Rechtsnachfolgeklausel Vergleich des Sozialgerichts

  • Gilt § 278 VI ZPO auch beim Sozialgericht? Oder gibt es da eine Spezialvorschrift zum Abschluss eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren?

    Bin etwas irritiert, ich habe hier einen Antrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel für eine Rentenversicherung auf Grund einer Einigung vor dem Sozialgericht, da werden mir allerhand Unterlagen vorgelegt (natürlich nur Kopien, Urkunden könnten ja verloren gehen :wechlach:), z. B. der Vergleichsabschluss durch das Sozialgericht, die Schreiben der Parteien, dass sie den Vergleich annehmen und dann ein Schreiben der Geschäftsstelle "Das Vergleichsangebot vom ... wurde angenommen. Der Rechtsstreit ist damit in der Hauptsache erledigt. Auf richterliche Anordnung...":eek:

  • Für die Klauselerteilung dürfte doch naheliegenderweise das Sozialgericht zuständig sein. Nur weil es im Kapitel über Vollstreckung (§ 199 SGG) einen Verweis in die ZPO gibt, heißt das nicht, das auch die selben Zuständigkeiten gelten. :confused:

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Leider nicht. Der Titel, bzgl. dessen die Rechtsnachfolgeklausel beantragt wird, ist vom Amtsgericht. Seltsamerweise wurde die Forderung abgetreten (vom Landkreis an die Rentenkasse), und zwar in einem Vergleich des Sozialgerichts. Aber danke fürs Mitdenken. Vielleicht steh ich ja auch völlig auf dem Schlauch.

  • Na dann soll man den Nachweis halt mit öffentlich/en (beglaubigten) Urkunden führen.
    Vielleicht gesteht ja der Schuldner bei Anhörung die Rechtsnachfolge zu.

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    (Heinz Becker)

  • Ja, lieber Tommy, § 727 ZPO kenne ich natürlich (ist fast ein Lieblingsparagraph von mir, da kann ich so schön klugscheißen :)). Ich möchte ja die vorgelegten Belege beanstanden.

    Und es wäre halt peinlich, wenn ich verlangen würde, den Vergleich vorzulegen, wenn es den gar nicht in Beschlussform gibt wie im ZPO-Verfahren, sondern wenn der tatsächlich zustande käme durch Vorschlag des Gerichts und Annahmeerklärung der beiden Parteien. Ich sollte doch vorher wissen, welche Dokumente genau in der Form des § 727 ZPO vorgelegt werden sollen.

    You see?

  • You see?

    Wenn du so genau nachfragst: Allerdings, ja, denke schon. Hab´nämlich schonmal beruflich mit Klauselerverfahren zu tun gehabt. :cool: Können ja mal versuchen zusammen etwas klug zu scheißen. :teufel:


    Meine Zwischenverfügung würde im Mittelteil ungefähr so aussehen:
    "Die Rechtsnachfolge ist nicht gem. § 727 ZPO mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden nachgewiesen.
    Legen Sie bitte innerhalb von 4 Wochen die entsprechenden Nachweisurkunden in der Form des § 727 ZPO vor."

    Wenn man jedesmal auf alle denkbaren Abhilfemöglichkeiten hinweisen würde, müsste man ja fast Bücher schreiben.

    Allerdings und daher mein obiger Hinweis: Wenn sich beide Parteien bereits einmal verglichen haben, ist der Schuldner ja ggf. bereit die RNF zuzugestehen. Daher würde ich vor einer weitausholenden Zwischenverfügung erstmal diesen anhören. Macht hier vielleicht sogar die Arbeit ein bisschen einfacher.

    Über § 202 SGG findet im Übrigen § 278 Abs. 6 ZPO Anwendung. ;)

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    (Heinz Becker)

  • Leider sehe ich den Thread erst jetzt, denn ich muss allen Vorpostern widersprechen.

    Also:

    § 278 Abs. 6 ZPO ist auch im Sozialgerichtsverfahren anwendbar. Es handelt sich hierbei um eine Regelung über den prozessualen Vergleich. Ein Vergleich hat bekanntlich eine Doppelnatur. Er ist Rechtsgeschäft und prozessualer Vorgang. § 278 Abs. 6 ZPO regelt nur den prozessualen Vorgang, nämlich die Titulierung des Vergleichs anstelle einer Protokollierung im Termin in einer Art statt dessen möglichen schriftlichen Verfahren.

    Deine Sachverhaltsschilderung unter # 1 besagt jedoch, dass das Verfahren prozessual nicht verglichen, sondern erledigt ist. Die von Dir beschriebene Verfahrensweise, dass der Vergleichsvorschlag angenommen wird, kommt im Verhältnis zu Sozialversicherungsträgern, die vor dem SozG verklagt werden, dauernd vor. Auf diese Weise wird aber nur der rechtsgeschäftliche Vergleich geschlossen (in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Behörde). Prozessual liegt hingegen kein Vergleich vor, sondern die Erledigung des Rechtsstreits.

    Damit fehlt es schon am Titel, der vor dem Sozialgericht erwirkt worden wäre. Deshalb gibt es hier weder eine Klausel, geschweige denn eine Rechtsnachfolgeklausel. Soweit Du schreibst, es gebe auch noch einen Titel vom Amtsgericht, verstehe ich den Sachverhalt nicht.

  • Leider sehe ich den Thread erst jetzt

    S´gibt schlimmeres! :teufel:


    Nach der exakten Wortwahl des § 101 SGG erledigt auch der gerichtlich protokollierte Vergleich oder ein Beschlussvergleich zwangsläufig das Verfahren (ganz oder teilweise). Daher kann man aus der angeführten Formulierung nicht notwendigerweise ableiten, ob es sich um einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich handelt.

    Aber es ist nicht das Problem des Rechtspflegers, der die Klausel erteilen soll. Der Antragsteller möge den Nachweis der Rechtsnachfolge in der vorgeschriebenen Form führen. Kann er dazu einen Beschlussvergleich vorlegen ist das schön, wenn nicht ebenfalls.

    Wie gesagt, hier könnte eine Anhörung des Schuldners alle Probleme lösen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. 7. 2005 - VII ZB 23/05 ).

    Damit fehlt es schon am Titel, der vor dem Sozialgericht erwirkt worden wäre. Deshalb gibt es hier weder eine Klausel, geschweige denn eine Rechtsnachfolgeklausel. Soweit Du schreibst, es gebe auch noch einen Titel vom Amtsgericht, verstehe ich den Sachverhalt nicht.

    Steht in #3 ;)

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hallo Tommy und Titus, da ward Ihr ja richtig fleißig und habt mir schon sehr weitergeholfen, vielen Dank! Es kann also einerseits sein, dass es einen gerichtlichen Vergleich gemäß § 278 VI ZPO iVm § 202 SGG *) gibt, dann soll der gefälligst mal vorgelegt werden. :D Kann aber auch sein, so wie Titus sagt, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben, dann haben wir keinen Nachweis in der Form des § 727 ZPO für die behauptete Rechtsnachfolge.

    Bliebe alternativ natürlich in beiden Fällen noch das Zugeständnis des Schuldners. Das ich allerdings für unwahrscheinlich halte, denn soweit ich aus den vorgelegten Unterlagen verstehe, war der in dem Verfahren des Sozialgerichts gar nicht beteiligt (kann das sein?).

    *) so weit hinten im Gesetz, da hätte ich lange suchen müssen, wenn ich es allein gemacht hätte. Danke!

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