten (=Notare) gebe es ebensowenig Zweifel wie an der grundsätzlichen Eignung, jedenfalls wenn man vom Nurnotariat ausgehe. Es handele sich bei den Notaren um einen angesehen und hochqualifizierten Berufsstand.

    Sie hätten viel Erfahrung in erbechtlicher Beratung. Er lasse es dahingestellt, welche Abstriche von dieser These bei den Anwaltsnotaren zu machen sei.

  • Auflösung der Nachlassgerichte?
    Viel wichtiger scheint es mir zu sein, darüber zu reden, dass die Nachlaßgerichte künftig wohl aufgelöst werden sollen, weil die Nachlaßsachen auf die Notare übertragen werden. Das ist doch Irrsinn!! Die Nachlasssachen wurden bisher nachweislich von den Amtsgerichten mehr als kostendeckend und sehr gut bearbeitet.
    Fehler von Anwaltsnotaren oder sonstigen schwächeren Notaren konnten dann beim Nachlaßgericht aufgedeckt werden. Will man hier den Notaren nur eine weitere Einnahmequelle zuschustern? :teufel: :teufel: :teufel: Das Aufgabengebiet des Rechspflegers wird um ein wichtiges Feld eingeschränkt!! Auch der einfache Bürger konnte bisher ohne Barriere beim Nachlaßgericht allgemeine Auskünfte zu nachlassrechtlichen Fragen erhalten ohne extra einen kostenpflichtigen Notar oder Anwalt aufsuchen zu müssen. Hier sollten sich die Rechtspflegerverbände schnellstmöglichst für die Interessen der Bürger einsetzen und damit auch für die Belange der Rpfl. Und zwar schnellstmöglich und sehr effektiv.

  • interesse des bürgers? m. E. fraglich.

    wenn der bürger beim notar wg. erbschein vorstellig wird, kann er auch fragen, was er wissen muss, ohne dass es extra kostet. insgesamt dürfte der bürger den service beim notar als angenehmer empfinden. einziger vorteil bei gericht ist, dass er die USt. spart.

    und die überzeugungsarbeit der rechtspflegerverbände ist m. E. bisher mehr als untauglich. ausser kostendeckung und bürgernähe zu rufen, hab ich noch nix konstrutiv-sinnvolles gelesen.

  • So, siehste Leute, jetzt ist es soweit. Die Bund-Länder-Gruppe hat sich für die Übertragung der Nachlasssachen auf Notare ausgesprochen.

    http://www.justiz.nrw.de/JM/justizpolit…nz05/III_1.html

    na dann man mal viel Spaß

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Und welche qualifizierten Aufgaben bleiben für den Rechtspfleger übrig, wenn die Nachlaßsachen weg sind.
    Jetzt wo auch die Erteilung des Erbscheins bei testamentarischer Erbfolge auf den Rpfl. übertragen wurde.
    Wenn ein notarielles Testament vorhanden ist, dann wird ja eh kein Erbschein erteilt sondern nur dieses Testament eröffnet etc.
    Der Rpfl. kann zukünftig als "Schreibkraft" beim Notar arbeiten oder bei Gericht Formblätter zwecks Bescheinigung als "Europäischer Vollstreckungstitel" ausstellen. Das machen in Österreich zwar die Richter, in Deutschland aber die braven Rechtspfleger in A 9.
    Die haben ja genug Zeit. In Bayern gibts ja für die
    bayerischen Beamten schon seit Jahren die 42 Stundenwoche!

  • Ich halte von der Übertragung der Nachlasssachen auf die Notare nichts. Die haben ja schon angedeutet, dass das zum bisherigen Tarif eh nicht zu machen sein dürfte. Allerdings...

    ...es will mir nicht in den Kopf, warum wir Rechtspfleger eine derart verblüffend inhomogene Gruppe darstellen, die es ums Verrecken nicht schafft, stichhaltige Argumente an der richtigen Stelle überzeugend vorzutragen. Etliche Aktivitäten der Rechtspflegerverbände kommen bei mir als Lachnummer an, die sind auch leicht zu ignorieren, weil es kein Geheimnis ist, wieviele Rechtspfleger denen nicht angehören. Ohne Masse aber kein Gehör, ohne Gehör kein Erfolg, ohne Erfolg keine Masse, das ist der Teufelskreis. Medienpräsenz? Die Jahrestagungen des Bundes finden meist an einem Ort statt, von dem die meisten Menschen nicht einmal wissen, dass es ihn gibt. Dagegen beherrscht der deutsche Richtertag alljährlich für einige Tage die Medien. Komisch...
    Sogar die Gewerkschaft der Polizei hat es geschafft, zu einem positiven Image zu kommen. Das war vor 10/15 Jahren noch anders.
    Und hinterher jammern dann alle Rechtspfleger (nun als homogene Gruppe), welch schlimme Verluste für den Rechtsstaat etcpp...

    Warum ist das so?
    Wie ließe sich das ändern?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • zu dem empfehlungen der bund-länder-gruppe frage ich mich, was das bringen soll:

    die zentrale testamentskartei ist sicher sinnvoll und die will die justiz sich nicht aufladen, soweit ok. aber :

    "Notare sollen künftig allein für die Aufnahme von Nachlassverzeichnissen und für Nachlassauseinandersetzungen nach §§ 86 ff. FGG zuständig sein."
    - ist doch voll der exot, diese zuständigkeit, hab ich in der praxis noch nicht erlebt.

    dann: "notarielle Vollmachtsbescheinigungen als Eintragungsgrundlage erstellen, neben dem Grundbuchamt Grundbucheinsicht gewähren und Grundbuchausdrucke erstellen."

    - vertretungsbescheinigungen macht der notar auch jetzt schon und ins online-grundbuch leute einsehen zu lassen, entlastet allenfalls die geschäftsstellen.

    "über die Erteilung weiterer vollstreckbarer Ausfertigungen notarieller Urkunden entscheiden."

    - macht zwar sinn, kommt aber auch nur sehr selten vor.

    "Notare sollen allein befugt sein, Scheck- und Wechselproteste aufzunehmen. "

    - proteste kommen heute auch so gut wie gar nicht mehr vor. ist zudem neben GVZ sowieso schon jetzt der notar zuständig.

    alles in allem nahezu wertlose reformvorschläge.

  • Hoi, da hast Du was nicht verstanden, es soll künftig kein Nachlaßgericht mehr geben, weil diese Aufgaben insgesamt auf die Notare übertragen werden und nicht nur die von dir genannten Exotenaufgaben. Die wären ja das wenigste. Aber der Erbschein soll künftig vom Notar erteilt werden und nicht mehr vom Nachlaßgericht
    (Rechtspfleger). :teufel: Es wird also künftig weder einen Nachlaßrichter noch einen Nachlaßrechtspfleger samt
    Geschäftsstellenpersonal geben und auch die Einnahmen werden dem Fiskus fehlen,weil künftig die Notare kassieren plus Mwst. (Mwst. dann für Fiskus).

  • ach so. kam aus dem artikel nicht so klar raus.

    interessant finde ich, dass seitens der rpfl. in den reformgesprächen immer die wirtschaftlichkeit als argument hervorgebracht wird, die bisher komischer weise keinen groß interessiert hat. denn wenn ein rpfl. z. b. einen pfüb auch nur anfasst, hat die justiz schon verlust gemacht. das register mit seinen eher bescheidenen festgebühren ist auch nicht mehr der große wurf. betreuung/vormundschaft ist eh nicht lukrativ.

    ich denke, qualitative oder zweckmäßigkeitsargumente wären eine bessere diskussionsgrundlage. schließlich ist die justiz ja kein wirtschaftsunternehmen - der justizgewährungsanspruch folgt aus dem rechtsstaatsprinzip und muss auch erfüllt werden, wenn für die staatskasse keine kohle mit zu machen ist.

  • Zitat

    denn wenn ein rpfl. z. b. einen pfüb auch nur anfasst, hat die justiz schon verlust gemacht. das register mit seinen eher bescheidenen festgebühren ist auch nicht mehr der große wurf. betreuung/vormundschaft ist eh nicht lukrativ

    Eben. Wobei "nicht lukrativ" eine schöne Umschreibung für die aus justiz-fiskalischer Sicht desaströsen Betreuungsverfahren sind. Deswegen braucht die Justiz auch zwingend ein paar Verfahren, die mehr als kostentragend sind. Ich will hier jetzt keinen Vortrag über Refinanzierungsquoten etc. halten, die über kurz oder lang den Bach runter gehen. Fakt ist aber: wenn die Entwicklung tatsächlich in die Richtung geht, die "lukrativen Verfahren" allesamt auf Pontius und Pilatus zu übertragen, wird mittelfristig eine drastische Erhöhung der Gebühren in den dann verbliebenen Verfahren die logische Konsequenz sein. Und ob das das gewünschte Ergebnis sein kann ? :gruebel:

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