Eröffnung gemeinschaftliches Testament und Einzeltestament

  • Hallo,

    ich habe ein praktisches Problem.

    Eheleute haben zwei gemeinschaftliche Testamente verfasst und Ehemann hat anschließend noch ein Einzeltestament verfasst.
    Nun ist erst die Frau und ein Tag später der Ehemann verstorben. Die Frau hat eine Tochter aus erster Ehe, der Ehemann hat jemand anderes als Erbe eingesetzt im Einzeltestament.
    Nun frage ich mich, ob ich ein Eröffnungsprotokoll mache, in dem alle 3 Testamente aufgeführt werden und der Tochter nur eine Abschrift der gemeinschaftlichen Testamente schicke, oder wie wird das bei Euch gehandhabt ?

  • Ich würde folgendermaßen vorgehen:
    Zuerst im Verfahren nach der Ehefrau (als der zuerst Verstorbenen) deren Testamente = die gemeinschaftlichen Testasmente eröffnen.
    Dann eine beglaubigte Abschrift dieser Testamente zur Akte der Ehefrau. Sodann im Verfahren nach dem Ehemann dessen Testamente eröffnen.

    Liegt in den gemeinschaftlichen Testamenten eine gegenseitige Erbeinsetzung für den Fall des Erstversterbenden vor?

  • Würde hier auch in jedem Verfahren die dazugehörigen Testamente eröffnen, da es ja 2 verschiedene Erbfälle sind. Das mit der wechselbezüglichkeit ist ne interessante frage im hinblick auf die wirksamkeit des einzeltestaments

  • 2 tote => 2 verfahren => 2 nummern (wichtig für die statistik:D ) und außerdem ja 2 verschiedene erben!

    ich dachte die tochter der ehefrau ist im gemeinschaftlichen testament als erbe eingesetzt?

  • Ich würde es auch so handhaben wie die Vorposter. Da der Tochter der Ehefrau das Einzeltestament des Ehemannes nicht übersandt wird, würde ich auch zwei Protokolle machen. So ist es für die Erben nicht so verwirrend, dass eins der angegebenen Testamente fehlt, weil es nur den anderen Erbfall betrifft.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

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  • Ne, sind zwei getrennte Erbfälle => zwei getrennte Verfahren

    Die Ehefrau wird vom Ehemann allein beerbt.
    Der Ehemann wird beerbt von dem in seinem Testament bestimmten Erben.

    Daher ist es zweckmäßig erst das Verfahren nach dem Ehemann abzuschließen, da der Ehemann selbst wohl nicht mehr über Annahme oder Ausschlagung entschieden hat. Diese Rechte befinden sich folglich noch im Nachlass des Ehemannes, so dass der Erbe des Ehemannes dann auch die Erbschaft nach der Ehefrau annehmen kann.

    Die Tochter der Ehefrau ist enterbt, ihr steht nach der Mutter der Pflichtteil zu.

  • Zitat von Andi82

    2 tote => 2 verfahren => 2 nummern (wichtig für die statistik:D ) und außerdem ja 2 verschiedene erben!

    ich dachte die tochter der ehefrau ist im gemeinschaftlichen testament als erbe eingesetzt?



    Hier existiert bei Eheleuten auch nur eine Akte. Grds. werden daher auch alle Testamente in dieser Akte eröffnet.

    Bei der Konstellation ist auch die gemeinsame Eröffnung vertretbar. Der Tochter sind die Testamente nur als ges. Erbin der Ehefrau zu übersenden. Hins. des Testamentes des Ehemannes könnt man insoweit dann noch einen Zusatz machen, das dies Testament für die Erbfolge nach der Ehefrau nicht maßgeblich ist und daher nicht übersandt wird.

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  • mit welcher begründung wird bei euch nur ein verfahren für beide angelegt? wie gesagt 2 erbfälle sind bei uns auch 2 verfahren, das ist für mich auch logisch!

  • Da ein gemeinschaftliches Testament vorliegt, ist m.E. nur 1 IVer-Akte anzulegen für beide Ehegatten (müsste sich aus der AktO ergeben ?! - oder legt ihr bei Invervahrnahme eines gem. Test. 2 IVer-Akten an ?).

    Ich würde aus Kostengründen auch nur 1 Eröffnungsprotokoll schreiben und alle Testamente hierin aufführen.

    (Für Statisktik-Fanatiker : Die Aktenführung hat nichts damit zu tun, dass pro Testament 1x IV zu registrieren ist.)

    Sodann ist fraglich, ob die Erbeinsetzung des Dritten seitens des Ehemannes gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments (gegenseitige Erbeinsetzung) verstößt und somit unwirksam ist. Dies dürfte der Fall sein, wenn das Einzeltestament zu Lebzeiten der Ehefrau aber zeitlich nach dem gemeinschaftlichen Testament errichtet wurde.

    Ansonsten hätte das neuere gemeinschaftliche Testament das ältere Einzeltestament widerrufen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Also bei uns gibt es pro Testament (egal ob einzel oder gemeinschaftlich) ein IV-er Aktenzeichen
    und
    pro Erblasser ein VI-Aktenzeichen (falls Erbscheinsantrag oder ähnliches kommt)

    Mich würde das wirklich sehr interessieren wie das beib euch gehandhabt wird.

    Paul
    Ich persönlich würde auch ein gemeinsames Eröffnungsprotokoll machen, mit dem Hinweis auf die fragliche Wirksamkeit der Einzelverfügung.

  • Hab ich noch nie gehört, dass bei Ehegatten nur ein Verfahren durchgeführt wird, zumindest ist bei uns noch niemand auf die Idee gekommen ;)

    Problematisch halte ich dabei aber, dass es sich um zwei getrennte Erbfälle handelt, bei denen die Beteiligten nicht zu 100% übereinstimmen müssen, so dass u.U. ein Beteiligter nach dem einen Erblasser ein Akteneinsichtsrecht hat, nach dem anderen aber nicht, z.B. ein Gläubiger, der einen Titel gegen den Ehemann vorlegt. Was dann? Denn das Testament der Ehefrau hat diesen nicht zu interessieren, ebensowenig ob diese Kinder adoptiert oder ausserehelich geboren hat.

  • haben hier pro erblasser ein VI aktenzeichen, da wir ja die erbenermittlungspflicht haben. wenn ein gemeinschaftliches testament vorhanden ist wird es zuerst beim vorverstorbenen und irgendwann später beim nachverstorbenen ehegatten im VIer verfahren eröffnet! deswegen kann es die problematik die paul hat nicht geben.
    ob das einzeltestament wegen der bindungswirkung evtl. unwirksam ist hängt meiner meinung nach doch sehr von der formulierung der gemeinschaftlichen testamente ab!

    @tyreal: :zustimm:

  • Falls das Einzeltestament des nachverstorbenen Ehemannes wirksam ist, beißt sich die Katze in den Schwanz, weil die Tochter ihren Pflichtteilsanspruch gegen die Erben ihres nachverstorbenen Stiefvaters geltend machen muss und deshalb ein rechtliches Interesse daran hat, zu erfahren, wer dessen Erben sind. Falls fraglich ist, ob das Einzeltestament gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments verstößt, muss der Tochter auch das Testament ihres Stiefvaters übermittelt werden, damit sie in die Lage versetzt wird, die Rechtslage selbst zu prüfen.

  • Also wir Hamburger haben aufgrund Ausführungsbestimmungen zur AktO in HH sogar die Besonderheit, dass es nur einen Vorgang mit dem Gz. :

    [Abt.] IV-VI [lfd.Nr]/[Jahr] gibt.

    Gibt es also ein gemeinschaftliches Testament, so wird dies unter dem IV-VIer-Gz erfasst und alle nachfolgenden Testamente (seien es Einzel- oder gemeinsch. Testamente) werden in diese Akte eingenommen und auch alle VIer-Vorgänge sind in dieser einen Akte.

    the bishop :kardinal:

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  • Die Erbeinsetzung seitens des Ehemannes dürfte zulässig gewesen sein, da sich die Bindungswirkung meines Erachtens nur auf den Erstversterbendenerbfall beziehen kann.
    Denn es war ja nur gegenseitige Erbeinsetzung verfügt (zumindest hab ichs so verstanden). Diese Erbeinsetzung, hier des Ehemannes durch die Ehefrau ist wenn nicht schon ausdrücklich dann doch im Zweifel wechselbezüglich § 2270 II BGB, so dass die Ehefrau als Erstversterbende einseitig NICHT anders verfügen konnte.
    Der Ehemann als Zweitversterbender konnte dagegen anders verfügen.

  • Zitat von Andi82

    ob das einzeltestament wegen der bindungswirkung evtl. unwirksam ist hängt meiner meinung nach doch sehr von der formulierung der gemeinschaftlichen testamente ab!



    Na - wie wird das gemeinschaftliche Testament schon aussehen... ?

    Ich hatte es schon 1-2 mal, dass der Ehemann es sich dann doch anders überlegt und die nette Nachbarin (für gewisse Gefälligkeiten ? :D ) zu Lebzeiten der Ehefrau (!) unter Verstoß gegen das gemeinschaftliche Testament als Alleinerbin eingesetzt hatte...

    Wenn ein - die Erbeinsetzung des Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament abänderndes - Einzeltestament zu Lebzeiten des Ehegatten errichtet wurde und sich die Ehegatten ohne Abänderungsklausel gegenseitig eingesetzt hatten, war und bleibt es m.E. unwirksam, auch wenn der Ehegatte vorverstorben ist.

    Zitat von Tyrael

    Der Ehemann als Zweitversterbender konnte dagegen anders verfügen.


    Ja - aber erst nach dem Tode der Ehefrau und hier ist

    Zitat

    erst die Frau und ein Tag später der Ehemann verstorben



    , so dass dies eher unwahrscheinlich erscheint ?!?

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  • the bishop:
    wie das gemeinschaftliche testament aussieht weiß ich nicht, vielleicht verräts uns paul ja:)


    aber es könnte ja ungefähr wiefolgt formuliert sein (hatte ich wirklich schon):

    wir die ehegatten a und b setzen uns gegenseitig zu alleinige erben ein. solte ich die b als letzte versterben soll mich meine tochter c beerben.

    ergo: a kann noch frei über den nachlass verfügen:D

    @ juris: es hat doch denk ich keiner bestritten das die tochter der ehefrau als zumindest pflichtteilsberechtigte kein akteneinsichts recht hat. was hälst du den als ausenstehender für sinnvoller 1 oder 2 verfahren?

  • Zitat von the bishop


    Sodann ist fraglich, ob die Erbeinsetzung des Dritten seitens des Ehemannes gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments (gegenseitige Erbeinsetzung) verstößt und somit unwirksam ist. Dies dürfte der Fall sein, wenn das Einzeltestament zu Lebzeiten der Ehefrau aber zeitlich nach dem gemeinschaftlichen Testament errichtet wurde.

    Ansonsten hätte das neuere gemeinschaftliche Testament das ältere Einzeltestament widerrufen.



    :zustimm: , irgendwie bin ich automatisch davon ausgegangen, dass das Einzeltestament zuletzt verfasst wurde.

    Ansonsten kenne ich es auch nur so, dass ein IV mit VfG und EÖ und, nach Erbfällen getrennt, dann zwei VI Akten (Erbschein) gebildet werden. Bei den IV-Sachen finde ich das dann auch schwierig, die Ehegatten zu trennen. Nach § 27 Nr. 2 AktO (NRW) ist für einen Erblasser nur ein Aktenstück zu führen, also alle Vfg. v. T. w. in eine Akte, auch Gemeinschaftliche. Bei mehreren Ehen eines Erblassers kommt es da auch manchmal zu wilden Konstellationen.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

    Spendenaufruf

  • Zitat

    wir die ehegatten a und b setzen uns gegenseitig zu alleinige erben ein. solte ich die b als letzte versterben soll mich meine tochter c beerben.

    ergo: a kann noch frei über den nachlass verfügen:D

    @Andi82 : Trara - nein eben nicht (s.o., § 2270 II BGB - gegenseitige Erbeinsetzung ist verbindlich; ein Widerruf ist zu Lebzeiten nur in Form des §§ 2271, 2296 BGB zulässig).

    the bishop :kardinal:

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