Erbfall 16.10.1976, Adoption 1930 als Volljährige nach altem BGB. Wer kann helfen ?

  • Hallo. Ich brüte nun schon länger über folgendem Fall und diversen Überleitungsvorschriften: Meine Erblasserin verstarb am 16.10.1976 mit letztem Wohnsitz in der DDR. Sie wurde 1930 adoptiert als Volljährige ( und hatte dann auch noch einen Adoptivvater ). Ich hab mich schon soweit durchgewühlt, dass §§ 2 und 27 EGFGB gelten sowie §§ 66 ff FGB. In § 67 Abs.1 FGB steht aber, dass nur Minderjährige adoptiert werden können. Den Erbscheinsantrag hat nun der Neffe gestellt ( von den leiblichen Eltern deren vorverstorbener Sohn hat einen Sohn hinterlassen = Antragsteller ). Aber kommen nicht auch Abkömmlinge des Adoptivaters als Erben in Betracht ? Dazu kann er nämlich keine Angaben machen.
    Wer kann helfen ?:confused:

  • Aus einem von mir einmal gehaltenen Vortrag:

    1.Adoptionen mit „DDR-Bezug“:

    a)Adoptionen auf dem Gebiet der ehem. DDR im Zeitraum 01.01.1957 - 02.10.1990

    Wie schon bei den Ausführungen zum nichtehelichen Kind erwähnt, galt in der DDR das BGB bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches am 01.01.1976 fort. Am 01.04.1966 wurde das Familiengesetzbuch der DDR (FGB) in eingeführt, das die Annahme an Kindes statt in den §§ 66 ff. FGB gegenüber dem BGB neu regelte.

    Jedoch gab es bereits eine zum 01.01.1957 in Kraft getretene Adoptionsverordnung (AdoptVO vom 29.11.1956), die schon damals das Prinzip der „Vollrechts-Adoption“ einführte. Die nach dieser Verordnung erfolgten Adoptionen wurden erst durch § 2 EGFGB (mangels Existenz einer Übergangsregelung) in Adoptionen mit starker Wirkung nach dem FGB übergeleitet. Adoptionen davor, wurden unter Umständen in dieses Recht übergeleitet. Weiteres hierzu siehe nachstehend lit. b).

    Das DDR-Recht kannte fortan ausschließlich eine „starke“ Adoption, bei der die Verwandtschaftsverhältnisse (und damit auch das Erbrecht) zu den leiblichen Verwandten vollständig abgebrochen und die Adoptivkinder wie eheliche/leibliche Abkömmlinge behandelt wurden.

    Damit waren die Adoptivkinder nur noch gegenüber ihren Adoptiveltern und deren Verwandten (und umgekehrt) erbberechtigt. Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den leiblichen Verwandten sind vollständig erloschen.

    Diese Wirkungen gelten gemäß Art. 234 § 13 iVm Art Art. 235 § 1 EGBGB auch nach der Wiedervereinigung fort.


    b)Adoptionen auf dem Gebiet der ehem. DDR vor dem 01.01.1957

    Bei den vor Erlass der Adoptionsverordnung (siehe lit. a)) nach dem „alten BGB-Recht“ erfolgten Adoptionen muss geprüft werden, ob eine Überleitung in die Vollrechtswirkung durch die AdoptVO erfolgte oder nicht.

    Im Falle von Adoptionen, die vor Inkrafttreten der AdoptionsVO erfolgten, spricht man von sog. „Uraltadoptionen“. Auch solche Adoptionen wurden vormals lediglich durch Streichung der bis dahin in beiden Teilen Deutschlands geltenden BGB-Vorschriften in Annahmeverhältnisse mit starker Wirkung überführt, ohne dass eine Überleitungsvorschrift existierte. Mag diese Vorgehensweise befremdlich erscheinen und gar rechtsstaatliche Defizite offenbaren, so wurde hierin weder ein Verstoß gegen den (west)deutschen ordre public gesehen noch aus Westsicht auch nur Zweifel erhoben.



    Mit Inkrafttreten des FGB samt Einführungsgesetz am 01.04.1966 wurden diese Adoptionen in § 2 EGBGB den insoweit inhaltsgleichen Regelungen des FGB unterworfen. Damit werden auch sog. Uraltadoptionen gemäß Art. 234 § 13 Abs. 1, S. 1 EGBGB übergeleitet (MüKo/Maurer Art. 234 § 13 Rn. 7; Adlerstein/Wagenitz, FamRZ 1990, 1169 (1177)).

    Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass zum Stichtag 01.01.1957 (Zeitpunkt der Rechtsspaltung in Adoptionsangelegenheiten) tatsächlich eine derartige „Überleitung“ erfolgt war und DDR-Recht auch bis zum Beitrittszeitpunkt auf das Adoptionsverhältnis anzuwenden war. Um dies entscheiden zu können, bedarf es der Heranziehung der Regeln des innerdeutschen Kollisionsrechts, die wegen des Versagens der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit für das Personalstatut auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Annehmenden abstellten (Erman/Hohloch Art. 22 EGBGB Rn. 9). Befand sich dieser im maßgeblichen Zeitpunkt in der ehemaligen DDR, ist somit auch im vorliegenden Fall eine Überleitung nach Art. 234 § 13 Abs.1 S.1 EGBGB zu bejahen, sodass das Adoptivkind seine leiblichen Verwandten verlor und eheliches Kind der Annehmenden wurde.


    c)Spezielle Probleme bei DDR-Adoption:

    aa) Versterben eines oder beider Annehmenden vor Inkrafttreten
    der AdoptVO am 01.01.1957

    Ist der Annehmende (bzw. sind beide Annehmenden) und der Angenommene bereits vor dem 01.01.1957 verstorben, so wurden §§ 8 und 9 der AdoptVO auf dieses Adoptionsverhältnis nicht angewandt und es fand keine Überleitung in eine „Vollrechtsadoption“ statt.

    Lebte am 01.01.1957 von den beiden Annehmenden nur noch einer, so ist bezüglich des bereits verstorbenen Annehmenden das „hypothetische interlokale Personalstatut“ zu ermitteln (KG, OLGZ 1966, 592 / FamRZ 1967, 53). Man muss also ergründen, wo der bereits Verstorbene am 01.01.1957 gelebt haben würde, wenn er diesen Zeitpunkt erlebt hätte.

    Ein Indiz dafür ist sicher der überlebende Annehmende (idR. = Ehegatte). Lebte dieser am 01.01.1957 noch in der ehem. DDR, wird wohl von einer Überleitung auszugehen sein. War der Überlebende jedoch damals bereits „übergesiedelt“, so muss davon ausgegangen werden, dass der Verstorbene dieser Aussiedlung gefolgt wäre und damit eine Überleitung nach der Adoptionsverordnung in die Volladoptionswirkungen nicht stattgefunden haben kann.


    Auf den gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz des Angenommenen kommt es nicht an. Auch kann nicht der letzte Wohnsitz des Angenommenen bei seinem Tode ausschlaggebend dafür sein, ob eine Überleitung stattgefunden hat oder nicht.



    bb) Änderung des Aufenthalts der Annehmenden von Ost nach West und umgekehrt

    Hier ist zu unterscheiden, dass sich das für das Erbrecht maßgebliche Adoptionsstatut nicht an das Erbstatut knüpft, sondern eigenständig betrachtet werden muss. Stark vereinfacht kann man sagen, dass in Anbetracht des geltenden Unwandelbarkeitsgrundsatzes die Wirkungen einer Adoption (hinsichtlich des Abstammungsverhältnisses) nicht mehr durch einen Wohnsitzwechsel der Annehmenden ändern lassen. Auf den Wohnsitz des Angenommenen kommt es nicht an.

    Von daher ist es unerheblich, ob z.B. bei einer 1980 in der DDR stattgefundenen Adoption die Adoptiveltern (bei dem Annehmenden ohnehin!!, siehe oben) 1985 in den Westen übergesiedelt sind. Es bleibt weiterhin bei einer DDR-Adoption mit allen damit verbundenen Wirkungen.

    Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anknüpfung des Adoptionsstatuts ist und bleibt unwandelbar der Zeitpunkt, in dem die Adoption wirksam geworden ist. Demnach können sich persönliche Änderungen der Beteiligten (z.B. spätere Änderung der Staatsbürgerschaft, gewöhnlicher Aufenthaltsort, etc.) nicht mehr auf die bereits durchgeführte Adoption auswirken. Diese bleibt vielmehr dem Rechtskreis verhaftet, der für ihr Wirksamwerden maßgeblich war. Der Unwandelbarkeitsgrundsatz schließt jedoch nicht aus, dass sich der Inhalt des maßgeblichen Rechts selbst im Laufe der Zeit wandelt (z.B. AdoptionsG, EinigungsV (Art. 234 § 13 EGBGB)).

    Der Unwandelbarkeitsgrundsatz schließt lediglich Rechtsänderungen auf Grund Veränderungen auf Beteiligtenseite aus (genau genommen eine rechtliche Beurteilung im Kontext eines anderen Rechtskreises). In deutsch-deutschen Fällen kann die kollisionsrechtliche Unwandelbarkeit des Adoptionsstatuts erst mit Eintritt des kollisionsrechtlich maßgeblichen Ereignisses (der Rechtsspaltung: z.B. am 01.01.1957, am 01.04.1966 oder 01.01.1975) verwirklicht werden, da es zuvor eine einheitliche (gemeinsame) zivilrechtliche Kodifizierung gab, nämlich das BGB.

    Waren also die maßgeblichen Beteiligten zum Zeitpunkt der dt.-dt. Rechtsspaltung betreffend des Adoptionsrechts im späteren Beitrittsgebiet wohnhaft, so hat dies zur Folge, dass sich das Adoptionsstatut nach DDR-Recht beurteilt; Änderungen des Adoptionsrechts durch die Einführung des FGB, ZGB und Abschluss des EinigungsV mit eingeschlossen.


    Beispiel: Adoption 1945 in Bonn. Annehmenden sind 1950 nach Leipzig gezogen, waren am 01.01.1957 dort wohnhaft und sind dann 1995 BRD gestorben.

    Vielfach wird außer Acht gelassen, dass es sich bei dem EinigungsV um dt.-dt. Rechtssetzung handelt, verabschiedet durch den Deutschen Bundestag und die DDR Volkskammer. Art. 8 EinigungsV sieht die (Wieder)Einführung des BGB im Beitrittsgebiet vor; Überleitungsbestimmungen sind die Art. 230 ff. EGBGB, die ebenfalls gemeinsam beschlossen worden sind (!), also auch DDR-Recht. UNWANDELBARKEITSGRUNDSATZ: Nichts ist so grundsätzlich wie der Wandel.

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  • Vielen Dank für die Ausführungen. Leider finde ich meinen Fall darin nicht wieder. Erbt denn der leibliche Neffe oder Verwandte des Annehmenden Adotivvaters. Da es eine Volljährigenadoption war, hab ich auch nur einen Annehmenden. Oder sind nur dessen Verwandte erbberechtigt ? Oder beide ?
    *grübel*

  • Entscheidend ist, ob diese nach den Regeln des alten BGB durchgeführte Adoption von der Adoptionsverordnung der DDR aus dem Jahre 1957 erfasst wurde und damit zu Volladoption umgewandelt wurde. Ist dies der Fall, sind alle verwandtschaftlichen Beziehungen des Angenommenen zu seinen leiblichen Verwandten abgebrochen und er ein "leibliches" Kind der Annehmenden mit allen Rechtswirkungen geworden.

    Eine "Erfassung" von der AdoptVO wird angenommen, wenn zumindest einer des Annehmenden das Inkrafttreten der VO erlebt hat und damals seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR hatte. Ist das hier der Fall? Wann starben denn die Adoptiveltern bzw. wo waren diese am 01.01.1957 wohnhaft?

    Ich gehe mal davon aus, dass beide Annehmenden 1957 bereits verstorben waren, dann nämlich gilt das alte BGB-Recht fort und es macht keinen Unterschied zwischen Volljährigen- und Minderjährigenadoption. Die Annehmenden und deren Verwandten hätten dann kein Erbrecht, sondern nur die leiblichen Verwandten.

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  • Das ist ja leider nicht bekannt. Der Annehmende ist 1869/1870 geboren. Und wäre 1957 also 87 Jahre alt gewesen. Der Antragsteller ist nicht im Besitz einer Sterbeurkunde des Adotivvaters/ Annehmenden und das Genealogenbüro konnte seinen Tod auch nicht ermitteln. Es lässt sich nicht feststellen, ob und wo er 1957 lebte.
    :(

  • Darf ich mich hier mal einklinken?

    Ich habe einen Erbfall aus de Jahre 2017.

    Eine Tante meiner Erblasserin ist geboren 1904 und wurde dann 1930, also bereits volljährig und verheiratet, von Eheleuten adoptiert (Niedersachsen). Dem Namen nach waren die Adoptiveltern ein Bruder der leiblichen Mutter und dessen Ehefrau.

    Ich bin mir unsicher ob sie aus der Erfolge rausfällt oder nicht, also ob das Erbrecht nach der Nichte für sie bzw. ihre Abkömmlinge erloschen ist oder nicht.

    Mir fehlt ein alter Palandt und ich komme momentan nicht an die alten Adoptionsunterlagen heran.

    Hat jemand eine Idee?

    Viel Dank!


  • Mir fehlt ein alter Palandt ...

    Die Vorschriften des BGB in allen Vorgängerversionen findet man bei lexetius.com ;) , gelegentlich sehr hilfreich.
    § 1762 BGB war danach in der Zeit vom 01.01.1900 - 30.06.1976 unverändert.

    Wenn ich den SV richtig verstanden habe, handelt es sich um die leibliche Tante der Erblasserin, die "wegadoptiert" wurde? In dem Fall ist sie unverändert erbberechigt nach den leiblichen Verwandten.
    Erläuterungen dazu findest du bei beck-online im BeckOK zu § 1924 BGB Rdnr. 76 ff. Vielleicht hilft auch das Übersichtsschaubild Altadoptionen hier im Forum (weiter ober in der Themenliste;)).

  • Danke, das wird ich mir mal genauer anschauen!

    Ja genau, die leibliche Tante der Erblasserin wurde als Erwachsene "wegadoptiert" und ist laut Notar aus der Erbfolge raus... so altes Recht hatte ich aber noch nie, daher muss ich jetzt erstmal ganz von vorn anfangen.

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