Wiedereinsetzung in versäumten Prüfungstermin?

  • Es passieren doch immer wieder lustige Sachen:

    Ich habe als Verwalter ein Verfahren, in dem der Schuldner 2002 vor dem ersten Prüfungstermin schriftlich vom Gericht belehrt wurde, dass er gegen eine angemeldete Forderung aus vuH Widerspruch einlegen müsse, da ansonsten ausgenommen von der RSB. Die Einlegung sei bis spätestens zum Schlusstermin möglich.
    Mir gegenüber erklärt er mündlich, dass er das nicht will, die Forderung habe schon ihre Berechtigung. Ich habe das im Prüfungstermin so wiedergegeben und meine Erklärung ist im Protokoll enthalten. Am Prüfungstermin nimmt er nicht teil.

    Ich habe die Forderung zunächst bestritten, später festgestellt. Das Verfahren ist aus verschiedenen Gründen immer noch eröffnet.

    Jetzt, zum Schlußtermin, will der Schuldner kommen und Widerspruch gegen die vuH einlegen. In Anbetracht der Belehrung des Gerichts wird man das wohl über eine Wiedereinsetzung lösen müssen, oder? Die Erklärung mir gegenüber wird ja wohl nicht helfen.

    Meinungen?

  • M. E. ist der Widerspruch mündlich im Prüfungstermin zu erheben, wird dieser versäumt bzw. nicht wahrgenommen, dann ist grundsätzlich erst einmal Feierabend. Ich weiss nicht, warum das Gericht belehrt, dass der Widerspruch bis zum Schlusstermin möglich ist.

    Für die Beurteilung über eine Wiedereinsetzung ist der Sachverhalt leider zu dünn. :)

  • Es gibt ja eigentlich noch den § 186 InsO. Allerdings wäre der Widerspruch zwei Wochen nach "behebung" des Hindernisses einzulegen. Da kann man sich natürlich jetzt streiten,wie der Schuldner das halbwegs glaubhaft machen will, dass er erst jetzt von dem Prüfungstermin wußte.
    Allerdings ist mir auch nicht klar, was dass mit dem Satz "Die Einlegung sei bis spätestens zum Schlusstermin möglich." auf sich hat ? Steht das wirklich so drin. Dann würde ich mal sagen, hat er ja noch gar keine Frist verpasst und kann doch feucht-fröhlich einen Widerspruch einlegen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • M. E. ist der Widerspruch mündlich im Prüfungstermin zu erheben, wird dieser versäumt bzw. nicht wahrgenommen, dann ist grundsätzlich erst einmal Feierabend. Ich weiss nicht, warum das Gericht belehrt, dass der Widerspruch bis zum Schlusstermin möglich ist.



    Sehe ich eigentlich auch so. Das Gericht hatte aber offensichtlich noch den alten Rechtsstand vor Dezember 2001 im Kopf und entsprechend (falsch) schriftlich belehrt.
    Der Schuldner meint jetzt, er habe sich auf die Belehrung des Gerichts verlassen und will jetzt noch widersprechen. Seine Anwältin beantragt Wiedereinsetzung in den versäumten Prüfungstermin.
    Na ja - so versäumt war der ja nicht, eher absichtlich ausgelassen. Die Frage ist nur, welche Bedeutung der falschen Belehrung beizumessen ist. Die ist tatsächlich so erfolgt, liegt mir mittlerweile vor.

  • Man kann sich hier zum einen über die Rechtslage Gedanken machen, zum anderen über die jeweiligen Folgen der Entscheidung.

    1. Zur Rechtslage

    Eine falsche Belehrung kann m.E. keine wirksame Belehrung sein. Ich wage mal zu prognostizieren, dass der Schuldner spätestens beim BGH durchkäme.

    Der Umstand, dass Filosof hier als IV im PT ein statement des Schuldners zu Protokoll gegeben hat, ändert daran m.E. nichts, weil der IV den Schuldner im Zusammenhang mit der Abgabe von Erklärungen nicht vertreten kann (was wohl auch gar nicht beabsichtigt war). Ausserdem sagt die Feststellung des Schuldners, dass er die Forderung für begründet hält, noch nichts über seine Ansicht zum Vorliegen einer vbuH aus.

    Bei zulässigem Wiedereinsetzungsantrag würde ich eine Bewilligung der Wiedereinsetzung empfehlen.

    2. Folgen der jeweiligen Entscheidung

    Da der Schuldner bereits anwaltlich vertreten ist, wird man als sicher unterstellen dürfen, dass gegen eine Verweigerung der Wiedereinsetzung Rechtsmittel eingelegt wird. Also Mehrarbeit für alle Beteiligten und Verzögerung des Verfahrens.

    Wird Wiedereinsetzung gewährt, kann zwar der Gläubiger dagegen anstänkern, was für Gericht und Verfahren den gleichen Aufwand verursacht. Er kann aber genausogut auf Feststellung der vbuH gegen den Schuldner in einem gesonderten Rechtsstreit betreiben, wenn er sich diesbezüglich sicher ist.

    Die Wahrscheinlichkeit der Mehrarbeit ist daher ebenfalls bei Bewilligung der Wiedereinsetzung geringer.:)

    3. Nochmal Rechtslage

    Ist denn sicher, dass es sich nicht ohnehin um ein vor dem 01.12.01 eröffnetes Altverfahren handelt, in dem unsere ganzen Überlegungen keine Rolle spielen?

  • Ich finde, da paßt ausgezeichnet BGH, Beschluß vom 9. 2. 2006 - IX ZB 218/04. Dort wurde ebenfalls ein "falsches" Belehrungsblatt ausgehändigt und Frage war, ob das dem Schuldner zum Nachteil gelangt. Und das scheint nicht der Fall zu sein.

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  • Ist denn sicher, dass es sich nicht ohnehin um ein vor dem 01.12.01 eröffnetes Altverfahren handelt, in dem unsere ganzen Überlegungen keine Rolle spielen?



    Das ist das einzige, was hier sicher ist :cool: - Eröffnung war im Mai 2002.

  • Sehe ich wie Mosser; wegen der falschen Belehrung ist m.E. der Widerspruch noch möglich (oder Wiedereinsetzung - je nach Gusto).
    Delikat wird der Widerspruch im Schlusstermin aber dadurch, dass es wohl Leute gibt, die eine Beseitigung des Widerspruchs bzw. eine Feststellungsklage innerhalb der Frist des § 189 I InsO fordern.
    Wenn der Gläubiger an ein solches Gericht mit seiner Feststellungsklage gerät, hat er Pech geabt.

  • Aber ich glaube, wenn ich das richtig verstanden habe, geht es nur um den Rechtsgrund. Und da dürfte die FRist des § 189 InsO unwichtig sein. So doch jedenfalls der BGH IX ZR 220/06 (wenn ich's denn richtig verstanden habe ;))

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  • So doch jedenfalls der BGH IX ZR 220/06 (wenn ich's denn richtig verstanden habe )



    Gleich noch eine Nachfrage zu obiger Entscheidung, bei der ich mich auch schon länger frage, ob ich sie richtig verstanden habe ;)

    Der BGH lehnt ein Feststellungsinteresse des Gläubigers für eine Klage gegen den Verwalter auf Feststellung des Rechtsgrunds der unerlaubten Handlung zur Tabelle ab, wenn der Verwalter rechtswidrig das Attribut "vorsätzlich unerlaubt" nicht in die Tabelle aufgenommen hat.
    Was wäre denn in dieser Konstellation der richtige Weg gewesen, das Attribut in die Tabelle zu bringen (von einer rechtzeitigen Anmeldung einmal abgesehen...) Benachrichtigung des Gerichts über Pflichtverletzung des Verwalters und Antrag, die Tabelle von Amts wegen zu korrigieren? Und dann ggf. Untätigkeitsbeschwerde bzw. bei versagender Entscheidung des Gerichts Rechtsmittel? Anders wird es ja wohl nicht gehen können, oder irre ich mich?

  • Nach Aktenlage wurde die Belehrung über eine vbuH im Jahre 2002 vergessen bzw. nicht durchgeführt.

    Die RSB sollte zum 12.04.2008 erteilt werden, jedoch lässt sich der Verwalter etwas Zeit mit der Verteilung.

    Heute geht ein Antrag des Schuldnervertreters auf Wiedereinsetzung ein, da weder der Schuldner noch der Vertreter zur vbuH angehört worden sind.

    Meinungen, Vorschläge.



  • Wenn man das als Fall des § 186 InsO (Versäumung des Prüfungstermins) sehen wollte, was man wohl muß, weil der Schuldner ja versäumt hat im PT die vuH-Eigenschaft zu bestreiten, wäre doch jedenfalls die Jahresfrist aus § 234 ZPO abgelaufen. Damit gibt's m.E. keine Wiedereinsetzung.

  • Ich meine mal, da geht nur noch eine negative Feststellungsklage.
    Aus der besagten Entscheidung des BGH :"Verletzt der Insolvenzverwalter - wie der Beklagte - seine Beurkundungspflicht in Bezug auf eine nachgeholte Anmeldung des Rechtsgrundes Vorsatzdelikt gemäß § 174 Abs. 2 InsO bei schon festgestellter Forderung und verletzt außerdem das trotz lückenhafter Tabelle über die Änderungsanmeldung unterrichtete Insolvenzgericht - wie hier - seine Pflicht zur Belehrung des Schuldners gemäß § 175 Abs. 2 InsO und zur Ergänzung der Tabelle im Aufsichtswege, so ist das Ziel des Gesetzgebers, nach Möglichkeit schon im Insolvenzverfahren den Rechtsgrund einer angemeldeten Forderung als solche aus vorsätzlich unerlaubter Handlung im Hinblick auf die Grenzen der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO zu klären, im Einzelfall endgültig vereitelt. Das Feststellungsbegehren der Klägerin kann deshalb mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht als unzulässig abgewiesen bleiben."

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  • Ich habe noch das hier gefunden:

    Axel Rinjes: Restschuldbefreiung und Forderungen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen nach dem InsOÄndG - DZWIR 2002 Heft 10 - 418<<>>



    Unterlässt das Gericht den Hinweis, so ist der Schuldner auch noch nach dem Prüfungstermin berechtigt, den Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen zu widersprechen. Das Insolvenzgericht hat die Belehrung nach § § 175 Abs. 2 InsO unverzüglich nachzuholen. Erfolgt die Belehrung nach § 175 Abs. 2 InsO bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht, so stellt die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar. Die Folge ist, dass das über die Forderung ausgestellte Tabellenblatt nicht mit der Vollstreckungsklausel versehen werden darf. Dies kann der Schuldner im Wege der Klauselerinnerung nach § 732 ZPO durchsetzen. Die Rechtskraftwirkung des § 201 Abs 2. Satz 1 entfällt damit und der Schuldner erhält nachträglich rechtliches Gehör.

    Es müsste also auch irgendwie über das Klauselverfahren gelöst werden können?

    3 Mal editiert, zuletzt von Pixie (15. Juli 2008 um 13:39) aus folgendem Grund: wurde mal wieder beim Einstellen unterbrochen, jetzt sind alle §§ drin...

  • Wenn man das als Fall des § 186 InsO (Versäumung des Prüfungstermins) sehen wollte, was man wohl muß, weil der Schuldner ja versäumt hat im PT die vuH-Eigenschaft zu bestreiten, wäre doch jedenfalls die Jahresfrist aus § 234 ZPO abgelaufen. Damit gibt's m.E. keine Wiedereinsetzung.



    Ich habe den Antrag erst mal zum Treuhänder rausgegeben. Mal sehen, was der dazu sagt, wahrscheinlich aber gar nicht.

    Mit dieser Variante habe ich mich schon ziemlich angefreundet.

  • @Rainer: In Deinem Sachverhalt steht ja die RSB-Erteilung an, d.h. das Verfahren dürfte längst aufgehoben sein. Wenn das Verfahren aber schon aufgehoben ist, hat der Schuldner m.E. keine Möglichkeit, egal ob Wiedereinsetzung oder sonstwie einen Widerspruch in die Tabelle zu bringen, da ein Widerspruch zumindest nach Aufhebung nicht mehr eingetragen werden kann. Da kommt es m.E. auf die Jahresfrist (die hier auch schon abgelaufen ist) gar nicht mehr an.

  • @Rainer: In Deinem Sachverhalt steht ja die RSB-Erteilung an, d.h. das Verfahren dürfte längst aufgehoben sein. Wenn das Verfahren aber schon aufgehoben ist, hat der Schuldner m.E. keine Möglichkeit, egal ob Wiedereinsetzung oder sonstwie einen Widerspruch in die Tabelle zu bringen, da ein Widerspruch zumindest nach Aufhebung nicht mehr eingetragen werden kann. Da kommt es m.E. auf die Jahresfrist (die hier auch schon abgelaufen ist) gar nicht mehr an.



    Verzwickte Sache. Aber wenn ich ihm Wiedereinsetzung gewähre, dann müsste doch auch die Eintragung in die Tabelle möglich sein?

  • @Rainer: In Deinem Sachverhalt steht ja die RSB-Erteilung an, d.h. das Verfahren dürfte längst aufgehoben sein. Wenn das Verfahren aber schon aufgehoben ist, hat der Schuldner m.E. keine Möglichkeit, egal ob Wiedereinsetzung oder sonstwie einen Widerspruch in die Tabelle zu bringen, da ein Widerspruch zumindest nach Aufhebung nicht mehr eingetragen werden kann. Da kommt es m.E. auf die Jahresfrist (die hier auch schon abgelaufen ist) gar nicht mehr an.



    Verzwickte Sache. Aber wenn ich ihm Wiedereinsetzung gewähre, dann müsste doch auch die Eintragung in die Tabelle möglich sein?



    Ich sehe das auch wie Astaroth. Aber das habe ich ja auch schon geschrieben. Hier wird nur noch Klage gehen.

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