Arbeitsrechtliche Angelegenheit?

  • BerH-Antrag:

    Antragsteller ist männlicher Verkäufer bei einer großen Bäckerverkaufskette gewesen. Der 1 Jahresvertrag ist ausgelaufen und wurde nicht verlängert.

    Der (Ex-)Verkäufer fühlt sich diskriminiert, weil der Cheffin rausgerutscht ist, dass weibliche Verkäuferinnen bevorzugt eingestellt werden und alle männlichen Angestellten mit den Jahresverträgen nicht verlängert werden.

    Die Kette sucht ausnahmslos weibliche Angestellte (auch für die Zukunft).

    Der Ex-Verkäufer sagt auch, dass er sich habe nichts zuschulden kommen lassen und besteht auf eine Vertragsverlängerung. Weiterhin seien Pausen nicht eingehalten worden usw.

    Er sieht eine Verletzung in der Gleichberechtigung...

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    Ich habe seinen Beratungshilfeantrag erstmal schriftlich aufgenommen und ihm gesagt, dass ich mir was überlegen werde und er meine Entscheidung Ende der Woche bekommen wird.


    Seht Ihr das auch so, dass keine Wahrnehmung von Rechten vorliegt, da er schlichtweg keinen Anspruch auf eine Verlängerung des Jahresvertrages hat?

    Gibt es eine andere Möglichkeit der Hilfe, wenn die Gleichstellung oder Gleichberechtigung gefährdet ist? Keine Bundesbehörde oder so? In Deutschland gibts doch für jeden Kram was (Schwerbehindertenvertretung, Frauenvertreterin usw. lässt grüßen)

    LG Marcel

  • M. E. könnte Beratungshilfe zumindest für die Prüfung und Geltendmachung von Ansprüchen nach dem AGG in Betracht kommen.

    Mir ist allerdings nicht bekannt, ob es für derartige Probleme einen Ansprechpartner (Ombudsmann) gibt.

  • Wie siehts denn mit einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft aus?



    Gute Frage.

    Hab mich mal ein bisschen bei den Gewerkschaften umgesehen, habe aber nichts wirklich Brauchbares gefunden.

    Dann habe ich mal nach Gleichstellungsbeauftragten gesucht (auch wenn das wohl nicht wirklich mit AGG zu vergleichen ist) und sie tatsächlich zumindest in größeren Städten gefunden. Lustig :confused: finde ich in diesem Zusammenhang, dass es oft heißt "Männer und Frauen sind gleichberechtigt Art. 3 Abs. 2 GG", um dann weiterzulesen, dass man sich an die Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte wenden soll. Wenn die das wirklich ernst meinen würde, müsste es wohl eher an die Gleichstellungs-, Frauen- und Männerbeauftragte heißen :cool:.

    Fazit: das, was ich gefunden habe, ist nichts, was ich jemandem empfehlen oder als anderweitige Hilfsmöglichkeit verkaufen würde. :eek:

  • Na ja, aber die Gewerkschaft vertritt nun einmal die Interessen der Arbeitnehmerinnen/ Arbeitnehmer und stellt ggf. auch einen rechtlichen Beistand. Sofern der Rechtssuchende also dort Mitglied ist, bietet sich auf jeden Fall eine alternative Hilfsmöglichkeit an.

  • Also grade befristete Verträge sind so eine Sache, da würde ich schon BerH bewilligen, alleine um zu prüfen, ob eine Befristung wirksam ist.

    Aber: Eine unwirksame Befristung muss innerhalb von 3 Wochen nach Ablauf der Befristung gerichtlich geltend gemacht werden. Ist die Frist rum, ist alles weitere mutwillig.

    Unabhängig davon kommt der große Schadensersatz nach dem AGG in Betracht, wenn er nachweisen kann, das da diskreminiert wird. Auch da würde ich bewilligen.

    Ist man in einer Gewerkschaft, hat man sofort Anspruch auf Rechtsberatung, nach 3 Monaten auf kostenlosen Rechtschutz. Das wäre eine andere Form der Auskunftsmöglichkeit.

  • Also grade befristete Verträge sind so eine Sache, da würde ich schon BerH bewilligen, alleine um zu prüfen, ob eine Befristung wirksam ist.




    Na ja, wenn das der erste Arbeitsvertrag mit Dauer von einem Jahr bei diesem Arbeitgeber war, wüsste ich nicht, woraus sich eine Unwirksamkeit der Befristung ergeben sollte. Anders verhält es sich natürlich mit entsprechenden Kettenarbeitsverträgen.

  • Och, das fängt z.B. bei der Frage an, ob zeitlich befristet wurde, oder mit Sachgrund. Und ob die zeitliche Befristung wirksam ist, z.B. bei einer Vorbeschäftigung, ob der Sachgrund wirklich besteht usw.

    Da kann man sicherlich was versuchen, auch mit Erfolgsaussicht :teufel:.

    Ich nehme hier regelmässig Entfristungsklagen auf.

  • Och, das fängt z.B. bei der Frage an, ob zeitlich befristet wurde, oder mit Sachgrund. Und ob die zeitliche Befristung wirksam ist, z.B. bei einer Vorbeschäftigung, ob der Sachgrund wirklich besteht usw.

    Da kann man sicherlich was versuchen, auch mit Erfolgsaussicht :teufel:.

    Ich nehme hier regelmässig Entfristungsklagen auf.




    Das mit den Entfristungsklagen kenne ich auch von meiner langjährigen Tätigkeit beim ArbG.

    Das waren dann aber ganz überwiegend Fälle, wo eben schon mehrere befristete Arbeitsverträge nacheinander abgeschlossen worden waren.

    Natürlich gab es auch (selten) Fälle, wo der Arbeitnehmer erschien und eine Klage aufnehmen lassen wollte, weil der erstmalige auf Jahr befristete Vertrag mit dem Arbeitgeber nicht verlängert worden war. Als Grund für die Klage wurde meist genannt, dass man mit der Nichtverlängerung nicht einverstanden sei.

    Das mag ja sein, ersetzt aber eben keine rechtliche Begründung bzw. führt nicht zur Begründetheit der Klage.

    Also kurz und gut:

    Wenn ein Arbeitnehmer in der o. g. Konstellation (1 Jahr befristet, erster Arbeitsvertrag mit diesem Arbeitgeber) erscheint, wüsste ich nicht, wie ich eine Klage gegen die Nichtverlängerung begründen sollte. M. E. liegt die Entscheidung hierüber - bezogen auf die o. g. Konstellation - in der nicht eingeschränkten Vertragsfreiheit des Arbeitgebers.

    Einen Beratungshilfeschein diesbezüglich würde ich daher nicht erteilen. Ggf. mag sich der betreffende Arbeitnehmer auf eigene Kosten einen RA nehmen oder eben eine Klage in der RAST des Arbeitsgerichts aufnehmen lassen.

  • Kommt auf den Sachverhalt an, mir fällt da so spontan ein: Vorbeschäftigung, mangelnde Schriftform, unwirksame Beteiligung des Betriebsrates, Überraschungsklausel

  • zu #12:
    Na dann erteile ich doch lieber nen Beratungshilfeschein zur Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage als denjenigen zum Arbeitsgericht zu jagen, wo er eine (wie du selbst sagst) unbegründete Klage einreicht, die er dann kostenpflichtig zurückgewiesen bekommt.
    Bei deinem Standpunkt hab ich 35,70 € gesparrt und dafür den Rechtspfleger, die Geschäftsstelle und den Richter beim ArbG beschäftigt!

  • @ Netti: Das was du machst ist eine "Kosten- Nutzenrechnung" oder wie auch immer das so formulieren will.

    Meine Gruppenleiterin sacht immer ich als Rechtspfleger koste die Stunde mit allem was so dazugehört ca. 300 €. Ich soll also möglichst so arbeiten, dass es dem Staat nichtsoviel kostet.

    Hat aber m.E. nicht soviel mit Rechtsprechung gemein. Es gibt Dinge, da muss man sich einfach was kosten lassen - einfach, weil es dann "richtig" ist.


  • Wenn ein Arbeitnehmer in der o. g. Konstellation (1 Jahr befristet, erster Arbeitsvertrag mit diesem Arbeitgeber) erscheint, wüsste ich nicht, wie ich eine Klage gegen die Nichtverlängerung begründen sollte. M. E. liegt die Entscheidung hierüber - bezogen auf die o. g. Konstellation - in der nicht eingeschränkten Vertragsfreiheit des Arbeitgebers.

    Einen Beratungshilfeschein diesbezüglich würde ich daher nicht erteilen. Ggf. mag sich der betreffende Arbeitnehmer auf eigene Kosten einen RA nehmen oder eben eine Klage in der RAST des Arbeitsgerichts aufnehmen lassen.



    Aber die Erfolgsaussicht ist ja nicht zu prüfen bei BerH - und wenn sich hier schon einige Rpfl. uneinig sind, dürfte das doch dafür sprechen, dass dem Antragsteller eine rechtliche Beratung zu gewähren ist (wenn die Voraussetzungen ansonsten vorliegen natürlich)
    Der RA kann ja auch zu dem Schluss kommen, dass es hier keine Möglichkeit gibt, gegen die Nichtverlängerung anzugehen - auch das ist eine rechtliche Beratung.

    Im übrigen stimme ich jojo zu - es kann Gründe geben, die auch die erste Befristung nicht zulassen - das mit den Sachgründen zur Befristung usw. kann sich z. B. aus dem Tarifvertrag ergeben (der ja auch manchmal angewendet wird, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Gewerkschaft ist).

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Kommt auf den Sachverhalt an, mir fällt da so spontan ein: Vorbeschäftigung, mangelnde Schriftform, unwirksame Beteiligung des Betriebsrates, Überraschungsklausel




    Ich ging dem Sachverhalt nach von folgenden Voraussetzungen aus:

    - keine Vorbeschäftigung
    - schriftlicher Arbeitsvertrag mit normal großgedruckter Befristung in § 1
    "Das Arbeitsverhältnis beginnt am .... und wird auf ein Jahr befristet."

    - Betriebsrat?

    Muss dieser einer Befristung zustimmen bzw. angehört werden? :gruebel:

  • Ich hab den Antragsteller angeschrieben, dass er so schnell wie möglich vorbei kommen soll, da ich ihm den Schein aushändigen will (er soll nochmal paar Unterlagen mitbringen - Kontoausüge der letzten 3 Monate usw.)

    Für mich selbst ist es gruselig, dass man an einem Job hängt, bei dem man nur mit Kombi-Lohnmodell überleben kann (Lohn ist so niedrig, dass ergänzend ALG II gezahlt wird).

    Was solls, jeder soll nach seiner Befähigung und seinem Wohlgefühl leben. Nur Schade, dass manche Lebenseinstellungen steuerlich bezuschusst werden (müssen). Der wird als Renter dann wohl auch Altersgrundsicherung kriegen...

  • Was solls, jeder soll nach seiner Befähigung und seinem Wohlgefühl leben. Nur Schade, dass manche Lebenseinstellungen steuerlich bezuschusst werden (müssen). Der wird als Renter dann wohl auch Altersgrundsicherung kriegen...




    :eek: :confused:


    Da muss ich doch mal meinen Senf dazugeben, das kann man m. E. so nicht stehen lassen.

    Ich finde es eher schlimm, dass solche Löhne gezahlt werden, dass man hiervon nicht leben kann (es sei denn man hat einen besser verdienenden Partner und bekommt dann nicht mal ALG II, wenn man an dem schlecht bezahlten Job nicht festhält).

    Aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, dass es sehr schwer ist, eine besser bezahlte Arbeit zu finden. Die Motivation und das Lebensgefühl sind dann natürlich "ganz toll", insbesondere, wenn eine Aufgabe der Arbeit nicht in Frage kommt, da mit einem Bezug von ALG II nach Ende des ALG I nicht zu rechnen wäre.

  • @Borellio: Tja, und die ganzen Sachen wären halt zu prüfen, daher würde ich bewilligen.

    Und sonst ?
    Grundsätzlich ist es nun mal so, dass es hier leider so ist, dass es immer mehr Niedriglohnjobs gibt. Wer glaubt denn, dass der Zusteller, der hier meine ZUs austrägt, auch nur annähernd so viel bekommt, wie der verbeamtete Briefträger ? Die "Auspackerin" im Supermarkt ?

    Die Flächentarifverträge verlieren an Bedeutungslosigkeit, Billigjobs wir kommen !

    Ich könnte jetzt viel dazu schreiben, wäre aber o.T.

    Schöne neue Welt halt :mad:

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