Sorgerechtsübertragung

  • Hallo allerseits,

    Fall: Ledige Mutter will das ihr allein zustehende Sorgerecht wegen Arbeitsaufnahme im Ausland auf den Großvater übertragen. Sie will sich in keiner Weise in die Belange der Kindeserziehung einmischen (warum verrät sie nicht!).

    Die Sorgeerklärung nach §§ 1626a ff. BGB betrifft ja wohl nur den Fall, dass auch der Kindesvater das Sorgerecht übertragen bekommt. Im Übrigen bliebe sie selbst ja auch noch sorgeberechtigt. Nach welchem Procedere könnte die angestrebte Übertragung auf den Opa erfolgen? Geht das überhaupt? Oder kann das erstrebte Ergebnis nur auf dem Umweg über eine Vormundschaft erreicht werden?

    Fragen über Fragen. Danke für eure Beiträge.

    Gruß

    HuBo

  • Wie schon der Name sagt, kann die elterliche Sorge begrifflich nur einem Elternteil (oder beiden) zustehen. Da kein Grund für den Entzug der elterlichen Sorge vorliegt, scheidet natürlich auch eine Vormundschaft oder -für Teilbereiche der elterlichen Sorge- eine Pflegschaft aus (gleiches dürfte für ein Pflegekindverhältnis gelten). Da man sich der aus der elterlichen Sorge ergebenden Pflichten nicht einfach nach Belieben entledigen kann, wird der Mutter nur übrigbleiben, den Großvater des Kindes aufgrund ihres Auslandsaufenthalts in allen Belangen zur Ausübung der elterlichen Sorge zu bevollmächtigen. Leben noch beide Großelternteile, wäre eine Bevollmächtigung beider vorzuziehen.

  • Ich denke, dass die Mutter nicht einfach auf Ihr Sorgerecht "verzichten" kann. Kann Sie den Großvater nicht bevollmächtigen?

  • @Juris2112: Da haben sich die Antworten wohl überschnitten...

    Bei mir hat auch mal eine Kindesmutter einer 17-jährigen angerufen und wollte mir quasi das Kind auf den Schreibtisch setzen. So unter dem Motto, ich komm nicht mehr klar, machen Sie mal... Sie sind doch das Gericht.

  • Goethe hat das noch anders gesehen:

    "Herr Richter und Herr Amtmann ihr, lasst mir doch meine Ruh'. Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind, ihr gebt mir nichts dazu."

  • Vielen Dank für die ersten Beiträge.

    Konfrontiert wurde ich mit der Problamatik auf der RASt. Ich habe die Mutter zunächst auch darauf verwiesen eine entsprechende Vollmachtsurkunde beim Notar beurkunden zu lassen. Mir wurde hoch und heilig versichert, der Notar habe dies mit der Begründung abgelehnt eine derartige Beurkundung sei nicht möglich.

    ASt'in wurde von mir aufgegeben einen entsprechenden "Negativbeweis" (Notarbestätigung) vorzulegen. Wenn sie den tatsächlich bringt erhält sie von mir einen BerH-Schein um sich anwaltlich dahingehend beraten lassen zu können, wie sie das erstrebte Ziel erreichen kann.

    Bin gespannt ob sie nochmal wiederkommt oder ob sie:aufgeb:

    Gruß

    HuBo

  • Die Vollmacht als solche bedarf nicht der beurkundeten Form. Um Schwierigkeiten im Rechtsverkehr bei der Anerkennung der Vollmacht zu vermeiden, sollte die Mutter ihre Unterschrift aber zumindest notariell beglaubigen lassen, damit feststeht, dass die Vollmacht auch vom "richtigen" Vollmachtgeber stammt.

  • Meine Tochter (5) hat die letzten Jahre ja bei meinen Eltern verbracht. Das ließ sich alles problemlos über Vollmachten regeln. Kita, Kinderarzt etc. wußten Bescheid, daß meine Eltern in meiner Abwesenheit die elterl. Sorge (Personensorge) ausüben.

    Deine Ast.´in hätte (glaube ich) auch die Möglichkeit, eine Pflegschaft (Pflegeeltern übers Jugendamt) einrichten zu lassen und ihren Vater als Pflegevater einsetzen zu lassen. ich würde an Ihrer Stelle mal mit dem Jugendamt darüber reden.

    Will sie denn dauerhaft ins Ausland? Will sie den Kontakt zum Kind aufrechterhalten 8Besuche, Anrufe, etc.)? Wie alt ist denn das Kind?

  • Ich hatte diese Möglichkeit in #2 schon angedeutet, habe aber meine Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Familienpflege bei einer Unterbringung des Kindes bei den Großeltern überhaupt vorliegen (vgl. Palandt/Diederichsen Einf. v. § 1626 RdNr.11 m.w.N.). Auch denke ich, dass die innerfamiliäre Vollmachtslösung einem Vorgehen nach § 1630 Abs.3 BGB vorzuziehen wäre.

    Für die Entscheidung nach § 1630 Abs.3 S.1 BGB wäre im übrigen nicht der Rechtspfleger, sondern der Richter zuständig.

  • Ich bin der Ansicht, dass eine gerichtliche Übertragung nach § 1630 Abs.3 BGB nur vorgenommen werden sollte, sofern es keine (milderen) außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten gibt. Ein Hineinregieren des Staates in die Familie (auch auf Antrag) sollte nur erfolgen, sofern dies im Einzelfall auch wirklich notwendig ist. Im Ausgangssachverhalt sehe ich hierfür keine Notwendigkeit. Die Vollmachtslösung hat vor allem den Vorteil, dass die Mutter die elterliche Sorge behält, jederzeit regulierend eingreifen und die erteilte Vollmacht bei Bedarf auch widerrufen kann. Im Falle des § 1630 Abs.3 BGB wäre sie darauf angewiesen, die getroffene Entscheidung des FamG ändern zu lassen. Mir als Elternteil wäre die Vollmachtslösung allemal lieber. Wozu soll ich das FamG und das JA einschalten, wenn es auch ohne geht?

  • #11
    Aus der Zitatstelle ergibt sich m. E., dass auch die Großeltern Familienpflege ausüben können. ("wofür die Pflegepersonen grundsätzlich einer Pflegeerlaubnis des JA bedürfen, sofern es sich nicht um (...) Verwandte (...) handelt.")
    Richterzuständigkeit ist klar.

    #14
    Für die Angelegenheiten des täglichen Lebens haben die Pflegpersonen ohnehin über § 1688 Vertretungsbefugnis. Wenn die Sorgerechtsinhaberin im Ausland ist, kann aber schnell eine Situation eintreten, wo das nicht reicht. Und die Mutter will ja offensichtlich eine umfassende Vertretungsbefugnis für Opa. Auf ihren Antrag muss das FamG jederzeit die Übertragung rückgängig machen. Was die Einschaltung des JA und des FamG anbelangt: Dafür sind die ja da. Und die Mutter hat den Weg zum FamG ja auch schon gefunden.

    #12
    Über § 1630 BGB kann die gesamte elterliche Sorge übertragen werden. Und so ein richterlicher Beschluss macht doch einiges mehr her, als die schönste Vollmacht, wenn ich so an Korrespondenz mit Behörden usw. denke...

  • Es kann schon sein, daß ein richterl. Beschluß mehr "hermacht", als eine simple Vollmacht.
    Ich wüßte allerdings nicht, bei welcher Behörde man sowas bräuchte... Die einzigen Behörden, die mit denen Kind zu tun haben wird, werden Jugendamt (Schulverwaltungsamt, manchmal auch beim JA angesiedelt) und Familienkasse sein. Da reicht es doch aus, diese vorab zu informieren!

    Vielleicht sollte Hugo Bossi auch mal sagen, wie alt das betreffende Kind ist. Es macht nämlich einen Unterschied (praktisch gesehen), ob das Kind 12 Monate oder 16 Jahre alt ist.

  • Zitat von evangeline

    (...) Ich wüßte allerdings nicht, bei welcher Behörde man sowas bräuchte... Die einzigen Behörden, die mit denen Kind zu tun haben wird, werden Jugendamt (Schulverwaltungsamt, manchmal auch beim JA angesiedelt) und Familienkasse sein. Da reicht es doch aus, diese vorab zu informieren!(...)



    Mit welchen Behörden man es zu tun kriegt, weiß man nie...:confused:

    Und wenn der böse Zufall es will, dass das Kind einen Unfall hat, wollen wir hoffen, dass die Vollmacht die Zustimmung zur erforderlichen Operation abdeckt...

    Ich bleibe dabei, dass ich § 1630 BGB für den besseren Weg halte. Dafür ist er schließlich auch da.

  • Meine Eltern haben so eine Vollmacht (Einwilligung in normale ärztl. Behandlung, Notfallversorgung, Operationen) von mir gekriegt- handschriftlich. Da hat es nie Probleme gegeben.

    Meine Tochter fährt ab Montag mit meinen Eltern 3 Wochen an die Ostsee. Das war in den vergangenen Jahren auch so. Und- obwohl der Arzt dort unsere Verhältnisse (Kind wächst bei Großeltern auf) nicht kannte, gab es keine problem, als mein Vater mit der Kleinen zum Notdienst mußte.

    Kann natürlich auch daran liegen, daß die beiden sich ziemlich ähnlich sehen. Als meine Mutter letztes Jahr zur Kur mit ihr war (eig. Mutter-Kind-Kur), hat niemand eine Vollmacht sehen wollen.

    Der Fall, daß das Enkelkind bei den Großeltern aufwächst, kommt häufiger vor als man denkt.

    Ich halte den § 1630 für umständlicher, aber es hat ja jeder das Recht auf seine Meinung.;)

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