fehlerhaftes Wertgutachten

  • Der Ersteher, der lezte Woche den Zuschlag erhalten hat, war erstmalig mit einem Architekten im Objekt, und meint, dass Objekt weise erhebliche Mängel auf, die in die 100.000 €gehen, und im Gutachten so nicht erwähnt sind ( dort wurden die Mängel mit ca. 8.000 € veranschlagt)
    Hat er noch die Möglichkeit, irgendwie gegen den Zuschlagsbeschluss vorzugehen, gfalls ja, mit welcher Bergündung am besten?

  • Realistisch betrachtet hat er keine Chance.
    Im Termin wird ja ausdrücklich bekanntgegeben, dass die Versteigerung ohne Gewähr erfolgt und stets das an der angegebenen Grundbuchstelle eingetragene Grundstück in seinem tatsächlichen Bestand versteigert wird, auch wenn dieser von der Grundstücksbeschreibung abweicht.

    Denkbar wären eventuell höchstens Schadensersatzansprüche gegen den Gutachter, aber da besteht auch nur eine Chance, wenn der einen groben Schnitzer gemacht hat.

    Im Übrigen übertreiben Ersteher bzw. deren Architekten gerne.
    Der Gutachter muss/darf für Mängelbeseitigung bzw. Renovierung nur den Betrag ansetzen, der zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit des Objektes notwendig ist. Schönheitsreparaturen u.ä., wie z.B. Fassade streichen o.ä. können nicht berücksichtigt werden.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Sehe das genauso wie hiro.
    Der Zuschlag erfolgt auf eigenes Risiko des Meistbietenden, auch wenn dieser keine Möglichkeit hatte, sich vom Objekt ein rechtliches und tatsächliches Bild zu machen und nur aufgrund Wertgutachten ersteigert hat.
    Wenn man sich als Erwerber unsicher ist, sollte man eben lieber die Finger davon lassen. Im übrigen ist auch das Gericht bei der Wertfestsetzung nicht an das Verkehrswertgutachten gebunden und kann den Verkehrswert nach eigenem Ermessen festsetzen. Das Verkehrswertgutachten dient nur als Hilfe zur Wertfestsetzung. Von daher, ist das mit dem Verkehrswert im Gutachten auch meines Erachtens ziemlich relativ zu sehen.

    Hatte bereits mal einen ähnlichen Fall. Mir lag vor, ein Gutachten durch einen vom Gericht beauftragten Gutachter, ein aktuelles Gutachten des Gläubigers und ein aktuelles Gutachten vom Schuldner. 3 Gutachter, 3 sehr unterschiedliche Meinungen. Die Verkehrswerte differierten zwischen 250 TDM und 1,3 MioDM. Was war nun zu tun? Ich habe dann einfach einen Mittelwert gebildet, festgesetzt und entsprechend begründet, eine Beschwerde ist nicht gekommen. :)

  • Zitat von Anja

    Was war nun zu tun? Ich habe dann einfach einen Mittelwert gebildet, festgesetzt und entsprechend begründet, eine Beschwerde ist nicht gekommen.


    nennt man diese Lösung nicht salomonisch??:)

    Aber im Ernst: § 56 ZVG ist gesetzliche Versteigerungsbedingung und eindeutig. Pech gehabt.....(s.Stefan).

  • Moin in das Forum,

    zunächst steht die Behauptung fehlerhaftes Gutachten nur im Raum, ohne substanziellen Vortrag würde auch ich (als Gutachter) keinen Finger rühren.

    Problematisch könnte es für den Gutachter in Hinblick auf die erweiterte Haftung des Sachverständigen (siehe https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=2137) gegenüber dem Ersteher werden, wenn er tatsächlich (vorsätzlich oder grob fahrlässig) ein falsches Gutachten erstellt hat.

    Dabei müsste sich der Fehler jedoch erheblich auswirken.

  • Wie würdet ihr das sehen (Fall tatsächlich so im wahren Leben):

    2 nebeneinander liegende Grundstücke A + B.

    Beide in der Versteigerung. Jedoch unterschiedliche Eigentümer und verschiedene Beschlagnahmezeitpunkte und Aktenzeichen.

    Mittlerweise ist Haus A versteigert und der neue Eigentümer eingetragen.
    Dann kommt das Gutachten zu B,

    darin steht, dass Haus A keinen eigenen Zuweg hat und ein Anbau der anteilig auf A + B steht, (aber eindeutig A zu zuordnen ist) dem Grundstück B gehört. Katasterauszug liegt bei und belegt eindeutig, dass diese Angaben fehlerhaft sind.

    Der neue Eigentümer A, nimmt Einblick ins Gutachten zu B, sieht den Fehler und wendet sich umgehend (noch vor Wertfestsetzung) an das Gericht
    und weist auf den offensichtlichen Fehler hin.

    Antwort des Versteigerungsgerichts: A Du bist kein Beteiligter und hast hier nichts zu sagen.

    Wertfestsetzung B danach genau wie im Gutachten falsch angegeben erfolgt.

  • Der neue ET von Grundstück A könnte dadurch, daß er sich wegen dieser Fehler an das Ggericht gewandt hat Beteiligter nach § 9 Nr.2 ZVG geworden sein, da er Rechte am zu versteigernden Grundstück geltend gemacht hat, nämlich die Zuwegung über Grundstück B zu seinem Grundstück und das Eigentum an laut Gutachten dem Grundstück B zugeordneten Baulichkeiten, die tatsächlich jedoch im Eigentum des ET des Grundstücks A stehen. Die Einwände hätten somit durch das Gericht beachtet und dem Gutachter zur Stellungnahme übergeben werden müssen.

    Bleibt die Frage, ob das Gericht jetzt den rechtskräftigen Verkehrswert wegen offensichtlicher Unrichtigkeit der der Wertfestsetzung zugrunde liegenden Unterlagen neu ermitteln und festsetzen kann. Ich würde fast dazu tendieren.

  • fisch: Du ja, ich logischerweise auch, die zuständige Rpfl.in sah das anders und hat NeuET A einfach nicht mehr beachtet.

    Nunmehr gabs bereits 3 Termine, die Grenzen sind kaputt und die betreibende Gläuberin hat bereits 2x die Einstellung bewilligt, weil ihr das abgegebene Gebot zu gering war. Sie besteht auf 3/10 des (m. E.) falsch und für hier auch viel zu hoch angesetzten Verkehrswertes.

    A hat mittlerweile 1 Urteil und 1 Vergleich die beweisen, dass die Zuwegung und der Überbau ihm gehören und dafür 3.000 Eus in den Sand gesetzt.

  • Zitat von fisch

    Bleibt die Frage, ob das Gericht jetzt den rechtskräftigen Verkehrswert wegen offensichtlicher Unrichtigkeit der der Wertfestsetzung zugrunde liegenden Unterlagen neu ermitteln und festsetzen kann. Ich würde fast dazu tendieren.


    Ich denke nein, da nicht neue Tatsachen den Wert beeinflussen. Die vorgebrachten Tatsachen lagen schon am Bewertungsstichtag vor.
    Generell wird auch eine abgeänderte Wertfestsetzung abgelehnt, wenn eine Anwendung von § 74a bzw. 85 a ZVG vorangegangen ist.

  • neue[/b] Tatsachen den Wert beeinflussen. Die vorgebrachten Tatsachen lagen schon am Bewertungsstichtag vor.
    Generell wird auch eine abgeänderte Wertfestsetzung abgelehnt, wenn eine Anwendung von § 74a bzw. 85 a ZVG vorangegangen ist.



    Und da liegt wohl der Hase im Pfeffer, obwohl die Ablehnung der Neufestsetzung bereits vor dem ersten Termin erfolgt ist. Und die Gründe vor der Wertfestsetzung bereits bekannt waren!

    Die Schande ist m. E., dass die Kollegin den Wert trotz positiver Kenntnis der Falschheit trotzdem so festgesetzt hat. Wie kann ich sehenden Auges einen unkorrekten Wert festsetzen?

    Zu ihrer Verteidigung muss ich aber trotzdem angeben, dass sie wenigstens den Gutachter dazu angehört hatte. Dessen Antwort: Das hat mir Eigentümer B so gesagt.... Der Gutachter kann anscheinend keine Katasterauszüge lesen, das Gericht auch nicht?

  • Wenn der Mangel dem Gericht bei Wertfestsetzung bekannt ist, darf es ihn natürlich nicht unberücksichtigt lassen. Tut es es dennoch, kann der Wertfestsetzungsbeschluß nach Rechtskraft nicht mehr geändert werden. Eventuell sind dann aber Amtshaftungsansprüche begründet. Trotz festgesetzten Verkehrswertes ist das Gericht daneben verpflichtet, im Termin auf die Mängel und die ihm bekannten Tatsachen hinzuweisen.

  • Zitat von Stefan

    Generell wird auch eine abgeänderte Wertfestsetzung abgelehnt, wenn eine Anwendung von § 74a bzw. 85 a ZVG vorangegangen ist.



    Da hast Du recht, hatte ich auch schon einmal. LG hat die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Neufeststellung- und -festsetzung des VW mit dieser Begründung zurückgewiesen.

  • Zitat von nicky

    Nunmehr gabs bereits 3 Termine, die Grenzen sind kaputt und die betreibende Gläuberin hat bereits 2x die Einstellung bewilligt, weil ihr das abgegebene Gebot zu gering war. Sie besteht auf 3/10 des (m. E.) falsch und für hier auch viel zu hoch angesetzten Verkehrswertes.

    A hat mittlerweile 1 Urteil und 1 Vergleich die beweisen, dass die Zuwegung und der Überbau ihm gehören und dafür 3.000 Eus in den Sand gesetzt.



    Ziemlich verfahrene Kiste. Vielleicht sollte Neueigentümer des Grdst. A über § 771 ZPO die Aufhebung des Verfahrens bezüglich der im Gutachten genannten Baulichkeiten auf seinem Grundstück betreiben. Für die Dauer dieses Verfahrens kannst Du vielleicht nach § 28 ZVG oder § 769 II ZPO einstellen. Nach positivem Abschluß des Verfahrens nach § 771 ZPO hast Du deine geänderten Umstände und kannst für das weitere Verfahren den Wert neu ermitteln und neu festsetzen.:gruebel:

  • Zitat von fisch


    Ziemlich verfahrene Kiste. Vielleicht sollte Neueigentümer des Grdst. A über § 771 ZPO die Aufhebung des Verfahrens bezüglich der im Gutachten genannten Baulichkeiten auf seinem Grundstück betreiben. Für die Dauer dieses Verfahrens kannst Du vielleicht nach § 28 ZVG oder § 769 II ZPO einstellen. Nach positivem Abschluß des Verfahrens nach § 771 ZPO hast Du deine geänderten Umstände und kannst für das weitere Verfahren den Wert neu ermitteln und neu festsetzen.:gruebel:



    Ich bin doch nicht die zuständige Rechtspflegerin.

    Warum Aufhebung etc.? Er kann doch mittlerweile beweisen, dass die Bereiche ihm gehören. Dafür hat er ja die Titel. Und die immer noch zuständige Rechtspflegerin will ja keine Probleme sehen und führt das Verfahren weiter.

    Problem ist es m. E. vor Allem für Bietinteressenten zu Grundstück B, denn es erfolgte in keinem Termin ein Hinweis auf die geschilderten Probleme.

    Da es aber nur einen Interessenten für das Grundstück gibt, dem die Kiste aber bekannt ist, ist es doch bestimmt einfacher den nächsten Termin abzuwarten. Denn wenn der betreibende Gläubiger dann wieder einstellt, wars das für das Verfahren ja sowieso (§30 I ZVG). Statt das die Bank froh ist die Ruine los zu werden:mad:, die weiß doch auch das das Haus Müll ist und wie die Grenzen laufen. Naja, wenigstens bleibt sie auf den Kosten hängen.:teufel:

  • Zitat von nicky

    Ich bin doch nicht die zuständige Rechtspflegerin.
    Und die immer noch zuständige Rechtspflegerin will ja keine Probleme sehen und führt das Verfahren weiter.



    Dann konnten wir hier zusammenfassend wenigsten feststellen, wie wir es nicht machen sollten, ist doch auch gut. :daumenrau

  • Zitat von nicky


    Problem ist es m. E. vor Allem für Bietinteressenten zu Grundstück B, denn es erfolgte in keinem Termin ein Hinweis auf die geschilderten Probleme.


    Das nenne ich offenen Auges gegen die Wand rennen!

    Eins ist klar: neue Wertermittlung und- festsetzung sind nicht drin.
    Der Wert ist festgesetzt und Punkt.

    Keine neuen Tatsachen und vor allem kein Bedarf.

    Die Grenzen sind gefallen, der Wert ist bedeutungslos geworden.

    Aber jetzt mal folgender Ansatz:

    "dass Haus A keinen eigenen Zuweg hat und ein Anbau der anteilig auf A + B steht, (aber eindeutig A zu zuordnen ist) "

    Ich sehe diesen Fall als Überbau an.

    Dies bedeutet, dass der Haus A zuzuordnende Anbau auch zu Haus A gehört. Bei dieser Konstellation muss man von einem rechtmässigen Überbau ausgehen - hierzu Stöber, § 55 RdNr. 6.2.

    Folge: A hat seinen Teil bereits mitersteigert.
    Falls die Gegenseite dies nicht wahr haben will, wäre eine Feststellungsklage angezeigt.

  • Das sehe ich genauso wie Bü40:

    Bei einem derartigen klassischen Fall des Überbaus sollten alle Alarmglocken läuten.

    Wenn die Kollegin nicht aufpasst, rennt Sie sehenden Auges in eine Regress rein. Es gibt eine Entscheidung des OLG Köln, die in einem gleichgelagerten Fall einen üppigen Schadensersatzanspruch zugunsten des Erstehers der mit dem Überbau belasteten Parzelle ausgeurteilt hat (OLG Köln, 7 U 153/94).
    Ich nehme diese Entscheidung auf jeden Fall zum Anlass in jedem Fall eines Überbaus ausdrücklich darauf hinzuweisen.



  • Du hast völlig recht, A hatte zwar keine Feststellungsklage sondern, da B die untere Etage des gemäß § 912 BGB genehmigten Überbaus mitnutzte, auf Räumung und Herausgabe geklagt aber die Klage hat er haushoch gewonnen.:D Ebenso den Rechtsstreit bezüglich des Grenzverlaufs und der Zuwegung. Die zuständige Zivilrichterin war über die Konstellation, aber auch über die Sturheit von B ziemlich erbost. Ich glaube es hat da im Anschluss auch ein Gespräch mit der Verst. rpflin gegeben, da sich innerhalb der Rechtsstreite nämlich auch auf das falsche Wertgutachten und die Wertfestsetzung ("na das Gericht beschließt doch den Wert nicht falsch...") berufen wurde um die B-Ansprüche zu belegen.

    Wenn ich ZVG übernehmen muss (kann passieren), bin ich mir jetzt wenigstens sicher, wie ich es NICHT machen werde.:daumenrau


    Angst vor Regress muss die Kollegin in dem Fall leider nicht haben.

    Ihr habt es bestimmt schon erraten...:oops:
    A bin ich, und auch (leider) einziger Interessent für B (interessiert notgedrungen, da mit B einfach nicht auszukommen ist und der Kauf billiger kommt als ewige Rechtsstreite)

    Und die eigene Kollegin in einen Regress bringen, das mach ich nicht. :( Zumal ich zu dem Zeitpunkt als das alles losging auch noch woanders war und hier her wollte...

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