Aufgebot Pfändungsgläubiger bei Löschung Nießbrauch?

  • Hallo zusammen!

    Ich habe folgendes Problem:

    In Abt. II ist ein Nießbrauchsrecht eingetragen: "Nießbrauch für xy, geb. am XXX. Eingetragen am 03.04.1984."

    In der Veränderungsspalte steht: "Nießbrauch gepfändet für den Kaufmann und Handelsvertreter A in S wegen einer Forderung von 39.445,54 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02.03.1977 von 38.705,87 DM mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 05.03.1986. Eingetragen am 02.04.1987."

    Der Nießbrauchsberechtigte ist am 18.10.2007 verstorben. Das Recht soll gelöscht werden.

    Nach § 23 GBO kann kann ja vor Ablauf der Jahresfrist ohne Zustimmung der Rechtsnachfolger nicht gelöscht werden. Auch ist wegen der Pfändung die Zustimmung des Pfändungsgläubigers notwendig (§ 887 Abs. 3 ZPO, vgl. Zöller, 24. Aufl. Rn. 12). Und da liegt mein Problem: Der Gläubiger kann - laut Aussage des Notariats - nicht ausfindig gemacht werden, weil das Einwohnermeldeamt hierfür das Geburtsdatum braucht.

    Ich hatte jetzt überlegt, ob man ein Aufgebotsverfahren durchführen kann, um dann die Rechte des Pfändungsgläubigers auszuschließen. Dabei bin ich im Zöller auf die Rn. 4 zu vor § 946 ZPO gestoßen. Nach § 6 II GBBerG kann der Berechtigte im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgschlossen werden, wenn 30 Jahre verstrichen sind. Das ist hier leider nicht der Fall. Also ist kein Aufgebotsverfahren möglich, oder?

    Auch eine Abwesenheitspflegschaft kommt wohl nicht in Betracht, weil die Interessen des Abwesenden besser geschützt sind, wenn das Recht und die Pfändung eingetragen bleiben.

    Kann das Recht denn nach Ablauf der Jahresfrist gelöscht werden? Oder steht die Pfändung dem auch entgegen?

    Für Vorschläge wäre ich sehr dankbar! Gruß

    Edit:
    Ort anonymisiert.
    Ulf, Admin

  • Die Verkäufer haben wohl schon das Telefonbuch von S rauf und runter telefoniert. Niemand will ihn kennen oder mit ihm verwandt sein. Der Gläubiger hatte damals einen Rechtsbeistand. Mit diesem wurde auch Kontakt aufgenommen. Der RB ist mittlerweile im Ruhestand. Er hat auch keine Ahnung wo sich der Gläubiger aufhält oder ob er überhaupt noch lebt.


  • Kann das Recht denn nach Ablauf der Jahresfrist gelöscht werden? Oder steht die Pfändung dem auch entgegen?


    Der Nießbrauch ist mit dem Tode des Berechtigten erloschen. Die Eintragung schützt für das sog. Sperrjahr nur noch eventuelle Rückstände.

    Nach Ablauf der Sperrfrist kann das GB durch Löschung berichtigt werden. Die Pfändung dürfte dem nicht entgegen stehen denn ein Pfandrecht an einem nicht mehr existenten Recht kann es m.E. nicht geben. Somit ist das GB auch hinsichtlich der eingetragenen Pfändung unrichtig.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ Ulf: Schön! Das hört sich sehr gut an. Wir haben hier im Hause vorhin auch schon darüber gesprochen und sind zu dem gleichen Ergebnis gekommen. Ich hatte nur gehofft, dass sich vielleicht eine - für die Beteiiligten - schnellere Lösung finden würde. Naja, da müssen die Parteien jetzt wohl noch ein paar Wochen warten...

  • Die Beteiligten sollen sich lieber freuen, dass es überhaupt ohne großen Aufwand geht, weil das Recht mit Tod erloschen ist. Wäre das Recht kein Nießbrauch sondern eine Grundschuld hätten sie ein größeres Problem.

    Ulf

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  • Der Nießbrauch ist mit dem Tode des Berechtigten erloschen. Die Eintragung schützt für das sog. Sperrjahr nur noch eventuelle Rückstände.

    Nach Ablauf der Sperrfrist kann das GB durch Löschung berichtigt werden. Die Pfändung dürfte dem nicht entgegen stehen denn ein Pfandrecht an einem nicht mehr existenten Recht kann es m.E. nicht geben. Somit ist das GB auch hinsichtlich der eingetragenen Pfändung unrichtig.



    Ich würde nicht löschen. Nach Schöner/Stöber Grundbuchrecht 13. Aufl. RdNr. 1389 bewirkt die Eintragung der Pfändung, daß der Nießbrauch ohne Zustimmung des Gläubigers nicht mehr gelöscht werden kann.

    Ob er materiellrechtlich mit dem Tode des Berechtigten erloschen ist oder nicht, ist für das Grundbuchgericht absolut uninteressant. Für uns gilt formelles Recht, hier § 19 GBO. Solange nicht jeder, dessen Recht betroffen ist, die Löschung bewilligt hat, löschen wir nicht. Unrichtkeitsnachweis nach § 22 GBO dürfte auch nicht infrage kommen, wie sollen die Beteiligten nachweisen (nicht glaubhaft machen!) daß das Nießbrauchsrecht trotz Pfändung erloschen ist.

  • Aber Sinn und Zweck der Löschung eines nicht gepfändeten Nießbrauchs ist doch der, dass der Berechtigte bis zu einem Jahr nach dem Erlöschen durch Tod noch eventuelle Rückstände geltend gemacht werden können...

    Warum sollte bei einem Pfändungsgläubiger das Ganze weiter gehen? Hier wechselt doch nur die Person des Berechtigten. Dieser hat dann auch 1 Jahr Zeit. Meldet er nicht irgendwelche Ansprüche an, hat er Pech gehabt...

    Ich würde daher auch nach Ablauf eines Jahre löschen...

  • Aber Sinn und Zweck der Löschung eines nicht gepfändeten Nießbrauchs ist doch der, dass der Berechtigte bis zu einem Jahr nach dem Erlöschen durch Tod noch eventuelle Rückstände geltend gemacht werden können...

    Warum sollte bei einem Pfändungsgläubiger das Ganze weiter gehen? Hier wechselt doch nur die Person des Berechtigten. Dieser hat dann auch 1 Jahr Zeit. Meldet er nicht irgendwelche Ansprüche an, hat er Pech gehabt...

    Ich würde daher auch nach Ablauf eines Jahre löschen...



    Der Berechtigte ist doch tot, er kann keine Rückstände geltend machen. Das müsste der Rechtsnachfolger tun.
    Aber Spaß beiseite. Auch Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann Grundbuchrecht 5. Aufl. sagt in Anm. 28 zu § 23 GBO daß außer Todesnachweis und Ablauf des Sperrjahres noch "etwa erforderliche Zustimmungen Dritter" vorgelegt werden müssen. Und den Pfändungsgläubiger sehe ich als einen solchen "Dritten" an.


  • Ich würde nicht löschen. Nach Schöner/Stöber Grundbuchrecht 13. Aufl. RdNr. 1389 bewirkt die Eintragung der Pfändung, daß der Nießbrauch ohne Zustimmung des Gläubigers nicht mehr gelöscht werden kann.


    Aha. Der Nießbrauch ist also futsch (erloschen mit dem Tod) aber löschen darf man ihn nicht. Das GB muss also unrichtig bleiben, wenn der Pfandgläubiger nicht mitwirkt.

    Und was hat der Gläubiger von dem nicht mehr existenten Nießbrauch?

    Diese rein formale Ansicht überzeugt mich ganz und gar nicht. Ich bleibe dabei: Nach Ablauf des Sperrjahres würde ich löschen.

    Ulf

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  • Sehe ich wie Ulf. Der Nießbrauch ist erloschen und damit auch die Rechte daran. Bei einem befristeten Nießbrauch würde man sogar ohne Zustimmung des Berechtigten selbst löschen. Weshalb soll ein Pfandgläubiger schutzwürdiger sein. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs ist nachgewiesen und fertig.

  • Der Nießbrauch kann nach meiner Meinung ohne Zustimmung des Pfändungsgläubigers nicht gelöscht werden. Mit dem Tod des Berechtigten erlischt nur das Stammrecht, nicht aber die Ansprüche auf rückständige Einzelleistungen. Diese unterliegen deshalb auch weiterhin dem Pfandrecht.

    Das ist auch gar kein Fall von § 23 GBO. Der Pfändungsgläubiger ist nicht Rechtsnachfolger des Berechtigten und muss deshalb ganz normal nach § 19 GBO bewilligen.

  • Daß nur das Stammrecht erloschen ist, Rückstände aber möglich sind, war ja eigentlich klar. Aber ein Fall des § 23 GBO ist das natürlich schon. Rechtsnachfolger im Sinne von § 23 Abs. 1 GBO ist eben auch, wer das Recht am Nießbrauch durch Zwangsvollstreckung erworben hat (vgl. Schöner/Stöber, 14. Auflage, Rn. 1354). Ohne Widerspruch des Pfandgläubigers kann daher nach Ablauf der Jahresfrist gelöscht werden.

  • Stimmt, im Schöner/Stöber steht das so und dabei ist auf eine Entscheidung des Kammergerichts verwiesen. Trotzdem halte ich das für falsch. Solange der Berechtigte lebt, kann der Nießbrauch nur gelöscht werden, wenn der Nießbraucher und der Pfändungsgläubiger die Löschung bewilligen. Wenn der Berechtigte stirbt, treten an seine Stelle seine Erben. Der Pfändungsgläubiger hat mit dieser Rechtsnachfolge nichts zu tun. Wieso soll also jetzt auf einmal seine Löschungsbewilligung entbehrlich sein? Das ist nicht logisch.

  • Solange der Berechtigte lebt, kann der Nießbrauch nur gelöscht werden, wenn der Nießbraucher und der Pfändungsgläubiger die Löschung bewilligen. Wenn der Berechtigte stirbt, treten an seine Stelle seine Erben. Der Pfändungsgläubiger hat mit dieser Rechtsnachfolge nichts zu tun. Wieso soll also jetzt auf einmal seine Löschungsbewilligung entbehrlich sein? Das ist nicht logisch.


    Doch, das ist logisch, denn der Nießbrauch ist auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt, so dass er mit dessen Tod untergeht. Der Pfandgläubiger hat von vorn herein eine Sicherung erlangt, die nur so lange besteht, wie das Recht an sich existent ist.

    Wäre der Nießbrauch z.B. auf 10 Jahre ab Eintragung befristet, würde doch nach 12 Jahren wohl auch niemand die Zustimmung des Pfandgläubigers zur Löschung verlangen, oder!?!

    Ulf

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  • Es geht hier doch nur um die Rückstände. Für diese Rückstände ist das Recht aber nicht erloschen und deshalb besteht auch das Pfandrecht weiter daran fort. Wenn Du recht hättest, bräuchten wir den § 23 GBO auch für die Erben nicht: Das Recht ist erloschen, aus, fertig und man könnte es löschen. So ist es aber nicht, weil der Nießbrauch nur als Stammrecht erlischt. Deshalb gibt es den § 23 GBO. Das hat aber doch mit dem Pfändungsgläubiger nichts zu tun.

    Mal ein anderer Fall, dann wird es vielleicht deutlicher, was ich meine:

    Ein Recht in Abt. III wird für das Stammrecht auflösend befristet auf den Tod des Berechtigten bestellt. Das Recht wird gepfändet, anschließend verstirbt der Berechtigte. Das ist jetzt der gleiche Fall wie beim Nießbrauch. Kann das Recht ohne Bewilligung des Pfändungsgläubigers gelöscht werden? Ich denke nein, weil das Pfandrecht noch die evtl. rückständigen Zinsen erfasst, die nicht zusammen mit dem Recht erloschen sind.

  • Natürlich geht es hier nur um die Rückstände.

    Diese Rückstände (bzw. deren Berechtigte) sind aber nach § 23 GBO formell eben nur für ein Jahr geschützt. Danach - oder bei eingetragener Vorlöschklausel auch schon früher - kann das Recht gelöscht werden, ohne dass das Auswirkungen auf eventuell bestehende Rückstände hätte.

    Ich sehe hierin auch keine Benachteiligung des Pfandgläubigers. Er hätte innerhalb des Sperrjahres die Möglichkeit, einen Widerspruch nach § 23 Abs. 1 GBO eintragen zu lassen und so einer Löschung ohne Bewilligungen vorzubeugen.

    Ulf

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