§ 17 II InsO - Legaldefinition?

  • Handelt es sich bei § 17 II 1 InsO ("Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen") um eine Legaldefinition, die auch außerhalb der InsO Geltung beansprucht?

    Ich habe hier nämlich einen Schuldner, der - nachweislich - schon nicht in der Lage war, (über-)fällige und kurz vor der Titulierung stehende Bankverbindlichkeiten von rund 100.000 Euro zu bedienen, gleichwohl aber ein Grundstück für noch einmal dieselbe Summe kaufte - das er natürlich ebenfalls nicht bezahlt hat, wovon auch. Das Zivilgericht fordert von mir als Gläubigervertreter nun Vortrag zu den Aktiva des Schuldners; Kaffeesatzlesen gehört aber nicht zu meinen Stärken.

  • Schmidt: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Auflage 2007
    Autor: Schröder

    Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Der Gesetzgeber hat bei der Neudefinition der Zahlungsunfähigkeit bewusst von den Merkmalen der Dauer, des ernsthaften Einforderns und der Wesentlichkeit abgesehen, wobei es in der Begründung zum Regierungsentwurf allerdings ausdrücklich heißt, dass vorübergehende Zahlungsstockungen und ganz geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht bleiben sollen (BegrRegE BT-Drucks. 12/2443 S. 114). Nach der Grundsatzentscheidung des BGH v. 24.05.2005 (BGHZ 163, 134 [BGH 24.05.2005 - IX ZR 123/04] = ZInsO 2005, 807 ) liegt Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne regelmäßig jedenfalls dann vor, wenn der Schuldner 10 % oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten länger als drei Wochen nicht erfüllen kann, sofern nicht ausnahmweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist. Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke weniger als 10 % liegt Zahlungsunfähigkeit nur vor, wenn bereits absehbar ist, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird (BGH a.a.O).

  • Die Legaldefinition gilt außerhalb der Insolvenzordnung.

    Allerdings wirst Du nicht umhin kommen, darzulegen, dass der Schuldner nicht in der Lage war, seine fälligen Verbindlichkeiten im Wesentlichen zu erfüllen. Dies ist nämlich dann der Fall, wenn die innerhalb von drei Wochen zu erzielenden liquiden Mittel des Schuldners nicht ausreichen, die Verbindlichkeiten zu mindestens 90 % zu erfüllen. Am Besten Du schaust mal in eine Kommentierung zum § 17 II InsO, dann weißt Du, was Du darlegen musst.

    Ich gehe aber davon aus, dass das Gericht eine Aufstellung der Aktiva zu Recht fordert.

  • Ich gehe aber davon aus, dass das Gericht eine Aufstellung der Aktiva zu Recht fordert.

    Wäre schon bitter, wenn trotz non liquid (des Schuldners) non liquet ergeht. Aber wenn ich die von Rainer genannte BGH-Entscheidung richtig verstehe, geht es gar nicht um Aktiva (die ja u.U. längerfristig gebunden sein können), sondern um Liquida, also um das, was der Schuldner binnen drei Wochen flüssig machen kann. Sollte da nicht der Umstand, daß unstreitige (und zwischenzeitlich auch titulierte) Bankschulden von 100.000 Euro über den Zeitraum eines Jahres offen blieben, nicht ausreichen? Ich kann dem Schuldner ja nicht in die Tasche - oder aufs Bankkonto - schauen.

  • Es geht tatsächlich um Aktiva, die innerhalb von drei Wochen flüssig sind oder vom Schuldner flüssig gemacht werden können.

    Von den offen gebliebenen Bankschulden auf die Zahlungsunfähigkeit zu schließen ist heikel. Häufiger Einwand ist dann, das die Forderungen streitig waren oder aus anderen Gründen Zahlungsunwilligkeit bestand. Des Weiteren ist es auch problematisch, wenn Forderungen durch die Bank mehr oder weniger stillschweigend gestundet werden. Etwas anderes würde dann gelten, wenn ein Schreiben des Schuldners vorliegen würde, dass er nicht zahlen kann.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!