PKH-Prüfungsverfahren + Vergleichabschluss

  • Der hiesige Bezi hat soeben eine aktuelle Entscheidung des OLG Celle per Mehl bekanntgemacht zur sofortigen Beachtung:

    Nach der anliegenden Entscheidung hat der im PKH-Prüfungsverfahren für den Abschluss eines Vergleichs beigeordnete RA nur Anspruch auf die Einigungsgebühr, nicht jedoch auf eine - ggf. anteilige - Verfahrensgebühr aus der Landeskasse.

    OLG Celle, Beschl. v. 10.03.2008 - 23 W 20/08

    Die Entscheidungsgründe liefere ich heute Nachmittag nach.

  • vgl. auch

    Nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG, der sich inhaltlich an die vormalige Regelung in § 32 Abs. BRAGO anlehnt, erhält der Anwalt nur eine gegenüber der regulären Verfahrengebühr nach Nr. 3100 VV RVG reduzierten Gebühr. Die Regelug bezieht sich jedoch nach ihrem Wortlaut nicht auf den Fall, dass eine Einigung über die im Verfahren anhängigen Ansprüche protokolliert wird. Geregelt wird scheinbar wie bereits in § 32 Abs. 2 BRAGO die Situation, dass der Anwalt bzgl. eines Anspruchs, der nicht gerichtlich anhängig ist auftragsgemäß an einer Einigung der Parteien mitwirkt und diese Einigung den sog. Mehrvergleichsgegenstand umfasst.

    Die Vorschrift ist aber auch dann anzuwenden, wenn in einer Einigung Angelegenheiten geregelt werden, die zuvor nicht Gegenstand des dem Anwalt erteilten Auftrags waren.

    Als "Auftraggeber" im Sinne der vorstehende Ausführungen und im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nebst Anwaltsbeiordnung ist hier das Gericht anzusehen. Gegenstand des Auftrags war es nicht, dass Verfahren zum anhängigen Anspruch zu betreiben, sondern hierzu eine Einigung protokollieren bzw. ihr Zustandekommen durch Beschluss feststellen zu lassen.
    Die Landeskasse hat daher dem beigeordneten Anwalt den erteilten Auftrag mit der Zahlung einer Einigungsgebühr und einer reduzierten Verfahrensgebühr zu honorieren.
    Davon unabhängig steht dem RA ggü. seinem Mandanten eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG nach dem Wert des anhängigen Anspruchs zu. Die Differenz zwischen einer 0,8-Gebühr und einer 1,3-Gebühr unterliegt auch nicht der Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, da sie nicht von der PKH erfasst ist.

    Dies entspricht offenbar auch

    Gerold/Schmidt, 16. Aufl., § 48 RVG, Rdnr. 108 bzw. 17. Aufl., VV 3335 RVG, Rdnr. 28ff.;

    OLG München, Beschl. 21.08.2007, 11 WF 1346/07, MDR 2008, 173 f. (dort nur 0,5 Verfahrensgebühr, da das Verfahren den Status des PKH-Bewilligungsverfahren nie verlassen hat)


    vgl. auch (am Rande) BGH, Beschl. 08.06.2004, VI ZB 49/03, NJW 2004, 2595

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hier die Entscheidung des OLG Celle mit einem Auszug aus den Gründen:

    EOS
    Der im PKH-Prüfungsverfahren für den Abschluss eines Vergleichs beigeordnete RA hat nur Anspruch auf die Einigungsgebühr, nicht jedoch auch auf eine – ggf. anteilige – Verfahrensgebühr aus der Landeskasse.

    OLG Celle, Beschl. v. 10.03.2008 – 23 W 20/08

    Aus den Gründen:

    Die Beschwerde ist indessen unbegründet. Der Senat folgt, wie auch das LG in der angefochtenen Entscheidung, der Rechtsprechung des BGH in dem Beschluss vom 08.06.2004 und teilt dementsprechend nicht die Auffassung des OLG München im Beschluss vom 12.09.2007, wonach der BGH sich nicht mit dem Aspekt auseinander gesetzt habe, dass bei einer entsprechenden Beiordnung ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hinsichtlich einer reduzierten Prozessgebühr entstehen müsse, da eine Einigungsgebühr niemals ohne eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr anfallen könne. Vielmehr ist auch der Senat in Übereinstimmung mit dem LG L. der Auffassung, dass der BGH in seiner Entscheidung durchaus erörtert hat, dass im PKH-Verfahren insbesondere die Verfahrensgebühr neben der Einigungsgebühr eben nicht aus der Staatskasse zu erstatten sei. Dazu heißt es in der BGH-Entscheidung ausdrücklich, dass „bei einer auf den Vergleich beschränkten PKH der anwaltlich vertretenen Partei die ihrem RA zustehende Verfahrensgebühr gemäß §§ 51 I, 31 I Nr. 1 BRAGO und die gegebenenfalls für die Wahrnehmung des Erörterungstermins anfallende Erörterungsgebühr gemäß §§ 51 I, 31 I Nr. 4 BRAGO nicht aus der Staatskasse erstattet werden“.

    Dieser Auffassung haben sich nachfolgend insbesondere das OLG Koblenz, FamRZ 2006, 1693, sowie Riedel-Sußbauer (vgl. Keller in Riedel-Sußbauer, RVG, 9. A., VV Teil 3 Abschn. 3 Rn. 214) angeschlossen. Demgegenüber wird insbesondere von Müller-Rabe in Gerold/Schmidt/v. Eicken, RVG, 17. A., Nr. 3335 VV RVG, Rn. 29, unter Hinweis auf die vor der Entscheidung des BGH ergangene Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass neben der Einigungsgebühr eine reduzierte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3337 VV RVG entstünde (so auch OLG Bamberg, JurBüro 1993, 547; OLG Saarbrücken, JurBüro 1989, 80 zur Rechtslage nach BRAGO).

    Ausgangspunkt für die Entscheidung dieser Streitfrage ist der Grundsatz, dass im Erörterungstermin gemäß § 118 I 3 ZPO PKH nur für den Vergleich, nicht aber für das gesamte PKH-Verfahren bewilligt werden kann (BGH a.a.O., so auch schon OLG Celle, JurBüro 1997, 200). Dem liegt zugrunde, dass nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung für das PKH-Verfahren PKH grundsätzlich nicht gewährt wird, auch nicht im Falle einer Erörterung gemäß § 118 I 3 ZPO. Da allerdings das Gesetz selbst vorsieht, dass im PKH-Verfahren über den Klageanspruch selbst eine Regelung im Wege eines Vergleichs getroffen werden kann (§ 118 I 3 ZPO), ist in diesen Fällen eine Ausnahme von dem Grundsatz gerechtfertigt, dass im Bewilligungsverfahren selbst keine PKH gewährt werden kann. In diesem Ausnahmefall darf daher für den Abschluss eines Vergleichs in einem Erörterungstermin PKH gewährt werden.

    Diesem Ausnahmecharakter würde es zuwider laufen, auch die Erstattung der Verfahrensgebühr aus der Staatskasse zu ermöglichen. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Einigungsgebühr niemals ohne eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr anfallen kann (OLG München, a.a.O.; Gerold/Schmidt/v. Eicken, RVG, 17. A., Nr. 3335 VV RVG, Rn. 29). Zwar ist in Vorbem. 1 zu Teil 1 VV RVG geregelt, dass die Gebühren dieses Teils neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren entstehen. Damit ist aber nichts darüber gesagt, ob auch ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse im Rahmen der PKH-Bewilligung entsteht. Die dem RA zustehende Verfahrensgebühr kann dieser gegen seinen Mandanten geltend machen. Davon zu trennen ist die Frage, ob er einen entsprechenden Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat. Der Umfang des Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse richtet sich nach der hier vertretenen Meinung im Anschluss an die oben genannte Entscheidung des BGH vielmehr nach dem Ausnahmecharakter, der der PKH-Bewilligung im PKH-Verfahren grundsätzlich zukommt.

    Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass nach der Gegenauffassung der Anreiz für beide Parteien geringer würde, sich bereits außergerichtlich um eine Einigung zu bemühen, und entsprechende Bemühungen in das PKH-Verfahren verlagert werden könnten, da dort aus der Staatskasse entsprechende Gebühren liquidiert werden könnten.

    Schließlich überzeugt im Rahmen der Gegenauffassung auch nicht, warum nur eine reduzierte Verfahrensgebühr gemäß NR. 3337 VV RVG anfallen soll, da die Voraussetzungen für eine vorzeitige Beendigung nach Nr. 3337 VV RVG an das Verfahren oder den gerichtlichen Termin geknüpft sind, wobei sich dies in Bezug auf Nr. 3335 VV RVG nur auf das Verfahren über die PKH beziehen kann, so dass hier kein vorzeitiger Beendigungstatbestand vorläge. Gleiches gilt für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorbem. 3.6 (vgl. Enders, Anm. zu BGH, JurBüro 2004, 601).

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