Pfändung gem. § 850d wegen gem. § 91 BSHG übergegangener Ansprüche

  • Hallo Cracks,

    nach längerer Elternzeit habe ich ein paar Änderungen nicht so richtig mitbekommen.
    Jetzt habe ich folgenden Problemfall:
    Die Stadt wurde als Träger der Sozialhilfe gem. § 91 BSHG Unterhaltsgläubiger, übergegangen ist Ehegattenunterhalt.
    Jetzt will sie gegen den Schuldner den Unterhalt gem. § 850 d vollstrecken. Dieser lebt mit seinen beiden minderjährigen Kindern (4 u. 13 Jahre) und seiner Lebensgefährtin in einer Bedarfsgemeinschaft. Unterhalt gegenüber der Ex-Frau wird zumindest nicht gezahlt und im Vermögensverzeichnis auch nicht geltend gemacht.

    Mein Problem ist die fiktive Bedarfsberechnung, die die Gläubigerin zur Begründung ihres Antrags auf Festsetzung des Pfändungsfreibetrages auf 881 € angestellt hat.

    Zunächst geht sie generell davon aus, dass der Schuldner nur 90% der Regelleistung zugebilligt bekommt, also nicht die Stellung des Haushaltsvorstandes erhält. M. E. müsste ich aber dann einen Zuschlag für die Betreuung zweier Kinder unter 16 Jahren zubilligen.
    Auch hat sie für die Kinder nur die Sozialhilfebeträge angesetzt, statt den Unterhaltsbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle, der hier wohl ausschlaggebend sein dürfte. Zudem soll das Kindergeld voll angerechnet werden.
    Ich würde - allenfalls - eine hälftige Anrechnung befürworten.

    Wie gesagt, an mir sind ein paar Gesetzesänderungen vorbeigegangen und ich habe noch nicht wieder volles Vertrauen in das von mir neu Erarbeitete - helft mir doch bitte mal mit Eurer freien Meinungsäußerung auf die Sprünge. Vielen Dank!

  • Soll ALG II direkt gepfändet werden?

    Hier ist m.E. der notwendige Selbstbehalt des Schuldner wie üblich also nach SGB XII nebst Miete und Erwerbstätigenzuschlag anzusetzen. Dazu kommen die Unterhaltsverpflichtungen in tatsächlicher Höhe (also Düsseldorfer Tabelle o.ä.).

    Pfändbar wäre grundsätzlich dann sowieso nur der Teil des ALG II, der in der Bedarfsgemeinschaft für den Schuldner gezahlt wird, die Kinder und die Lebensgefährtin haften nicht als Sippe mit.
    Dieser Teil ist aber wiederum unpfändbar, weil es genau der sozialhilferechtliche Bedarf des Schuldners ist (s.o.).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Du musst zuerst prüfen, für welches Kind die Stadt den übergegangen Unterhalt vollstreckt.
    Für den Schuldner und seine unterhaltsberechtigten nach § 1609 BGB neue Fassung musst du dann einen Freibetrag zzgl. Mehrbetrag belassen. Das Kind mit dem übergegangenen Unterhaltsansprüchen belässt du keinen Mehrbetrag.

  • Liegt denn überhaupt ein Fall für § 850d ZPO vor (Unterhaltsforderung jünger als ein Jahr ) oder um alte Sozialamtsschulden?

    Ansonsten zur Berechnung des sozialrechtlichen Mindestbedarfs (nach SGB XII bzw. ALG II) folgende Links:
    http://www.infodienst-schuldnerberatung.de/praxisthema/85…_XII-071008.pdf
    http://www.infodienst-schuldnerberatung.de/praxisthema/85…01-01_mit_C.pdf
    Die aktuellen Regelsätze:
    http://www.infodienst-schuldnerberatung.de/sozialrechtsre…g_Alg_%20II.pdf

    Bei der Berechnung des Bedarfs wird bei der Miete gerne auf pauschale Mietobergrenzen zurück gegriffen. Dies ist m.E. für das erste halbe Jahr nicht korrekt, da die Leistungsträger den Empfängern in dieser Zeit den tatsächlichen Mietbedarf bezahlen müssen, mit der gleichzeitigen Aufforderung sich eine günstigere Wohnung zu suchen.

  • Also,
    übergegangen ist der Unterhaltsanspruch nicht nach UVG, sondern es handelt sich um alten Ehegattenanspruch, § 90 BSHG.
    Natürlich sind es ältere Ansprüche, aber nach der heutigen Rechtsprechung ist es ja wohl so, dass für den Gläubiger die Behauptung reicht, der Schuldner habe sich absichtlich seiner Unterhaltsleistung entzogen; da ist mir schon mal ein Beschluss um die Ohren gehauen worden. Der Schuldner ist da äußerst beweispflichtig.

    Vielen Dank für den Link mit den Berechnungsprogrammen. Ich benutze zwar gern die Berechnung von MobiV, aber hier kann ich eben die Vorschrift selbst auch nachlesen. Dann weiß ich wenigstens, wo steht, was ich tue.

    Das mit der Übergangsfrist für die Miete sehe ich genauso! Allerdings kann ich das vermutlich erst nach Festsetzung aufgrund einer eventuellen Erinnerung des Schuldners berücksichtigen.

    Kann mir jetzt noch jemand was zur Anrechnung des Kindergeldes sagen???

    Vielen Dank!

  • Kindergeld wird beim sozialrechtlichen Bedarf zu 100 % als Einkommen angerechnet. Wird die Bedarfsberechnung aber so durchgeführt, kommt man zu der von Tommy in #2 genannten Sippenhaft.
    Trägt evtl. noch etwas zum Thema bei: Urteil von BGH XII ZR 30/04: Für die Berechnung des Ehegattenunterhalt ist in der Regel ein höher Selbstbehalt als bei der Berechnung des Unterhalts im Falle von minderjähirgen Kindern anzusetzen.

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