Erbauseinandersetzung

  • Ein Kollege hat folgendes Problem:

    Anfechtung der Erbauseinandersetzung
    Die als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen gewesene, im Jahr 2005 Verstorbene ist von ihren beiden Töchtern zu je 1/2 Anteil beerbt worden. Im Jahre 2006 wird die Erbauseinandersetzung notariell beurkundet. Hiernach erhalten beide Töchter jeweils Alleineigentum an verschiedenen Grundstücken.
    Im Jahr 2007 erklären beide Erbinnen zu notariellem Protokoll, dass es sich bei der Erbauseinandersetzung nur um eine "Teilerbauseinandersetzung" gehandelt hatte bezogen nur auf den Grundbesitz im Nachlass. Sie fechten den Vertrag wegen Irrtums an und nehmen wechselseitig die Anfechtung zur Kenntnis. Infolge der wechselseitigen Anfechtung sei der Erbauseinandersetzungsvertrag von Anfang an nichtig; daher beantragen sie, die bisherigen Eintragungen im Grundbuch dahingehend zu ändern, dass sie gemeinsam "in Erbengemeinschaft" eingetragen werden.
    Ich bin der Meinung, durch die Erbauseinandersetzung ist die Erbengemeinschaft beendet. Sie kann nicht wieder aufleben. Sie entsteht kraft Gesetzes durch den Tod eines Menschen und dem Vorhandensein mehrerer Erben. M.E. könnten die als Alleineigentümer eingetragenen Geschwister das Eigenum lediglich auf eine andere Gesamthandsgemeinschaft übertragen (ggf. BGB-Gesellschaft).

  • Von einer Mindermeinung wird ein Aufleben der Erbengemeinschaft nur bejaht, wenn auch das dingliche Vollzugsgeschäft von der Anfechtung erfasst wird, weil die Anfechtung dann das Eigentum der Erbengemeinschaft ex tunc wieder herstellt (Staudinger-Werner § 2042 Rn. 64). Das wird bei der Irrtumsanfechtung in der Regel nicht der Fall sein. Die hM geht m.E. aber auch dann zurecht vom Wiederaufleben der Erbengemeinschaft aus, wenn nur das schuldrechtliche Auseinandersetzungsgeschäft angefochten wird, weil die hierdurch entstehenden Rückgewährsansprüche nach § 812 BGB nur der erbengemeinschaftlichen Gesamthand zustehen können (§ 2041 BGB) und diese daher kraft Gesetzes fortbesteht (BGH DNotZ 1955, 406; BGH LM § 433 Nr. 4; MüKo-Heldrich § 2032 Rn. 16, § 2042 Rn. 46; Bamberger/Roth-Lohmann § 2032 Rn. 3). Es kommt also darauf an, ob die Irrtumsanfechtung nur das schuldrechtliche oder auch die Auflassungen als dingliche Erfüllungsgeschäfte umfasst (dazu: Palandt-Heinrichs-Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn. 23). Ist nur ersteres der Fall, müssen A und B den jeweils in ihrem Eigentum stehenden Grundbesitz in Erfüllung der genannten Rückgewährsansprüche an die Erbengemeinschaft rückauflassen. Nur wenn die Anfechtung auch die Auflassungen erfasst, ist der Grundbuchberichtigungsantrag also begründet. Dann hat die Erbengemeinschaft das Eigentum an den beiden Grundstücken nie verloren (§ 142 Abs. 1 BGB). Kostengünstiger wäre das zweifellos. Aber ob es sich auch so verhält? Ich habe daran Zweifel.

  • Da haben es sich die Beteiligten ein wenig zu einfach gemacht. Ob sich eine Irrtumsanfechtung auf das dingliche Vollzugsgeschäft erstreckt, unterliegt nicht der "Vereinbarung" der Parteien. Ich bin auch nicht überzeugt davon, dass wirklich ein Grund zur Irrtumsanfechtung vorlag. Hierzu müsste man den Sachverhalt schon etwas genauer kennen. Welcher sonstige werthaltige Nachlass war vorhanden? Ergibt sich vielleicht sogar aus dem beim Nachlassgericht eingereichten Nachlassverzeichnis, dass kein Anfechtungsgrund vorlag, etwa weil das Nachlassverzeichnis vollständig ist und die Erbauseinandersetzung erst später beurkundet wurde?

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