BerH gegen RA weil nicht auf Möglichkeit der BerH hingewiesen

  • Hallo Kollegen!

    Ich brauche mal eure Hilfe für folgenden Sachverhalt.

    Also Mandantin beauftragt RA für familienrechtliche Angelegenheit. RA wendet mehr Arbeit auf als von Mandantin gewünscht (angeblich nur für Beratung beauftragt) und dann rechnet der RA Geschäftsgebühr ab ohne die Mandantin auf Möglichkeit der BerH hinzuweisen.
    Mandantin ist zu anderem RA gegangen der das Mandat weiterführen und nun im Wege der BerH gegen den ersten Anwalt vorgehen soll.

    Also wie seht Ihr die Sache. Irgendwie widerstrebt es mir dafür BerH zu bewilligen. ich sehe das eigentlich so, dass Vereinbarung ob das Mandat über BerH abgerechnet wird eine Sache zwischen Mandant und Anwalt ist oder?

  • Das wäre doch eine schöne Sache für den zukünftigen "Anwalts"-Ombudsmann...

    Ansonsten:
    Sehr knifflig.

    Einerseits könnte man sagen:
    Mutwillig, denn wer verklagt schon seinen eigenen Anwalt? Außerdem was hat sie den mittlerweile gemacht, um den Anwalt darauf hinzuweisen, dass Sie nur Einkünfte unter 15 € im Monat nach § 115 ZPO hat?

    Andere Möglichkeit der Hilfe? Anwaltskammer?

    Im Übrigen unglaubwürdig der Sachvortrag:
    Haha, nur Beratung, aber der andere Anwalt soll weiterführen (womöglich mit Tätigkeiten, die über eine Beratung hinausgehen)? Mir deucht, der eine Anwalt war nicht so sympathisch und nun soll der Anwaltswechsel von der BerH finanziert werden.


    Andererseits kann man sagen:
    Eindeutiger Pflichtverstoß, wenn die Antragstellerin dem Anwalt erklärt hat, dass Sie unter 15 € gem. der Tabelle zu § 115 ZPO liegt. Anwalt muss bei Hinweis auf die Vermögenslage auf BerHG hinweisen. Vorschrift bin ich grad zu faul zum nachblättern, gibts aber :)

  • Nun - wenn Anhaltspunkte dafür sprechen, daß PKH oder BerHi in Betracht kommen, muß der RA den Mdt aber hierauf hinweisen.



    So isset.

    Ich würde mich allerdings auch schwer damit tun, hierfür BerH zu bewilligen, da ich Publikum bei Vortrag eines solchen Sachverhalts regelmäßig an den örtlichen Anwaltverein verweise (soweit der "schlechtleistende" Anwalt Mitglied darin ist) oder an die zuständige Rechtsanwaltskammer.

    :guckstduh

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich stimme jc zu.

    Erstens: Für was der RA beauftragt wurde, sollte sich aus der Vollmacht ergeben. Im Regelfall dürfte diese schriftlich abgefasst sein. Es widerspricht auch meiner Berufserfahrung, dass ein RA einfach drauflos vertritt. Ergibt sich nach der gewünschten Beratung aus Sicht des RA die Notwendigkeit einer Vertretung, nimmt dieser erst Rücksprache mit dem Mandanten, bevor er vertritt. Ich will nicht ausschließen, dass es auch Fälle gibt, in denen RA nicht wie beschrieben handeln, halte dies aber für unwahrscheinlich. Für mich klingt der Fall eher nach "Der RA hat mir `ne Rechnung geschickt und ich als Mandant suche jetzt auf Teufel komm raus nach Möglichkeiten diese nicht zahlen zu müssen. Und wenn mir der Steuerzahler dann noch insoweit einen zweiten RA bezahlt, umso besser".

    Zweitens: Der RA ist nur verpflichtet im Rahmen der BerH/PKH tätig zu werden oder auf diese Möglichkeit hinzuweisen, wenn
    a) die Partei ihn (im ersten Gespräch !) ausdrücklich oder konkludent darum bittet
    oder
    b) sich dem RA aufdrängen muss (z. B. weil er für die Mandantschaft eine Tätigkeit bzgl. Grundsicherung erledigen soll), dass die Voraussetzungen für BerH / PKH vorliegen könnten.

    Hält nur die Partei und nicht der RA die Voraussetzungen für BerH/PKH für gegeben, muss der RA nicht in diesem Rahmen tätig werden.
    Sofern a) und b) nicht vorliegen ist der RA nicht verpflichtet den Mandant zu fragen, wie dieser später gedenkt seine Rechnung zu bezahlen. Ich als RA würde diese Frage jedoch im eigenen Interesse mit als erstes klären.

    Stellt sich für die Partei und/oder den RA erst im Laufe des Mandats heraus, dass die Voraussetzungen für BerH vorliegen (oder problematisiert der Mandant diese Frage schlimmstenfalls erst dann wenn er die "normale" Rechnung des RA erhalten hat), ist der Zug abgefahren. D. h. es ist ein Mandantsverhältnis über die "normalen" Gebühren zustande gekommen. Es wäre unzulässig jetzt noch ein BerH-Mandat zu konstruieren. Entsprechende Anträge werden von mir zurückgewiesen. Der Bevollmächtigte ist insoweit schutzwürdig, da von einem Rechtsuchenden erwartet werden kann, vor der anwaltlichen Beratung auf seine beengten wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen, da es ihm klar sein muss, dass eine anwaltliche Beratung Geld kostet (AG Minden, Urt. 13.12.1983, AnwBl. 1984, 516 f.).

    Das Gesetz hat auch keinen Automatismus geschaffen, nach dem Rechtsuchende mit geringerem Einkommen ausschließlich im Wege der BerH beraten werden können. Auch kann der Rechtsuchende durchaus gute Gründe dafür haben, selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG ein Mandatsverhältnis über die „regulären“ Gebührensätze begründen zu wollen (Derleder, MDR 1981, 448 ff.).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    5 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (7. Oktober 2008 um 09:28)



  • Ich würde mich allerdings auch schwer damit tun, hierfür BerH zu bewilligen, da ich Publikum bei Vortrag eines solchen Sachverhalts regelmäßig an den örtlichen Anwaltverein verweise (soweit der "schlechtleistende" Anwalt Mitglied darin ist) oder an die zuständige Rechtsanwaltskammer.

    :guckstduh



    Mache ich in diese Fällen auch. Und interessanterweise ist noch keiner zurückgekommen der gesagt hat, ihm sei dort nicht geholfen worden.


  • Mache ich in diese Fällen auch. Und interessanterweise ist noch keiner zurückgekommen der gesagt hat, ihm sei dort nicht geholfen worden.



    Was auch daran liegen kann, dass die Mandanten dort erst gar nicht hingegangen sind weil
    a) sie den Kopf in den Sand stecken
    oder
    b) sie erkannt haben, dass sie im Unrecht sind (weil sie z. B. vergessen haben im ersten Gespräch mit dem RA auf ihrer pers. und wirtsch. Situation hinzuweisen).

    Wie auch immer: Dies ist das Problem der Mandanten und nicht die des Gerichts.

    Den Hinweis auf die RA-Kammer erteilte ich hier auch regelmäßig, wenn es um eine Frage zwischen Mandant und RA geht.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (6. Oktober 2008 um 08:11)


  • Ich würde mich allerdings auch schwer damit tun, hierfür BerH zu bewilligen, da ich Publikum bei Vortrag eines solchen Sachverhalts regelmäßig an den örtlichen Anwaltverein verweise (soweit der "schlechtleistende" Anwalt Mitglied darin ist) oder an die zuständige Rechtsanwaltskammer.



    Was soll er denn beim Anwaltverein? Der ist nur für die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder zuständig. Dienstaufsichtsbeschwerden werden doch auch nicht beim Rechtspflegerbund erhoben...:teufel:
    Rechtsanwaltskammer wäre richtig, aber Beschwerden dort sind ähnlich effektiv wie Dienstaufsichtsbeschwerden.


  • Ich würde mich allerdings auch schwer damit tun, hierfür BerH zu bewilligen, da ich Publikum bei Vortrag eines solchen Sachverhalts regelmäßig an den örtlichen Anwaltverein verweise (soweit der "schlechtleistende" Anwalt Mitglied darin ist) oder an die zuständige Rechtsanwaltskammer.



    Was soll er denn beim Anwaltverein? Der ist nur für die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder zuständig. Dienstaufsichtsbeschwerden werden doch auch nicht beim Rechtspflegerbund erhoben...:teufel:



    Das ist formell natürlich richtig, aber trotzdem habe ich hiermit gute Erfahrungen gemacht. Zumindest beim hiesigen Anwaltverein wird seitens des Vorstandes versucht, zwischen Mandant und Anwalt zu vermitteln, wenn es mal "hakt".

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)


  • Was soll er denn beim Anwaltverein? Der ist nur für die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder zuständig. Dienstaufsichtsbeschwerden werden doch auch nicht beim Rechtspflegerbund erhoben...:teufel:


    Der Anwaltverein hat ja durchaus auch ein Interesse daran, das Ansehen der Anwaltschaft zu stärken (was freilich auch zwangsläufig im Interesse der Mitglieder ist); ein "Wegbügeln" von Beschwerden wäre dem aber sicherlich nicht förderlich.

  • der örtliche Anwaltverein ist kein Ansprechpartner; weder hat er Auskunfts- noch sonstige Rechte. Es ist ein ganz normaler Verein ohne Zwangsmitgliedschaft und er wäre für die Beschwerde des Mdten ebenso zuständig wie der Kleingärtnerverein, in dem der RA zufällig auch noch Mitglied ist.
    Zuständig für alle Quengeleien des Mdten ist die Kammer.

  • Schon richtig - aber was spricht dagegen, daß der Anwaltverein quasi formlos vermittelt oder schlichtet, wenn sich der Mandant an diesen wendet? Vgl. Noatalba - dort klappt´s ja auch.

    Wenn´s nicht klappt, kann der enttäuschte Mandant immer noch die Kammer anrufen.

  • Schon richtig - aber was spricht dagegen, daß der Anwaltverein quasi formlos vermittelt oder schlichtet, wenn sich der Mandant an diesen wendet? Vgl. Noatalba - dort klappt´s ja auch.

    Wenn´s nicht klappt, kann der enttäuschte Mandant immer noch die Kammer anrufen.



    :daumenrau:daumenrau:daumenrau

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Schon richtig - aber was spricht dagegen, daß der Anwaltverein quasi formlos vermittelt oder schlichtet, wenn sich der Mandant an diesen wendet? Vgl. Noatalba - dort klappt´s ja auch.

    Wenn´s nicht klappt, kann der enttäuschte Mandant immer noch die Kammer anrufen.


    es geht doch um die "andere Hilfsmöglichkeit", oder nicht? Da sollte man auch nur auf den verweisen, der tatsächlich hilft (helfen kann) und nicht an einen Verein, bei dem der RA nicht mal Mitglied sein muss.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!