Unfallversicherung - Kapitalzahlung UND Rente

  • Hallo zusammen,

    ich hab jetzt hin und her überlegt, die Forumssuche bemüht und in diversen Kommentaren nachgelesen, stell mein Problem jetzt aber doch mal ein, weil ich mir nicht so ganz sicher bin.

    Schuldner befindet sich im eröffneten Insolvenzverfahren. Aufgrund eines länger zurückliegenden Verkehrsunfalles des Schuldners hat es die private Unfallversicherung nun doch geschafft Leistungen auszukehren und zwar hat sie zum einen eine größere Kapitalzahlung (in mehreren Raten) an die Masse gezahlt. Zum anderen hat sie nun rückwirkend ab 2004 eine monatliche Rente bewilligt. Für die letzten 4 Jahre wird die rückständige Rente in einer Summe ausgezahlt, auch an die Masse.

    Der Schuldner hat nun "gebeten" zu prüfen, ob das so rechtens ist. Ich hab das mal als Antrag nach § 36 Abs. 4 InsO aufgefasst, obwohl da von einem Antrag des Schuldners keine Rede ist, aber ich annehme, dass der Schuldner immer ein Antragsrecht haben muss. Lieg ich damit richtig?

    Weiterhin hab ich mich bislang zu folgenden Feststellungen durchgerungen, zu denen ich gern eure Meinungen hätte:

    1. Die größere Kapitalzahlung aus der Unfallversicherung fällt voll in die Masse, da ich keinen Unpfändbarkeitstatbestand sehe. Ausnahme: Ein Teilbetrag wurde bereits vor Eröffnung an den Schuldner gezahlt. Der bleibt ihm auch.

    2. Die monatliche Rente fällt unter § 850b ZPO, der in § 36 InsO ausdrücklich ausgenommen ist und ist daher unpfändbar und steht auch nicht für eine mögliche Zusammenrechnung mit anderen Einkünften zur Verfügung.

    3. Die 4 Jahre rückständige Rente sind an den Schuldner auszukehren, da die Unpfändbarkeit des § 850b ZPO auch für Rückstände gilt.

    Jetzt hoffe ich auf zahlreiche Meinungen :)

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Was die monatliche Rente (auch für die zurückliegende Zeit) angeht sehe ich das genau so. Leistungen, die nach § 850b ZPO nur bedingt pfändbar sind gehören nicht zur Insolvenz. Die Nachzahlung ändert ncihts daran, dass die Bedingungen des § 850b ZPO erfüllt sind (weil es eine monatliche Rente ist).

    Der Schuldner hat insofern Glück, dass er erst jetzt die Rentennachzahlung bekommt. Hätte er die vor der Eröffnung erhalten und auf ein Konto gelegt wäre das Geld weg.

  • Ich finde es im Ergebnis natürlich auch richtig, wenn Unfallrenten nicht pfändbar sind, allerdings wirft hier der Gesetzeswortlaut m.E. schon ein Problemchen auf.
    § 850 b ZPO bestimmt, dass Unfallrenten unpfändbar sind. Nach § 36 I InsO gilt aber § 850 b ZPO nicht im Insolvenzverfahren, da er hier nicht aufgeführt ist. Dementsprechend würden nach dem Gesetzeswortlaut diese Renten in die Insolvenzmasse fallen, da § 850 b ZPO, der die Unpfändbarkeit bestimmt, hier nicht anzuwenden ist.
    M.E. natürlich ein etwas dubioses Ergebnis, aber ich frage mich schon, ob sich der Gesetzgeber dabei was gedacht hat, oder ob die das mal wieder nicht gepeilt haben.
    Ich glaube, wir hatten diese Diskussion schon einmal, aber die nächste Frage ist doch dann, wenn ich sage: die Unpfändbarkeitsregel des § 850 b I ZPO gilt auch im Insolvenzverfahren (vom Gesetzgeber vergessen, war ja nicht so gemeint...), muss ich dann nicht § 850 b II ZPO prüfen??

  • Guter Gedanke! Das habe ich bisher noch gar nicht so bedacht.

    Da sich eigentlich alle darüber einig sind, dass diese Renten und die anderen in § 850b Abs. 1 ZPO genannten Bezüge wegen ihrer (grundsätzlich) nur bedingten Pfändbarkeit nicht in die Insolvenzmasse fallen hat sich wohl keiner Gedanken darüber gemacht den Abs. 1 auch in den § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO aufzunehmen.

    Da zwischenzeitlich der BGH ja dafür zuständig zu sein scheint, wie ein Gesetz auszulegen ist und das nicht selten mit der BT-Drucksache macht braucht sich der Gesetzgeber gar nicht mehr so viele Gedanken um den tatsächlichen Wortlaut des Gesetzes zu machen. Die Hauptsache ist, dass das mal in irgendeiner BT-Drucksache stand, damit der BGH das wieder findet.

  • Aus den Kommentierungen habe ich entnommen, dass § 850b ZPO bewusst weggelassen wurde, da es sich bei der Prüfung nach § 850b Abs. 2 ZPO immer um eine Einzelfallprüfung handelt, die im Insolvenzverfahren gerade nicht vorgenommen werden soll.
    Und den § 36 InsO hatte ich so verstanden, dass dieser generell festlegt, dass Gegenstände nicht zur Masse gehören, soweit sie unpfändbar sind. Satz 2 schränkt diese Vorschrift m.E. nur ein. § 850b ZPO steht nicht drin, ergo - Satz 1 greift.
    Aber die Diskussion haben wir an anderer Stelle schon geführt, meine ich.
    Wie seht ihr denn die Kapitalzahlung aus der Unfallversicherung?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ja, das hatten wir schon öfter.

    Man kann das Pferd auch anders aufzäumen und das ist das was Astaroth gemeint hat.

    § 36 Abs. 1 InsO bestimmt, dass die Gegenstände, die nicht pfändbar sind auch nicht zu Insolvenzmasse gehören.

    Grundsätzlich ist alles pfändbar was nicht unpfändbar. § 850b Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die dort genanten Leistungen unpfändbar sind. Man könnte nun auf die Idee (von Astaroth) kommen und sagen, weil § 850b ZPO nicht in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO genannt ist, gilt er nicht. Damit wäre dann auch die Bestimmung, dass die Bezüge unpfändbar sind im Inso-Verfahren nicht anzuwenden, also pfändbar.

    Ich habe auch erst drei Mal lesen müssen bis ich das verstanden habe.

    Aber man darf den § 850b ZPO nicht ohne den Abs. 2 lesen. Der lässt die Pfändung "bedingt" zu. Durch das Weglassen des § 850b ZPO in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO soll praktisch die eingeschränkte Pfändbarkeit ausgeschlossen werden weil die nur in einem Einzelfall möglich ist und das Insolvenzverfahren eine Gläubigergemeinschaft betrifft.

    Es wäre natürlich klarer gewesen, wenn der § 850b Abs. 1 ZPO in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO ebenfalls genannt worden wäre.

  • Hallo,
    ich denke meine Frage passt hier gut rein.
    Der Schuldner hat eine private Unfallversicherung abgeschlossen, die nach einem Unfall vor ca. 1 Jahr nunmehr greift. Er bekommt monatlich eine Zahlung von rund 1000,00 €. Zusätzlich bekommt er eine Einmalzahlung von 15.000,00 €.

    Er beantragt jetzt die Freigabe.

    Wegen der Rente sehe ich keine Probleme wegen § 850 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
    Hinsichtlich der Einmalzahlung würde ich den Weg über § 850i ZPO einschlagen. Nur welchen Zeitraum nimmt man hier als angemessenen Zeitraum? Der Schuldner ist bedingt durch den Unfall stark körperlich eingeschränkt und daher bereits seit ca. 1 Jahr nicht berufstätig.

    Vielen Dank

  • Hallo,
    ich denke meine Frage passt hier gut rein.
    Der Schuldner hat eine private Unfallversicherung abgeschlossen, die nach einem Unfall vor ca. 1 Jahr nunmehr greift. Er bekommt monatlich eine Zahlung von rund 1000,00 €. Zusätzlich bekommt er eine Einmalzahlung von 15.000,00 €.

    Er beantragt jetzt die Freigabe.

    Wegen der Rente sehe ich keine Probleme wegen § 850 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
    Hinsichtlich der Einmalzahlung würde ich den Weg über § 850i ZPO einschlagen. Nur welchen Zeitraum nimmt man hier als angemessenen Zeitraum? Der Schuldner ist bedingt durch den Unfall stark körperlich eingeschränkt und daher bereits seit ca. 1 Jahr nicht berufstätig.

    Vielen Dank

    Ich sehe da schon Probleme, mal abgesehen davon, dass vielleicht auch noch geklärt werden müsste, ob der Schuldner auch noch andere Einkünfte hat, so dass man die Zahlung aus der PUV nicht insoliert sehen kann. Wie mit dem Sachverhalt des § 850b ZPO in der Insolvenz umzugehen ist, findet sich in der gerne weggedrückten Entscheidung des BGH vom 03.12.2009, IX ZR 189/08 (da gibt es noch einen Berichtigungsbeschluss).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hallo,
    ich denke meine Frage passt hier gut rein.
    Der Schuldner hat eine private Unfallversicherung abgeschlossen, die nach einem Unfall vor ca. 1 Jahr nunmehr greift. Er bekommt monatlich eine Zahlung von rund 1000,00 €. Zusätzlich bekommt er eine Einmalzahlung von 15.000,00 €.

    Er beantragt jetzt die Freigabe.

    Wegen der Rente sehe ich keine Probleme wegen § 850 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
    Hinsichtlich der Einmalzahlung würde ich den Weg über § 850i ZPO einschlagen. Nur welchen Zeitraum nimmt man hier als angemessenen Zeitraum? Der Schuldner ist bedingt durch den Unfall stark körperlich eingeschränkt und daher bereits seit ca. 1 Jahr nicht berufstätig.

    Vielen Dank

    Ich sehe da schon Probleme, mal abgesehen davon, dass vielleicht auch noch geklärt werden müsste, ob der Schuldner auch noch andere Einkünfte hat, so dass man die Zahlung aus der PUV nicht insoliert sehen kann. Wie mit dem Sachverhalt des § 850b ZPO in der Insolvenz umzugehen ist, findet sich in der gerne weggedrückten Entscheidung des BGH vom 03.12.2009, IX ZR 189/08 (da gibt es noch einen Berichtigungsbeschluss).

    Ich sehe da deshalb keine Probleme, da ich vom Verwalter bislang keinen Antrag nach § 850b Abs. 2 ZPO gestellt bekommen habe und daher von einer Unpfändbarkeit der Rente gemäß dem Absatz 1 ausgehen muss. Der Verwalter hat auch schon dargelegt, warum er bislang keinen Antrag gestellt hat. Der Schuldner hat bislang nur SGB-Leistungen bezogen. Die jetzt bewilligte Rente wird wohl demnächst auf die SGB-Leistungen angerechnet, sodass diese wegfallen dürften.

    Probleme habe ich mithin eher mit der einmaligen Leistung, da diese nicht unter § 850b ZPO fällt und daher meines Erachtens nur über § 850i ZPO freigegeben werden kann.

  • Man müsste sich da angucken was der Schuldner vorher netto hatte. Die Differenz von vorherigen netto und jetziger Rente a ganz viele Monate, da wohl auf Dauer berufsunfähig

    Die Frage ist, ob die Einmalzahlung dazu gedacht ist, das abgelaufene Jahr auszugleichen oder zusätzlich zu der monatlichen Rente gezahlt werden soll.

  • Man müsste sich da angucken was der Schuldner vorher netto hatte. Die Differenz von vorherigen netto und jetziger Rente a ganz viele Monate, da wohl auf Dauer berufsunfähig

    Die Frage ist, ob die Einmalzahlung dazu gedacht ist, das abgelaufene Jahr auszugleichen oder zusätzlich zu der monatlichen Rente gezahlt werden soll.

    Ging wohl tatsächlich nicht genau aus meinem Ausgangspost hervor: Die Einmalzahlung ist tatsächlich eine zusätzliche Einmalzahlung (neben der mtl. Zahlung) und nicht lediglich eine Nachzahlung der laufenden und bis dahin nicht ausgezahlten Beträge.

    Ich hätte jetzt nicht auf das vorherige Nettoeinkommen abgestellt sondern wie folgt gerechnet:
    Laufende Leistung der Unfallversicherung (obwohl die Rente ja eigentlich gemäß § 850b ZPO unpfändbar ist)
    + sonstige Einnahmen nach Unfallereignis (hier SGB; wobei die Leistungen wohl nachträglich wohl auch rückwirkend wegfallen werden)
    + Einmalzahlung geteilt durch angemessener Zeitraum
    = monatliche Einnahmen nach Unfallereignis

    Und im nächsten Schritt würde ich dann ermitteln, welche Beträge auf jeden Monat gesehen pfändbar wären.

  • 850 i verlangt einen Vergleich mit dem was der Schuldner hätte, wenn sein Einkommen aus laufenden Arbeitslohn bestünde (= Gesetzestext). Daher vergleich mit Einkommen vor Unfall.

    Da sich der Unfall vor Insolvenzeröffnung ereignete, bin ich noch mit der Recherche befasst, wie hoch sein altes Einkommen war. Fest steht nun aber, dass der 50 Jahre alte Schuldner tatsächlich für eine lange Zeit berufsunfähig ist.
    In der mir bekannten Rechtsprechung habe ich jedoch noch nie gesehen, dass ein Vergleich mit dem alten Einkommen vorgenommen worden ist. Vielmehr wurde die Einmalzahlung genommen, diese Einmalzahlung auf entsprechende Monate aufgeteilt und dann geschaut, ob sich daraus pfändbares Einkommen (§850 c ZPO) unter Berücksichtigung der weiteren Einkünfte ergeben würde (so zum Beispiel LG Essen, Beschl. v. 21.07.2011, Aktenzeichen: 7 T 366/11, 7 T 397/11).

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