Erbbaurecht: auflösend oder aufschiebend bedingt...?

  • Ich bitte um Hilfe!


    Ich habe vor einigen Tagen ein Erbbaurecht eingetragen. Es wurde bestellt auf die Dauer von 50 Jahren.

    Weiter heißt es: Der Eigentümer erklärt sich bereit, das ER auf Verlangen des Ber. zu verlängern, sofern der Ber. das Verlangen soätestens 1 Jahr vor Ablauf der bereits vereinbarten Laufzeit des ER geltend macht. Die Verlängerung kann ein- oder mehrmals auf die Dauer von jeweils höchstens 10 Jahren geltend gemacht werden.

    Ich habe nach Prüfung die Auffassung vertreten, dass es sich hier um eine rein schuldrechtliche Angelegenheit handelt, und habe keinerlei Hinweis auf eine "Verlängerungsmöglichkeit" im GB eingetragen.

    Jetzt kommen mir nach Lesen der obigen Ansichten Bedenken.
    Hätte ich doch einen Hinweis eintragen müssen? Ich bitte um Meinungen, noch könnte ich die Eintragung ja ergänzen.

  • In der aus meiner Sicht eindeutigen Formulierung "erklärt sich bereit, auf Verlangen zu verlängern" sehe ich keinen Verlängerungsautomatismus im Rahmen einer vereinbarten Bedingung, sondern die Notwendigkeit einer entsprechenden beizeitigen rechtsgeschäftlichen Änderung des Erbbaurechts.

  • Ich bedanke mich für die Antwort und bin beruhigt, dass meine Auffassung zutrifft.

    Normalerweise klärt das Forum ja offene Fragen, aber in diesem Fall hatte es mich doch nachträglich noch verunsichert.

  • In der aus meiner Sicht eindeutigen Formulierung "erklärt sich bereit, auf Verlangen zu verlängern" sehe ich keinen Verlängerungsautomatismus im Rahmen einer vereinbarten Bedingung, sondern die Notwendigkeit einer entsprechenden beizeitigen rechtsgeschäftlichen Änderung des Erbbaurechts.



    Ebenso. Im Fall von Franzi 1808 stand die Verpflichtung zur Verlängerung

    ... kann der Berechtigte die Verlängerung dieses Vertrages mit Innehaltung einer Frist von mind. 2 Jahren vor Ablauf um weitere 5 Jahre und vor Ablauf dieser 5 Jahre um weitere 5 Jahre verlangen.



    der automatischen Verlängerung

    Kündigt der Eigentümer oder seine Rechtsnachfolger nicht mindestens 2 Jahre vor Ablauf der Frist, so verlängert sich der Vertrag ohne weiteres um weitere 5 Jahre.an



    widersprüchlich gegenüber und hätte eigentlich beanstandet werden sollen. Die aufschiebende Bedingung wäre ausdrücklich einzutragen gewesen, weil Bedingungen nicht Inhalt des (Erbbau-)Rechts sind und eine Bezugnahme daher insoweit nicht ausreicht. Nach Fristablauf kann weder die Bedingung, so es denn eine ist, nachgetragen werden, noch kann die vertragliche Verlängerung, die es ja tatsächlich zu geben scheint, eingetragen werden (ggf. zur Umdeutung als Neubestellung s. Schöner/Stöber Rn. 1872).

    5 Mal editiert, zuletzt von 45 (21. November 2010 um 10:52)

  • Muss mich hier mal dranhängen:

    Der Erbbaurechtsvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen.

    1. Das Erbbaurecht beginnt mit Grundbucheintragung und endet am 31.12.2050

    2. Der Grundstückseigentümer kann das Erbbaurecht dem Erbbauberechtigten für 10 Jahre verlängern, indem er dies spätestens 6 Monate vor Ablauf des Erbbaurechts dem Erbbauberechtigten gegenüber schriftlich erklärt. Das Erbbaurecht kann auf diese Weise mehrfach für jeweils 10 Jahre verlängert werden.

    In der Eintragungsbewilligung wird nichts darüber gesagt, dass dies eventuell nur schuldrechtlich gelten soll, vielmehr sollen alle Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrags eingetragen werden.

    Handelt es sich bei der Bestimmung zu 2. um eine aufschiebende Bedingung zur Geltungsdauer des Erbbaurechts?

    Vielen Dank schonmal.

  • Wenn der Eigentümer das Erbbaurecht verlängern „kann“, dann liegt darin keine automatische Verlängerungsoption, die als aufschiebende Bedingung zulässig wäre, s. den hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…615#post1153615
    genannten Beschluss des OLG München vom 30.08.2018, 34 Wx 67/18, Rz 24.
    Vielmehr scheint es mir so zu sein, dass es um einen Anspruch des Eigentümers nach § 27 Absatz 3 ErbbauRG geht. Eine Inhaltsvereinbarung nach § 27 Absatz 1 Satz 2 ErbbauRG kann sich auch auf das Verlängerungsrecht beziehen, es z. B. ausschließen oder modifizieren (s. Maaß im BeckOK BGB, Stand 01.08.2019, § 27 ErbbauRG RN 9 mwN).
    Der BGH führt dazu in Rz.10 des Urteils vom 23.11.2018, V ZR 33/18, aus:
    „bb) Die Abwendungsbefugnis gemäß § 27 Abs. 3 ErbbauRG ist demgegenüber ein Schutzrecht des Grundstückseigentümers gegen den Entschädigungsanspruch (vgl. MüKoBGB/Heinemann, 7. Aufl., § 27 ErbbauRG Rn. 9). Der Eigentümer kann durch das Angebot auf Verlängerung des Erbbaurechts seiner Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung entgehen. Auf diesen Schutz kann er nach allgemeinen Grundsätzen verzichten (vgl. Ott, notar 2015, 75, 82) und mit dem Erbbauberechtigten den Ausschluss der Abwendungsbefugnis vereinbaren. Mit einer solchen Vereinbarung wird dessen Entschädigungsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG gesichert. Sie kann deshalb nach § 27 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG wie eine Vereinbarung über die Entschädigung nicht nur mit schuldrechtlicher, sondern auch mit dinglicher Wirkung getroffen werden. Als Inhalt des Erbbaurechts kann vereinbart werden, dass das Recht des Grundstückseigentümers gemäß § 27 Abs. 3 ErbbauRG, seine Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung durch Verlängerung des Erbbaurechts abzuwenden, ausgeschlossen ist (vgl. auch Eichel in Beck’sches NotarHandbuch, 6. Aufl., A.IV.4 Rn. 49a; Ingenstau/Hustedt/Bardenhewer, ErbbauRG, 11. Aufl., § 27 Rn. 33; Lemke/Czub, Immobilienrecht, 2. Aufl., § 27 ErbbauRG Rn. 15; Maaß in Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. Teil 2 Kap. 5 Rn. 86 f.; MüKoBGB/Heinemann, 7. Aufl., § 27 ErbbauRG Rn. 9; Ott, notar 2015, 75, 82; Staudinger/Rapp, BGB [2017], § 27 ErbbauRG Rn. 16; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl., § 5 Rn. 222). Die Parteien können sich aber auch insoweit auf eine schuldrechtliche Vereinbarung beschränken (vgl. Lemke/Czub, aaO Rn. 15).“

    Da sich die Parteien auf eine schuldrechtliche Vereinbarung beschränken können (s. dazu auch die Gutachten des DNotI vom 07.11.2002, Abruf Nr. 11279
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…dc24b54472c26fc
    und vom 13. Februar 2017, Abruf.Nr. 152581,
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…d51f551abbcaf5f

    bedarf es mE der Klarstellung, ob das Verlängerungsrecht des Eigentümers nur schuldrechtlich gelten oder dinglich gesichert werden soll.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich möchte mich hier gerne mal dranhängen:

    Einer der Grundstückseigentümer beantragt formlos die Löschung des eingetragenen Erbbaurechtes aufgrund Zeitablauf ohne weitere Nachweise.

    Zitat aus dem Erbbaurechtsbestellungsvertrag: "Das Erbbaurecht endet am 31.01.2020. Das Erbbaurecht verlängert sich um 5 Jahre, sofern nicht der Grundstückseigentümer oder der Erbbauberechtigte der Verlängerung ein Jahr vor Ablauf der jeweiligen Laufzeit durch eingeschriebenen Brief an den Vertragspartner widerspricht."

    Von dieser Bedingung steht im Grundbuch nichts. Eine Entschädigungszahlung bekommt der Erbbauberechtigte nicht und das Erbbaurecht ist noch mit drei Briefgrundschulden belastet, die aber nicht mehr valutieren dürften.

    Ich habe mir schon überlegt eine Löschungsbewilligung zu fordern oder den Erbbauberechtigten anzuhören oder ....

    So einen Fall hat hier noch keiner gehabt. Ich bitte um Hilfe.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Die Bezugnahme auf die Bewilligung sollte auf jeden Fall reichen, Dich "bösgläubig" zu machen.;) Und eine Löschung ohne vorherige Anhörung ginge ja ohnehin nicht. Ich würde allerdings den urkundlichen Nachweis des Erlöschens vom Antragsteller (geht das überhaupt?) bzw. die Löschungsbewilligung erfordern.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Sehe ich auch so. Zur Zulässigkeit der einer aufschiebenden Bedingung nahe kommenden Regelung siehe BGH, Urteil vom 14. 7. 1969 - V ZR 122/66:
    „c) Die zeitliche Begrenzung des Erbbaurechts - 99 Jahre, mit automatischer Verlängerung auf je 5 Jahre bei Nicht-„Kündigung” - ist zulässig. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 1 Abs. 4 ErbbauVO. Denn wie das Berufungsgericht richtig ausführt, wird dem Eigentümer hier nicht das Recht eingeräumt, beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen die vorzeitige Aufgabe des Erbbaurechts zu fordern, vielmehr soll das Erbbaurecht für die Dauer von 99 Jahren fest bestellt und lediglich - bei Unterbleiben der „Kündigung” - für jeweils ebenfalls fest bestimmte Zeiträume (5 Jahre) verlängert werden; diese Regelung steht nicht einer auflösenden, sondern - bezogen auf die ohne Kündigung eintretende Verlängerung des Rechts - einer aufschiebenden Bedingung nahe, die zulässig ist. Auch eine Kündigung im eigentlichen Sinn, die gegen § 1 Abs. 4 Satz 2 ErbbauVO verstoßen könnte, liegt nicht vor. … "(Es folgen dazu weitere Ausführungen.)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für die bisherigen Antworten. Wenn ich dem OLG München folge, Rd.-Nr. 37-39 nach juris, ist das Erbbaurecht erloschen, weil die Eintragung der Bedingung vom Grundbuchamt fehlerhaft unterblieben ist. Wäre der Fehler vor dem Erlöschen aufgefallen, so hätte man es noch ändern können aber so liegt halt das Kind samt Badewanne im Brunnen.

    Aufgrund der fehlenden Entschädigungsverpflichtung reicht mir ein formloser Antrag eines Miteigentümers des Grundstückes. Den Erbbauberechtigten und die Gläubiger im Erbbaugrundbuch müssen nicht mitwirken. Ich denke, ich sollte den Erbbauberechtigten aber anhören (allein schon wegen der nicht eingetragenen Verlängerung) und außerdem muss ich ja noch an die Grundpfandrechtsbriefe ran kommen oder? :)

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • .... außerdem muss ich ja noch an die Grundpfandrechtsbriefe ran kommen oder?

    Das ist nicht anders, wie beim Erlöschen des Grundpfandrechts durch Zuschlag. Dort ist nach § 131 ZVG zur Löschung des Grundpfandrechts die Vorlage des Grundpfandbriefes nicht erforderlich. Ein Zwangsmittel zur Vorlage ist nicht vorgesehen (vgl. § 127 Rn. 2). Mit der Beendigung des Erbbaurechts ist das Grundpfandrecht erloschen. Da kein Entschädigungsanspruch vereinbart wurde, gibt es auch kein Surrogat nach § 29 ErbbauRG. Mit der Eintragungsnachricht würde ich allerdings um Vorlage der Grundpfandbriefe bitten. Falls dem Erbbauberechtigten ein Vorrecht auf Erneuerung nach § 2 Nr. 6 ErbbauRG eingeräumt wurde, ist nach § 31 Abs 3 ErbbauRG zur Erhaltung des Vorrechts eine Vormerkung mit dem seitherigen Rang des Erbbaurechts von Amts wegen einzutragen(Schöner/Stöber, RN 1884).

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