Rückdatierung (II)

  • Die Eingangsfrage in dem Thread "Rückdatierung" vom 22.09.2008 hat gestern ein Rechtsanwalt [sic!] (1. Dank an Omega #12; 2. umso besser!) folgendermaßen beantwortet (siehe http://www.richterforum.de, Sub-Forum "Strafrecht", Thread "Rückdatierung"):

    "Um die Anspruchsvoraussetzungen für eine Auszahlung zu erfüllen, muss der Antrag auf Beratungshilfe 'vorher' unterschrieben sein, kann aber auch noch 'nachher' eingereicht werden.

    Ratio legis ist folgende wirtschaftliche Betrachtung:

    Würde die Beratung zunächst ohne Überprüfung der Vermögensverhältnisse anwaltlich gewährt, sollte sich dann erst im Anschluss die Bedürftigkeit des Mandanten herausstellen und würde nunmehr der Antrag unterzeichnet, so würde aus der Staatskasse eine anwaltliche Leistung honoriert, die ohne Bonitätsprüfung erfolgte. Das aber ist nicht Ziel und Aufgabe der Beratungshilfe. Da in dieser Fallkonstallation demnach die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, handelt es sich m. E. eindeutig um Betrug i. S. d. § 263 StGB, wenn vorsätzlich mit einer Rückdatierung gearbeitet wird, die den Geldfluss nunmehr doch ermöglicht."
    Vor diesem Hintergrund halte ich es zwar wie Ernst P., der bei Verdacht auf Rückdatierung wohl auch nicht gleich die Staatsanwaltschaft involviert.


    Ich meine aber, dass man sich durchaus anwaltlich versichern lassen kann, dass ...

    • "... eine verbindliche Einigung darüber, dass die Beratung / Vertretung über die Beratungshilfe erfolgen soll, bereits vor Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit zwischen Ihnen und dem Antragsteller bestand ..."

    oder ggf. konkreter, dass ...

    • "... der Beratungshilfeantrag vom Mandanten tatsächlich am xx.xx.xxxx und nicht – wie vor Datumskorrektur – erst am xx.xx.xxxx unterzeichnet wurde ..."

    Neben dem Verweis auf die rechtlichen Grundlagen könnte man zusätzlich auf Folgendes hinweisen:

    "... Bei strenger Beachtung des Gesetzes wären der Antrag anderenfalls zurückzuweisen, da nicht nachgewiesen ist, dass die Tätigkeit tatsächlich 'im Rahmen der Beratungshilfe' erfolgte. Dies mag formalistisch erscheinen, sichert Ihnen jedoch Ihren eigenen Vergütungsanspruch:
    Sollte z.B. zwischenzeitlich von einem anderen Rechtsanwalt ein Antrag auf nachträgliche Bewilligung in derselben Angelegenheit hier eingehen, dessen Antrag mit früherem Datum gestellt wird, wäre diesem die Vergütung zu zahlen und Ihnen zu versagen.
    Im Übrigen soll natürlich auch verhindert werden, dass Kosten, die aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag entstanden sind und später nicht eingetrieben werden können, nachträglich widerrechtlich zu Lasten der Landeskasse (über Beratungshilfe) abgedeckt werden."
    Ich hoffe, dass jetzt nicht wieder eine Grundsatzdiskussion beginnt.

    Einmal editiert, zuletzt von z.w.V. (29. September 2008 um 14:53) aus folgendem Grund: Aufgrund des richtigen Hinweises von Omega (#12)

  • @ #1: M. E. ein gut gemeinter Ansatz. Sind mir pers. aber zu viele Versicherungen(Hinweise (= zuviel Mehrarbeit, die für die Beteiligten nur weitere Fragen mit sich bringen).

    Ich werde nach wie vor bei m. E. falschem Datum wie in dem anderen Thread beschrieben verfahren (und ggf. die Angelegenheit im Rechtsmittelweg klären (lassen)).

    Mit der Vorlage an die StA wäre wirklich vorsichtig.
    Man stelle sich vor, ich unterstelle eine Betrugsabsicht und die Gegenseite behauptet/versichert, dass man deswegen Tippex benutzt habe, weil man sich beim ursprünglichen Datum verschrieben habe. Und ich meine jetzt nicht "verschrieben im Sinne von Rückdatierung um keine Zurückweisung zu riskieren", sondern tatsächlich verschreiben im eigentlichen Sinne. Bei solchen Unterstellungen sieht man als Rpfl. ziemlich schnell sehr alt aus, und wenn ich mir dann noch die Arbeitsweisen der StA`s ansehe, kann man sich entsprechenden Vorlagen wirklich schenken, und sich auf seine Zuständigkeit (BerH JA/NEIN) beschränken. Dies vielleicht als Hinweis für diejenigen, die im Gegensatz zum Threadstarter und mir immer gleich nach der StA schreien, ohne jemanden pers. angreifen zu wollen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich werfe einfach mal in den Raum, dass es vielleicht besser gewesen wäre, dass Thema "Rückdatierung" einfach auf sich beruhen zu lassen. Welche konsturktiven Stellungnahmen sind denn hier überhaupt noch zu erwarten?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."



  • Mit der Vorlage an die StA wäre wirklich vorsichtig.




    Wegen übler Nachrede oder dergleichen ?

    -> gebe ich Dir recht. Deswegen sollte man m.E. wenn man sich entschließen sollte vorzulegen, keinen konkreten Verdacht benennen, sondern allenfalls vorlegen zur Prüfung evtl. strafbarer Handlungen. Dann hat man gar nichts damit zu tun, denn dann prüft das die STA

  • @ Diabolo:

    Deine Vorgehensweise ist Feigheit vor'm Feind. Wenn Du schon vorlegen willst, dann halte auch wie ein Mann Deinen Kopf hin.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Grundsätzlich ist das auch meine Meinung.

    Was den Ruf der Staatsanwaltschaft anlangt: Den vollendeten Betrug wird man kaum / selten vorliegen haben, sondern eher den Betrugsversuch. Ich halte auch nichts davon, die Akten ohne nähere Prüfung der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Ich mache mir die Arbeit (bevor wieder eine Anmerkung kommt: ich bin tagfertig) und schreibe den rechtsanwalt / Antragsteller an, lege den Sachverhalt dar und gebe Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Danach entscheide ich, ob oder ob nicht. Oft ruft der Rechtsanwalt an und man klärt das telefonisch.

    Mir ist es wichtig, eine klare und nachvollziehbare Linie zu fahren. Das bin ich mir schuldig, aber auch meinem Gegenüber, der sich darauf einstellen muss. Und die heißt nach Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit ist nach Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit. Ob ein Tag oder ein Jahr ist (i.d.R.) unerheblich.

    Und das klappt eigentlich recht gut.

  • @ Diabolo:

    Deine Vorgehensweise ist Feigheit vor'm Feind. Wenn Du schon vorlegen willst, dann halte auch wie ein Mann Deinen Kopf hin.



    Nö! Ich selbst bin bislang seltenst in diese Lage gekommen.

    Aaaaaber:die Prüfung einer strafbaren Handlung obliegt nunmal nicht uns, sondern der StA! Ich darf mir als Rpfleger gar nicht erlauben, hier etwas zu unterstellen.

    Aber: wenn Du das so siehst, dann bin ich - in diesem Fall - lieber vor dem Feinde feige :)

  • Ich mache mir die Arbeit (bevor wieder eine Anmerkung kommt: ich bin tagfertig) und schreibe den rechtsanwalt / Antragsteller an, lege den Sachverhalt dar und gebe Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.



    Das ist - denke ich - normal. Das würde /mache ich auch ( Schilderung meiner Meinung). Aber ich werde den Teufel tun und dem RA irgend etwas vorwerfen.

  • Ich hoffe, dass jetzt nicht wieder eine Grundsatzdiskussion beginnt.


    sondern?


    Welche konsturktiven Stellungnahmen sind denn hier überhaupt noch zu erwarten?



    Hier geht es mal nicht um Diskussion oder Stellungnahmen, sondern um bloße Serviceleistung für meine Kollegen.

    Oder – um das Kommunikationsquadrat des Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun (http://www.schulz-von-thun.de/mod-komquad.html) zu bemühen: Hier hat das Zusammenspiel der 4 Schnäbel mit den 4 Ohren wohl nicht richtig funktioniert. ;)

    Zur Klarstellung: Schwerpunkt war Sachebene.
    I c h werde hier nicht diskutieren.

    Dennoch ein schönes Wochenende!

    2 Mal editiert, zuletzt von z.w.V. (26. September 2008 um 16:31)

  • @ z.w.V.:

    Ich habe Deine Anfrage im Richterforum gelesen, völlig wertfrei war diese nicht.

    Ich denke, man muss zwischen zwei unterschiedlichen Konstellationen unterscheiden. Probleme hätte ich damit, wenn (die war der Sachverhalt im Richterforum) eine zunächst ohne Beratungshilfe zu erbringende Beratungsleistung nachträglich zu einer Beratungshilfeleistung gemacht werden soll. Wir haben aber diskutiert, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe jede Zeit gegeben sind, aber lediglich der Antrag durch den Mandanten, den ich zum Ausfüllen des Antrags nach Hause schicke und eben nicht auf meinem Bürostuhl festbinde, falsch datiert wird.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die Eingangsfrage in dem Thread "Rückdatierung" vom 22.09.2008 hat gestern ein Richter folgendermaßen beantwortet

    Davon abgesehen, dass du eine Antwort zu deiner Frage in einem anderem Forum weiterdiskutierst, solltest du wenigstens richtige Angaben machen. Die Frage wurde von einem Rechtsanwalt beantwortet.

  • Ich denke, man muss zwischen zwei unterschiedlichen Konstellationen unterscheiden. Probleme hätte ich damit, wenn (die war der Sachverhalt im Richterforum) eine zunächst ohne Beratungshilfe zu erbringende Beratungsleistung nachträglich zu einer Beratungshilfeleistung gemacht werden soll. Wir haben aber diskutiert, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe jede Zeit gegeben sind, aber lediglich der Antrag durch den Mandanten, den ich zum Ausfüllen des Antrags nach Hause schicke und eben nicht auf meinem Bürostuhl festbinde, falsch datiert wird.


    :daumenrauGenau meine Meinung!
    Aber genau das wurde m.E. in dem 1. Thread ja immer durcheinandergebracht!

    Rückdatierung ist für mich, bewusst ein richtiges Datum zu fälschen mit dem Zweck, den Antrag durchzukriegen, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen (und daher m. E. Betrug - zur StA schicken würde ich das allerdings aus Beweisschwierigkeiten auch nicht)

    Wenn der Mandant das falsche Datum einträgt, handelt es sich ja nur um eine Korrektur durch den Anwalt. Dann sollte der Anwalt aber auch kein Problem damit haben, anwaltlich die Richtigkeit des Datums zu versichern und auf Nachfrage (zu der wir verpflichtet sind, da wir uns nach dem BerHG richten müssen, welches diesbezüglich keinen Ermessenspielraum lässt, also egal ob ein Tag oder ein Jahr) den Sachverhalt in zwei, drei Sätzen darzustellen (da der Sachverhalt vermutlich oft vorkommt, weil der Mandant ja nicht versteht wie wichtig das Datum ist, kann man sich hierzu ja auch einen Autotext/Formbrief basteln oder den Vordruck, den man dem Mandanten aushändigt, gleich mit dem Datum der Auftragserteilung versehen - minimaler Zeitaufwand, der beiden Seiten Arbeit erspart)

    Wenn der Anwalt jedoch gleich an die Decke geht, wenn der Rpfl es wagt nachzufragen bzw. der Rpfl bei jedem "Tippex-Datum" gleich Betrug ruft, ist es ja kein Wunder, dass sich die Fronten verhärten. Auch wenn vermutlich schon beide Seiten schlechte Erfahrungen mit der jeweils anderen gemacht haben, sollte man dennoch in der Lage sein, sachlich zu diskutieren!

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • @ Sonntagskind:

    Danke für den Beitrag :daumenrau.

    Ich denke, Anwälte haben es für eine Vergütung von zirka € 100,00 nicht nötig, mittels (versuchtem) Betrug ihre weitere berufliche Laufbahn auf's Spiel zu setzen. Ich will aber nicht ausschließen, dass es am Existenzminimum krauchende Kollegen gibt, die für die geringe Vergütung auch dies tun würden.

    Am Besten wäre es natürlich, der Mandant würde noch mal vorbei kommen und einen geänderten Antrag unterschreiben. Aber dann rennt der Anwalt leider den Antrag/Unterlagen noch länger hinterher, als er es meist ohnehin tut. (Ich weiß, vorher zum Amtsgericht ... Aber das lassen wir hier mal aus.)

    Mit den anwaltlichen Versicherungen ist das so eine Sache. Ich habe kein Problem, wenn ein Rechtspfleger nachfragt. Allerdings habe ich ein ungutes Bauchgefühl, in diesem Fall eine anwaltliche Versicherung abzugeben. Nicht, dass ich die Richtigkeit der Angaben nicht guten Gewissens versichern kann. Aber man weiß doch nie, warum der Rechtspfleger fragt (Stichwort: Beweissicherung). Dann verzichte ich lieber auf die Vergütung, was ich ohnehin meistens tue, und kann mir sicher sein, mir keinen Ärger einzuhandeln.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."


  • Mit den anwaltlichen Versicherungen ist das so eine Sache. Ich habe kein Problem, wenn ein Rechtspfleger nachfragt. Allerdings habe ich ein ungutes Bauchgefühl, in diesem Fall eine anwaltliche Versicherung abzugeben. Nicht, dass ich die Richtigkeit der Angaben nicht guten Gewissens versichern kann. Aber man weiß doch nie, warum der Rechtspfleger fragt (Stichwort: Beweissicherung). Dann verzichte ich lieber auf die Vergütung, was ich ohnehin meistens tue, und kann mir sicher sein, mir keinen Ärger einzuhandeln.

    Aber warum? Es wurde doch im 1. Thread der Fall angeführt: Mandant beauftragt den RA im Rahmen der BerH, nimmt den Vordruck mit und reicht ihn irgendwann mit aktuellem Datum wieder ein, Anwalt berichtigt, indem er das Datum der Beauftragung reinschreibt.
    Warum kann das dann nicht anwaltlich versichert werden?Was soll der Rpfl in diesem Fall zu Ungunsten des Anwalts sichern können? Der RA kann doch auch vermutlich die Richtigkeit beweisen: Zeugenaussage des Antragstellers, Aktenvermerk, Eintrag im Terminkalender - was auch immer.
    In dem Fall begeht der RA ja keinen Betrug.

    Allerdings gibt es vermutlich doch nicht so wenige Anwälte, die die Anträge rückdatieren, um BerH zu kriegen... Mandant beauftragt RA und teilt erst nach Erhalt der Rechnung mit, dass er pleite ist - RA möchte dann wenigstens über BerH abrechnen können... so mancher weist vielleicht im Erstgespräch auch gar nicht auf Möglichkeit der BerH hin, da er lieber normale Gebühren verdient...
    Schwarze Schafe gibts genug, und auch 100 EUR können in Versuchung führen, wenn man drauf angewiesen ist oder auch nur keinerlei Unrechtsbewusstsein hat
    (immerhin habe ich selbst mal beim RA gearbeitet...)

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • @ Sonntagskind:

    Du hast schon Recht, warum sollte Anwalt die Richtigkeit nicht anwaltlich versichern. Aber wenn ich hier so lese, was sich Rechtspfleger in Bezug auf die geänderten Anträge denken, dann bekomme ich einfach Sch...

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich ...
    a) weise auf meinen Änderungsvermerk zu #1 hin (Änderung = roter Text nebst Kommentar),
    b) sehe keinen Grund, mich zu schämen und
    c) lache über mich selbst. ;)

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