Geschäftsgründung durch Minderjährigen

  • Kein Mandat, sondern ein typischer "nach-dem-zweiten-Bier-sag-mal-du-bist- doch-Anwalt -Fall", den ich mit dem dritten Bier abgewürgt habe:
    es soll eine GmbH gegründet werden, Alleingesellschafter soll ein Mijä (ca. 6 Jahre alt) sein, der GF wäre der Herr Papa. Erklärter Sinn der Übung (den man natürlich offiziell nicht verlauten lassen will) ist Abgreifen von Förderungen wg. Einstellung des über 50jährigen Papas, Ersparung von Erbschaftssteuern irgendwann in der Zukunft und ähnliches mehr.
    Mal ganz davon abgesehen, dass ich die Gründe nachvollziehen, aber nicht billigen kann..
    muss so eine GmbH-Gründung nicht vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden? Ist es üblich, solche Konstruktionen so genehmigen? Ich habe null Erfahrung in dem Bereich, aber ich würde solche Sachen pauschal ablehnen.

  • Nach § 1822 Nr. 3 BGB wäre auf jeden Fall eine gerichtl. Genehmigung erforderlich. Ob diese durch das FamG oder das VormG zu erfolgen hätte, kommt darauf an, ob für die Eltern ein Vertretungsauschluss nach §§ 1629, 1795 und 181 BGB besteht und somit ein Ergänzungspfleger für das Kind handeln muss oder ob die Eltern das Kind wirksam selbst vertreten können.

    Ob man genehmigen kann, hängt davon ab, was für Vorteile und Risiken das alles für das Kind birgt. Im Moment sehe ich aus Sicht des Kindes noch keinen wirklichen Vorteil aber dafür jede Menge Haftungsrisiken.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Nach § 1822 Nr. 3 BGB wäre auf jeden Fall eine gerichtl. Genehmigung erforderlich. Ob diese durch das FamG oder das VormG zu erfolgen hätte, kommt darauf an, ob für die Eltern ein Vertretungsauschluss nach §§ 1629, 1795 und 181 BGB besteht und somit ein Ergänzungspfleger für das Kind handeln muss oder ob die Eltern das Kind wirksam selbst vertreten können.

    Ob man genehmigen kann, hängt davon ab, was für Vorteile und Risiken das alles für das Kind birgt. Im Moment sehe ich aus Sicht des Kindes noch keinen wirklichen Vorteil aber dafür jede Menge Haftungsrisiken.




    Sehe ich wie Ulf, und ich hatte in 6 Jahren Familienabteilung nicht einen einzigen entsprechenden Genehmigungsantrag für eine Geschäftsgründung auf dem Tisch . . . ;)

  • Ob man genehmigen kann, hängt davon ab, was für Vorteile und Risiken das alles für das Kind birgt. Im Moment sehe ich aus Sicht des Kindes noch keinen wirklichen Vorteil aber dafür jede Menge Haftungsrisiken.


    Naja, eine GmbH birgt ja erstmal kein Risiko. Alle Haftungstatbestände und Pflichten betreffen den GF. Als Vorteil kann man ja vielleicht sehen, dass der Mijä irgendwann keine Erbschaftssteuer zahlen muss, da der Laden ihm schon gehört..aber trotzdem sträubt sich alles.

  • Ich würde auch immer mit dem Argument kommen, dass dem Betroffenen nicht nur keinen Nachteil entstehen darf, sondern einen Vorteil bringen muss. Im übrigen sind immer nur die Interessenen des Betroffenen und nie die anderer Personen (z.B. Angehörige) maßgeblich. Oft schrumpft der Vortrag der Antragsteller dann beträchtlich.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • naja..die Steuer halt, weil wenn der Laden wie wild boomt...
    aber danke schon mal; ich merke, alle haben Bauchschmerzen und das ist gut so.
    wundert mich nur, dass sowas nicht häufiger vorkommt.

  • Genau den hier geschilderten Fall hab ich jetzt auf dem Tisch...

    Ein 15-jähriger soll Alleingesellschafter einer GmbH werden. Vater wird Geschäftsführer, Mutter Prokurist.

    Die Großmutter verpflichtet sich im Wege der Schenkung, für den Gesellschafter das Stammkapital einzuzahlen.

    Was mir problematisch erscheint:

    - was passiert wenn die Großmutter ihrer Verpflichtung zur Einzahlung der
    Stammeinlage nicht nachkommt?

    - persönliche Haftung bis Eintr.: eigentlich nur für "Handelnde", also
    Geschäftsführer; trotzdem irgendein Haftungsgrund des Minderjährigen
    denkbar?

    In der Belehrung des Notars steht noch folgendes:

    "bei Vorbelastung des Gesellschaftsvermögens über den festgesetzten Gründungsaufwand hinaus besteht eines Differenzhaftung der Gründungsgesellschafter"

    In der Urkunde steht, dass die Gesellschaft den Gründungsaufwand (z. B. Beurkundung, Anmeldung, Gründungsberatung) bis 2.000 EUR trägt.
    Schon daraus ergibt sich ja eine persönliche Haftung d. Mj....

    Habe bei dieser Sache kein so gutes Gefühl und wäre dankbar für Erfahrungen, Hinweise etc.

  • Ich würde im Rahmen einer Zwischenverfügung auf die Bedenken bzgl. der Genehmigungsfähigkeit hinweisen und dazu auffordern, das Warum des ganzen näher zu erläutern.
    Den 15-jährigen sollte man im Übrigen ruhig schonmal vorab dazu (alleine) persönlich anhören.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Das werde ich auch noch machen: Anhörung des Minderjährigen und Befragung der Eltern nach den Beweggründen.

    Evtl. auch Bestellung eines Verfahrenspflegers.

  • Naja,

    ein Verfahrenspfleger ist bei einem 15-Jährigen eigentlich nicht mehr nötig § 59 II FGG.
    Im übrigen muss wie bereits ewähnt , der wirtschaftl. Vorteil für das Kind überwiegen.
    Von da her kommt die Klausel mit der Differenzhaftung schon mal als nicht genehmigungsfähig überhaupt nicht in Betracht.

    Geschäftsgründungen kommen bei Minderjährigen eigentlich nur in Betracht, wenn mit Eintragung im HR eine Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen bzw. die Einlage erreicht wird.
    So habs ichs jedenfalls "gelernt" und auch wegen des Minderjährigenschutzes so praktiziert.

  • Folgende neue Erkenntnisse:

    Die GmbH soll gegründet werden, da die Eltern des Mj. insolvent sind und selbst keine gründen dürfen. Mit der GmbH soll eine angeblich gut laufende Limited weitergeführt werden (da im Rechtsverkehr besser anerkannt).

    Ein Konto für die Gesellschaft wurde bereits erreichtet, aber die Einlage kann noch nicht eingezahlt werden, da eine Verfügung über das Konto dann nur noch möglich ist, wenn der Handelsregisterauszug vorgelegt wird.

    Hilfe!
    Habe echte Bedenken wegen der Genehmigungsfähigkeit, aber auch keinen richtigen Anhaltspunkt zur Begründung....

  • Folgende neue Erkenntnisse:

    Die GmbH soll gegründet werden, da die Eltern des Mj. insolvent sind und selbst keine gründen dürfen. ....




    Vater wird Geschäftsführer, Mutter Prokurist.
    (aus oben kopiert)

    Die Geschäfte in Hände von so jdm. zu legen, kann man nur als wirtschaftlichen Selbstmord bezeichnen.

    Die Begründung für die Ablehnung haben damit die Eltern selbst gegeben. Niemand würde sowas tun.

    Die Eltern sind damit vermutungsweise uneeignet, vom Gegenteil würden sie mich kaum überzeugen können.

    Das ist nicht nur, nicht kindeswohldienlich, sondern klar gefährend.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Die Stammeinlage bekommt das Kind vom Großvater nur geschenkt zum Zweck der GmbH-Gründung. Schlimmstenfalls ist das Geld weg, im besten Fall kommt es doch mal zu einer Gewinnausschüttung.

    Was mir Sorgen bereitet ist, ob außer der Haftung mit der Stammeinlage noch ein Risiko für das Kind besteht?

  • Ich hatte mal einen ähnlichen Fall und soweit ich mich erinnern kann, habe ich darauf bestanden, dass keine Differenzhaftung bestehen darf, die Einlage gezahlt sein musste und keinerlei persöhnliche Haftung bestehen darf. (z.B. Nachschusspflicht)

    Dann habe ich genehmigt.

    Der Gesetzgeber lässt diese "Spielchen" zu und der Minderjährige hat zwar nix zu sagen, aber auch keinen wirlichen Nachteil. Der Vorteil besteht wohl darin, dass dem Minderjährigen mit der Gesellschaft zumindest der Lebensunterhalt gesichert ist.

  • ... Ein 15-jähriger soll Alleingesellschafter einer GmbH werden. Vater wird Geschäftsführer, Mutter Prokurist ...

    Am Rande bemerkt: M. E. Vertretungsausschluss der Eltern bei GF-Bestellung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) und bei Genehmigung Prokuraerteilung (§ 46 Nr. 7 GmbHG) gemäß §§ 1629 II 1, 1795 bzw. 181 BGB.

    Interessant auch die Frage, wer denn die Kontrollrechte des minderjährigen Gesellschafters gegenüber der Geschäftsführung ausüben soll ...

  • Genau, Gesellschafter der Limited sind die Eltern. Spielt das eine Rolle?

    Geschäftsführer- und Prokurist-Bestellung erfolgt in notarieller Urkunde mit Gründungsvertrag auch durch Ergänzungspfleger.

  • Wenn die Eltern wie geschildert insolvent sind, würde ich vermuten, dass die angeblichen Gründe für die Gründung der neuen GmbH vorgeschoben sind und es letztendlich um Vermögensverschiebung geht.

  • Nach der Lektüre der Entscheidung des BGH vom 27.01.1997 (II ZR 123/94) komme ich zu dem Ergebnis, dass durch die unbeschränkte Haftung bis zur Eintragung ein Risiko des Mj. besteht, das über den Verlust der geschenkten Einlage hinausgeht.

    Zieht man dann noch in Betracht, dass die Vertreter der Gellschaft, die etwaige Verbindlichkeiten begründen könnten, im bisherigen Wirtschaftsleben nicht so erfolgreich waren, neige ich jetzt eher zu einer Versagung der Genehmigung.

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