BerHilfeschein nur für Beratung

  • Guten Morgen !
    Hat schon mal jemand einen Beratungshilfeschein explizit nur für Beratung ausgestellt ?
    Hab hier einen Fall mit Ausländerrecht, Asylantrag usw. Nach Rücksprache mit der zust. Behörde ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. Die Behörde leistet umfassend Hilfe nach Antragstellung. Es wäre aber hilfreich und kann zugebilligt werden, wenn sich der Ast. vorher bei einem Rechtsanwalt beraten lässt.
    Eine komplette Zurückweisung möchte ich daher eigentlich nicht machen, aber eine Vertretung halte ich schon für zuviel.
    Um spätere Streitigkeiten bei der Abrechnung zu vermeiden würd ich gleich den schein nur auf Beratung ausstellen. Da wurde mir aber schon angekündigt dass sich der Ast. dagegen auf jeden Fall wehrt.

  • Eine Begrenzung nur auf Beratung geht nicht. Du musst dann später bei der Abrechnung der Vergütung prüfen, ob eine Vertretung erforderlich war.

    Ansonsten findest du hier vielleicht noch ein paar Anregungen.

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    Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.


  • Wozu BerH? :gruebel:



    schließe mich an, da hier hilfe schon explizit angeboten / zugesichert wurde und dies - wie bei vielen behördenangelegenheiten - klar unter § 1 Abs. 1 Nr.2 BerhG fällt.
    ich würde keinen schein erteilen und dem ast ggf. eine zurückweisung in die hand drücken...

  • Guten Morgen !
    Hat schon mal jemand einen Beratungshilfeschein explizit nur für Beratung ausgestellt ?
    Hab hier einen Fall mit Ausländerrecht, Asylantrag usw. Nach Rücksprache mit der zust. Behörde ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. Die Behörde leistet umfassend Hilfe nach Antragstellung.



    Wozu BerH? :gruebel:



    Sehe ich auch so. Einen Antrag zu stellen ist jedem zuzumuten und die Behörde ist eine andere Hilfsmöglichkeit.

    Ich nehme im Zweifelsfall ganz deutlich in den Berechtigungsschein auf "BERATUNG; ...". Dann weiß der Rechtsanwalt ganz genau, dass er bei der Abrechnung einer Geschäftsgebühr mit Problemen rechnen muss, da ich eine Vertretung nicht für erforderlich erachtet habe.

  • Auch von meiner Seite: Keine Bewilligung von BerH möglich oder notwendig:

    Die Auslegung von BerHG § 1 Abs. 1 Nr. 2, die Auskunfts- und Belehrungspflicht der Ausländerbehörde nach VwVfG § 25 Abs. 1 sei grundsätzlich als zumutbare andere Möglichkeit der Rechtsberatung anzusehen und könne deshalb den Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe ausschließen, verstößt nicht gegen GG Art 3 Abs. 1. Ob das aus der Rechtsgleichheit und dem Prinzip des sozialen Rechtsstaats folgende Gebot der weitgehenden Angleichung von bemitteltem und unbemitteltem Bürger auch im außergerichtlichen Bereich anzuwenden ist, kann dahinstehen; jedenfalls wäre von Verfassungs wegen nur gefordert, dass die Rechtsverfolgung nicht unmöglich gemacht wird (BVerfG, Beschl. 26.04.1989, 1 BvR 505/89; AG Kostanz, (richterl.) Beschl. 21.01.2000, UR II 326/99 und 283/99; AG Zeven, Beschl. 16.02.2007, Rpfleger 2007, 403).

    Die Grundrechte beeinflussen neben dem materiellen Recht auch das Verfahrensrecht, soweit dies für den Grundrechtsschutz von Bedeutung ist (st. Rspr.); beim Asylverfahren sind Verstöße gegen solche Regelungen verfassungsrechtlich relevant, die nach dem Willen des Gesetzgebers den Bestand des (materiellen) Asylrechts sichern. Die Versagung von Beratungshilfe bzw. ein Verstoß gegen das Beratungshilfegesetz kann insoweit wegen dessen anderer Zielsetzung keine Verletzung von GG Art 16 Abs. 2 S 2 begründen; insbesondere gewährt das Asylrecht keinen Anspruch auf staatliche Übernahme der Kosten für einen Bevollmächtigten und Dolmetscher eigener Wahl im Asylverwaltungsverfahren. Die Versagung von Beratungshilfe für ein Verwaltungsverfahren betrifft nicht einen gerichtlichen Schutz wie er durch GG Art 19 Abs. 4 garantiert wird.
    (BVerfG, Beschl. 19.12.1988, 1 BvR 1492/88).

    Orientierungssätze
    1. Die Versagung von Beratungshilfe im Asylverwaltungsverfahren begründet keine Verletzung von GG Art 16 Abs 2 S 2. Dieses Grundrecht verleiht keinen Anspruch auf staatliche Übernahme der Kosten für einen Bevollmächtigten und einen Dolmetscher eigener Wahl. Durch die Verweisung des Asylsuchenden auf die Ausländerbehörde als andere Möglichkeit der Hilfe iSv BeratHiG § 1 Abs 1 Nr 2 werden die Durchsetzung des Asylgrundrechts nicht grundsätzlich in Frage gestellt, der Grundsatz des fairen Verfahrens, GG Art 20 Abs 3 und die Rechtsweggarantie, GG Art 19 Abs 4, sowie das Gebot der Rechtsgleichheit nach GG Art 3 Abs 1 nicht berührt.
    2. Die Ungewißheit eines Asylbewerbers über seine Zukunft, durch die ihn die Prognose eines Rechtsanwalts über die Erfolgsaussichten seines Asylbegehrens befreien könnte, stellt keinen staatlichen Eingriff in die Menschenwürde dar.
    (BVerfG, Beschl. 06.02.1992, 2 BvR 1804/91, Langtext in juris verfügbar)

    Beispielhaft: AG Zeven, Beschl. 16.02.2007, Rpfleger 2007, 403:
    „[...] Der Antragsteller hat gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG die ihm zur Verfügung stehenden anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, ehe er Beratungshilfe beantragt. Konkret besteht hier die Möglichkeit sich an die Ausländerbehörde selbst zu wenden, die wie alle Behörden gemäß § 25 VwVfg zur Beratung verpflichtet ist. Die Auskunfts- und Belehrungspflicht der Ausländerbehörde ist grundsätzlich als zumutbare andere Möglichkeit der Rechtsberatung anzusehen und schließt einen Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe aus (vgl. Kalthoener, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, Rn. 945 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 26.04.1989, 1 BvR 505/89).
    [...] Insoweit ging es im Wesentlichen um die Beantragung der Zustimmung zur Arbeitsaufnahme. Daneben wurde um Auskunft im Hinblick auf die allgemeine Praxis der Behörde im Hinblick auf die Bleiberechtsregelung bei fehlenden Passpapieren gebeten.
    Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 22.01.2007 zu Recht darauf abgestellt, dass die Beantragung der Zustimmung zur Arbeitsaufnahme – ggf. nach Inanspruchnahme etwaiger erforderlicher Beratung – kostenlos zu Protokoll der Behörde hätte erklärt werden können. Gleichermaßen hätte der Antragsteller die nebenbei geforderten Informationen über die Behördenpraxis zum Bleiberecht in solchen Fällen aufgrund von § 25 VwVfg – wie ein anderer Bürger auch – dort selbst erfragen können. Dass in dem hier vorliegenden Einzelfall eine sachgerechte Behandlung des Begehrens des Antragstellers durch die hier zuständige Behörde aufgrund konkreter Umstände nicht erfolgt ist bzw. künftig nicht zu erwarten ist, hat der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt. [...]“

    Für Stellung von Asyl- oder Folgeanträgen bzw. bei ähnlich gelagerten Anträgen kann keine Beratungshilfe bewilligt werden (AG Rendsburg, Beschl. 18.03.1987, Rpfleger 1987, 378; AG Esslingen, Beschl. 31.12.1987, Rpfleger 1988, 319; AG Westerburg, Beschl. 15.01.1999, NJW-RR 1999, 1448; AG Zeven, Beschl. 16.02.2007, Rpfleger 2007, 403; Schoreit/Groß, BerH/PKH, 9. A. § 1BerHG, Rn. 113).


    Und im übrigen ist (bis zur Änderung des BerHG) keine einschränkende Bewilligung nur für die Beratung möglich (s. den von li_li gesetzten Link und den Link im Link).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich habe - unabhängig der vorliegenden Sachlage - bereits BerH "nur" für Rat bewilligt.
    Der Entscheidung des LG berlins zufolge ( a.A. glücklicherweise h.M., z.B. aktuell OLG Dresden ) müßte man das zwangsläufig.

  • Ich habe - unabhängig der vorliegenden Sachlage - bereits BerH "nur" für Rat bewilligt.
    Der Entscheidung des LG berlins zufolge ( a.A. glücklicherweise h.M., z.B. aktuell OLG Dresden ) müßte man das zwangsläufig.




    Habe ich auch schon gemacht und wurde vom Richter im Erinnerungsverfahren auch bestätigt.

    Im Kommentar Schoreit/Groß zu § 6 RN 4 steht dort:
    Anfechtbar ist grundsätzlich auch die eingeschränkte Bewilligung -nur "zur Beratung"
    Also muss auch eine Einschränkung auf die Beratung möglich sein.

  • Ich verstehe den Passus eher so:

    Die Anfechtbarkeit der einschränkten Bewilligung muss möglich sein, denn wäre sie es nicht, würde eine unangreifbare Entscheidung getroffen, die sich mit dem Gesetz (keine einschränkende Bewilligung) nicht vereinbaren läßt.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (7. Oktober 2008 um 07:57)

  • Das ist sicherlich alles richtig und zutreffend. Indes muß ich dann doch anmerken, daß ich dieser Aussage

    Nach Rücksprache mit der zust. Behörde ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. [...]

    nicht so ganz folgen kann. Die Auffassung der Behörde, ob die Vertretung durch einen RA erforderlich ist oder nicht, dürfte doch eher irrelevant sein. Abstrakt gesagt bedeutet das doch nichts anderes, als daß man Partei A fragt, ob diese die Vertretung von Partei B durch einen RA für erforderlich hält.

  • Das ist sicherlich alles richtig und zutreffend. Indes muß ich dann doch anmerken, daß ich dieser Aussage

    Nach Rücksprache mit der zust. Behörde ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. [...]



    nicht so ganz folgen kann.



    Ich auch nicht. Insoweit stimme ich advocatus zu. Meine Argumentation ist daher auch eine andere (s. o.).

    Letztlich muss der RA als Vertreter der seiner Partei einschätzen, ob er eine Vertretung für erforderlich hält. Ob sich die Einschätzung mit der des Gerichts deckt (hier in 99% aller Fälle der Fall), hat wie gesagt das Gericht zu entscheiden und nicht die Gegenseite.

    Zur Entscheidungsfindung finde ich es auch schwierig die Ansicht der Gegenseite zu bemühen. Ich als Gegenseite würde nämlich auch immer sagen, dass die Vertretung nicht erforderlich war.

    Man kann (eine Pflicht besteht nicht) höchstens darüber nachdenken, sich den Fall (nicht die Notwendigkeit der Vertretung) aus Sicht der Gegenseite schildern zu lassen. Aber auch dabei ist zu beachten, dass einem beide Seiten sowohl ihre (subjektive) "Wahrheit" erzählen als auch das Blaue vom Himmel lügen können. Zu beachten ist jedoch, dass keine der beide Seiten vertrauenswürdiger ist, als die andere.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • letztlich kann auch erst nach Beratung beurteilt werden, ob eine Vertretung notwendig wird/oder nicht.

    Daher sehe ich es auch so, dass eine Beschränkung eigentlich nicht möglich ist ( siehe auch LG Aachen). Daher nochmals die Verwunderung über die Berliner LG Entscheidung

  • Das ist sicherlich alles richtig und zutreffend. Indes muß ich dann doch anmerken, daß ich dieser Aussage

    Nach Rücksprache mit der zust. Behörde ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. [...]



    nicht so ganz folgen kann. Die Auffassung der Behörde, ob die Vertretung durch einen RA erforderlich ist oder nicht, dürfte doch eher irrelevant sein. Abstrakt gesagt bedeutet das doch nichts anderes, als daß man Partei A fragt, ob diese die Vertretung von Partei B durch einen RA für erforderlich hält.



    Und warum sollte gerade die Behörde zugeben, dass ihre eigene Beratung nicht als ausreichend angesehen werden kann? :gruebel:

  • Betreffend Strafsachen erteile ich seit 10 Jahren nur Scheine für Beratung (ohne Hilfe). Warum soll das falsch sein ?



    Ist es nicht, da in Straf und OWi-Sachen schon laut § 2 Abs. 2 S. 2 BerHG nur Beratung gewährt wird. Aber das ist eben eine Einschränkung kraft Gesetzes.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Wenn ich Beratungshilfe für "Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom ..." oder "Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid vom ..." bewillige, wüßte ich nicht, warum ich eine Vertretung vergüten sollte. Da kommt ein dickes "Beratung:" davor und der Rechtsanwalt weiß, dass die Vergütung der Vertretung seeehr problematisch wird.

  • Ich möchte dieses Thema nochmal kurz aufgreifen, und zwar im Hinblick auf Bagatellforderungen. Es gibt ja immer wieder die aberwitzigsten Fälle, in denen bei der uneingeschränkten Gewährung von Beratungshilfe unverhältnismässige RA-Vergütungen zustandekommen. Hatte hier den Fall, dass eine Forderung von 60 EUR geltendgemacht wird, man sich auf 20 EUR einigte und der RA eine Vergütung von 255 EUR einstreicht.
    Ich habe mir daher überlegt, dass man in solchen Fällen direkt im Berechtigungsschein die Nichterforderlichkeit der Vertretung im Sinne von § 2 BerHG feststellen könnte.
    Damit kommt man dem Beratungsbedürfnis der wirtschaftlich schlecht gestellten Partei entgegen, vermeidet aber solche Wahnsinnsgeschichten wie oben.
    Was meint Ihr dazu?

  • Was meint Ihr dazu?



    Ich meine, dass sich unter dem Stichtwort "Bagatellforderung" im Unterforum "RAST/Beratungshilfe" mindestens zwei Thread zu diesem Thema finden lassen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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