Trotz Insolvenz wird auf Kostenfestsetzung bestanden

  • Hallo alle zusammen,

    ich hoffe ihr könnt mir helfen. Kurz vorm Wochenende habe ich eine Akte auf dem Tisch, die mich leider etwas verwirrt. :confused:
    Der Sachverhalt ist folgender:
    Am 18.07.2006 erging in dem Arrestverfahren der Beschluss, nach dem der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens trägt.
    Am 04.05.2007 ging hier der Antrag des Antragstellervertreters auf Kostenfestsetzung der Differenz zu der bereits erstatteten PKH-Vergütung ein.
    Die Inso-Eröffnung erfolgte am 03.04.2007.
    Demzufolge habe ich dem Antragsteller im Mai 2007 mitgeteilt, dass Inso eröffnet worden ist und dass der KFB daher momentan nicht erlassen werden kann, wegen der Unterbrechung gem. § 240 ZPO.
    Im November 2007 meldet sich dann der Antragstellervertreter wieder und besteht auf der Kostenfestsetzung, da "sich die Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren erstreckt, wenn die Grundsatzentscheidung hinsichtlich der Kostentragungspflicht gemäß § 91 ff ZPO bereits ergangen ist. Der Kostenfestsetzungsbeschluss stellt dann lediglich die Rechnung der Kosten dar." Er verweist diesbezüglich auf eine Entscheidung des BGH vom 02.02.2005, Az: XII ZR 233/02, ZInso 2005, 372. Demzufolge würde die Kostenentscheidung eine bloße Nebenentscheidung darstellen, die eine Unterbrechung nach §§ 240,249 Abs. 2 ZPO nicht begründen kann.
    Daraufhin meldete sich plötzlich für den Antragsgegner ein Anwalt und lehnt die Kostenfestsetzung aus mangelndem Rechtsschutzbedürfnis ab, da die Kostenforderung als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden wäre, wozu es einer Kostenfestsetzung, also einem gerichtlichen Beschluss nicht bedarf.
    Ich stimme eigentlich mit den Argument des Antragsgegnervertreters überein und würde die Kostenfestsetzung gern ablehnen. Allerdings störe ich mich ein bißchen an der BGH-Rechtsprechung, über die ich mich ja nicht einfach hinwegsetzen kann, oder? :D
    Ich bin also für jeden Hinweis dankbar, damit ich eine gute Begründung liefern kann. Hier bei uns am Gericht ist eigentlich auch jeder die Meinung, dass ich nicht festsetzen soll, aber mit der Begründung haperts leider ein bißchen! ;)
    Also hoffe ich auf viele Antworten und wünsche euch schon mal ein schönes Wochenende!

  • Eigentlich eine klare Sache:

    In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren
    gemäß § 240 ZPO unterbrochen wird:


    Für eine solche Unterbrechung sprechen sich aus: BGH v. 29.06.2005, XII ZB 195/04;
    OLG München ZIP 2003, 2318 und ZInsO 2002, 1037; OLG Brandenburg MDR 2001, 471; KG NJW-RR 2000, 731; OLG Stuttgart ZIP 1998, 2066 f.; OLG Thüringen FamRZ 1997, 765 f.; und OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1621; Stein/Jonas/Borg 22. Aufl. ZPO § 103 Rdn. 2, vor § 239 Rdn. 3; MünchKomm/Feiber 2. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 20; Musielak/Stadler 4. Aufl. ZPO § 240 Rdn. 6; Zöller/Herget ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 Unterbrechung; Uhlenbruck 12. Aufl. InsO § 85 Rdn. 20; FK-InsO/App 3. Aufl. § 85 Rdn. 6 und MünchKomm/Schumacher InsO vor §§ 85 bis 87 Rdn. 44 jeweils m.w.N..

  • Ist das InsO-Verfahren eröffnet bzw. ein "starker" InsO-Verwalter eingesetzt, dann ist auch das KFV unterbrochen. So wird es bei uns ständig gehandhabt. Ansonsten siehe Himmel.

    Deutlich:

    OS
    Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Prozesspartei wird ein anhängiges Kostenfestsetzungsverfahren unterbrochen. Dies gilt auch dann, wenn während der Rechtsmittelinstanz die Kosten der ersten Instanz festgesetzt werden sollen oder wenn das Hauptsacheverfahren bereits abgeschlossen ist.

    OLG Hamm, Beschl. v. 16.08.2004 – 23 W 188/04 = AGS 2005, 28 = OLGR Hamm 2005, 95 = juris (KORE 562632005)

  • Das in #1 genannte BGH-Urteil ist m. E. nicht einschlägig.

    Es befasst sich mit der Zulässigkeit einer Kostenentscheidung, nicht eines Kostenfestsetzungsverfahrens, und hat auch eine seltene Fallkonstellation zu Grunde (die Hauptforderung war bereits zur Insolvenztabelle angemeldet, aber noch eine Nebenforderung anhängig).

    Aus den Gründen:
    Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß eine Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO sein kann (OLG Bamberg, OLGR 2001, 255 m.w.N.). Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich der Rechtsstreit insgesamt erledigt hat und deswegen allein über die Kosten zu befinden ist (Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl. § 240 Rdn. 7 und 9). Nur wenn die gesamte frühere Hauptsache - etwa durch übereinstimmende Erledigungserklärung oder durch Klagrücknahme - erledigt ist, tritt die Kostenentscheidung als einzig verbliebene Streitposition an die Stelle der früheren Hauptsache (vgl. BGH Urteile vom 15. März 1995 - XII ZB 29/95 - FamRZ 1995, 1137; vom 9. Mai 1996 - VII ZR 143/94 - WM 1996, 1563; vom 19. Oktober 2000 - I ZR 176/00 - NJW 2001, 230 und vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02 - BauR 2003, 1075). Bleibt hingegen, wie hier, auch nur ein Teil der früheren Hauptsache erhalten, so ist die Kostenentscheidung weiterhin bloße Nebenentscheidung, die eine Unterbrechung nach §§ 240, 249 Abs. 2 ZPO nicht begründen kann. Denn Gerichte haben sich während des Insolvenzverfahrens nur weiterer Entscheidungen zur Hauptsache zu enthalten.

  • @ 13:
    Wenn ein (entgültiger) Insolvenzverwalter eingesetzt wird, gilt § 240 ZPO immer. Nur im Rahmen einer vorläufigen Insolvenz ist bezüglich der Anwendung von § 240 ZPO zwischen starken und schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter zu unterscheiden.

  • Ist das InsO-Verfahren eröffnet bzw. ein "starker" InsO-Verwalter eingesetzt..



    Ich hatte es etwas anders aufgefasst. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nicht mehr zwischen "starken" und "nicht starken" Insolvenzverwalter unterschieden.

  • jetzt mach ich das Thema mal wieder auf, weil ich finde, dass mein Problemchen hier ganz gut passen könnte.

    Also Insolvenz eröffnet am 23.08. - KFB erlassen am 30.08. und Mitteilung über die Insolvenzeröffnung vorgelegt an Rpfl am 15.10. Hauptsache mit KGE aber schon vor IEröffnung entschieden. Insolvenzschuldner trägt die Kosten

    Was mach ich mit dem KFB welcher hier ja sicherlich nicht ergehen hätte dürfen.

    Muss ich von Amts wegen handeln oder darf ich nur auf Antrag/Beschwerde -so Zöller- aufheben?

    Ich hab schon zwei erfahrene Kolleginnen gefragt - diese vertreten unterschiedliche Meinungen.

    Und dann gehts ja noch weiter - wenn KFB aufgehoben ist was passiert dann mit dem Antrag??

  • Das gleiche Problem hatte meine Kollegin vor kurzem auch. Wir haben uns für folgende Lösung entschieden:

    Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist zwar zu Unrecht erlassen worden, bleibt aber zunächst bestehen, da er nur auf Antrag aufgehoben werden kann. Falls der Insolvenzverwalter von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch macht, wärde der KFB aufzuheben.

  • @ großeKatha:

    Aufheben musst Du den Kostenfestsetzungsbeschluss nur auf Antrag des Insolvenzverwalters, denn die Entscheidungen sind nicht nichtig, sondern nur mit dem entsprechenden Rechtsmittel angreifbar. Dem Insolvenzverwalter entsteht auch kein Nachteil, denn da § 240 ZPO auch die Rechtsmittelfristen unterbricht, kann er die Aufhebung auch noch zu viel späterer Zeit betreiben.

    Falls Du aufhebst, bleibt der Antrag - so wie er ist - in der Akte. Durch § 240 ZPO bist Du an sämtlichen weiteren Aktivitäten gehindert.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • schön, dann hab ich ja instinktiv doch richtig gehandelt.

    Jetzt habe ich die nächste Akte mit InsoEröffnung hier.

    Diesmal ist noch kein KFB erlassen, die Inso wurde am 17.11.2008 eröffnet, der KFA jedoch schon im Juli 2008 gestellt - und bis heute nicht darüber entschieden. Jetzt macht Anwalt druck und will KFB gegen den Inso Schuldner, dass er Forderungen anmelden kann.

    Also festsetzen kann man nach bestimmten Rspr. Meinungen ja schon, wäre dies hier auch vertretbar, nachdem ja der KFA schon weit vor Eröffnung gestellt wurde?

    Meine NotfallLösung hier wäre dem Anwalt die Festsetzung unter Hinweis auf § 240 ZPO zu versagen und den Gebührenanspruch lediglich festzustellen.

    :gruebel:

  • Weder noch, denn § 240 ZPO verbietet meines Erachtens auch dieses. Der Anwalt kann die Kosten doch auch so zur Insolvenztabelle anmelden, er kann sich dabei auf den Kostenfestsetzungsantrag beziehen. Wenn der Insolvenzverwalter die Forderung bestreitet, aber auch erst dann, kann er das Verfahren wieder aufnehmen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • In meinem Fall obsiegt der Beklagte, der Kläger trägt die Kosten. Der Beklagte ist nicht anwaltlich vertreten, macht aber Fahrtkosten, Verdienstausfall und Portokosten geltend. Über sein Vermögen wurde bereits vor dem Verfahren das Insolvenzverfahren eröffnet.

    Kann ich jetzt für ihn festsetzen? Oder für den Insolvenzverwalter? Was passiert da jetzt, denn eine Unterbrechung gibts doch meines Wissens nur, wenn auf Schuldnerseite das Insolvenzverfahren eröffnet wird, oder?

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