GmbH-Reform geplant

  • BMJ-Pressemitteilung

    Berlin, 29. Mai 2006

    Zeit für Gründer - die GmbH-Reform


    Das Bundesjustizministerium hat heute den Referentenentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) den Bundesressorts zur Stellungnahme zugeleitet. Das Gesetz macht die Rechtsform der GmbH für den deutschen Mittelstand attraktiver und stärkt so den Wirtschaftsstandort Deutschland.
    „Wir setzen ein deutliches Signal an Unternehmensgründer und Investoren: Die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird in Deutschland deutlich leichter und schneller möglich sein. Zugleich wappnen wir die bewährte und erfolgreiche Unternehmensform der GmbH für den internationalen Wettbewerb, indem wir bestehende Nachteile ausgleichen, ohne die Vorteile des deutschen GmbH-Rechts aufzugeben. Die GmbH wird besser gegen Missbräuche geschützt sein, insbesondere im Insolvenzfall“, erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

    In Deutschland gibt es ca. 1 Million GmbHs. Die GmbH ist die Rechtsform des deutschen Mittelstandes. Die Gesetzesinitiative bedeutet die größte Reform des GmbH-Rechts seit 1980. Der Referentenentwurf belässt es nicht bei punktuellen Änderungen, sondern ist eine umfassende und in sich geschlossene Novellierung des geltenden GmbH-Rechts: Flexibilisierung und Deregulierung auf der einen Seite steht die Bekämpfung der Missbrauchgefahr auf der anderen gegenüber.
    Um Unternehmungsgründungen zu erleichtern, wird das Mindestkapital einer GmbH künftig von 25.000 auf 10.000 € abgesenkt. Die Eintragungsverfahren werden beschleunigt, indem sie vom Verfahren um die verwaltungsrechtliche Genehmigung abgekoppelt werden. Weiter schlägt der Entwurf vor, eine Art gutgläubigen Erwerb der Geschäftsanteile einzuführen. Missbräuche der GmbH in der Krise durch so genannte „Firmenbestatter“, die angeschlagene GmbHs durch Abberufung von Geschäftsführern und durch Aufgabe des Geschäftslokals einer ordnungsgemäßen Insolvenz zu entziehen suchen, sollen verhindert werden.

    In den Entwurf, der der Koalitionsvereinbarung entspricht, sind Ergebnisse einer Befragung von Wissenschaft und Praxis durch das Bundesministerium der Justiz eingeflossen. Änderungsbedarf am geltenden Recht ergab sich unter anderem aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Insbesondere seit dessen Urteil in der Rechtssache Inspire Art vom 30. September 2003 (Rs. C-167/01) steht die Rechtsform der deutschen GmbH in Konkurrenz zu GmbH-verwandten Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die aufgrund der EU-weiten Niederlassungsfreiheit auch in Deutschland tätig werden dürfen.
    „Viele der vorgeschlagenen Deregulierungen und Modernisierungen werden seit langem diskutiert und dringend erwartet. Am Ende wird die GmbH, die - anders als die Aktiengesellschaft - lange Zeit nicht verändert worden ist, als moderne und attraktive Rechtsform weiter für den Mittelstand zur Verfügung stehen. Diese GmbH wird nicht den Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen scheuen müssen“, sagte Zypries weiter.
    Der Entwurf wird den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme mit ausreichend Zeit für Diskussionen und Stellungnahmen zugeleitet. Außerdem soll der Entwurf auf dem Deutschen Juristentag im Herbst 2006 erörtert werden. Mit dem Regierungsentwurf ist daher erst Anfang 2007 zu rechnen. Das Gesetz könnte Ende 2007 in Kraft treten.

    Zu den Schwerpunkten des Gesetzentwurfs im Einzelnen:
    1. Beschleunigung von Unternehmensgründungen
    Ein Kernanliegen der GmbH-Novelle ist die Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen. Hier wird häufig ein Wettbewerbsnachteil der GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen wie der englischen Limited gesehen, denn in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden geringere Anforderungen an die Gründungsformalien und die Aufbringung des Mindeststammkapitals gestellt.

    a) Erleichterung der Kapitalaufbringung und Übertragung von Geschäftsanteilen

    • Der Entwurf schlägt vor, das Mindeststammkapital der GmbH von bisher 25.000 Euro auf 10.000 Euro herabzusetzen, um Gründungen insbesondere für Dienstleistungsgewerbe zu erleichtern. Als Stammkapital bezeichnet man die bei Gründung einer GmbH von den Gesellschaftern zu erbringende Einlage. Mit der Absenkung des Mindeststammkapitals wird dem Wandel des Wirtschaftslebens Rechnung getragen: Die Mehrzahl der Neugründungen sind nicht mehr Produktionsunternehmen, sondern Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor, die oft weniger Startkapital benötigen. Gerade Kleinunternehmen und Existenzgründer können durch das Gesetz leichter eine Gesellschaft gründen als bisher. Ein Mindeststammkapital von 10.000 Euro ist andererseits als Seriösitätsschwelle sinnvoll.
    • Außerdem werden die Gesellschafter künftig individueller über die jeweilige Höhe ihrer Stammeinlagen bestimmen und sie dadurch besser nach ihren Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten ausrichten können. Bislang muss die Stammeinlage mindestens 100 Euro betragen und darf nur in Einheiten von mindestens 50 Euro aufgeteilt werden. Der Entwurf sieht vor, dass jeder Geschäftsanteil nur noch auf einen Betrag von mindestens einem Euro lauten muss. Vorhandene Geschäftsanteile können künftig leichter gestückelt werden.
    • Die Flexibilisierung setzt sich bei der Übertragung von Geschäftsanteilen fort. Sie wird erleichtert. So soll das Verbot, bei der Errichtung der Gesellschaft mehrere Geschäftsanteile zu übernehmen (§ 5 Abs. 2 GmbHG), aufgehoben werden. Dieses Verbot stellt ein unnötiges bürokratisches Hemmnis dar. Auch das Verbot, mehrere Teile von Geschäftsanteilen gleichzeitig an denselben Erwerber zu übertragen (§ 17 GmbHG), soll fallen.

    b) Beschleunigung der Registereintragung

    • Um die Handelsregistereintragung von Gesellschaften zu erleichtern, deren Unternehmensgegenstand genehmigungspflichtig ist, wird das Eintragungsverfahren von der verwaltungsrechtlichen Genehmigung abgekoppelt. Das betrifft zum Beispiel Handwerks- und Restaurantbetriebe oder Bauträger, die eine gewerberechtliche Erlaubnis brauchen. Bislang kann eine solche Gesellschaft nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn bereits bei der Anmeldung zur Eintragung die staatliche Genehmigungsurkunde vorliegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG). Das langsamste Verfahren bestimmt also das Tempo. Zukünftig soll anstelle der Genehmigung die Versicherung genügen, dass die Genehmigung bei der zuständigen Stelle beantragt worden ist. Damit keine Gesellschaften ohne Betriebsgenehmigung dauerhaft im Handelsregister verzeichnet sind, muss die Erteilung der Genehmigung innerhalb einer bestimmten Frist nach der Eintragung beim Registergericht nachgewiesen werden. Andernfalls ist die Gesellschaft von Amts wegen zu löschen.
    • Beschleunigt wird insbesondere die Gründung von Ein-Personen-GmbHs. Hier wird künftig auf die Stellung besonderer Sicherheitsleistungen (§ 7 Abs. 2 S. 3, § 19 Abs. 4 GmbHG) verzichtet. Nach geltendem Recht darf eine Ein-Personen-GmbH erst dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn der Gesellschafter für den noch nicht erbrachten Teil seiner Geldeinlage eine Sicherung bestellt hat. Diese besonderen Sicherungen sind verzichtbar und bedeuten lediglich eine unnötige Komplizierung der Gründung einer Ein-Personen-GmbH. Die bisherigen Anforderungen gehen auch über die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Ein-Personen-GmbH von 1989 hinaus.

    c) Zusammenspiel mit dem EHUG
    Die Erleichterungen für Gründer durch das MoMiG müssen im Zusammenhang mit der Modernisierung des Handelsregisters gesehen werden, die durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) eingeleitet wurde. Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf am 14. Dezember 2005 beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren wird voraussichtlich noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden können.
    So sehen die Verbesserungen durch MoMiG und EHUG in der Praxis aus:

    • Gründung einer GmbH nach geltendem Recht
      Zur Gründung einer GmbH muss bislang ein Mindeststammkapital von 25.000 € übernommen werden. Vor der Anmeldung der GmbH zum Handelsregister müssen mindestens die Hälfte, also 12.500 €, eingezahlt werden. Bei der Ein-Personen-GmbH hat der Gesellschafter für den noch nicht erbrachten Teil seiner Geldeinlage eine Sicherheit zu bestellen. Zum Handelsregister sind der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag und weitere Unterlagen öffentlich beglaubigt in Papierform einzureichen und Versicherungen der Geschäftsführer abzugeben. Sollen Sacheinlagen eingebracht werden, so müssen Unterlagen über die Einbringung und den Wert der Sacheinlagen und ein Sachgründungsbericht vorgelegt werden. Sofern der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf, darf die Gesellschaft nur eingetragen werden, wenn bereits bei der Anmeldung die staatliche Genehmigungsurkunde vorliegt. Grundsätzlich ist ferner zunächst ein Gerichtskostenvorschuss zu leisten. Das Registergericht prüft, ob der Vorschuss eingegangen ist, die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet wurde. Die Eintragung wird anschließend im Papierbundesanzeiger und in einer oder mehreren Tageszeitungen auf Kosten der GmbH bekannt gemacht.
    • Die GmbH-Gründung nach MoMiG und EHUG
      Der Referentenentwurf des MoMiG schlägt vor, das Mindestkapital von 25.000 auf 10.000 € abzusenken, um insbesondere Kleinunternehmen und Existenzgründern mit geringem Kapitalbedarf die Unternehmensgründung zu erleichtern. Davon muss die Hälfte, also nur noch ein Betrag von 5.000 € aktuell aufgebracht werden. Komplizierte Sachgründungen werden dadurch weniger häufig nötig sein. Die aufwändigen Sicherheitsleistungen bei der Gründung einer Ein-Personen-GmbH sollen entfallen. Zudem soll künftig das Erfordernis entfallen, bei der Anmeldung die staatliche Genehmigung vorzulegen. Vielmehr soll die Versicherung ausreichen, dass die Genehmigung beantragt wurde. Die Genehmigung kann nachgereicht werden. Dadurch wird die Gründung erheblich beschleunigt. Nach dem EHUG werden Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister zum 1. Januar 2007 auf den elektronischen Betrieb umgestellt. Die zur Gründung der GmbH erforderlichen Unterlagen können künftig grundsätzlich nur noch elektronisch beim Handelsregister eingereicht werden. Eine notarielle Beglaubigung der Anmeldungen bleibt erforderlich, kann aber ebenfalls elektronisch erfolgen. Der Notar übermittelt die Anmeldung und die weiteren Dokumente über das elektronische Gerichtspostfach elektronisch an das zuständige Registergericht. Dort können die Daten unmittelbar in die Register übernommen werden, was erheblich zur Beschleunigung beiträgt. Über Anmeldungen zur Eintragung soll „unverzüglich“ entschieden werden. Falls erforderlich, wird die IHK künftig elektronisch beteiligt. Zudem sollen die Ausnahmen vom Erfordernis eines Kostenvorschusses erweitert werden. Handelsregistereintragungen sollen nur noch elektronisch bekannt gemacht werden. Die Daten sind dann für jedermann über das Internet einsehbar.

    2. Erhöhung der Attraktivität der GmbH als Rechtsform
    Durch ein Bündel von Maßnahmen soll die Attraktivität der GmbH nicht nur in der Gründung, sondern auch als „werbendes“, also am Markt tätiges Unternehmen erhöht und Nachteile der deutschen GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen ausgeglichen werden.

    a) Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland
    Als ein Wettbewerbsnachteil wird angesehen, dass EU-Auslandsgesellschaften nach der Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen Überseering und Inspire Art ihren Verwaltungssitz in einem anderen Staat – also auch in Deutschland – wählen können. Diese Auslandsgesellschaften sind in Deutschland als solche anzuerkennen. Umgekehrt haben deutsche Gesellschaften diese Möglichkeit bislang nicht. Durch die Streichung des § 4a Abs. 2 GmbHG soll es deshalb deutschen Gesellschaften ermöglicht werden, einen Verwaltungssitz zu wählen, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Dieser Verwaltungssitz kann auch im Ausland liegen. Damit soll der Spielraum deutscher Gesellschaften erhöht werden, ihre Geschäftstätigkeit auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets zu entfalten. Das kann z.B. eine attraktive Möglichkeit für deutsche Konzerne sein, ihre Auslandstöchter in der Rechtsform der vertrauten GmbH zu führen.

    b) Mehr Transparenz bei Gesellschaftsanteilen
    Nach dem Vorbild des Aktienregisters soll künftig nur derjenige als Gesellschafter gelten, der in die Gesellschafterliste eingetragen ist. So können Geschäftspartner der GmbH lückenlos und einfach nachvollziehen, wer hinter der Gesellschaft steht. Veräußerer und Erwerber von Gesellschaftsanteilen erhalten den Anreiz, die Gesellschafterliste aktuell zu halten. Der eintretende Gesellschafter erhält einen Anspruch darauf, in die Liste eingetragen zu werden. Weil die Struktur der Anteilseigner transparenter wird, lassen sich Missbräuche wie zum Beispiel Geldwäsche besser verhindern. Das hierdurch geschaffene Vertrauen wirkt sich positiv auf die Geschäftsaussichten der Gesellschaft aus.

    c) Gutgläubiger Erwerb von Gesellschaftsanteilen
    Die rechtliche Bedeutung der Gesellschafterliste wird noch in anderer Hinsicht erheblich ausgebaut: Die Gesellschafterliste dient als Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, soll künftig darauf vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine Eintragung in die Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig. Das schafft mehr Rechtssicherheit und senkt die Transaktionskosten. Bislang geht der Erwerber eines Geschäftsanteils das Risiko ein, dass der Anteil einem anderen als dem Veräußerer gehört. Die Neuregelung führt zu einer erheblichen Erleichterung für die Praxis bei Veräußerung von Anteilen älterer GmbHs.

    d) Sicherung des Cash-Pooling
    Ferner soll das bei der Konzernfinanzierung international gebräuchliche Cash-Pooling gesichert und auf eine verlässliche Rechtsgrundlage gestellt werden. Cash-Pooling ist ein Instrument zum Liquiditätsausgleich zwischen den Unternehmensteilen im Konzern. Dazu werden Mittel von den Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft zu einem gemeinsamen Cash-Management geleitet. Im Gegenzug erhalten die Tochtergesellschaften Rückzahlungsansprüche gegen die Muttergesellschaft. Obwohl das Cash-Pooling als Methode der Konzernfinanzierung als ökonomisch sinnvoll erachtet wird, ist auf Grund der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 30 GmbHG in der Praxis eine Rechtsunsicherheit über dessen Zulässigkeit entstanden. Der Entwurf trägt der Rechtsprechung Rechnung und gibt der Praxis gleichzeitig die nötige Klarheit; die Kapitalerhaltungsgrundsätze werden beibehalten. Es wird eine Regelung vorgeschlagen, die über das Cash-Pooling hinausreicht und alle Fälle von Krediten der Gesellschaft an ihre Gesellschafter erfasst.
    e) Deregulierung des Eigenkapitalersatzrechts
    Die sehr komplex gewordene Materie des Eigenkapitalersatzrechts (§§ 30 ff. GmbhG) wird erheblich vereinfacht und grundlegend dereguliert. Beim Eigenkapitalersatzrecht geht es um die Frage, ob Kredite, die Gesellschafter ihrer GmbH geben, als Darlehen oder als Eigenkapital behandelt werden. Das Eigenkapital steht in der Insolvenz hinter allen anderen Gläubigern zurück. Grundgedanke der Neuregelung ist, dass die Organe und Gesellschafter der gesunden GmbH einen einfachen und klaren Rechtsrahmen vorfinden sollen. Dazu werden die Rechtsprechungs- und Gesetzesregeln über die kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen (§§ 32a, 32b GmbHG) im Insolvenzrecht neu geordnet; die Rechtsprechungsregeln nach § 30 GmbHG werden aufgehoben. Eine Unterscheidung zwischen „kapitalersetzenden“ und „normalen“ Gesellschafterdarlehen wird es nicht mehr geben.
    3. Bekämpfung von Missbräuchen
    Die aus der Praxis übermittelten Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit der Rechtsform der GmbH sollen durch verschiedene Maßnahmen bekämpft werden:

    • Die Rechtsverfolgung gegenüber Gesellschaften soll beschleunigt werden. Das setzt voraus, dass die Gläubiger wissen, an wen sie sich wegen ihrer Ansprüche wenden können. Deshalb muss zukünftig in das Handelsregister eine zustellungsfähige Geschäftsanschrift eingetragen werden. Dies gilt auch für Aktiengesellschaften, Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaften sowie Zweigniederlassungen (auch von Auslandsgesellschaften). Wenn unter dieser eingetragenen Anschrift eine Zustellung (auch durch Niederlegung) faktisch unmöglich ist, wird die Möglichkeit verbessert, eine öffentliche Zustellung im Inland zu bewirken. Dies bringt eine ganz erhebliche Deregulierung für die Gläubiger der GmbHs, die bisher mit den Kosten und Problemen der Zustellung (insb. auch Auslandszustellungen) zu kämpfen hatten.
    • Die Gesellschafter werden im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einen Insolvenzantrag zustellen. Hat die Gesellschaft keinen Geschäftsführer mehr, muss jeder Gesellschafter an deren Stelle Insolvenzantrag stellen, es sei denn, er hat vom Insolvenzgrund und von der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Die Insolvenzantragspflicht soll durch Abtauchen der Geschäftsführer nicht umgangen werden können.
    • Geschäftsführer, die Beihilfe zur Ausplünderung der Gesellschaft durch die Gesellschafter leisten und dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschafter herbeiführen, sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Dazu wird das sog. Zahlungsverbot in § 64 GmbHG geringfügig erweitert.
    • Die bisherigen Ausschlussgründe für Geschäftsführer (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG) werden um Verurteilungen wegen der Straftatbestände der §§ 399 bis 401 Abs. 1 AktG und §§ 82, 84 Abs. 1 GmbHG erweitert. Zum Geschäftsführer kann also nicht mehr bestellt werden, wer gegen zentrale Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts verstoßen hat.
  • Dazu kann man stehen wie man will. Ob die Angleichung der ohnehin schon zweifelhaften GmbH an die noch zweifelhaftere Limited sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Klar ist es für Existenzgründer gut, den Start schneller und mit weniger bürokratischem Aufwand vollziehen zu können. Andererseits sehe ich das Registergericht auch noch irgendwie als Kontrollorgan. Bislang bieten diese Schranken doch noch etwas "Rechtssicherheit", so dass nicht jeder eine GmbH gründen kann. Pervers finde ich die Abkoppelung der Genehmigungstatbestände. Ich mache Register nur in Vertretung. Mußte aber neulich wieder feststellen, dass bereits jetzt nahezu alles ohne genehmigung möglich ist ( konkret ging es um Bluttransporte).
    Wo bleibt hier die Sicherheit. Gerade die staatliche Kontrolle ist sinnvoll ( Stichwort:Bad Reichenhall ). Auch sehe ich die gefahr einer Mehrbelastung. Bislang war die Genehmigungb eine Bringschuld der Antragsteller. Diese müssen sich - was ich als Hürde gar nicht so schlecht finde - um die Eintragung und die Erlangung der Urkunde bemühen. Jetzt soll man dann man eintragen. Das Registergericht muß dann unseriösen Gründern - und davon gibt es etliche - hinterherhampeln und möglichst noch zehn Zwischenverfügungen bis zur Löschung machen. Es wird dann auch - nach langer Zeit - zu etlichen Amtslöschungen kommen. Solange stehen diese GmbH's jedoch im Register und täuschen dem Rechtsverkehr doch eine Seriösität vor, die sie nicht besitzen.

    Sinnvoll sehe ich jedoch die stärkere Bekämpfung von Missbrauch gerade in der Person des GF an.

  • die reform ist im europäischen vergleich längst überfällig.

    die frage öffentlich-rechtlicher genehmigung stellt sich gegenüber der verwaltungsbehörde besser als im registerrecht, denn dort gehört sie eigentlich (erst) hin. wenn sie nicht da ist, müssen halt die behörden einschreiten. der einzelkaufmann kann schließlich auch loslegen, rechte erwerben und pflichten eingehen. die GmbH wird derzeit in ihrem ganzen geschäftsbeginn komplett behindert, weil das genehmigungsverfahren zu lange dauert und der registereintrag fehlt.

    die kapitalaufbringungsvorschriften einschl. prüfung durch das registergericht geben geschäftspartnern faktisch keine sicherheit, ausser derjenigen, dass das kapital bei gründung 1 tag auf dem konto der gmbH war. warum sollte diese illusorische sicherheit genährt werden?

  • Zitat von oL


    die kapitalaufbringungsvorschriften einschl. prüfung durch das registergericht geben geschäftspartnern faktisch keine sicherheit, ausser derjenigen, dass das kapital bei gründung 1 tag auf dem konto der gmbH war. warum sollte diese illusorische sicherheit genährt werden?



    Tja, das frag ich mich auch immer. Weshalb halten die so sehr an ihren 25.000 Euro fest, wenn das ganze doch ohnehin nur eine Täuschung der Gläubiger ist. Wie oL schon sagt: das Geld ist doch i.d.R. nur einen Tag auf dem Konto.

    Dass wir im Registerverfahren das Vorliegen der öffentl.-rechtl. Genehmigungen prüfen müssen, ist auch nicht ganz verständlich, da das ja bei anderen Rechtsformen nicht der Fall ist und man ja die Eintragung auch nachträglich löschen kann, wenn eben die Genehmigungen nicht beigebracht werden. Dass man der Vorlage der Genehmigung jetzt als Registergericht "hinterherhampeln" muss, sehe ich nicht. Es wird einmal angeschrieben mit Fristsetzung und dann geht´s sofort ins Amtslöschungsverfahren.

    Kennt jemand von Euch den Vorschlag aus Bayern hinsichtlich des Einzelkaufmannes mit beschränkter Haftung? Da durften wir letztens eine Stellungnahme zu abliefern - ein ziemlicher Quatsch, wenn Ihr mich fragt. Da will Bayern wieder die Lösung für das GmbH-Limited-Dilemma aus dem Hut zaubern und hat den Gesetzesentwurf nur mit der heißen Nadel gestrickt...:daumenrun

  • Gibt es zu diesem Thema Neuigkeiten? Ich habe den Eindruck, das Gesetzgebungsverfahren scheint irgendwo festzuhängen, denn man liest schon lange nichts mehr darüber.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Weitere Infos gibt es hier und hier auf den Seiten des Bundesjustizministeriums.

    Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) tritt im Oktober / November 2008 in Kraft.

    Hier gibt es zudem ein Dokument, das die Schwerpunkte des MoMiG zusammenfasst.

  • Ich greife nun das Thema schon wieder auf.

    Nach all den Verlautbarungen, Ankündigungen etc. suche ich eine relativ verlässlichen Text des § 19 GmbHG nach der Neufassung durch das MoMiG. Denn bzgl. der dortigen Änderungen scheint es mir auf jeden Buchstaben des Gesetzeswortlautes anzukommen. Kann mir insoweit jemand weiterhelfen?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • M. W. ist die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (Drucksache 16/9737) vom Bundestag verabschiedet worden. Eine elektronische Vorab-Fassung gibt es derzeit hier (zum 19 GmbHG siehe S. 16/17).

  • Nachtrag: am 03.09.2008 berät der Rechtsausschuss der Bundesrat wohl abschließend:

    http://www.bundesrat.de/cln_099/Shared…08-09-03-TO.pdf

    Nächste Bundesratssitzung ist dann am 19.09.08. Anschließend hängt es von der Unterschriftsfreudigkeit von Angela und Horst ab, ob es zum 01.10. oder erst 01.11.08 losgeht.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Der Bundesanzeiger Verlag bringt zur größten Reform des GmbH-Rechts einen neuen systematischen Praxiskommentar GmbH-Recht heraus.

    Das Standardwerk erläutert nicht nur den Umfang und die Auswirkungen der Neuregelungen. Die Kommentierung des GmbH-Gesetzes enthält vielmehr systematisch Hinweise auf angrenzende Rechtsbereiche, wie z.B.:

    • Konzern- und Umwandlungsrecht
    • Unternehmensnachfolge und -kauf
    • Steuern und Kosten

    Weitere Infos hier auf den Seiten des Verlages. Umfang ca. 700 Seiten bei einem Preis von 98,00 €.

  • MoMiG vom Bundesrat durchgewunken!
    Der Bundesrat hat am 19.09.2008 das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durchgewunken und damit den Weg für die "Jahrhundertreform des GmbH-Rechts" freigemacht. Damit tritt das MoMiG am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in der Fassung der Beschlussempfehlung durch den Rechtsausschuss, höchstwahscheinlich also am 01. November 2008 in Kraft.

  • Hallo,

    ich muss das Thema hier nochmal augreifen, weil sich bei uns die Nachfragen zum MoMiG langsam häufen. Wurde das MoMiG denn nun schon verkündet?

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