Gründe für Versagung der Restschuldbefreiung

  • Welche massiven Fehler muss ein Schuldner begehen, damit ein Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen kann.

    Genügt da zum Beispiel, dass der Schuldner in der Weise über sein Einkommen verfügt, dass der pfändbare Teil niedriger wird, indem er mit seinem Arbeitgeber Zahlung von VWL vereinbart oder Gehaltsumwandlung (in Direktversicherung)?

    Darf der Schuldner überhaupt an der Höhe seines Nettolohns "rumbasteln", ohne seinen Treuhänder (oder gar die Gläubiger?) um Zustimmung zu fragen?


  • Genügt da zum Beispiel, dass der Schuldner in der Weise über sein Einkommen verfügt, dass der pfändbare Teil niedriger wird, indem er mit seinem Arbeitgeber Zahlung von VWL vereinbart oder Gehaltsumwandlung (in Direktversicherung)?



    Wäre doch ein Fall des § 850 h ZPO, wenn der TH draufkommt.

    In meinen Augen ein Versagungsrund, § 295 I Nr. 3 InsO, § 296 InsO (Gläubigerbenachteiligung) wäre wohl auch gegeben. :daumenrau

  • Gläubigerbenachteiligung find ich als Begründung total gut :daumenrau Mit dem verschleierten Einkommen komm ich grad nicht klar: Er verschleiert ja nix, sondern sacht einfach: "Ich hab umgewandelt, ätsch-bätsch." :mad:

  • Ob das mit der Gläubigerbenachteiligung so einfach ist bezweifle ich doch stark.
    Zum einen mindern vermögenswirksame Leistungen i.d.R. nicht das Netto (werden zwar vom Netto abgezogen dies ergibt dann den Auszahlungsbetrag, das Nettogehalt selbst ist zur Ermittlung des pfändbaren Betrages sichtbar).
    Die Direktversicherung fällt in den Bereich der vom Staat besonders geförderten Altersvorsorge. Hier ist es in der Tat so, dass der Altersvorsorgebeitrag das Netto des Schuldners und damit auch den pfändbaren Betrag mindern. Allein dadurch, dass der Schuldner dieses Recht auf Aufbau einer Altersvorsorge in Anspruch nimmt, denke ich nicht dass er einen Versagungsgrund auslöst (Vergleichbar Ausschlagung Erbschaft).
    Beim Abschluss einer Direktversicherung in der WVP ist eher an § 287 (3) InsO zu denken. Hier würde ich aber erst mal den Treuhänder in der Pflicht sehen, den Differenzbetrag zwischen vom AG abgeführten Betrag und dem ohne Direktversicherung zu pfändenden Betrag vom Schuldner einzufordern.

  • Hallo Ernst, das ist wohl nicht Dein Ernst, oder?????????????????:confused:



    Sorry Inti. Hast Recht! Nehme alles zurück.

    Der Schuldner hat hier den gestzlichen Anspruch soweit ich weiß.
    Hier ist nichts mit Gläubigerbenachteiligung.

    Auch dürfte es zulässig sein, dass der Schuldner statt des Nettoeinkommens nach dem Stundenkonto einen Teil des Einkommens als "Fahrgeld" ausbezahlt bekommt. Dies ist unpfändbar und vom Nettoeinkommen in Abzug zu bringen.

    § 850 h greift jedoch dann, wenn diese "Fahrtkosten" unangemessen hoch sind. Oder man setzt unmittelbar an § 850 a Nr. 3 an und berücksichtigt diese nur im Rahmen der "Angemessenheit".

  • Beim Abschluss einer Direktversicherung in der WVP ist eher an § 287 (3) InsO zu denken. Hier würde ich aber erst mal den Treuhänder in der Pflicht sehen, den Differenzbetrag zwischen vom AG abgeführten Betrag und dem ohne Direktversicherung zu pfändenden Betrag vom Schuldner einzufordern.



    Die Frage ist, wozu ist der Treuhänder tatsächlich verpflichtet? Ist der Schuldner nicht eher in der Pflicht, alles zu unterlassen, was den Gläubigern zum Nachteil gereicht? Die Pflichten des Treuhänders sind ja in gewisser Weise auch eher beschränkt (schon allein wegen der übermäßig hohen alljährlichen Vergütung in masselosen Verfahren oder in Verfahren mit sehr geringer Masse).


  • Die Frage ist, wozu ist der Treuhänder tatsächlich verpflichtet? Ist der Schuldner nicht eher in der Pflicht, alles zu unterlassen, was den Gläubigern zum Nachteil gereicht? Die Pflichten des Treuhänders sind ja in gewisser Weise auch eher beschränkt (schon allein wegen der übermäßig hohen alljährlichen Vergütung in masselosen Verfahren oder in Verfahren mit sehr geringer Masse).




    Ich glaube, da gehen die Meinungen auseinander. Eine nicht ganz unbeachtliche sieht jedoch den TH auch ohne Beauftragung der Gläubiger dazu verpflichtet, dass pfändbare Einkommen des Schuldners in der WVP zu ermitteln und ggfls. sogar Drittschuldnerprozesse zu führen. In einem solchen Fall wäre der TH - unabhängig ob das schuldnerische Verhalten einen Versagungstatbestand darstellt - dazu gehalten, Einkommen, das von § 287 II umfasst ist, für die Gläubiger einzuziehen.

    Es gibt auch die andere Ansicht, Jamie, die eben diese Pflicht des TH nur im laufenden Verfahren und nicht in der WVP statuiert. :cool:

  • Genügt da zum Beispiel, dass der Schuldner in der Weise über sein Einkommen verfügt, dass der pfändbare Teil niedriger wird, indem er mit seinem Arbeitgeber Zahlung von VWL vereinbart oder Gehaltsumwandlung (in Direktversicherung)?


    Ich denke wie lionel, dass die Inanspruchnahme einer betrieblichen Altersversorgung nicht einen Versagungsgrund darstellen kann, nur weil dadurch das Netto sinkt. Es ist staatlich gewollt. Ebensowenig wird die RSB versagt, wenn man ein Kind zeugt und für dieses nun unterhaltspflichtig ist, oder wenn der Schuldner seine arbeitslose oder studierende Partnerin heiratet und dadurch eine Unterhaltspflicht herstellt.

    Und nun, VWL gehen erst vom Netto ab; positiv zudem, weil der Schuldner damit die Verfahrenskosten anspart, denn das Guthaben aus dem VWL-Vertrag ist als Neuerwerb pfändbar.

  • Hier mal eine kleine Übersicht:


    Verneinende Entscheidungen

    Die Rechtsprechung (die weitere Voraussetzung der Gläubigerbeeinträchtigung gem. § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO wird wegen Sachzusammenhanges einbezogen) verneint einen Verstoß bei:

    • Unterlassen der Wahl einer günstigeren Steuerklasse,
    • Erststudium im zeitlich üblichen Rahmen nach dem Abitur,
    • unsubstanziiertem Vortrag des Versagungsantrag stellenden Gläubigers zu Erwerbsmöglichkeiten des Schuldners,
    • Unterlassen des Bemühens um eine Erwerbstätigkeit vor der Ankündigung der Restschuldbefreiung; bei Stundung kommt aber eine Aufhebung gem. § 4c Nr. 4 InsO in Betracht,
    • untertariflicher Bezahlung eines Fernfahrers,
    • angemessenem Gehalt für Geschäftsführertätigkeit,
    • sehr geringe Möglichkeit, bei Halbtagstätigkeit einen weiteren Arbeitsplatz zu finden,
    • bloßer abstrakter Hinweis auf Verdienstmöglichkeit auf regionalen Arbeitsmarkt.


    Bejahende Entscheidungen

    Bei den bejahenden Entscheidungen steht teilweise die Feststellung der Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung im Vordergrund. Dazu genügt es, dass der Gläubiger nachvollziehbare Anhaltspunkte vorträgt. Abweichendes vorzutragen obliegt dem Schuldner, aus dessen Sphäre die Tatsachen stammen.
    Die Rechtsprechung bejaht einen Verstoß bei

    • Teilzeitbeschäftigung statt Suche nach einer Vollzeitstelle,
    • unterlassenen Bewerbungen,
    • Halbtagstätigkeit wegen Hundebetreuung,
    • Aufgabe von Arbeit und Weiterbildungsmaßnahmen,
    • Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Unterschlagungen,
    • zu erwartende Einkunftslosigkeit aufgrund langjähriger Strafhaft
  • Rainer wobei aber zum Pflichtverstoß die Gläubigerbenachteiligung und das Verschulden kommen muss.

    Der Zeitungsausträger, der niemals über 1200 € netto und 5 unterhaltspflichtige Kinder hat.
    kann noch so viel verschweigen, der Versagungsantrag geht mangels selbiger nicht durch! :oops:

    Ps: Wie war's in Starnberg? Wieder zurück? :)

  • Halbtagstätigkeit wegen Hundebetreuung,



    Das find ich klasse... :wechlach:

    Zur langjährigen Strafhaft gibt es mittlerweile aber auch andere Entscheidungen, wonach auch in diesen Fällen Restschuldbefreiung erlangt werden kann. Hat bei mir leider zur Folge, dass, wenn Langeweile im Knast herrscht, man halt nicht mehr zum Zahnarzt geht, sondern einen Insolvenzantrag stellt.

  • BGH 20.12.2007, IX ZB 189/06:
    " Falschangaben zu wirtschaftlichen Verhältnissen rechtfertigen nicht immer Versagung der Restschuldbefreiung
    ... Zwar hatte der Schuldner gegenüber dem Finanzamt Falschangaben über sein Privatvermögen gemacht, die geeignet waren, im Sinn von § 290 Abs.1 Nr.2 InsO Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden. Doch ist offen geblieben, ob er dies zielgerichtet oder in Unkenntnis seiner Eigentumsverhältnisse und Verfügungsbefugnis getan hat...

    Das LG durfte nicht allein aus den Falschangaben des Schuldners zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen schließen, dass der subjektive Tatbestand des Versagungsgrundes des § 290 Abs.1 Nr.2 InsO erfüllt ist. Die Vorschrift setzt darüber hinaus ein auf Unredlichkeit ausgerichtetes, hinreichend manifestiertes zielgerichtetes Handeln des Schuldners voraus...."

  • Der Schuldner hat keine Falschangabe gemacht, sondern nach Eröffnung des Inso-Verfahrens bzw. später in der Treuhänderphase sein Nettoeinkommen nach unten verringert durch die Vereinbarung der VWL. Die Abtretungserklärung lief also schon unter den Bedingungen zum Zeitpunkt der Eröffnung und es waren pfändbare Einkommensteile abzuführen. Nachträglich wurde halt am Netto rumgebosselt und es blieb nichts mehr für die Gläubiger bzw. die Verfahrenskosten.

    Deshalb meine Ausgangsfrage.


  • Zur langjährigen Strafhaft gibt es mittlerweile aber auch andere Entscheidungen, wonach auch in diesen Fällen Restschuldbefreiung erlangt werden kann. Hat bei mir leider zur Folge, dass, wenn Langeweile im Knast herrscht, man halt nicht mehr zum Zahnarzt geht, sondern einen Insolvenzantrag stellt.



    Warum auch nicht. Zumindest ist doch bei den Gefangenen der Eigenbehalt voll zur Masse abzuführen und der ist m. E. für die nicht gerade gering.

  • Warum auch nicht. Zumindest ist doch bei den Gefangenen der Eigenbehalt voll zur Masse abzuführen und der ist m. E. für die nicht gerade gering.



    Aber auch in der Haftanstalt muss der Knacky um Arbeit bemüht sein, Entschuldung zum null Tarif iss nich ! :D

    Das sagt die Entscheidung, auf die sich Folisof bezieht, knalhart !

  • Warum auch nicht. Zumindest ist doch bei den Gefangenen der Eigenbehalt voll zur Masse abzuführen und der ist m. E. für die nicht gerade gering.



    Aber auch in der Haftanstalt muss der Knacky um Arbeit bemüht sein, Entschuldung zum null Tarif iss nich ! :D

    Das sagt die Entscheidung, auf die sich Folisof bezieht, knalhart !



    Finde ich nur gerecht.

    Aber warum sollte man auch diesem Personenkreis das Insolvenzverfahren verwehren?



  • Aber wie soll er seine Bemühungen dort nachweisen? Schriftliche Bewerbungen "intern" als Küchenputzer, Klo-Aufseher, oder Buchhalter für die JVA ? Dem Ausbildungsstand entsprechend ? :gruebel:

    Wir hatten das erst vor Kurzem, sauheikel, da irgendwelche Nachweise zu ergattern.

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