Beratungshilfegesetz teilweise verfassungswidrig

  • Das Bundesverfassungsgericht hat mit Entscheidung vom 14.10.2008 -1 BvR 2310/06- § 2 Abs. 2 BerHiG für verfassungswidrig erklärt, soweit die Norm die Gewährung von Beratungshilfe nicht auch in Angelegenheiten des Steuerrechts ermöglicht.

  • Das Bundesverfassungsgericht hat mit Entscheidung vom 14.10.2008 -1 BvR 2310/06- § 2 Abs. 2 BerHiG für verfassungswidrig erklärt, soweit die Norm die Gewährung von Beratungshilfe nicht auch in Angelegenheiten des Steuerrechts ermöglicht.



    . . . habe ich heute auch schon im Radio gehört . . .

  • Nicht nur in Bayer gab es teilweise auch für die Kindergeldgeschichten schon vor der Entscheidung Berh (s. hier (inbs. #9)).

    In der Praxis wird sich m. E. nicht viel ändern:

    - Die meisten Bürger, die insoweit rechtliche Probleme mit dem Kindergeld hatten, bekamen auch vorher schon BerH (s. o.).

    - Im übrigen gilt auch ggü. der Kindergeldkasse u. ä. die Behördenberatung auf, wie das BVerfG mit einer anderen Entscheidung ja selbst hingewiesen hat.

    - Ich hatte in den letzten Jahren höchstens 1 - 2 Fälle in denen nachgefragt wurde, ob es wegen einer Kindergeldgeschichte BerH gäbe, die wegen der bis dahin geltenden Gesetzeslage abzulehnen waren.

    - Bzgl. aller Geschichten, die nichts mit Kindergeld zu tun haben, dürfte an das FA bzgl. der Behördenberatung verwiesen werden können.

    Dennoch die Entscheidung Gesetzeskraft und ist zwingend zu beachten.

    Ich finde es schon auffällig, wie oft in letzter Zeit die Herren in den roten Roben mit BerH-Fragen belästigt wurden. Die haben bestimmt schon voll den Hals...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • "Unser" FA sieht das mit den Kosten nicht so eng. Es gibt sogar eine Unterabteilung des Bürgerbüros beim FA.

    Auch kann trefflich drüber streiten, ob "zuzumten" i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG immer gleichbedeutend damit sein muss, dass die Hilfe den Ast. nix kosten darf.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (31. Oktober 2008 um 08:10)

  • Es geht nicht um die grundsätzliche Frage, ob eine anderweitige Möglichkeit nix kosten darf, sondern darum ob,in steuerrechtlichen Fragen an das FA verwiesen werden kann.

    Und bei 100,- EUR Mindestgebühr ist glaub ich jeder Hinweis auf die Behördenberatung neben der Sache. Wie eng das einzelne FA die Gebührenfrage sieht ist auch egal, da maßgeblich ist, ob sie erheben können. Schon deswegen, weil die Gebühr mit Fragestellung fällig wird, und das Kind da ja schon in den Brunnen gefallen ist.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Das mit der Gebühr beim FA ist m.E. doch nur für spezielle Ausnahmefälle (§ 89 III AO). Normale Ausküfte bei deinem FA z.B. zur Lohnsteuer bleiben kostenlos. Und das der typische Antragsteller z.B. beim Bundeszentralamt für Steuern eine verbindliche Auskunft zu einer steuerrechtlichen Beurteilung zu einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt benötigt, denk ich mal nicht.

    Sollte ich daneben liegen, bitte ich um Aufklärung.

  • diese Ausführungen halte ich in der anderen beiden Streitfragen :wechlach: für nicht unerheblich:
    "aa) ....Die Ausklammerung des Steuerrechts aus dem Kreis der nach § 2 Abs. 2 BerHG beratungshilfefähigen Angelegenheiten hat er damit begründet, dass Rechtsuchende im Bereich des Steuerrechts sowohl auf die ausgedehnte Tätigkeit von Verbänden, insbesondere von Lohnsteuerhilfevereinen, zurückgreifen könnten, als auch die Möglichkeit hätten, nach § 42e EStG Auskünfte einzuholen, und deshalb kein nennenswerter Beratungshilfebedarf bestehe (vgl. BTDrucks 8/3311, S. 12). Vergleichbare Erwägungen haben ihn zur Nichtaufnahme des Arbeits- und des Sozialrechts in die Beratungshilfe veranlasst (vgl. dazuBVerfGE 88, 5 <13>).

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    Die diese Konzeption tragenden Erwägungen vermögen die mit § 2 Abs. 2 BerHG einhergehende Ungleichbehandlung von Rechtsuchenden in Steuersachen gegenüber jenen in Angelegenheiten des Sozialrechts nicht zu rechtfertigen, weil der Gesetzgeber die Beschränkung der Beratungshilfe auf Sachgebiete mit besonders hohem Beratungsbedarf und geringen anderweitigen Beratungsmöglichkeiten zwischenzeitlich aufgegeben hat. Mit dem Gesetz zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2323) hat er durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nummer 4 BerHG die Beratungshilfe auch auf Angelegenheiten „des Sozialrechts“ erstreckt, obgleich er zunächst gerade hier von umfangreichen Möglichkeiten kostengünstiger, behördlicher Beratung ausging."

  • Ich sehe hier auch nichts neues. Das mit dem Steuerrecht ist aus meiner Sicht ein in der Praxis kaum anzutreffender Fall. Auch hier gilt die Behördenberatung.

    @bin-ganz-frisch: ich kann dir nicht folgen. Das Sozialrecht war zunächst ausgenommen, da hier seit jeher ein riesiger Fundus an anderweitigen Hilfe bestand, das BerHG aber nur Lücken schließen wollte.

    Die allgemeine Ausnahme und Beschränkung wurde dann abgeschafft. Aber dennoch gilt auch hier weiterhin, dass keine anderweitigen Hilfen vorliegen dürfen. Geht im Übrigen auch so aus der aktuellen Entscheidung hervor.

    Fazit: bei mir haben übrigens die wenigsten Bürger im Bereich der BerH-Anwendung steuerrechtliche Probleme. Warum wohl ?

    Auch kann trefflich drüber streiten, ob zuzumten i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG immer gleichbedeutend damit sein muss, dass die Hilfe den Ast. nix kosten darf.



    Dto. ME darf es etwas kosten. Jedoch nicht mehr als eine reine Schutzgebühr.
    bestes Bsp: Verbraucherzentrale:)

  • Das mit der Gebühr beim FA ist m.E. doch nur für spezielle Ausnahmefälle (§ 89 III AO). Normale Ausküfte bei deinem FA z.B. zur Lohnsteuer bleiben kostenlos. Und das der typische Antragsteller z.B. beim Bundeszentralamt für Steuern eine verbindliche Auskunft zu einer steuerrechtlichen Beurteilung zu einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt benötigt, denk ich mal nicht.

    Sollte ich daneben liegen, bitte ich um Aufklärung.

    Dies ist sehr richtig! Keinesfalls werden für Auskünfte Gebühren berechnet! Alle Auskünfte sind kostenlos sowie ein evt. Einspruchsverfahren auch kostenlos ist. Die genannte Gebühr gibt es nur für rechtsverbindliche Auskünfte der Finanzbehörden, die zukünftige, bisher nicht verwirklichte Sachverhalte betrifft, also echte Steuerberatung! Dies ist für einige Bürger, die bspw. erhebliche Investitionen vorhaben und die steuerliche Würdigung Schwierigkeiten bereitet, gedacht. Und auch in diesem Bereich gibt es die normale Auskunft kostenlos. Erst wenn die Auskunft das Finanzamt für die Zukunft binden soll, entsteht die Gebühr. Unbedingt mal die Voraussetzungen des § 89 II + III AO lesen!

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Die ganze Aufregung verstehe ich nicht.
    Das BVerfG hat lediglich gesagt, das § 2 Abs. 2 BerHG deswegen gegen das GG verstößt, weil dieser das Steuerrecht ausklammert.
    Das ist m. E. nach ok.
    Es hat hingegen nicht gesagt, dass nicht auch in Steuerangelegenheiten (wie in allen anderen Bereichen auch) auf andere Hilfsmöglichkeiten verwiesen werden kann. Da es diese anderen Möglichkeiten gibt, ändert sich m. E. nach (fast) nichts.
    Viel Lärm um nichts also.

  • Hätte die Entscheidung nicht einen Tag früher ergehen können? Dann wäre diese Diskussion unnötig gewesen... :D.

    Wenigstens ist Noatalbas Auszahlung der Gebühr nunmehr ohne Zweifel legitimiert!

  • Ich sehe das, was die Behördenberatung angeht, wie keep on fragging und exec.

    Und im Ergebnis wie fesdu: Viel Lärm um Nichts.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hätte die Entscheidung nicht einen Tag früher ergehen können? Dann wäre diese Diskussion unnötig gewesen... :D.

    Wenigstens ist Noatalbas Auszahlung der Gebühr nunmehr ohne Zweifel legitimiert!



    Vielleicht hat die Kollegin, die den Schein erteilt hat, ja doch hellseherische Fähigkeiten. :teufel:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • @bin-ganz-frisch: ich kann dir nicht folgen. Das Sozialrecht war zunächst ausgenommen, da hier seit jeher ein riesiger Fundus an anderweitigen Hilfe bestand, das BerHG aber nur Lücken schließen wollte.


    oooch, Du KANNST schon, Du WILLST aber nicht:strecker
    Ich will hier auch nicht oT etwas aufwärmen, was sonst gerne mal hoch kocht. Ich fand diese Aussagen einfach sehr bemerkenswert, wenn man die anderen (die bösen, falschen) Entscheidungen in diesem Zusammenhang desselben Gerichts kennt.;)

  • Fazit: bei mir haben übrigens die wenigsten Bürger im Bereich der BerH-Anwendung steuerrechtliche Probleme. Warum wohl ?


    ;)wer sollte sich auch bei DIR trauen, mit diesem Anliegen auch nur in die Nähe Deines Dienstzimmers zu treten? Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes? ;)

  • @bin-ganz-frisch: ich kann dir nicht folgen. Das Sozialrecht war zunächst ausgenommen, da hier seit jeher ein riesiger Fundus an anderweitigen Hilfe bestand, das BerHG aber nur Lücken schließen wollte.


    oooch, Du KANNST schon, Du WILLST aber nicht:strecker
    Ich will hier auch nicht oT etwas aufwärmen, was sonst gerne mal hoch kocht. Ich fand diese Aussagen einfach sehr bemerkenswert, wenn man die anderen (die bösen, falschen) Entscheidungen in diesem Zusammenhang desselben Gerichts kennt.;)


    Ich weiß zwar nicht, was du meinst, aber INSOweit hast du wohl recht :teufel:

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