Ausschlagung des künftigen Erbeserben

  • Mein Erblasser X hat u.a. den Sohn A. A wollte die Erbschaft nach X ausschlagen, war dazu aber gesundheitlich nicht mehr in der Lage. Für ihn schlug dann seine Ehefrau B als künftige Erbin von A aus.
    A ist eine Woche nach der Ausschlagung durch B verstorben. B ist Alleinerbin von A geworden.
    Ist die Ausschlagung wirksam?

  • Kommt darauf an.

    A)
    Erbfall A innerhalb der Ausschlagungsfrist:
    B als Rechtsnachfolger des A erbt das Ausschlagungsrecht, und kann die Erbschaft nach dem Erbfall E ausschlagen. Hier könnte man den Gedanken § 1946 BGB einfließen lassen, wonach die Erbschaft auch schon vor dem Anfall ausgeschlagen werden kann.
    => Ehefrau müsste nicht noch einmal ausschlagen.

    B)
    Erbfall A liegt ausserhalb der Ausschlagungsfrist:
    Eine wirksame Ausschlagung der Erbschaft durch A liegt mgls formgerechter Vollmacht nicht vor, für A gilt die Erbschaft als angenommen. Dass die Ehefrau die Erbschaft ausgeschlagen hat ist unbeachtlich, da an sie kein Anfall erfolgte. Denn sie tritt an die Stelle des A erst im Zeitpunkt des Todes des A, zu dieser Zeit stand dem A aber kein Ausschlagungsrecht mehr zu.
    => Ehefrau ist Erbeserbin.

    Frage am Rande: Wer nimmt so eine Ausschlagung überhaupt auf ????

  • Fakt ist, daß man nach § 1946 BGB die Erbschaft erst nach dem Erbfall ausschlagen kann.

    Die Frist zur Ausschlagung für den Sohn läuft ab Kenntnis des Erbfalls und dem Anfall der Erbschaft. Wenn nun der Sohn so krank war, könnte es sein, daß die Frist gehemmt war. Ohne eine entsprechende Vollmacht konnte aber die Frau nicht für ihren geschäftsunfähigen Mann (den Sohn des Erbl.)ausschlagen.

    Wenn jetzt der Sohn noch vor Ablauf (wg. Hemmung) der Frist verstorben ist, und die Frau Erbin wurde, dann hat sie das Recht zur Ausschlagung geerbt und kann nun als Erbin des Sohnes dessen Erbschaft nach dem Erblasser ausschlagen (§ 1952 BGB).

    In unserem Fall stellt sich aber die Frage, ob die zunächst noch unberechtigt erklärte Ausschlagung durch den Tod des Erben sozusagen exnunc wirksam wird. Ich meine nicht. Die Frau hätte entweder einen Pfleger für Ihren Mann bestellen lassen müssen, oder nach dessen Tod dann als Erbeserbin die Erbschaft ausschlagen müssen. Die hier gewählte Variante war m.E. nicht wirksam.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Tyrael:

    Das lese ich aber in § 1946 BGB so nicht:confused:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Die Idee ist, dass der pot. Erbe ausschlagen kann, sobald der Erbfall eingetreten ist, unabhängiog davon ob an ihn der Anfall der Erbschaft tats. erfolgt ist. Der pot. Erbe kann zwar nach Ablauf der Ausschlagungsfrist nicht mehr ausschlagen, sehr wohl aber vor Beginn der Frist. § 1946 BGB begrenzt diese Freiheit zeitlich, Ausschlagung erst nach dem Erbfall möglich.

    Der pot. nächstberufene Abkömmling eines Ausschlagenden kann deshalb schon ausschlagen, bevor der eigentliche Erbe ausgeschlagen hat. Warum sollte in unserem Fall das nicht analog auch für den Erbeserben gelten.

  • zu CCM: B hatte keine Vollmacht und war auch nicht Betreuerin des A.
    zu raicro: A ist noch innerhalb der Ausschlagungsfrist verstorben.

    Die Ausschlagung der B für A bzw. nach dem Erbfall X war aber vor dessen Tod. B hat also als künftige Erbin des Ausschlagungsrechts ausgeschlagen. M.E. steht hier der § 1946 entgegen, der vor dem Erbfall keine Ausschlagung zulässt. Andererseits war der Erbfall X bereits eingetreten, jedoch Erbfall A zum Zeitpunkt der Ausschlagung nicht.

    Ich neige dazu, daß B die Ausschlagung wiederholen soll. Die Frist ist zwar schon abgelaufen, aber in diesem Fall könnte eine Anfechtung des Fristablaufs möglich sein.

  • § 1946 BGB gilt m. E. im konkreten Fall nur für den Erbfall nach X, denn um die Ausschlagung nach diesem geht es.

    Aus dem Rechtsgedanken des § 1945 III 2 BGB heraus meine ich, dass es ausreicht, wenn die Ehefrau noch innerhalb der Ausschlagungsfrist das Gestaltungsrecht geerbt hat (§ 1952 I BGB) und somit Rechtsinhaberin geworden ist.

    Die Ausschlagung ist deshalb m. E. wirksam. Sieht man es anders, wäre auch aus meiner Sicht eine Anfechtung der Fristversäumung und erneute Ausschlagung möglich.

  • § 1946 BGB ist nicht einschlägig. Das Problem liegt woanders: Der zum Erben berufene A hat überhaupt nicht ausgeschlagen! Ausgeschlagen hat nur die künftige Alleinerbin des A zu einem Zeitpunkt, als A noch lebte. Die Voraussetzungen des § 1952 BGB waren zum Zeitpunkt der Erklärung der Erbausschlagung also noch nicht erfüllt. Damit war die Ausschlagung unwirksam. Durch den späteren Tod des A wurde die Ausschlagung auch nicht wirksam, weil § 185 Abs.2 BGB nicht auf Gestaltungserklärungen anwendbar ist (Palandt-Heinrichs § 185 Rn.2).

  • @Samirah:

    :stolzbin:, daß jemand meine Auffassung von Beitrag #5 stützt. Schöner begründet hast aber du es...:D

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Man kann den Fall sicherlich so und so sehen, aber:

    Aus der Tatsache, dass § 185 BGB nicht für Erbausschlagungen gilt, zwingend zu folgern, dass die Ausschlagung unwirksam war, ist m. E. nicht schlüssig.

    Ich würde nach wie vor den Grundgedanken aus § 1945 III 2 BGB als Spezialregelung ansehen und halte es auch im Ergebnis für wenig lebensnah, die Ausübung eines Gestaltungsrechtes durch einen Nichtberechtigten als unwirksam anzusehen, wenn der Nichtberechtigte das Recht eine Woche später durch Erbfall erwirbt.

  • Man kann den Fall sicherlich so und so sehen, aber:

    Aus der Tatsache, dass § 185 BGB nicht für Erbausschlagungen gilt, zwingend zu folgern, dass die Ausschlagung unwirksam war, ist m. E. nicht schlüssig.

    Ich würde nach wie vor den Grundgedanken aus § 1945 III 2 BGB als Spezialregelung ansehen und halte es auch im Ergebnis für wenig lebensnah, die Ausübung eines Gestaltungsrechtes durch einen Nichtberechtigten als unwirksam anzusehen, wenn der Nichtberechtigte das Recht eine Woche später durch Erbfall erwirbt.



    ... und damit die Ehefrau an die Stelle des A tritt, rückwirkend zum Zeitpunkt dessen Todes des A und somit die Erklärung nicht mehr als "vom Nichtberechtigten abgegeben" angesehen kann.

  • § 185 Abs.2 BGB ist auf Gestaltungserklärungen nicht anwendbar, weil Gestaltungsgeschäfte keinen rechtlichen Schwebezustand vertragen (BGH in ständiger Rechtsprechung, z.B. BGHZ 32, 382; 114, 366; NJW 97, 1150). Das Abstellen auf den Rechtsgedanken des § 1945 Abs.3 S.2 BGB führt hier nicht weiter. Dieses Argument wird von einem Teil der Literatur unter Verweis auf § 180 S.2 und S.3 BGB auch für eine Anwendbarkeit von § 185 Abs.2 BGB vorgetragen. Das wird von der Rechtsprechung aber abgelehnt (Erman-Palm § 185 Rn.2; Rn.7 vor § 182).

    Es ist nun einmal so, dass eine Erbschaft nach § 1946 BGB erst nach dem Eintritt des Erbfalls wirksam ausgeschlagen werden. Das kann nur bedeuten, dass dann, wenn nach § 1952 BGB ein ererbtes Ausschlagungsrecht ausgeübt werden soll, eben auch dieser zweite Erbfall schon eingetreten sein muss.

  • Ich häng mich hier mal dran:

    Eine relativ junge Erblasserin hinterlässt Eltern , Geschwister und Tanten sowie noch eine Großmutter väterlicherseits.
    Die Eltern , Geschwister und Tanten haben die Erbschaft alle ausgeschlagen .
    Die Großmutter wurde ( erst ) nach allen diesen Ausschlagungen über ihr Ausschlagungsrecht mit Schreiben vom 15.11.2019 informiert ( § 1953 III BGB ).
    Das Poststück kam zurück mit dem Hinweis , dass die Großmutter am 12.11.2019 - also vor Versendung des Schreibens - verstorben sei.

    Müssen jetzt die Kinder der Großmutter ( Vater und Tanten der hiesigen Erblasserin ) als Erbeserben nochmals ausschlagen und wegen § 1952 BGB über ihr Ausschlagungsrecht entspr. informiert werden ?

  • Ich häng mich hier mal dran:

    Eine relativ junge Erblasserin hinterlässt Eltern , Geschwister und Tanten sowie noch eine Großmutter väterlicherseits.
    Die Eltern , Geschwister und Tanten haben die Erbschaft alle ausgeschlagen .
    Die Großmutter wurde ( erst ) nach allen diesen Ausschlagungen über ihr Ausschlagungsrecht mit Schreiben vom 15.11.2019 informiert ( § 1953 III BGB ).
    Das Poststück kam zurück mit dem Hinweis , dass die Großmutter am 12.11.2019 - also vor Versendung des Schreibens - verstorben sei.

    Müssen jetzt die Kinder der Großmutter ( Vater und Tanten der hiesigen Erblasserin ) als Erbeserben nochmals ausschlagen und wegen § 1952 BGB über ihr Ausschlagungsrecht entspr. informiert werden ?

    Meines Erachtens nach ja

  • Meiner Meinung nach auch.
    Wenn die Großmutter nach der Ausschlagung des Vaters sowie der Tanten verstorben ist und diese auch nicht gleichzeitig für die Großmutter gehandelt haben, kann man deren Ausschlagung meiner Meinung nach nicht auch der Großmutter zurechnen.

  • Meiner Meinung nach auch.
    Wenn die Großmutter nach der Ausschlagung des Vaters sowie der Tanten verstorben ist und diese auch nicht gleichzeitig für die Großmutter gehandelt haben, kann man deren Ausschlagung meiner Meinung nach nicht auch der Großmutter zurechnen.

    Das sowieso nicht.
    Jeder Erbfall ist getrennt zu betrachten. Sie können ja als Erbeserben erst für die Großmutter ausschlagen, wenn sie die Erbschaft nach dieser auch angenommen haben.

  • Könnte man denn die Benachrichtigung der Erbeserben zurückstellen, bis klar ist ,dass diese die Erbschaft nach der Großmutter angenommen haben ?
    Würden die Erben der Großmutter deren Erbschaft ausschlagen, wäre doch das Ausschlagungs- bzw. Annahmerecht nach dem ersten Sterbefall "meiner" Erblasserin hinfällig geworden.

  • Ich bin bislang davom ausgegangen, dass der Vater und die Tanten als Erbeserben feststehen, da sie bereits als solche bezeichnet wurden.
    Wenn sie nicht Erbeserben sind, haben sie natürlich auch kein vererbtes Ausschlagungsrecht.
    Ich würde wahrscheinlich trotzdem gleich belehren und dazu schreiben, dass das nur für den Fall gilt, dass sie die Erbschaft nach der Großmutter annehmen und damit auch tatsächlich Erbeserben geworden sind. Schädlich ist die Benachrichtigung meiner Meinung nach nicht.

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