Gesamtschuldnerhaftung in Titel bei OHG nicht ausgesprochen

  • Hallo, folgende Frage:

    Es ist ein Urteil gegen eine OHG und die 2 persönlich haftenden Gesellschafter ergangen.

    Obwohl beantragt wurde, dass alle Schuldner gesamtschuldnerisch verurteilt werden sollen, hat das Gericht im ergangenen (Anerkenntnis)Urteil die Gesamtschuldnerhaftung nicht ausdrücklich ausgesprochen.

    Muss der Titel gem. § 319 ZPO berichtigt werden?

  • Tommy

    ich hab da § 128 HGB im Kopf. Es müßten ja die Persönlich haftenden Gesellschafter mit der OHG gesamtschuldnerisch haften.

    Diese gesamtschuldnerhaftung ist aber nicht im Titel ausgesprochen worden. Meisnt nicht, dass der GV sich deswegen weigern wird, bei einem der Schuldner wegen des gesamten Betrages zu vollstrecken?

    Kannst ud den Beitrag in den Bereich Zwangsvollstreckung verschieben?

  • hi ich habe diesen beitrag jetzt noch mal in den forenbereich Zwangsvollstreckung gestellt, wo er ursprünglich rein sollte. Bitte diesen Thread schließen.

    Viele GRüße

  • da jetzt der thread unter Zwangsvollstreckung geschloßen wurde anstatt unter Zivilrecht, gilt dieser thread wieder. Kann jemand diesen Thread in den Bereich Zwangsvollstreckung verschieben?

  • Warum Zwangsvollstreckung?

    Der GV wird nur gegen den/die vollstrecken, gegen den der Titel und Klausel lautet. Das "Problem" liegt hiet m.E. schon beim Prozessgericht.

  • du siehst es also auch als Problem, richtig? Hälst du es denn auch im Hinblick auf § 128 HGB für nötig, dass im Titel die Gesamtschuldnerhaftung ausgesprochen wird, wenn dies in der Klage auch so beantragt wurde und dann Anerkennntnisurteil ergeht?

    Wie ist dies u korriegieren? § 319 oder § 321?

  • kann hier noch jemand helfen?



    Die Erwägung, vorliegend § 319 ZPO für die „Verurteilung“ der noch nicht rechtskräftig verurteilten Gesellschafter fruchtbar zu machen, muss scheitern. Die Vorschrift ermöglicht die Korrektur von „offenbaren Unrichtigkeiten“, nicht jedoch die Erstreckung der Wirkungen eines Urteils auf nicht verurteilte Gesamtschuldner. Das ist keine Unrichtigkeit im Sinne eines Versehens bei der Abfassung der gerichtlichen Entscheidung, die nach § 319 ZPO zu korrigieren ist, sondern ein Fehler der „Willensbildung“ (siehe Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 319 Rn. 3), auf die § 319 ZPO nicht anwendbar ist.
    Dieses ergibt sich m.E. auch aus BGH 8. Zivilsenat, 07.03.2007, VIII ZR 125/06 (Nr. 24)

    Daher sehe ich eigentlich nur die Möglichkeit der Ergänzung nach § 321 ZPO.

  • und für 321 zpo gilt die 2 wochen frist , die hier schon verstrichen ist. mist.

    das heißt im endeffekt ja dann, dass gegen beide schuldner nur wegen der kopfanteile vollstreckt werden kann, richtig?

  • M.E. kommt es auf das Rubrum an. Wenn es eindeutig hervorgeht, dass die beiden natürliche Personen als Gesellschafter dieser OHG neben der OHG verurteilt wurden und alle gemeinsam verurteilt worden sind (also nicht die OHG zur Zahlung von 100.000 €, Gesellschafter A zur Herausgabe der Portokasse und Gesellschafter B zum täglichen Händewaschen), dann ist das vorliegende Gemeinschaftsverhältnis offenkundig (wegen § 128 HGB) und der Zusatz entbehrlich, da ein anderes als ein Gesamtschuldnerverhältnis nicht möglich ist.

    Aber das bleibt solange heiße Luft, bis wir wissen, was im Urteil (Rubrum und Tenor) genau drin steht.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • und für 321 zpo gilt die 2 wochen frist , die hier schon verstrichen ist. mist.

    das heißt im endeffekt ja dann, dass gegen beide schuldner nur wegen der kopfanteile vollstreckt werden kann, richtig?



    Sinn und Zweck. :D

    M.E. kommt es auf das Rubrum an. Wenn es eindeutig hervorgeht, dass die beiden natürliche Personen als Gesellschafter dieser OHG neben der OHG verurteilt wurden und alle gemeinsam verurteilt worden sind (also nicht die OHG zur Zahlung von 100.000 €, Gesellschafter A zur Herausgabe der Portokasse und Gesellschafter B zum täglichen Händewaschen), dann ist das vorliegende Gemeinschaftsverhältnis offenkundig (wegen § 128 HGB) und der Zusatz entbehrlich, da ein anderes als ein Gesamtschuldnerverhältnis nicht möglich ist.



    Das hängt aber von den Vollstreckungsorganen ab und ich weiß nicht, ob das durch ein (vermutliches) Beschwerdeverfahren gedeckt wird.

    Das wäre aber die einzigste Möglichkeit hier als Gesamtschuldner zu vollstrecken, Wiedereinsetzung halte ich für sehr unwahrscheinlich.

  • Tommy,

    das macht sinn. es muss aufgrund von § 128 HGB in jedem fall eine gesamtschuldnerhaftung sein, daher meine frage, ob es nicht auch ohne ausdrückliche gesamtschuldnerhaftung gegen alle schuldner gesamtschuldnerisch vollstreckt werden kann.

    Im Rubrum steht:

    Müller

    gg.

    1. MUSTER OHG
    2. Herrn Markus Mustermann als persönlich haftender Gesellschafter
    3. Herrn Dieter Muster als persönlich haftender Gesellschafter


    Im Tenor steht:

    Die Beklagten werden verurteilt EUR 300000 an den Kläger zu zahlen.

  • Vielleicht hilft Dir das weiter:
    BGH 2. Zivilsenat, 29.01.2001, II ZR 331/00
    Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG. Danach ist eine unmittelbare Anwendung der §§ 420 ff. BGB nicht möglich, weil kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht; es ist aber zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenartigen Interessen der Beteiligten der Rechtsgedanke der §§ 420 ff. BGB im Einzelfall zur Anwendung kommt oder nicht (BGHZ 39, 319, 329; 44, 229, 233; 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78). Für die Gesellschaft als originär Verpflichtete ist die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregeln im Verhältnis zur Gesellschafterhaftung grundsätzlich angebracht.

    oder Hessisches Finanzgericht 6. Senat, 03.03.2005, 6 V 2883/04
    Gesamtschuldnerische Haftung kraft Gesetzes!

  • hmm, ich weiß nicht. das gesamtschuldnerhaftung hier besteht ist für mich klar. die frage ist ja nur, ob diese auch ausdrücklich im titel drin stehen muss, oder man diese wegen § 128 BGB automatisch annhemen kann!?

  • Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Kom. HGB, Band1, 2008, Nr. 21 zu § 128


    Zwischen Gesellschafter und Gesellschaft besteht im Hinblick auf eine Gesellschaftsschuld kein Gesamtschuldverhältnis. Die §§ 420 ff. BGB sind nicht anzuwenden.


    BGH Urt. v. 9. 5. 1963 – II ZR 124/61, BGHZ 39, 319, 323 f. = NJW 1963, 1873, 1874 f.; Urt. v. 8. 11. 1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229, 233 f. = NJW 1966, 499, 500.

    Damit besteht zwar zwischen den Mitgliedern von OHG bzw. KG ein Gesamtschuldverhältnis ( § 128 HGB), nicht aber zwischen ihnen und der Gesellschaft selbst.
    Gleichstufigkeit fehlt: BGHZ 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78; Staub/Habersack § 128 RdNr. 20 u.v.a.


    Dennoch wird die Möglichkeit einer gemeinsamen Verurteilung als Gesamtschuldner bejaht.

    BAG NJW 2003, 2266; NJOZ 2004, 3322, jeweils mwN.


    Sooooooo klar scheint das nicht zu sein. :gruebel:


  • Damit ist denke ich eher das Innenverhältnis gemeint.
    Die materielle Rechtslage ist - denke ich - eindeutig. Der Gläubiger kann die 300.000 entweder von der Gesellschaft verlangen oder von den Gesellschaftern als Gesamtschuldner (weil hier die Gesamtschuldnerschaft wegen § 128 HGB offenkundig ist).
    Ob das für die Vollstreckung ausreicht? Da bin ich mir auch nicht ganz schlüssig. Aber bevor das zuständige Vollstreckungsgericht nicht meckert, würde ich mir darüber keine geht-das-Licht-wirklich-aus-wenn-ich-die-Kühlschranktür-zumache-Gedanken darüber machen :D.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Tommy,

    aber besteht nich das risiko einer vollstreckungsgegenklage, wenn der Gläubiger z.B. ein vorläufiges Zahlungsverbot veranlasst, in dem der ganze Betrag von einem der Schuldner in ansatz gebracht wird?

    Wenn der Anwalt des Schuldners vollstreckungsgegenklage erhebt und das Gericht dann ggf. ihm recht gibt, muss die partei ja die kosten tragen für das vollstreckungsgegenklageverfahren.

    ich seh das daher nicht "als geht-das-Licht-wirklich-aus-wenn-ich-die-Kühlschranktür-zumache-Gedanken"

    was meinst du?

  • Die Gesellschafter haften kraft Gesetz gesamtschuldnerisch, wie weiter oben ja auch schon von dir angesprochen wurde.

    Es ist daher nur ein vollstreckungsrechtliches Problem, ob das Vollstreckungsorgan das auch so sieht oder nicht und die Pfändung so erlässt oder nicht. Materiellrechtlich ist dies keine Frage.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

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