Welcher Güterstand ist maßgebend gemäß Art 15, 220 EGBGB

  • Folgendes Problem:
    Der Erblasser und seine Ehefrau haben in der Türkei geheiratet. Zum Zeitpunkt des Todes hatten beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit. Zählt dann automatisch das deutsche Güterrecht; quasi Güterstand der Zugewinnsgemeinschaft?
    Oder zählt das deutsche Recht aber das türkische Guterrecht?:confused:
    Kann den Art 15 EGBGB nicht ganz nachvollziehen!

  • Art.15 EGBGB verweist auf die allgemeinen Ehewirkungen des Art.14 EGBGB, wobei für die Bestimmung des Güterstandes auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen ist. Danach leben die Ehegatten im vorliegenden Fall im deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Art. 14 Abs.1 Nr.1 EGBGB).

    Im Hinblick auf den (nicht mitgeteilten) Zeitpunkt der Eheschließung ist die Übergangsvorschrift des Art.220 Abs.3 EGBGB zu beachten. Aber auch diese Norm führt wegen der gemeinsamen deutschen Staatsangehörigkeit unabhängig vom Zeitpunkt der Eheschließung zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

  • habe da jetzt doch noch eine frage:
    wenn die in der türkei geheiratet haben und damals noch die türkische staatsangehörigkeit hatten, zählt dann aber das türkische güterrecht, oder????? quasi deutsche erbrecht aber türkischer güterstand!

  • Türkischer Güterstand.
    Hatte der Erblasser denn beide Staatsangehörigkeiten? Erbrechtlich wäre das Ganze dann etwas problematischer.

    Zum Erbrecht auch einmal der Hinweis auf den Deutsch-Türkischen Konsularvertrag vom 28.5.1929.

  • Ja, ich glaube auch, dass der türkische Güterstand erhalten geblieben ist. Die jetzige oder zuletzt bestehende Staatsangehörigkeit spielt wegen der "Versteinerung" des Güterrechtsstatus keine Rolle. Vorausgesetzt natürlich, es wurde vertraglich nichts vereinbart.

  • Für den Fall, dass beide Ehegatten bei der Eheschließung (nur) türkische Staatsangehörige waren, ergibt sich unabhängig vom Zeitpunkt der Eheschließung immer der türkische Güterstand:

    Bei vor dem 1.4.1953 geschlossener Ehe nach Art. 220 Abs.3 S.6 EGBGB i.V.m. Art.15 Abs.1 EGBGB a.F. (Heimatrecht des Ehemannes), bei nach dem 31.3.1953 und vor dem 9.4.1983 geschlossener Ehe nach Art.220 Abs.3 S.1 Nr.1 bis zum 8.4.1983 und für die Zeit nach dem 8.4.1983 nach Art.220 Abs.3 S.2 EGBGB i.V.m. Art.15 Abs.1 und Art.14 Abs.1 Nr.1 EGBGB und bei nach dem 8.4.1983 geschlossener Ehe unmittelbar nach Art.15 Abs.1 EGBGB und Art. 14 Abs.1 Nr.1 EGBGB. Durch die Neuregelung des IPRG 1986 tritt im vorliegenden Fall somit auch dann kein güterrechtlicher Statutenwechsel ein, wenn die Eheschließung nach dem 31.3.1953 und vor dem 9.4.1983 erfolgte.

    Kommt deutsches Erbrecht zur Anwendung, weil der erstverstorbene Ehegatte im Zeitpunkt des Erbfalls (nur) Deutscher war, so kommt es also nicht zu einer Erhöhung des gesetzlichen Erbteils nach § 1371 Abs.1 BGB (mit entsprechenden Konsequenzen für das Pflichtteilsrecht).

  • blue:

    Zu einem güterrechtlichen Statutenwechsel kann es ausnahmsweise für die Zeit nach dem 8.4.1983 (also auch im Hinblick auf nach diesem Zeitpunkt eintretende Erbfälle) kommen, wenn bei nach dem 31.3.1954 und vor dem 9.4.1983 geschlossenen Ehen mangels eines gemeinsamen Heimatrechts der Ehegatten und mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art.220 Abs.3 S.1 Nr.2 EGBGB nach Nr.3 dieser Norm das Heimatrecht des Ehemannes für den Güterstand maßgeblich war. Für diese Fälle ordnet Art.220 Abs.3 S.3 BGB nämlich an, dass für die Bestimmung des Güterstandes nicht auf den Zeitpunkt der Eheschließung, sondern auf den 9.4.1983 abzustellen ist. Wäre die Ehe im fraglichen Zeitraum geschlossen worden und im Zeitpunkt der Eheschließung nur der Ehemann Türke gewesen, so wäre bei güterrechtlicher Maßgeblichkeit von Art.220 Abs.3 S.1 Nr.3 EGBGB somit nach Art.15 Abs.1 EGBGB i.V.m. Art.14 EGBGB auf die Verhältnisse am 9.4.1983 abzustellen. Waren die Ehegatten zu diesem Zeitpunkt bereits beide Deutsche, tritt am 9.4.1983 ein güterrechtlicher Statutenwechsel vom türkischen Güterstand in den deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein. Stirbt später ein Ehegatte, gilt demzufolge § 1371 Abs.1 BGB.

    Diese Fallgestaltung liegt nach bisheriger Sachverhaltsdarstellung aber nicht vor.

  • Ich habe gerade so einen ähnlichen Fall. Der Verstorbene ist Deutscher und hinterließ Ehefrau und zwei Kinder. Zum Zeitpunkt der Heirat (1989) waren beide noch türk. Staatsangehörige. Also habe ich deutsches Erbrecht und den türk. Güterstand der Gütertrennung.

    Erben nun Ehefrau und Kinder jeder ein Drittel in Anwendung von § 1931 Abs. 4 BGB, da die Gütertrennung nach türk. Recht mit der nach deutschem Recht vergleichbar ist? Ich hätte es so gemacht.

  • Nach Firsching/Graf, Nachlassrecht, Rdn. 2.120 ist das Statut grunds. unwandelbar; bei Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit (wie hier) nach Eheschließung kann das Güterrecht jedoch dem Recht dieses Staates unterstellt werden. Dieses wäre m.E. vorrangig zu prüfen; ansonsten würde ich deine Rechtsauffassung teilen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich denke bei mir bleibt es bei der Unwandelbarkeit, weil die Ehefrau und die Kinder noch Türken sind.

    Wo steht denn das mit der Unterstellung des Güterrechts bei einer neuen Staatsangehörigkeit? Habe ich noch nirgends konkret gelesen.

  • Es gilt deutsches Erbstatut (Art.25 Abs.1 EGBGB), und zwar nach hM auch dann, wenn der Erblasser deutsch-türkischer Doppelstaater gewesen sein sollte (Art.5 Abs.1 S.2 EGBGB). Das Nachlassabkommen vom 28.5.1929 als Bestandteil des deutsch-türkischen Konsularvertrags vom gleichen Tage ist daher allenfalls auf den in der Türkei belegenen Nachlass anwendbar (Dörner ZEV 1996, 90, 92 m.w.N.).

    Es gilt türkisches Güterrechtsstatut, weil beide Ehegatten bei der Eheschließung türkische Staatsangehörige waren, weil für die Bestimmung des Güterstands auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen ist (Art.15 Abs.1 EGBGB i.V.m. Art.14 Abs.1 Nr.1 EGBGB; vgl. Palandt/Heldrich Art.14 EGBGB RdNr.6). Im vorliegenden Fall kommt § 1931 Abs.4 BGB zur Anwendung, weil der türkische Güterstand der Gütertrennung mit dem gleichnamigen Güterstand des deutschen Rechts funktionell vergleichbar ist (Dörner ZEV 1996, 90, 95 m.w.N.).

    Im vorliegenden Fall ist der Erblasser somit nach deutschem Erbrecht von seiner Ehefrau und den beiden Kindern zu je 1/3 beerbt worden.

    Zur Frage nach der güterrechtlichen Rechtswahl:
    Eine Rechtswahl wäre nach Art.15 Abs.2 EGBGB möglich gewesen, liegt aber offensichtlich nicht vor.

  • Zitat von hanna

    Wo steht denn das mit der Unterstellung des Güterrechts bei einer neuen Staatsangehörigkeit?



    Es gibt keine automatische Unterstellung sondern - wie von juris2112 erwähnt - die Möglichkeit, bei Wechsel der Staatsangehörigkeit nach Eheschließung, das Güterrecht des neuen Staates zu wählen. Dieses müsste sich wohl aus dem türkischen Güterrecht oder IPR ergeben.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Nach Art.15 Abs.2 EGBGB haben die Eheleute für die güterrechtliche Rechtswahl mehrere Möglichkeiten: Entweder ihre jeweiligen Heimatrechte (bei Doppelstaatern nach hM jedes der beteiligten Rechte), das Recht des Aufenthaltsortes eines jeden Ehegatten und das Recht des Lageortes für unbewegliches Vermögen (nicht nur insgesamt, sondern auch für einzelne Grundstücke). Die Rechtswahl zugunsten des Rechtes des Lageortes führt zu einer Spaltung des Güterrechtsstatuts, da für das übrige Vermögen der nicht von der Rechtswahl beeinflusste ursprüngliche Güterstand weitergilt.

  • Folgendes Problem:
    Der Erblasser und seine Ehefrau haben in Polen geheiratet. Zum Zeitpunkt des Todes hatte der Erblasser die deutsche Staatsangehörigkeit und die Ehegattin die polnische Staatsangehörigkeit. Zählt dann automatisch das deutsche Güterrecht, also Güterstand der Zugewinngemeinschaft?
    Oder zählt das deutsche Recht, aber das polnische Güterrecht?

  • Habe auch so ein ähnliches Problem, nur mit syrischem Güterrecht. Kennt jemand eine in Deutschland geifbare Quelle, aus der man erfahren kann, was Inhalt des syrischen Güterrechts ist ( z.B. wer kann Eigentümer von Grundstücken sein? Wie ist es in einer Ehe? Gibt es Verfügungsbeschränkungen für Frauen?)

  • Gesetzlicher Güterstand in Syrien ist nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen die Gütertrennung (Baur/v.Oefele/Schaub, GBO, 2. Aufl., Interationale Bezüge RdNr. 408; Süß Rpfleger 2003, 53, 60). Alles weitere müsste sich aus Bergman/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht (Loseblattsammlung) ergeben, der in den Bibliotheken der Gerichte ohne weiteres einsehbar sein müsste.

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