Trotz Insolvenz wird auf Kostenfestsetzung bestanden

  • Guten Morgen,
    häng mich auch mal hier dran.

    Am 15.04.16 ging hier der Antrag auf Kostenfestsetzung ein.
    Am 27.04.16 wurde vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Schuldners angeordnet mit Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

    Ich hab dies zwischenzeitlich der Gl-Vertreterin mitgeteilt und angeregt, dass sie aufgrund § 240 den Antrag zurücknehmen möge und schon jetzt darauf hingewiesen, dass mit Eröffnung des Verfahrens auch das Rechtschutzbedürfnis entfiele.

    Als Antwort kam jetzt, dass sie nicht versteht, warum sie zurücknehmen solle. Der Insolvenzverwalter könne jederzeit beitreten.

    Hat sie ja Recht, aber warum sollte er das tun :gruebel: Und wie funktioniert das mit dem Beitritt? Hatte das noch nie.

    Und wenn sie festsetzen lassen wollen würde - wie krieg ich den vorl. InsVerwalter mit ins Boot?

  • Am 27.04.16 wurde vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Schuldners angeordnet mit Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

    Mit § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO ist die Voraussetzung des § 240 S.2 ZPO nicht erfüllt. Es müsste ein vorl. Insolvenzverwalter nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ne, es ist die zweite Alt.
    Also setze ich jetzt noch gegen den Schuldner fest ganz normal?
    Dann hab ich das mal voll falsch verstanden :flucht:

  • Hallo,
    ich muss das Teil nochmal vorholen.
    Oki, ist bereits ein KFA da zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung = § 240 ZPO; Aufnahmemöglichkeit im Fall des Bestreitens gegeben, wenn Kostengrundentscheidung rechtskräftig ist, gegeben.
    Wie sähe es aus, wenn der KfA noch nicht gestellt war: dennoch KfB-Verfahren als Feststellungsverfahren möglich (m.E. ja, weil OLG MÜnchen:

    "Zwar bestimmt § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass auf die Feststellung im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben ist. Nach § 180 Abs. 2 InsO ist die Feststellung durch Aufnahme "des Rechtsstreits" zu betreiben, wenn ein solcher zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits anhängig gewesen ist. Aus diesen Bestimmungen kann aber nicht entnommen werden, dass auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch, der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Rechtskraft der Kostengrundentscheidung unbedingt entstanden war, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Feststellungsklage im ordentlichen Verfahren geltend zu machen wäre. Es ist nämlich allgemein anerkannt, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nur in dem Rechtsstreit geltend gemacht werden kann, in dem er entstanden ist, und zwar in dem diesem Rechtsstreit als Nebenverfahren zugeordneten Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO, das eine abschließende Sonderregelung für die Durchsetzung dieses Anspruchs darstellt (BGH NJW 83, 284; OLG Köln MDR 81, 763; Beiz in Müchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., Rdnr. 5 vor § 91; Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., Rdhnr. 8 vor §91; Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., Rdnr. 10 vor § 91; Musielak-Wolst, ZPO, 3. Aufl., Rdnr. 14 vor §91). Die Geltendmachung dieses Anspruchs im Wege der Klage - insbesondere in einem anderweitigen Rechtsstreits - ist deshalb wegen Unzulässigkeit der Verfahrensart ausgeschlossen (OLG Köln a.a.O.; Beiz a.a.O.; Thomas-Putzo a.a.O.). Den erstattungsberechtigten Gläubiger zur Feststellung der Höhe seines - dem Grunde nach bereits rechtskräftig zuerkannten -prozessuaien Kostenerstattungsanspruchs auf den Klageweg zu verweisen, widerspräche im übrigen auch jeglicher Prozessökonomie."

    das hergibt.


    Meinungen dazu ?
    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich hänge mich hier mal dran :

    Urteil verkündet am 13.04.2012
    EÖ Inso über das Vermögen des zur Zahlung verurteilten Beklagten am 30.04.2012
    KFA vom 28.06.2012
    -> wegen § 240 ZPO kein KfB erlassen, Akte wird weggelegt.
    IV bestreitet die angemeldete Kostenforderung, Kostenfestsetzungsverfahren wird nach § 250 ZPO wieder aufgenommen, ich darf jetzt also Kostenfeststellungsbeschluss erlassen.

    Damalige Klägerin war die "Rechtsanwälte Mustermann & Partner GbR" vertreten durch die Sozien Mustermann, Musterfrau und Müllermeierschulze.

    Jetzt heißt die Kanzlei "DIE KANZLEI neuerRA Müllermeierschulze GbR".

    Wie lautet denn im Beschluss das Aktivrubrum? "Alte" GbR oder "neue" GbR? :gruebel:
    Und wenn "neue" GbR: Irgendein Hinweis darauf, dass diese früher anders hieß?

    Und Zinsbeginn ist der Eingang des damaligen KFA, richtig?

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Das Verfahren kann nur insoweit wieder aufgenommen werden, wie die Anmeldung im Insolvenzverfahren ist, also Zinsen nur bis zur Eröffnung, hier also gar keine. Hinsichtlich des Gläubigers dürftest du eine Rechtsnachfolge haben, also diese prüfen und dann neuen Gläubiger.

  • Zumindest hinsichtlich des KfA lagen aus meiner Sicht die Voraussetzungen des § 240 ZPO nicht vor.

    Bei Eröffnung der Inso am 30.04.2012 war der Antrag noch nicht eingegangen und somit kein Kostenfestsetzungsverfahren anhängig.

    Der Antragsteller der Festsetzung hätte seinen Antrag eigentlich auf Festsetzung gegen den Inso-Verwalter als Partei kraft Amtes umstellen können.

  • Bei Eröffnung der Inso am 30.04.2012 war der Antrag noch nicht eingegangen und somit kein Kostenfestsetzungsverfahren anhängig.

    Ich meine, dass man den Rechtsstreit als Einheit sehen muss, dieser war anhängig, dieser wird unterbrochen. Der Insolvenzverwalter soll davor geschützt werden, innerhalb kurzer Frist Verfahrenshandlungen vornehmen zu müssen oder vor vollendeten Tatsachen zu stehen. Dem Gesetzesziel wird man nicht gerecht, wenn man die Rechtsstreite in der von Dir vorgeschlagenen Weise "zerteilt".

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei Eröffnung der Inso am 30.04.2012 war der Antrag noch nicht eingegangen und somit kein Kostenfestsetzungsverfahren anhängig.

    Ich meine, dass man den Rechtsstreit als Einheit sehen muss, dieser war anhängig, dieser wird unterbrochen. Der Insolvenzverwalter soll davor geschützt werden, innerhalb kurzer Frist Verfahrenshandlungen vornehmen zu müssen oder vor vollendeten Tatsachen zu stehen. Dem Gesetzesziel wird man nicht gerecht, wenn man die Rechtsstreite in der von Dir vorgeschlagenen Weise "zerteilt".


    Das kann man wohl so sehen, wenn die Rechtsmittelfrist zum Urteil noch läuft.

    Hinsichtlich anderer Konstellationen stimme ich mit dir nicht überein, wenn das instanzbeendende Urteil z. B. schon zwei Monate lang rechtskräftig ist, die Insolvenz am 03.12.18 eröffnet wurde und jetzt erst am 10.12.18 der Kostenfestsetzungsantrag eingeht.

    Da sehe ich die Voraussetzungen des § 240 ZPO nicht als erfüllt an.

  • Doch gerade auch dann, denn für den Insolvenzverwalter spielt es keine Rolle, ob er sich kurzfristig mit einer Rechtsmittelfrist zum Urteil oder mit einem Kostenfestsetzungsantrag / Kostenfestsetzungsbeschluss auseinandersetzen muss.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Doch gerade auch dann, denn für den Insolvenzverwalter spielt es keine Rolle, ob er sich kurzfristig mit einer Rechtsmittelfrist zum Urteil oder mit einem Kostenfestsetzungsantrag / Kostenfestsetzungsbeschluss auseinandersetzen muss.


    Die Problematik ist wohl umstritten (BeckOK ZPO/Jaspersen, 30. Ed. 15.9.2018, ZPO § 239 Rn. 3-3.16):

    Kostenfestsetzungsverfahren: Aus § 104 Abs. 3 S. 2 wird hergeleitet, dass die Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens auf das Kostenfestsetzungsverfahren durchschlägt (BGH NZI 2006, 128 mwN zur Gegenansicht), selbst wenn die Unterbrechung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und es um die Festsetzung der Kosten aus der vorangegangenen Instanz geht (BGH BeckRS 2005, 08893; OLG Köln BeckRS 2012, 07351). Nach richtiger Ansicht ist eine selbstständige Unterbrechung anzunehmen, wenn die Kostengrundentscheidung rechtskräftig ist, weil das Kostenfestsetzungsverfahren wie ein selbstständiges Verfahren zu qualifizieren ist (BGH BeckRS 2012, 12074 mwN für die Insolvenz). Unerheblich muss sein, ob der Kostengläubiger oder -schuldner in Insolvenz fällt.

  • Der Leitsatz der von Dir als Ausnahme zitierten BGH-Entscheidung sagt aber ausdrücklich, dass das Kostenfestsetzungsverfahren auch dann unterbrochen wird, wenn die Kostengrundentscheidung bereits rechtskräftig ist.

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  • Damalige Klägerin war die "Rechtsanwälte Mustermann & Partner GbR" vertreten durch die Sozien Mustermann, Musterfrau und Müllermeierschulze.

    Jetzt heißt die Kanzlei "DIE KANZLEI neuerRA Müllermeierschulze GbR".


    Hängt davon ab, ob es sich lediglich um eine (identitätswahrende) Umfirmierung der bisherigen GbR (z. B. durch Wechsel von einzelnen Gesellschaftern unter gleichzeitiger Umfirmierung der Außen-GbR) oder um eine (von Queen wohl unterstellte) Rechtsnachfolge (fällt mir als praktisches Beispiel auf die Schnelle nur der Verkauf und die Übertragung des ganzen Vermögens der "alten" GbR an die neu gegründete GbR ein) handelt.

    Im Fall der Umfirmierung müßte die Namensänderung durch Vorlage von Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen werden, da insoweit ja nichts anderes als in der dann folgenden ZV geltend kann (BGH, Rpfleger 2011, 677). Bei der Rechtsnachfolge müßte die "neue" GbR aber wohl erst einmal das Urteil nach § 727 ZPO "umschreiben" lassen (BGH, Rpfleger 2010, 603 = AGS 2011, 408), bevor sie als für das KfV aktivlegitimiert angesehen werden kann.

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Vielen Dank für die Antworten! Ich habe jetzt erstmal die "neue" GbR angeschrieben und um Aufklärung gebeten.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Hallo, ich habe folgenden Sachverhalt:
    Klägerin ist eine KG, Beklagter Verbraucher. In der ersten Instanz hat die Klägerin teilweise obsiegt, Kosten wurden entsprechend verteilt. Der Beklagte ist in Berufung gegangen. Danach ist Antrag auf Insolvenz durch die Klägerin gestellt worden und das Insoverfahren wurde eröffnet. Der Insolvenzverwalter teilt mit, dass eine Aufnahme des Prozesses nicht beabsichtigt ist. Der Prozess ist gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Der Beklagtenvertreter besteht jetzt auf den Ausgleich der Kosten der I. Instanz.
    Hat er Recht?

  • Mal abgesehen davon, dass die Kosten der 1. Instanz Insolvenzforderungen wären, können sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger/Drittschuldner das Verfahren aufnehmen § 180 II InsO.

    Stellt sich zudem die Frage, ob es ein Verfahren ist, was die Insolvenzmasse überhaupt betrifft...

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