Sperrvermerk-Igendwas sollte geschehen

  • Hallo Ihr erfahrenen Familienrechtler,

    kurz vor dem WE noch ein etwas längerer Text, bitte trotzdem lesen!

    Es handelt sich um ein minderjähriges Kind, welches behindert ist.E s bekommt vom Versorgungsamt eine monatliche Rente in Höhe von ca. 2.360,- Euro. Außerdem hat es damals eine Nachzahlung bekommen, wovon eine Eigentumswohnung für das Kind gekauft wurde.
    Das Versorgungsamt hat die Zahlungen an das Kind von der Eintragung eines Sperrvermerkes abhängig gemacht. Der Sperrvermerk wurde auch damals eingetragen.
    Es werden monatlich 2.069,- Euro freigegeben, für die laufenden Kosten.
    Nun ist es leider so, dass die Mutter nicht so bewandert ist. Sie ist mit der Vermögenssorge des Kindes wohl überfordert und beauftragt deshalb schon seit Jahren einen RA. Dieser beantragt alle Sachen beim Versorgungsamt, geht zu den Eigentümerversammlungen usw.
    Nun ist es so, dass der RA bis jetzt für jeden Antrag immer Gebühren und Auslagen in Rechnung stellte und das Familiengericht die Freigabe der Beträge genehmigte.
    Nun kommt es allerdings vor, dass der Gute immer häufiger Anträge auf Auszahlung stellt und auch für komische Sachen.
    Kürzlich bekam ich einen Antrag auf Genehmigung der Auszahlung von insg. 1.044,- Euro.

    • Für den Antrag auf Bewilligung der Auszahlung von weiteren 173,01 Euro pro Monat für den Mietzins für ein Gerät, was das Kind braucht = 12x 173 = 2076 Euro, daraus eine Gebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer = 265,99 Euro

    D.h. der RA hat einen Antrag gestellt auf Genehmigung der monatlichen Freigabe von weiteren 173,01 Euro. Das wurde genehmigt. Dafür, dass dieser Antrag gestellt wurde, will er jetzt eine Verfahrensgebühr. Das kann doch nicht sein. Das würde ja bedeuten, dass das Vermögen des Kindes schrumpft, nur weil ein Sperrvermerk auf diesem Konto angebracht wurde. Wenn der Antrag ohne RA gestellt worden wäre, wären keine Kosten angefallen.
    Das ist der erste Antrag dieser Art in der Akte, obwohl schon mehrere Gelder auf Antrag des RA freigegeben wurden.

    • Der RA will Geld dafür, dass er die treuhänderische Verwaltung des Sparbuches überwacht. Und für die Weiterleitung der Beträge über das Treuhandkonto.

    Dafür macht er für das letzte Jahr 1.044,- Euro geltend, nämlich 12 Monate x 0,5 Stunden = 6 Stunden. Pro Stunde werden 150,00 Euro geltend gemacht = 900,00 Euro + Mwst. = 1.044,- Euro.
    Ich finde das sehr hoch. 150,00 Euro pro Stunde. Würde man der Mutter die Vermögenssorge entziehen und einen Ergänzungspfleger bestellen, könnte der nur max. 33,50 Euro pro Stunde geltend machen.
    Meine Vorgänger diese Art der Abrechnung schon letztes Jahr genehmigt. Aber ein RA muss doch, wenn dann nach dem RVG abrechnen. Die treuhänderische Verwaltung des Sparkontos müsste doch abgegolten sein durch die ganzen Gebühren.



    Als Frage stellt sich mir nun, was ich da machen kann. Eigentlich ist die Mutter befugt, eine Vollmacht an einen RA zu erteilen. Nur sie übergibt die gesamte Vermögenssorge quasi an den RA, d.h. sie übt sie gar nicht aus und der RA kassiert fleißig die Gebühren.
    Das Problem ist, dass das Kind monatlich ca. 300,- Euro sparen könnte, nach Abzug der laufenden Ausgaben, jedoch durch die RA-Kosten wird das Vermögen schon angegriffen.
    Was ist, wenn das Vermögen mal aufgebraucht ist, laufen diese Spielchen dann über PKH? Das kann doch nicht sein.
    Ich will nicht den Handlanger spielen, deshalb will ich was machen, aber mir fehlt die zündende Idee.

    Darf ich als Familiengericht die Auszahlung dieser geforderten Beträge verwehren oder kürzen? Weil irgendeinen Sinn muss ja der Sperrvermerk haben, oder greife ich da zu sehr in das Recht der Mutter ein ihrem Kind einen Bevollmächtigten zu bestellen?
    Eigentlich ist es ja die Mutter, die unfähig ist. D.h. ich habe schon überlegt ihr die Vermögenssorge zu entziehen, wegen unverschuldetem Versagen. Allerdings weiß ich nicht, ob ich so weit gehen darf. Da es dafür ja strenge Voraussetzungen gibt. Dann müsste ich einen Ergänzungspfleger bestellen, evt. macht das ja das sogar Jugendamt.

    Will mir den RA mal einbestellen und mit ihm darüber reden, nur wird der nicht mitspielen, wenn ich ihm seine Einnamen kürzen will.

    Was würdet ihr in diesem Fall tun?

    Ich wünsche allen ein schönes Wochenende:)

  • Ich bin kein Familienrechts-Spezi, aber könnte der Einstieg für ggf. zu treffende Entscheidungen hier nicht in folgendem liegen: im Außenverhältnis RA - Kind, vertreten durch die Mutter werden zwar die verlangten RA-Honorare geschuldet werden, aber im Innenverhältnis Kind - Mutter könnte das Kind einen Schadensersatzanspruch gegen die Mutter haben, da es der Mutter möglich (wenn sie überfordert ist, eben unter anderweitiger Hilfe) wäre, die entsprechenden Anträge selbst zu stellen.

    Hinsichtlich des Zeithonorars für die Zahlungsabwicklung: Nach § 4 IV RVG kann eine vereinbarte Gebühr nach vorheriger Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer herabgesetzt werden, wenn sie unangemessen hoch ist. Die Frage wäre dann, ob die Vorschrift hier entsprechend anwendbar ist.

    Bzgl. der Rahmengebühren gibt es eine vergleichbare Regelung in § 14 II RVG. Dazu wird zwar die Auffassung vertreten, daß der nur für Honorarprozesse zwischen RA und Mdt. gilt, es gibt aber wohl auch schon Entscheidungen, daß ein Gutachten auch eingeholt werden kann, wenn z.B. der Geschädigte aus einem Verkehrsunfall gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung klagt.

    Insofern würde ich es für nicht ganz abwegig halten, daß man hier vielleicht auch zu dem Ergebnis kommen kann, daß die Einholung eines Gebührengutachtens möglich ist. Die Rechtsanwaltskammer wird sich dem sicher nicht versagen.

  • Als erste Maßnahme würde ich mal überlegen, den Sperrvermerk aufzuweichen, so dass der regelmäßige Unterhalt des Kindes monatlich ohne Genehmigung entnommen werden kann. Z.B.: "Die Mutter ist berechtigt in jedem Kalendermonat über eine Summe von insgesamt 1.000 EUR ohne Genehmigung des FamG zu verfügen."

    Es kann nicht Sinn der Sache sein, das Familiengericht mit solchem unnötigen Käse zu beschäftigen. Im Übrigen ist das FamG nicht an die Rechtsauffassung/Wünsche des Versorgungsamts gebunden.

    Ich würde die Mutter persönlich anhören und ihr eine Vermögenspflegerbestellung schmackhaft machen. Sozusagen eine "einvernehmliche Entziehung der Vermögenssorge", hat bei mir mal in einem Fall wo´s um ne Immobilienfinanzierung bzw. die Abwendung der Zwangsversteigerung ging sehr gut geklappt.

    Als Pfleger braucht es da bei Leibe keinen Rechtsanwalt, es ist eine ganz einfach gelagerte Vermögensverwaltung, die aus dem Personenkreis der üblichen Verdächtigen der Berufsbetreuer o.ä. bestellt werden kann.

    Geht´s nicht einvernehmlich könnte man die Beauftragung des (überqualifizierten und daher zu teuren) Rechtsanwalts als Einstieg in Richtung Vermögensverschwendung ansehen, ich bezweifele aber, ob diese Rechtsauffassung beschwerdefest sein wird. Es bleibt den Sorgeberechtigten unbenommen, sich jemanden für diese Dienstleistungen zu verdingen, allerdings zu einem passenden Preis.

    Man könnte versuchen, z.B. nur einen angemessenen Teil der beantragten Vergütung freizugeben bzw. beschließen, dass ab sofort nur noch ein Stundensatz iHv. 23,- EUR für die Vermögensverwaltung aus dem Kindesvermögen aufgewendet werden darf. Will die Mutter den Rechtsanwalt behalten, soll sie die Differenz selbst löhnen.
    Das wären alles noch schwächere und damit zunächst verhältnismäßigere Schritte als ein (streitiger) Vermögenssorgeentzug.

    Aber wie gesagt, erstmal würde ich das mit ner Anpassung des Sperrvermerks versuchen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Die erste Frage, die es hier zu beantworten gilt, ist doch: Wer hat den RA beauftragt? Die Vermögenssorge ist Teil der elterlichen Sorge und von den Eltern auszuüben. Wenn die Eltern für genau definierte Bereiche einen RA beauftragen, sind m.E. die Eltern die Auftraggeber und schulden die Gebühren. Ich hätte hier auf den ersten Blick Probleme, überhaupt Gelder des Kindes zur Bezahlung des RA freizugeben, muss aber zugeben, dass ich mir nicht ganz sicher bin.

  • @Manfred:

    Die Freigabe von Kindesvermögen kommt auch dann nach Maßgabe des § 1648 BGB in Betracht (als Ersatzanspruch bzgl. von den Eltern getätigter Aufwendungen).

  • Zitat von advocatus diaboli

    @Manfred:

    Die Freigabe von Kindesvermögen kommt auch dann nach Maßgabe des § 1648 BGB in Betracht (als Ersatzanspruch bzgl. von den Eltern getätigter Aufwendungen).


    ... sofern nicht die Aufwendungen ihnen selbst zur Last fallen.

    Bei dem hier geschilderten Sachverhalt sind zumindest Zweifel angebracht, ob der Ersatzanspruch für jede Kleinigkeit besteht. Dazu müsste aber in eine Prüfung eingestiegen werden, die hier nicht zu leisten ist. Die einvernehmliche Übertragung der Vermögenssorge auf einen Ergänzungspfleger, wie von Tommy vorgeschlagen, erscheint mir noch die sinnvollste Lösung, sofern die Mutter mit der Vermögenssorge tatsächlich überfordert ist.

  • Für das Verlangen des Versorgungsamts auf Einrichtung eines versperrten Kontos vermag ich keine Rechtsgrundlage zu erkennen, auch wenn der Sinn dieser "Vorsichtsmaßnahme" aufgrund der geschilderten vermögensrechtlichen Unbedarftheit der sorgeberechtigten Mutter wohl nicht zu verkennen ist. Es würden somit in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich keine Bedenken dagegen bestehen, den Sperrvermerk -wie vorgeschlagen- in gewisser Weise "aufzuweichen" oder vollständig aufzuheben. Dass dies nach Sachlage im Ergebnis nicht in Betracht kommt, weil die Verfahrensweise der Mutter eine gewisse Überwachung durch das Gericht gebietet, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Da aber weder Vormundschaft noch Pflegschaft besteht, beschränkt sich die Tätigkeit des FamG im vorliegenden Fall auf die gerichtliche Freigabe von Geldern vom versperrten Konto (früher: Zuständigkeit des VormG unter dem Az. X). Es muss daher die erbetenen Abhebungen in jedem Einzelfall notgedrungen auf ihre Begründetheit überprüfen. Die Ausgangsfrage beruht auf dieser Rechtslage.

    Für die Begründetheit der erstellten Anwaltsrechnungen und des Antrags auf Freigabe der entsprechenden Gelder kommt es m.E. ausschließlich darauf an, ob die Mutter -was zu prüfen wäre- die betreffenden anwaltlichen (Einzel)Mandante auch tatsächlich erteilt hat und ob der Anwalt nach den Bestimmungen des RVG zutreffend abgerechnet hat. Ob diese Mandate aus Unbedarftheit erteilt wurden, spielt für die Begründetheit der Rechnungen keine Rolle. Ich bin in Übereinstimmung mit den übrigen Stellungnahmen aber ebenfalls der Meinung, dass dieser Zustand im wohlverstandenen vermögensrechtlichen Interesse des Kindes für die Zukunft so nicht aufrecht erhalten werden kann. Wie "Tommy" schon hervorgehoben hat, dürfte die beste Lösung darin bestehen, der Mutter eine "freiwillige Pflegschaft" für die Verwaltung des Kindesvermögens schmackhaft zu machen (in diesem Fall würde der bisherige fragwürdige Sperrvermerk durch den Sperrvermerk nach § 1809 BGB ersetzt, sodass sich faktisch im Hinblick auf die Kontensperre keine Änderung ergibt). Es muss aber beachtet werden, dass bei dieser Verfahrensweise nicht in die Zuständigkeit des VormG eingegriffen werden darf. Das FamG darf nach Anhörung der Mutter nach § 1697 BGB nämlich nur die Pflegschaft anordnen und den Pfleger auswählen, während die Verpflichtung des Pflegers (§ 1789 BGB) und das gesamte weitere Verfahren dem VormG obliegt (womit das Verfahren des FamG insgesamt beendet wäre). Es ist allerdings nicht zutreffend, dass der Pfleger nach § 3 VBVG höchstens mit einem Nettostundensatz von 33,50 € vergütet werden kann. Da das Kind nicht mittellos ist, gilt vielmehr § 1915 Abs.1 S.2 BGB, weshalb durchaus ein höherer Stundensatz in Betracht kommt (allerdings natürlich nicht 150 € wie bisher vom Anwalt abgerechnet).

    Ich würde die Angelegenheit mit Mutter und Anwalt besprechen und dem Anwalt aufgrund seiner Vorkenntnisse in dieser Angelegenheit in Aussicht stellen, ihn zum Pfleger zu bestellen. Ich würde aber auch Wert darauf legen, sich mit dem Anwalt bereits vorab über den von ihn künftig abzurechnenden Pflegernettostundensatz zu einigen, damit es künftig vergütungsrechtlich keine Schwierigkeiten mehr gibt. Ich würde insoweit einen Nettostundensatz von 60 € nicht für unangemessen halten. Es muss aber Sorge dafür getragen werden, dass sich das für die spätere Vergütungsbewilligung zuständige VormG auch an diese mit dem FamG getroffene Absprache gebunden hält.

    Wird das Kind später volljährig, löst sich das geschilderte Problem von selbst, weil dann für das wohl nicht geschäftsfähige Kind ohnehin ein Betreuer zu bestellen ist. Die Pflegertätigkeit des Anwalts kann dann problemlos in eine Betreuertätigkeit übergeführt werden, wobei dann allerdings nur noch eine Vergütung nach den Stundensätzen des § 4 VBVG in Betracht kommt, falls der Anwalt Berufsbetreuer ist, was ich in diesem Fall aufgrund der Vorgeschichte allerdings nicht so eng sehen würde.

  • Hallo,

    vielen Dank für die Anworten.

    Dann habe ich ja in die richtige Richtung gedacht.

    Der Sperrvermerk ist bereits insoweit "aufgeweicht", dass von den monatlichen Einnahmen des Kindes in Höhe von ca. 2600 Euro ein Betrag in Höhe von 2069 Euro für laufende Ausgaben automatisch immer freigegeben ist.

    Dann werde ich mir die Mutter und den RA mal einbestellen und mit den beiden darüber reden.
    Das Problem ist nur, wenn die nicht mitspielen...
    Dann werde ich den geforderten Betrag trotzdem nicht voll freigeben. Wenn ich den Kürze, was gibt es dann eigentlich für ein Rechtsmittel dagegen?

    @ Tommy:
    Wie hast du deinen ähnlichen Fall denn praktisch gelöst? Dann hast du also einen Beschluss gemacht hinsichtlich der Entziehung der Vermögenssorge und hast die Beteiligte auf Rechtmittel verzichten lassen und gleichzeitig die Pflegschaftsanordnung erklärt und den Pfleger bestimmt?

  • @Rpfl
    Ich habe zunächst eine Verfahrenspflegerin bestellt und den Sachverhalt ermittelt. In der persönlichen Anhörung habe ich dann zusammen mit der Verfahrenspflegerin die Mutter überzeugen können, dass es für alle das Beste ist, wenn sich jemand anderes (als die Mutter) um die Finanzen kümmert.

    Per Beschluss die Vermögenssorge (insoweit) entzogen, Vermögenspflegschaft angeordnet und die Verfahrenspflegerin auch als Vermögenspflegerin ausgewählt. Der Rest wurde vom Notariat als VormG gemacht.

    Es ging um die drohende Zwangsversteigerung einer selbstgenutzten Eigentumswohnung. Ehemann war verstorben und Finanzierung haute nicht mehr hin.
    Die Wohnng wurde dann freihändig zu nem guten Preis verkauft und die Family wohnt jetzt (schuldenfrei) in einer adäquaten Mietwohnung, die sie sich leisten kann.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

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