Nachlasspflegschaft

  • Hallo,

    ich habe mal wieder einen Fall bzgl. Nachlasspflegschaft.

    Erblasser ist bereits 2001 gestorben. 2005 wurde ein Teilerbschein erteilt, da evtl. noch weitere unbekannte Erben (zu 1/12) vorhanden sind. Nun beantragt eine Miterbin eine Nachlasspflegschaft für die unbekannten Miterben, um Ländereien, die zum Nachlass gehören, veräußern zu können. Die Veräußerung soll angezeigt sein, weil die Pachtverträge mit dem derzeitigen Pächter auslaufen.
    Neben den Ländereien sollen noch ca. 15.000 € auf Festgeldkonten und der Rest einer ehemaligen Hofstelle vorhanden sein.
    Erst dachte ich an eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB, aber die Kommentierung sagt, dass dies nur auf Antrag der Nachlassgläubiger möglich ist und ein Auseinandersetzungsanspruch der Miterben hierzu nicht gehört.
    Bei einer Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB bin ich mir jedoch nicht sicher, ob das Fürsorgebedürfnis gegeben ist, da die Ländereien ja nicht gesichert werden brauchen. Was meint Ihr?
    Die Miterben drängen natürlich auf Auseinandersetzung.

  • Meines Erachtens ist die Nachlasspflegschaft im vorliegenden Fall nach § 1960 BGB von Amts wegen anzuordnen, und zwar beschränkt auf den Gesamterbteil von 1/12, der noch nicht durch den Teilerbschein ausgewiesen ist (könnte im vorliegenden Fall sogar ein Mindestteilerbschein sein). Das Fürsorgebedürfnis liegt bereits darin begründet, dass die festgestellten Erben das Recht haben, gegenüber den noch unbekannten Erben jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses zu verlangen.

    Der vorhandene Grundbesitz kann sodann von den festgestellten Erben und dem Nachlasspfleger -samt nachlassgerichtlicher Genehmigung- gemeinsam veräußert werden (notwendig ist des weiteren ein Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben im Genehmigungsverfahren). Der Mitwirkung des Nachlasspflegers an der Erbauseinandersetzung steht nichts im Wege, weil sich die Nachlasspflegschaft auf einen Erbteil beschränkt.

    Das weitere Verfahren hängt davon ab, ob die restlichen unbekannten Erben ermittelt werden können. Falls ja, gibt es kein Problem. Falls nein, öffentliche Aufforderung und Erteilung eines (letzten) Teilerbscheins zugunsten der bereits festgestellten Erben, die der gleichen Mutter- oder Vaterverwandtschaft des Erblassers wie die noch unbekannten Erben angehören.

  • Wie des öfteren ist von meiner Seite den Ausführungen von juris2112 nur zuzustimmen.
    Ich habe selbst 2-3 solcher Nachlasspflegschaften in denen ich auch so argumentiert habe (bzgl. des Sicherungsbedürfnisses).

  • @juris 2112
    Die Verfahrenspflegerbestellung für die nachlassgerichtliche Genehmigung halte ich nicht für erforderlich. Meines Erachtens ist die Vorschrift der Verfahrenspflegerbestellung nur für Fälle gedacht, bei denen jemand anwesend ist, den ich anhören müsste, der aber zur Anhörung nicht in der Lage ist. Bei Abwesenheitspflegschaften und Nachlasspflegschaften für unbekannte Erben bestelle ich keinen Verfahrenspfleger, da ich der Auffassung bin, dass die Vertretung durch den Abwesenheits- oder Nachlasspfleger zur Wahrnehmung der Rechte ausreichend ist und die Verfahrenspflegerbestellung unnötige Formalie ist.

  • Paul:

    Dann haben wir aber genau den vom BVerfG monierten Fall, dass sich der Abwesenheits- bzw. Nachlasspfleger selbst kontrolliert (was er im Rechtssinne nicht kann) und dass dieser rechtliche Mangel nicht durch das gerichtliche Genehmigungserfordernis aus der Welt geschafft werden kann. Wäre Deine Argumentation zutreffend, so müsste folgerichtigerweise auch einem geschäftsunfähigen Betreuten kein Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn der Betreuer mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung zur Veräußerung von Grundbesitz schreitet.

    Ich glaube, damit wird die Problematik hinreichend deutlich. Der springende Punkt ist m.E., dass unbekannte oder abwesende Beteiligte dennoch im Rechtssinne Beteiligte sind und daher nicht anders behandelt werden dürfen als in persona greifbare Beteiligte, die sich aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit (Betreute/minderjährige Kinder) nicht im Verfahren äußern können. Das Gesetz erlaubt keine Differenzierung, wonach unbekannten oder abwesenden Beteiligten im Rechtssinne eine "minderwertigere" Beteiligtenstellung im Verhältnis zu in persona präsenten Beteiligten zukommt.

    Also Vorsicht, man kann in Teufels Küche kommen!

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