Verschollen im Sinne des Gesetzes ?

  • Ich habe einen Antrag auf Todeserklärung, bei dem ich etwas im Zweifeln bin.

    Die Ehefrau (84 Jahre) beantragt Todeserklärung Ihres Mannes, der 1912 geboren ist. Dieser habe sich 1946 kurz nach Geburt der einzigen Tochter "mir nichts Dir nichts" von der Familie abgesetzt. Sie habe ihn nur noch einmal gesehen, und zwar ein halbes Jahr später auf dem Hauptbahnhof der nächst größeren Stadt. Seitdem habe sie nichts mehr von ihm gehört.

    Ist der Betroffenen nun "verschollen" i. S. § 1 VerschG ? Bestehen "ernstliche Zweifel an seinem Fortleben" ? :gruebel:
    Der Umstand, dass er sich abgesetzt und nie mehr gemeldet hat, ist allein für mich nicht so sehr stichhaltig (… solche Leute soll es ja geben …).
    Das Lebensalter von nun 95 ? Na ja, in 10 Jahren hätte ich zumindest mehr "ernstliche Zweifel an seinem Fortleben" …

    andererseits BayObLG 3Z BR 204/99 vom 28.07.1999 Rpfleger 1999, 547=FGPrax 1999, 246:
    Ernstliche Zweifel am Fortleben eines Vermissten liegen vor, wenn sein Tod für einen vernünftig Denkenden mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Fortleben.

    Der Notar sagt übrigens, dass die Todeserklärung nur den Hintergrund habe, dass der Betroffene nicht gegenüber der Ehefrau und der Tochter erbberechtigt sein solle … dies ließe sich doch über ein Testament problemlos regeln … irgendwie "gefällt" mir der Fall nicht.

    Über Meinungen würde ich mich sehr freuen.

  • Hm ... Deine "Bauchschmerzen" teile ich.
    Der Sinn des Antrags erschließt sich mir auch nicht so ganz.
    Was sagt denn die Kommentierung? Oder hast Du die nicht?

  • Was sagt denn die Kommentierung? Oder hast Du die nicht?


    Ich habe sogar (beim LG) in den Staudinger von 2004 geschaut. Im Grundsatz super Kommentierung, aber eben auch "schwammig".

    Liegt denn schon eine Auskunft des Geburtsstandesamtes des Mannes vor?


    oh, das habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Dort ist nichts über einen Todesfall bekannt.

  • Was sagt denn die Kommentierung? Oder hast Du die nicht?


    Ich habe sogar (beim LG) in den Staudinger von 2004 geschaut. Im Grundsatz super Kommentierung, aber eben auch "schwammig".

    Liegt denn schon eine Auskunft des Geburtsstandesamtes des Mannes vor?


    oh, das habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Dort ist nichts über einen Todesfall bekannt.


    Also, einen Teil der Kommentierung zum Verschollenheitsgesetz (aus 1951 - aber es gibt auch m.W. keinen aktuelleren) habe ich hier.

    Und wenn dem StAmt der Geburt nichts bekannt ist - sehe ich da keinen Grund für die Todeserklärung.

  • Zum Einen das

    Und wenn dem StAmt der Geburt nichts bekannt ist - sehe ich da keinen Grund für die Todeserklärung.

    zum Anderen ist das Ganze viel zu schwammig. Ich erinnere mich an einen ähnlich gelagerten Antrag auf Todeserklärung vor Jahren, den der Rpfl. damals zurückgewiesen hat.

  • Aber ob das raicros Aufgabe ist? Ich denke - eher nicht ... oder?


    Das könnte man vllt. im Rahmen einer Zwischenverfg. der ASt.'in aufgeben.

    "Und wenn dem StAmt der Geburt nichts bekannt ist - sehe ich da keinen Grund für die Todeserklärung." -> Das verstehe ich nicht: Wenn dem Standesbeamten der Tod bekannt ist, brauche ich doch auch keine Todeserklärung mehr. Oder?

  • Für eine Todeserklärung und damit eine objektive Verschollenheit reicht es nicht, daß eine Person nur längere Zeit unbekannten Aufenthalts ist und Angaben über den Aufenthalt nicht gemacht werden können. Es muß noch ein zweiter Faktor dazukommen.

    In § 1 VerschG steht:

    (1) Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.

    Es müssen sich also gerade an der Tatsache des unbekannten Aufenthalts die Zweifel an seinem Fortleben festmachen lassen. Üblicherweise handelt es sich dabei um Ereignisse wie: Schiff versunken, in der Wüste verlaufen, im Krieg vermisst usw.
    Man muß also annehmen können, daß der Verschollene ja üblicherweise zurück zu seinen Angehörigen wollte (bzw. keinerlei erkennbarer Grund vorliegt, daß er dies nicht wollte), aber das wohl begründet durch ein spezielles Ereignis dauerhaft nicht mehr kann, man aber sein Schicksal in absehbarer Zeit auch nicht definitiv klären kann.

    Das reine "Absetzen" wie in unserem Fall hier ist und war kein Grund eine Verschollenheit im Allgemeinen anzunehmen. Hier wollte sich der Mann ja offenbar bewusst von seiner Frau zurückziehen und Sie im unklaren über seinen Verbleib lassen. Der Antrag ist daher m.E. zurückzuweisen weil keine Verschollenheit im Sinne des VerschG vorliegt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielen Dank All für die hilfreichen Antworten und Denkanstöße. :daumenrau

    Es läuft wohl wirklich auf eine Zurückweisung (natürlich nach vorheriger Bitte an den RA/Notar, den Antrag zu "überprüfen") hinaus.

    Ich finde aber auch die Anregung in #6, bei der Rentenversicherung mal nachzufragen, sehr interessant und denke, ich mache das mal. Als Amtsgericht bekommt man da vielleicht eher Auskunft denn als RA.

    Gäbe es denn noch andere Möglichkeiten, nach dem Verbleib des "Verschollenen" zu forschen ? Ich denke da z. B. an eine Schufa-Anfrage. Ob das Amtsgericht bzw. die Ehefrau da wohl Auskunft bekäme ? :gruebel:

  • raicro: Das mit der Rentenversicherung klappt nicht immer, aber doch relativ oft. Ich hatte letztens das (kleine) Problem, dass mir die Rentenversicherung eine Anschrift mitgeteilt hatte, und ich darauf hin die Gesuchte angeschrieben habe. Tatsächlich war dies allerdings die, im wahrsten Sinne des Wortes, letzte Anschrift, weil die nämlich seit 30 Jahren tot war. Aber zumindest wusste ich dann, wann und wo sie verstorben ist.

    Ach so, was mir noch einfällt (in meiner Eigenschaft als Nachlassrpfl, Verschollene mach ich nicht): Dass kein Sterbevermerk beim Geburtsstandsamt eingetragen ist, hat u.U. nichts zu bedeuten. Falls der Mann im Osten geboren ist und in den Westen gegangen ist (oder umgekehrt) und dann dort zu Vorwendezeiten verstorben ist, kann es gut möglich sein, dass die entsprechenden Mitteilungen zwischen den Standesämtern nicht erfolgt sind.


  • Der Notar sagt übrigens, dass die Todeserklärung nur den Hintergrund habe, dass der Betroffene nicht gegenüber der Ehefrau und der Tochter erbberechtigt sein solle … dies ließe sich doch über ein Testament problemlos regeln … irgendwie "gefällt" mir der Fall nicht.

    Über Meinungen würde ich mich sehr freuen.




    Ich gebe zu bedenken, dass sich durch die gewillkürte Erbfolge nicht der Pflichtteilsanspruch ausschliessen lässt.

  • wer so nachhaltig alle Unterhaltspflichten verletzt hat, dem kann auch der Pflichtteil entzogen werden...
    Ohne weitere Auskünfte würde ich dem Antrag aber auch nicht stattgeben. Die Gute könnte sich schon an die Rentenversicherung wenden. Was ist mit weiteren Verwandten ? Oder einfach mal den Namen "g**geln".



  • Und ich gebe dagegen zu bedenken, daß sich durch eine (falsche)Todeserklärung das Erbrecht nicht beseitigen läßt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich hatte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nach dem Verschollenen gefragt und nun nach fast 2 Monaten endlich eine Antwort bekommen von der "Abteilung Grundsatz" mit langen Ausführungen zum Datenschutz.
    Na ja, wenigstens haben sie mitgeteilt, die aktuelle Anschrift nicht zu kennen und auch nicht zu wissen, ob der Verschollene verstorben ist.

  • Zum Einen das

    Und wenn dem StAmt der Geburt nichts bekannt ist - sehe ich da keinen Grund für die Todeserklärung.

    zum Anderen ist das Ganze viel zu schwammig. Ich erinnere mich an einen ähnlich gelagerten Antrag auf Todeserklärung vor Jahren, den der Rpfl. damals zurückgewiesen hat.



    Hallo Kollegen,

    ich möchte einen Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens/Todeserklärung zurückweisen.

    Kann mir jemand von euch sagen, wie da die RM-Belehrung aussehen muss? Läuft das ganze auch unter § 433 ff. FamFG?

    Einmal editiert, zuletzt von Eisbär (17. Dezember 2010 um 11:50)

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