§ 120 Abs. 4 ZPO

  • Ich überprüfe hier zum ersten Mal in meinem Rpfl-Dasein die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 ZPO und habe gleich eine komische Sache auf dem Tisch:

    PKH-Partei bekommt Krankgeld ca. 1.574 EUR, hat ein Kind (Kindergeld), zahlt monatlich ca. 2.800 EUR Kreditraten (Wohnung gekauft – Kredite in Höhe von noch ca. 100.00 EUR) und 1.900 EUR für zwei Lebensversicherungen :eek: (zusätzlich noch ein bisschen Hausgeld und Strom).
    Der Mann ihrer Schwester unterstützt monatlich mit 2.000 EUR :gruebel:

    Komme natürlich auf ein sattes Minus, aber muss ich nicht stutzig werden, wenn man knapp 2.000 EUR nebenbei für Lebensversicherungen hat...
    Sollte ich da jetzt noch nachhaken... Ich meine, ich habe ja wahrscheinlich eh keine Handhabe die PKH aufzuheben oder??

  • Du kannst ja mal den Rückkaufswert der Versicherungen erfragen. (Die sind nämlich ggfs. einzusetzen.)
    Bestanden die Versicherungen bereits bei Prozessaufnahme?

  • Wurden dir diese Ausgaben denn nachgewiesen? Also deren tatsächliche Zahlung?
    Bei mir gibts grundsätzlich aber schonmal nur eine Lebensversicherung...

  • ...ich pers. finde das eh ein bißchen unglaubwürdig.
    Auf was für eine Höhe will der sich denn versichert haben ? 20 Mio ?

    Ich würd das aber in jedensfalls nachweisen lassen

  • Ich würde auch mal laufende und lückenlose Kontoauszüge für 6 Monate vorlegen lassen.

    Bei einer monatlichen Einzahlung von 1900 EUR auf eine oder zwei LV dürfte sich einzusetzendes Vermögen ergeben, selbst wenn diese bei Antragstellung schon vorhanden waren.

  • Es reichen ja nicht mal die 2000 € "Unterstützung". Wenn ich PKH beantrage, und bei 4.700 € Ausgaben - ohne Lebenshaltung! - ein "Einkommen" von 3.574 € + KiG angebe, werde ich gefragt, wovon ich meine Lebenshaltung bestreite.

    Es fehlen ja noch mindestens 1.500 € - wo nimmt er die denn her?

  • Es reichen ja nicht mal die 2000 € "Unterstützung". Wenn ich PKH beantrage, und bei 4.700 € Ausgaben - ohne Lebenshaltung! - ein "Einkommen" von 3.574 € + KiG angebe, werde ich gefragt, wovon ich meine Lebenshaltung bestreite.

    Es fehlen ja noch mindestens 1.500 € - wo nimmt er die denn her?



    Das würde mich auch interessieren.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)


  • Das würde mich auch interessieren.



    Und hat selbst schon den BGH interessiert:
    BGH, Beschl. 02.04.2008, XII ZB 184/05, FamRZ 2008, 1163 f.


    Aus den Gründen:
    "[...] Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass die dem Beklagten laut seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angeblich verbliebenen Einkünfte in Höhe von monatlich (24,34 € x 30 Tage =) 730,20 € sogar die von ihm angegebenen Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 768,18 € unterschreiten und nicht ersichtlich ist, wovon der Beklagte sonst seinen Lebensunterhalt bestreitet."

    Die Leute halten sich immer für unheimlich schlau, wenn sie möglichste viele und hohe Augaben präsentieren, dabei aber vergessen, dass diese nicht höher sein können als die Einnahmen, da die Erklärung sonst unplaubsibel wird. Oder die Leute kommen auf +/- Null, haben aber vor lauter Zahlungspflichtungen ganz vergessen, dass von Einkünften aber auch was zur Bestreitung des normalen Lebensunterhaltes (Essen, Trinken, Kleidung, Strom...) übrig bleiben muss.

    Daher: Mit Zwischenverfügung Gelegenheit geben eine plausible Erklärung abzugeben. Erfolgt dies nicht: Aufhebung der PKH, mit dem Grund dass das Gericht sich sehr gut allein veräppeln kann, und dazu keine Verfahrenspartei braucht (ich würde es nur etwas netter formulieren).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    4 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (31. Oktober 2008 um 10:27)


  • Daher: Mit Zwischenverfügung Gelegenheit geben eine plausible Erklärung abzugeben. Erfolgt dies nicht: Aufhebung der PKH, mit dem Grund dass das Gericht sich sehr gut allein veräppeln kann, und dazu keine Verfahrensparti braucht (ich würde es nur etwas netter formulieren).


    Ich finde das sehr nett formuliert!:D
    Im übrigen: immer wieder faszinierend, was Ernst "Rechtsprechung" P. so alles mal eben aus dem Ärmel schüttelt.:respekt

  • Es reichen ja nicht mal die 2000 € "Unterstützung". Wenn ich PKH beantrage, und bei 4.700 € Ausgaben - ohne Lebenshaltung! - ein "Einkommen" von 3.574 € + KiG angebe, werde ich gefragt, wovon ich meine Lebenshaltung bestreite.
    Es fehlen ja noch mindestens 1.500 € - wo nimmt er die denn her?



    Der Bundesfinanzminister macht das Gleiche und nennt das defizitäre
    Haushaltspolitik! :wechlach:

  • Im übrigen: immer wieder faszinierend, was Ernst "Rechtsprechung" P. so alles mal eben aus dem Ärmel schüttelt.:respekt



    Danke ! *stolz bin*

    Leider klappt mit dem o. g. Aktenzeichen die automatische Verlinkung nicht. Über juris ist die Entscheidung des BGH jedoch über das Az. erreichbar.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Also zum Zeitpunkt der PKH-Bewilligung hatte die Partei noch keine ETW, noch keine Kredite, Lebensversicherungen in Höhe von ca. 150 EUR im Monat und auch noch einen Job und nen Ehemann. Eine Berechnung des Richters liegt nicht bei (die können das doch im Kopf :mad:).

    Die Kontoauszüge sind auch sehr komisch, aus jedem Monat einer (ausgewählter)...

    Da ist so vieles komisch, dass ich gar nicht weiß, wo man am besten ansetzt.

    Die Frage nach dem Rückkaufswert habe ich mir auch schon überlegt..
    Im Übrigen laufen die Kredite auf sie und ihren Ehemann...angeblich zahlt sie alles..

  • Wenn sie Kredite, ETW etc. nach Prozessbeginn erworben hat, sind diese bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen, denn vor dem Kauf der ETW hätte sie ja mal fein die Prozesskosten zahlen können, dazu ist sie schließlich verpflichtet.
    Kontoauszüge komplett und ungeschwärzt, da sonst die Prüfung durch das Gericht nicht vollumfänglich möglich ist, sonst aufheben.
    Wenn der Ehemann mit in der Pflicht ist, zählt eh nur die Hälfte.
    RKW anfragen, aber sowas von. ;)

    Und wenn sie sich beschwert - bitte berichte.

  • Die Belastungen bzgl. der ETW würde ich schon berücksichtigen, allerdings nur bis zur Höhe der ortsüblichen Miete für eine angemessene Wohnung.

    Allerdings würde ich hier im Gesamten noch einmal was genauer nachfragen und mir sämtliche Kontoauszüge der letzten Monate (ungeschwärzt) vorlegen lassen.
    Zudem kann man bei monatlichen Zahlungen an eine LV von 1.900,- € wohl davon ausgehen, dass zwischenzeitlich an nicht unbeachtlicher Rückkaufswert besteht. Auch da würde ich noch einmal nachhaken...

    Tja, und dann bleibt immer noch die Frage, wovon hier noch der Lebensunterhalt bestritten wird. :gruebel:

  • Also zum Zeitpunkt der PKH-Bewilligung hatte die Partei noch keine ETW (...)



    Wer PKH o.R. hat und sich dann plötzlich eine ETW finanzieren kann, hätte stattdessen auch zunächst auf die Prozeßkosten Raten zahlen können . . . mir würde dieser Aspekt eigentlich schon zum aufheben der PKH genügen . . . denn so ein Verhalten ist eine Frechheit gegenüber den anderen Steuerzahlern :daumenrun

  • So, nachdem mir die Partei wortlos einen Stapel Unterlagen in die Hand gedrückt hat und ich mich ein wenig "durchgewurschtelt" habe, konnt eich folgendes feststellen:

    Die hohen (Lebens-)Versicherungsbeiträge beziehen sich auf 1 Jahr, d.h. sie zahlt nicht monatlich, sondern jährlich. Macht also auf den Monat Versicherungen in Höhe von ca. 183 EUR.
    Laut Unterlagen liegt der Rückkaufswert der einen Versicherung bei ca. 8.000 EUR und der andere bei ca. 10.000 EUR. Jedoch sind die Beträge auf den Unterlagen bei Vertragsabschluss aufgeschlüsselt...Ob der Rückkaufswert heute wirklich so hoch ist, weiß ich nicht.

    Naja, jedenfalls ist sie durch die Kreditraten immernoch im Minus..Ausgaben sind nicht weiter verdächtig (obwohl sie häufig shoppen geht :mad:).

    Würde ja doch am liebsten aufheben..Allein schon wegen der ETW..

  • Wenn die LV nicht bereits wegen der Finanzierung abgetreten sind, könnte der Rückkauf zumindest einer Versicherung verlangt werden. Für die Kosten reicht das vielleicht. Ansonsten mal durchrechnen, ob bei einer Stundung der LV Raten angeordet werden können. Und bei den Kreditraten würde ich - wie Kampfküken schon geschrieben hat - nur die Höhe der ortsüblichen Miete für eine angemessene Wohnungsgröße ansetzen (das hätte sie sowieso zahlen müssen). Wer trotz PKH einen Kredit aufnimmt, kann nicht verlangen, dass dann der Steuerzahler einspringt.

  • Stundung der LV?:gruebel: Wie meinste denn das??
    Und ortsübliche Miete??? Da bin ich ja mehr als überfragt. Hier in der Hauptstadt ist dat nicht so einfach zu sagen..weiß ja auch gar nicht, ob die nun in nem schicken Neubau wohnt oder in einem Altbau...

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