Pfändung von Haustieren

  • Habe gerade einen Antrag auf Pfändung von Haustieren auf dem Tisch.
    Der Gerichtsvollzieher hat den Auftrag auf Grund § 811 c ZPO abgelehnt.
    Es handelt sich nach Gläubigerangaben um Reisetauben:gruebel: im Wert von 60,00 € pro Taube. Der Schuldner soll im Besitz von 150 Tauben sein und auch die diversen Reisetaubenveranstaltungen besuchen. Die Taubenhaltung würde der Schuldner lediglich als Hobby betreiben. Also keine Haltung zu Erwerbszwecken.
    Über die Entscheidung der Pfändung ist leider der Rpfl. zuständig. Ich hatte vorher eventuell § 766 II im Auge (Richterzuständigkeit).:(
    Der § 811 c ZPO ist m. E. sehr eng ausgelegt und setzt den Tierschutz in den Vordergrund, also Unpfändbarkeit. Andererseits sind ja auch die Gläubigerinteressen zu berücksichtigen. Forderung beträgt ca. 2000,00 €.
    Ich kann mich z. Zt. zu einer Entscheidung nicht durchringen. Muss ich den Schuldner vorher anhören u. wie steht es mit der Bewertung eines einzelnen Tieres?
    Hat jemand damit schon Erfahrungen gemacht?[

  • Ein paar Tauben würde ich dem Sch ja zubilligen. Da aber Tauben nicht auf einen Schwarm angewiesen sind, kann man von den 150 Tauben den größten Teil verhökern.

  • Hallo Sigrid, irgendwie schon ein interssanter Fall. Ist Glbg. vielleicht die Bank des großen deutschen Briefunternehmens ? Die könnten die gepfändeten Tauben ja dann auch im Aussendienst zur schnelleren Briefbeförderung einsetzen.

    Zuständig für die Zulassungsentscheidung nach § 811 c ZPO ist wohl der Rechtspfleger, rechtliches Gehör ist zu gewähren. Die vorrangige Unpfändbarkeit ergibt sich aus dem Vorrang der engen Bindung von Schuldner und Haustier. Als Halter zweier Hunde möchte ich keinem Taubenzüchter zu nahe treten, aber besteht da eine ähnlich Enge Bindung ? Meines Erachtens wäre die Pfändung wohl schon in Anbetracht der Aussicht der nicht unerheblichen Befriedigung der Gläubigerforderung zuzulassen. Die Tauben stellen einen erheblichen materiellen Wert dar, hinter dem der ideelle Wert für den Schuldner unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen zurückzustehen hat. Ich würde den Gläubiger auch auffordern, dazu Stellung zu nehmen, ob keine anderen Maßnahme Aussicht auf Erfolg haben und die Unpfändbarkeit aus diesem Grunde auch eine unzumutbare Härte für den Gläubiger darstellt.

    Viel Erfolg.

  • Zitat von Erzett

    Ein paar Tauben würde ich dem Sch ja zubilligen. Da aber Tauben nicht auf einen Schwarm angewiesen sind, kann man von den 150 Tauben den größten Teil verhökern.



    Cooool, woher willste das wissen ? Vielleicht tragen die beim schuldner verbleibenden nach der trennung seelische schäden davon, nicht auszudenken, wenn sie vor gram dann eingehen.:D

  • Ich halte die Tierschutzfrage für nicht so zzentral, eher die Frage, welchen Einfluß die Vollstreckung auf das Privatleben des Halters hat. Das die Vollstreckung unter Beachtung des Tierschutzes erfolgen kann unterstelle ich mal einfach. Da es sich bei einer Taube um kein derart hoch entwickeltes Tier handelt, das (wie z. B.) ein Hund durch sein Wesen, die Dauer der Zugehörigkeit zur Familie, seiner Charaktereigenschaften etc. erheblichen Einfluß auf den familiären Alltag hat, würde ich die Vollstreckbarkeit eines Großteils der Täubchen bejahen. Anderenfalls müßte der Schuldner schon für sich günstige in seiner Person liegende Gründe schlüssig vortragen und glaubhaft machen.

  • Da ich auch Hundehalterin bin, stimme ich insoweit auch fisch zu. Da hat man ja eine sehr enge Bindung zu seinem Tier (meine Hündin liegt z. Zt. in einer Tierklinik).
    Nochmal meine Frage hinsichtlich der Bewertung der Tiere. Muss ich den Wert mit einbeziehen, denn die 60,00 € pro Tier sind lediglich von Gläubiger vorgetragen worden. Für den Schuldner wäre es sicherlich nur ein ideeller Wert. Vielleicht muss ich mich an einen Taubenzuchtverein wenden? Ich weiß ja nicht, ob 60,00 €/Taube auch realistisch sind. Ich müsste mich ja bei der Pfändbarkeit auch auf eine entsprechende Anzahl von Tieren festlegen, damit die gesamte Gläubigerforderung getilgt wird.

  • Ich denke soweit geht die Ermittlungspflicht des Vollstreckungsgerichts nicht. Zum einen sollte der Gläubiger selbst vortragen, wie er zu dieser Wertaussage kommt, zum anderen möge der Schuldner doch im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs zur Frage des materiellen Wertes und des Gläubigervortrages Stellung nehmen. Die Pfändung würde ich nicht auf eine bestimmte Anzahl von Tieren beschränken, da der tatsächliche Erlös ja erst nach Verwertung durch den Gerichtsvollzieher feststeht und in der Regel ja eher nicht der geschätzte Wert zu erziehlen ist. Grundsätzlich dürfte die weitere Verwertung ja durch Versteigerung der gepfändeten Sachen durchzuführen sein. Bis zu dieser fallen neben den Kosten der Vollstreckungsmaßnahme selbst (wie pfändet der GV ?, selbst nimmt er sie bestimmt nicht mit) unter Umständen auch erhebliche Kosten für die Unterbringung und Versorgung an, wenn die Tauben dem Schuldner durch den GV weggenommen sind. Bis zur Versteigerung könnte der Schuldner die Tauben ja auch durch vollständige Zahlung der Forderung und Kosten ja auch wieder auslösen.

  • Bin ich hier der Einzige, der so einen Gläubigerantrag ablehnen würde? Wer sagt uns denn, daß der Schuldner keine Bindung zu den Tieren hat? Nur weil die meisten Menschen ihrem Hund einen Namen geben heißt das noch lange nicht, daß die Bindung größer ist als bei einem Taubenzüchter. Dann wäre namlich auch der Hund von Inspektor Columbo pfändbar. Der heißt nämlich nur "Hund".
    Ich würde hier nicht allgemein sagen, daß die Tauben pfändbar sind. Der Wert allein ist nicht maßgeblich. Da es sich um ein Hobby des Schuldners handelt kann man denke ich schon davon ausgehen, daß er ein berechtigtes persönliches Interesse an der Unpfändbarkeit hat. Die Wegnahme hat u.U. erhebliche Auswirkungen auf die Psyche des Schuldners.

    Wenn eine Pfändung bejaht wird, dann m.E. nur hinsichtlich eines Teils der Tiere (begrenzt natürlich durch die beizutreibende Forderung), da die vollständige Pfändung den Schuldnerinteressen doch mehr als widersprechen würde.
    In jedem Fall ist zu bedenken, daß Vogel-Paare nicht getrennt werden dürfen und auch nicht aus dem Stall entfernt werden dürfen, wenn sie Junge haben (Tierschutzgedanke). Hierfür müßte bei der Auswahl der Tiere wohl ein Sachverständiger beigezogen werden (entsprechende Anordnung durch das Gericht hale ich für unbedingt erforderlich), was erhebliche Kosten verursachen würde, und auf denen der Gläubiger zunächst sitzen bleibt. Der GV und auch der Gläubiger allein sind zu der Bestimmung der Tiere nicht in der Lage.
    Außerdem ist die Versorgung der Tiere nach der Pfändung sicherzustellen. Dies wäre m.E. dann Aufgabe des Gläubigers oder GV`s (im Übrigen auch auf Gläubigerkosten).

    Im Übrigen, wo kommt der Wert von 60,00 € je Taube her? Hat sich den ein RA ausgedacht? Auch hier müßte in einem solch streitigen Fall m.E. ein Wertgutachten eingeholt werden (Kosten=Gläubiger).

    In Anbetracht dessen, und des ungewissen Ausgangs des Verfahrens nach § 811 c II ZPO, würde ich dem Gläubiger nahelegen, seinen Antrag zurückzunehmen.

  • :D Hinsichtlich der Verwertung kenne ich noch ein Restaurant, das Interesse hat :D Dann wäre auch die Versorgung der Tiere gelöst :teufel:

  • Zitat von Flori

    Bin ich hier der Einzige, der so einen Gläubigerantrag ablehnen würde?



    Ich denke : ja.

    Wenn der anzuhörende Schuldner nicht ganz erheblich gute Gründe vorträgt, die gegen die Pfändung sprechen, würde ich von der grundsätzlichen Pfändbarkeit ausgehen.

    Also : Erst mal den Schuldner anhören und abwarten.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich danke erstmal für die vielen Anregungen und Hinweise. Ich denke, dass ich zunächst den Schuldner anhören werde. Den Gläubiger werde ich hinsichtlich seiner Angaben über die Wertbemessung nochmals anfragen u. gleichzeitig auf weitere auf ihn evtl. zukommende Kosten (evtl. Gutachten) hinweisen. Erst mal abwarten, was dabei rauskommt.
    Euch noch einen "erfolgreichen" Arbeitstag und morgen einen schönen Männertag.

  • Ich finde die Ausführungen von Flori sehr gut und interessant.

    Ich denke mal, dass der Gläubiger den Schuldner (wie bei einer Kontopfändung) an der empfindlichsten Stelle treffen wollte um ihn zu Zahlungen zu bewegen. Ist zwar legal (?) aber, na ja.

    Also müsste man dem Gläubiger bezüglich der Pfändung so viele Auflagen machen (wie Flori schreibt, Gutachten, anschließende Versorgung sicherstellen) und für ihn Kosten produzieren (natürlich auch legal), dass er nicht daran interessiert ist, sein gutes Geld dem Schlechten hinterher zu werfen.

    Wenn man ihn nicht von der Unpfändbarkeit überzeugen kann, muss man ihn "überreden" *g*

  • Vielleicht löst sich das Problem im Rahmen der Vogelgrippe ja auch ganz von allein ?

    P.S.: Ich bin bis einschl. 11.06. im Urlaub : Treibt es nicht zu bunt... die anderen Mods werfen ein Auge auf "mein" Unterforum...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von the bishop

    Vielleicht löst sich das Problem im Rahmen der Vogelgrippe ja auch ganz von allein ?

    P.S.: Ich bin bis einschl. 11.06. im Urlaub : Treibt es nicht zu bunt... die anderen Mods werfen ein Auge auf "mein" Unterforum...



    Als wenn es Internetzugang nur beim Arbeitsplatz gibt. Trotzdem schönen Urlaub. :)

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