Körperschaftsteuererstattung bei § 207 InsO

  • Hallo!
    Habe folgendes insolvenzrechtliches Problem, wofür ich bislang im Forum keine Lösung gefunden habe:

    Schlusstermin §§ 66, 207 InsO wurde bestimmt für das Verfahren über das Vermögen einer GmbH & Co.KG. Der Verwalter hat nun einen Bescheid des Finanzamtes erhalten, wonach im Zeitraum von 10 Jahren Körperschaftssteuererstattungen in Höhe von ca. 2.000,00 € zu erwarten sind. Am Ergebnis würde diese weitere Masseeinnahme nichts ändern; es wäre trotzdem nach § 207 InsO einzustellen. Der Verwalter möchte nach Schlusstermin die Quotelung § 207 III InsO so vornehmen, als hätte er den Betrag in Höhe von 2.000,00 € schon zur Masse gezogen und auf seine Vergütung angerechnet. Er würde dann die jährlichen Teilbeträge für seine Vergütung vereinnahmen. Das halte ich für problematisch, weil die Beschlagnahme mit Einstellung beendet und die Berechtigung des Verwalters, diese Beträge noch zu vereinnahmen, nicht mehr besteht. Nachtragsverteilung bei § 207 InsO ist im Hinblick auf § 207 III 2 InsO und die ausdrückliche Verweisung im § 211 III 2 InsO sowieso fraglich, aber in diesem Fall (langer Zeitraum von 10 Jahren) eher nicht möglich. Was also tun? Kann der Verwalter allenfalls den Erstattungsanpruch (vermutlich zu geringerem Wert) verkaufen, um daraus überhaupt etwas für die Masse zu erlangen?
    Hoffe, ihr habt vielleicht nützliche Hinweise. Danke!

  • Das Problem ist wirklich kniffelig. Eine zufriedenstellende Lösung kenne ich nicht: Die einzig korrekte Lösung wäre, das Verfahren weiterlaufen zu lassen, wobei die zusätzliche Einnahme vermutlich durch Vergütung und ja auch die Pflicht zur Erstellung von Jahresabschlüssen aufgebraucht werden dürfte. Weiterhin denke ich, dass die JA und Steuererklärungen gerade auch erstellt werden müssten, sonst droht eine Schätzung und die Verrechnung (vielleicht ist das auch die pragmatische Lösung, dann hat der Verwalter bei der nächsten Anfechtung was gut :D).

    Verkaufen geht m.E. auch nicht, so ein Bauchgefühl, dass ich gerade nicht klar begründen kann. Sind denn zukünftige Steuererstattungsansprüche überhaupt
    übertragbar? Ich glaube nämlich, hier wird das Problem liegen.

  • Wir reden hier wohl über ein Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 5 KStG. Dieses aus der Umstellung vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren entstandene Guthaben (also Guthaben aus Anno Tobak) ist durch den Bescheid bereits für die 10 Jahre im Voraus festgesetzt (und kann daher auch schon jetzt für die Folgejahre abgetreten werden). Die Auszahlung der jeweiligen Jahresbeträge erfolgt auf Grund eines Antrags der Inhaberin des Körperschaftsteuerguthabens beziehungsweise ihres Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolgers. Der Antrag muss bis zum 31. Mai des Folgejahres gestellt werden. Dieses Guthaben kann auch verkauft werden. Hierfür wird in § 37 Abs. 5 Satz 9 KStG ausdrücklich die Vorschrift des § 46 Abs. 4 AO, wonach der geschäftsmäßige Verkauf von Steuerforderungen unwirksam ist, für nicht anwendbar erklärt. Hierzu die Begründung des Gesetzgebers:

    "Bei der ratierlichen Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens soll zur Verbesserung der Finanzierungslage der Unternehmen eine Abtretung des Anspruchs insbesondere auch an Banken möglich sein. Nach § 46 Abs. 4 AO wäre der geschäftsmäßige Erwerb durch Banken allerdings nur unter Einschränkungen (Abtretung zur Sicherung) möglich. Die Anwendung des § 46 Abs. 4 AO wird deshalb für diesen Bereich eingeschränkt."


    (Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung, BRat-Drucksache 544/07, siehe dort Seite 102 von 135)

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich habe gerade zwei Artikel gefunden:

    Schmittmann, in der StuB Nr. 3 vom 08.02.2008, S. 83ff. Kurzum: Schmittmann schließt sich Exec an, dass das Guthaben abtretbar ist, die Gefahr aber in der Aufrechnung durch das FA lauert.

    Außerdem ders. in ZinsO 2007, 706 (Stellungnahme zu OFD Münster, Verf. v. 20.04.2007).

  • Danke für eure Hinweise.

    Ich bin jetzt mit dem Verwalter so verblieben, dass der Erstattungsanspruch nicht mehr zur Masse gezogen wird. Wir machen das Verfahren nach § 207 InsO zu und er will den Erstattungsanspruch außerhalb des Insolvenzverfahrens für seine noch verbleibende Vergütung pfänden.

    Also danke noch mal für die prompten Antworten...



  • Wir reden hier wohl über ein Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 5 KStG. Dieses aus der Umstellung vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren entstandene Guthaben (also Guthaben aus Anno Tobak)



    @ Exec
    Kannst Du mal (für Laien :oops: ) genauer erläutern, wie es zu diesem Körperschaftssteuerguthaben kommt und in welchen Verfahren man grundsätzlich damit rechnen muss?

    Erfolgt der Festsetzungsbescheid durch das Finanzamt v.A.w. oder ist dies durch den IV zu beantragen?

  • Meine Güte! Dann will ich es mal versuchen....

    Also bis einschließlich 2000 gab es das sogenannte Anrechnungsverfahren bei der Körperschaftsteuer. Vom Prinzip her wurden die Gewinne der Körperschaft mit 40% versteuert. Diese Steuer war aber im Grunde nur eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer der Gesellschafter. Denn wenn die Gesellschaft eine Ausschüttung an diese vornahm, konnten sich die Gesellschafter die entsprechende Körperschaftsteuer auf ihre persönliche Einkommensteuer anrechnen lassen. Damit sollte erreicht werden, dass die Gewinne der Körperschaften am langen Ende nur bei den Gesellschaftern selbst besteuert werden. Schüttet die Gesellschaft voll aus, ist sie nicht mit Steuern belastet. In aller Regel wurden aber nicht alle Gewinne ausgeschüttet. Daher "lagerte" in den Gesellschaften Eigenkapital, das mit 40% versteuert war (genannt EK40).

    Dann fand man heraus, dass dieses Besteuerungssystem irgendwie europarechtswidrig war. Ab dem Jahr 2001 wurde ein neues Besteuerungssystem eingeführt, das sogenannte Halbeinkünfteverfahren. Danach werden die Gewinne bei der Körperschaft nur noch mit 25% besteuert. Diese Körperschaftsteuer ist allerdings nicht mehr bei Ausschüttungen anrechenbar, also eine echte Letztversteuerung. Im Gegenzug sind die Ausschüttungen bei der Einkommensteuer der Gesellschafter zur Hälfte steuerfrei. Die Gesellschaften hatte allerdings noch jede Menge EK40, also bereits versteuertes Eigenkapital. Zum Ausgleich für den Verlust des EK40 wurde den Gesellschaften ein Körperschaftsteuerguthaben von 1/6 des EK40 eingeräumt (und per Bescheid festgestellt). Wenn die Gesellschaften jetzt ausschütteten erhielten sie in Höhe von 1/6 der Ausschüttungen was von dem Körperschaftsteuerguthaben erstattet. Der Gesetzgeber in seiner unsagbaren Weisheit übersah allerdings, dass die Gesellschaften jetzt wie verrückt Ausschüttungen vornahmen. Das riss ein großes Loch ins Hans Eichel seine Tasche. Daher hat er in seiner Not die Auszahlung des Guthabens in 2003 bis Ende 2005 wieder auf 0,00 gesetzt. Seit 2006 gibt es jetzt diese vollständige Auskehrung des Guthabens in 10 Jahresraten (§ 37 KStG). Zusätzlich wird jetzt in 2009 das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren abgelöst, Stichwort "Abgeltungsteuer". Aber das ist eine andere Geschichte.

    Das erklärt jetzt auch, welche Fälle betroffen sind: Körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaften, die es schon vor 2001 gab und die damals Gewinne machten. Diese werden häufig noch Körperschaftsteuerguthaben besitzen, da Hans Eichel ihnen die Auszahlung des Guthabens ab 2003 verwehrt hat. Die Guthaben dürften schon seit Langem festgesetzt sein. Für die Auszahlung bedarf es allerdings eines Antrags.

    Alles klar?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    Einmal editiert, zuletzt von Exec (2. August 2008 um 06:04) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • In Sachen Abtretung von Körperschaftssteuerguthaben in der Insolvenz gibt es in der ZInsO 11/2008 S. 609 ff. einen kleinen Aufsatz dazu.

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