Vorwegbeleihungsvollmacht

  • Hallo, kurz vor Feierabend schon für morgen. Ich würde gerne eure Meinung wissen. Grundsätzlich habe ich mit Belastungsvollmachten keine Probleme, aber wie reagiert hier, wenn diese in der Höhe (Kapital, Zinsen etc.) überhaupt nicht beschränkt sind??? Habe hier gerade noch eine Fundstelle zum Nachlesen bekommen, aber vielleicht mögt hier ja ..... Danke!

  • "Schweigt" die Vollmacht im Hinblick auf den Umfang der zulässigen Belastung oder enthält sie irgendeinen Hinweis darauf, dass die Höhe der zulässigen Belastung nicht begrenzt ist (etwa durch die Formulierung "in beliebiger Höhe")?

  • Zitat von juris2112

    "Schweigt" die Vollmacht im Hinblick auf den Umfang der zulässigen Belastung oder enthält sie irgendeinen Hinweis darauf, dass die Höhe der zulässigen Belastung nicht begrenzt ist (etwa durch die Formulierung "in beliebiger Höhe")?



    Moment, ... nein gar nichts "den Kaufgegenstand vollstreckbar nach § 800 ZPO zu belasten".

  • Eine sehr eigenartige Vollmacht. Immerhin lässt sich der Bezugnahme auf § 800 ZPO entnehmen, dass nur eine Belastung mit Grundpfandrechten in Betracht kommt. Vom Grundpfandrechtstyp (Hypothek/Grundschuld) und von Zinsen und Nebenleistungen ist keine Rede, ebenfalls nicht von der zulässigen Höhe der Belastung.

    Es gibt wohl nur zwei Möglichkeiten:

    Entweder man geht davon aus, dass die Vollmacht -als eine auf die Belastung beschränkte Generalvollmacht- zur Belastung mit Grundpfandrechten mit üblichen dinglichen Zinsen und Nebenleistungen in unbeschränkter Höhe berechtigt oder man hält die Vollmacht wegen der Nichtangabe des Grundpfandrechtstyps, des Fehlens der Angabe über Zinsen und Nebenleistungen sowie Höhe der zulässigen Belastung für zu unbestimmt.

    Wenn die Vollmacht wirklich nur aus dem einen zitierten Satz besteht, würde ich zu letzterem tendieren, weil die Vollmacht nicht explizit zum Ausdruck bringt, dass der Bevollmächtigte zu völlig unbeschränktem Handeln berechtigt ist. Wer ganz findig ist, kann der Formulierung "den Kaufgegenstand" im Wege der Auslegung sogar entnehmen, dass nur eine Belastung bis zur Höhe des Kaufpreises zulässig sein soll. Es ist aber nicht Sinn einer Vollmacht -schon gar nicht im Grundbuchverfahren-, dass sich jeder mit ihr Befasste das für ihn Passende nach freien Stücken selbst heraussucht.

    Die vorliegende notarielle Sachbearbeitung ist jedenfalls kaum auf tieferes Nachdenken zurückzuführen.

  • Zitat von juris2112


    Entweder man geht davon aus, dass die Vollmacht -als eine auf die Belastung beschränkte Generalvollmacht- zur Belastung mit Grundpfandrechten mit üblichen dinglichen Zinsen und Nebenleistungen in unbeschränkter Höhe berechtigt



    Das wäre meine bevorzugte Variante. So formulierte Vollmachten scheinen mir sogar in den mir vorliegenden Verträgen die Mehrheit zu sein.

  • Mir ist eine dergestalt inhaltlich ausgestaltete Vollmacht in meiner Praxis noch nie begegnet. Das liegt aber -mit Verlaub- daran, dass einem bayerischen oder baden-württembergischen Notar wohl nicht im Traum einfallen würde, eine Vollmacht in der beschriebenen Weise zu formulieren (ohne den West-, Ost- und Nordlichtern hiermit zu nahe treten zu wollen).

    Eine Vollmacht hat positiv zu beinhalten, wozu sie berechtigt und ggf. negativ, wozu sie nicht berechtigt. Und soll sie zu allem berechtigen, dann soll sie gefälligst auch entsprechend bezeichnet und inhaltlich ausformuliert werden. Alles andere halte ich für Wild-West-Methoden, die im Ergebnis dazu führen, dass der schwarze Peter beim Rechtspfleger des Grundbuchamts liegt, wenn mit einer solchen Vollmacht Missbrauch getrieben wird und der Vollmachtgeber die umfassende Erteilung einer Außenvollmacht bestreitet.

    Ich würde die vorliegende Vollmacht demzufolge beanstanden. Wenn das LG die Vollmacht für das zur Eintragung beantragte Rechtsgeschäft für ausreichend hält, ist das seine Sache. Aber das Grundbuchamt ist dann haftungsrechtlich aus dem Schneider.

  • @juris
    Diese -der Höhe nach- unbeschränkten Vollmachten kommen bei uns häufig vor. Und genau so häufig liegt die Finanzierungsgrundschuld dann auch über dem Kaufpreis. Das hat wohl darin seinen Grund, dass die Käufer leichter mit einem einzigen Recht auch Investitionen zum Ausbau oder zur Renovierung in das Kaufobjekt stecken können.
    Bei uns werden diese Vollmachten ohne Weiteres anerkannt. Denn, auch wenn sie nicht "Generalvollmacht" heißen, so können die Beteiligten doch frei entscheiden, in welchem Umfang sie Vollmachten erteilen. Das kann das GBamt doch haftungsrechtlich in keine Bredouille bringen?!

  • blue:

    Wir sind uns völlig darin einig, dass gegen der Höhe nach unbeschränkte Vollmachten keinerlei Bedenken bestehen. Im vorliegenden Fall erschöpft sich die Vollmacht nach Angabe der Fragestellerin aber in dem Satz, dass der Vollmachtnehmer berechtigt ist, "den Kaufgegenstand vollstreckbar nach § 800 ZPO zu belasten." Es geht somit nicht darum, ob eine der Höhe nach unbeschränkte Vollmacht auf Bedenken stößt (was zu verneinen ist), sondern darum, ob überhaupt eine solche unbeschränkte Vollmacht vorliegt. Das ist in jedem Fall eine Frage der Auslegung und damit begibt sich das GBA m.E. aus den genannten Gründen auf dünnes Eis. Nach meinem Dafürhalten muss man im Grundbuchverkehr erwarten dürfen, dass Vollmachten inhaltlich vernünftig ausformuliert sind und zu erkennen geben, wozu sie berechtigen und wozu nicht. Ich denke, das ist im Hinblick auf die in Frage stehenden Vermögenswerte nicht zuviel verlangt.

  • Zitat von juris

    Ich denke, das ist im Hinblick auf die in Frage stehenden Vermögenswerte nicht zuviel verlangt.


    Das entscheiden ja die Banken auch mit.
    Aber dazu hat es hier noch nie Probleme gegeben. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die Ausübung der Vollmacht immer nur vor dem kaufvertragsbeurkundenden Notar zulässig ist. Dieser überwacht dann natürlich auch den Umfang der Vollmacht und sagt dem Bevollmächtigten etwa, dass von der erteilten Vollmacht in diesem Umfang kein Gebrauch mehr gemacht werden kann. Daher sehe ich eher den Notar in der Haftung.

    Wie du siehst, gehe ich -wie immer- pragmatisch an die Sache heran. Das hat aber auch seinen Grund. Wir sind von unserer Dunkelkammer zu oft in unserer rechtspflegertypischen Kleinkrämerei aufgehoben worden, vor allem, was Auslegungen betrifft. Die Rechtsprechung wird zunehmend liberaler, wenn auch gleichzeitig undogmatischer.

  • Nicht streiten. Bisschen mehr über Verwendung etc. stand schon noch in der Vollmacht, mir ging es in erster Linie um den Umfang/Höhe, wie ich auch von juris2112 gefragt wurde (siehe Ziffer 3). Danke an alle

  • blue:

    Mit der genannten "pragmatischen Verfahrensweise" rennst Du bei mir grundsätzlich offene Türen ein. Die zunehmend "liberale" Betrachtungsweise der Beschwerdegerichte im Sinne mitunter extensiver Auslegung halte ich allerdings für eine höchst bedenkliche Entwicklung, die zu vielerlei Streitigkeiten Anlass bieten kann. Man stelle sich nur vor, ein dergestalt bevollmächtigter Bauträger gerät in Insolvenz und der Insolvenzverwalter bestreitet mit Erfolg den Umfang der Vollmacht. Dann sind die Absonderungsrechte entweder zur Gänze oder zumindest teilweise futsch.

    cleo:

    Wir streiten doch überhaupt nicht. Wir haben nur etwas Schwierigkeiten damit, auszudrücken, dass wir uns einig sind.

  • Ich hätte und habe mit einer solchen Formulierung kein Problem, auch wenn sie zuzugeben sehr knapp ist.

    Gerade letzte Woche habe ich mich mit einem Kollegen darüber lustig gemacht, dass manche GBA -lt. Notar- ohne den Satz "in beliebiger Höhe" nur bis zur Höhe des Kaufpreis gehenden Grundschulden eintragen.

    Früher genügte " Ich erteile Generalvollmacht", heutige Generalvollmachten sind aus verschiedenen Gründen seitenlang, und damit für den Rechtsverkehr nicht unbedingt einfacher zu handhaben:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=297

  • Die Ausübung der Belastungsvollmachten ist wie von früherem Beitragschreiber schon gesagt grds. vom Notar zu überwachen. Wenn über den Kaufpreis hinaus belastet werden können soll, dürften die enschlägig. Formularbücher wahrscheinlich auch zur entspr. ausdrückl. Aufnahme der Höhe bzw. ausdrückl. Anordnung der beliebigen Höhe raten, und die im geschilderten Fall vorgeschlagene großzügige Auslegung scheint mir auch die vertretbarste zu sein, denn sie enthält ja keine Beschränkung.
    Da der Verkäufer bis zur Umschreibung immer nur dinglich mit dem Grundstück haften kann und nicht persönl. durch eine persönl. Schuldübernahme (das wird auch der dümmste Notar wissen und entspr. in dem Grundschuldformular nur für den Erwerber selbst vorsehen) kann die Höhe, in der die Belastungsvollm. ausgeübt werden, dem Verkäufer idR egal sein: Sein Interesse geht nur dahin, aus dem aufgrund der Belastung ausgezahlten Darlehen bei der Erstvalutierung den Kaufpreis zu erhalten (bzw. dessen Verwendung zur Ablösung der wegzufertigenden Belastungen des Verkäufers sichergestellt zu wissen). Deshalb ist Notaren zu raten, einen entspr. Überwachungsauftrag (der dann auch kostenpflichtig gem. § 147 Abs. 2 KostO ist) in die Kaufverträge aufzunehmen, zB einen SAtz wie "Der Notar hat zu überwachen, dass von der Belastungsvollmacht nur Gebrauch gemacht wird, wenn die Kaufpreiszahlung sichergestellt ist." und anschließend dann auch tatsächl. entsprechende Sicherungstätigkeiten auszuführen, zB der finanzierenden Bank mitteilen, dass die Darlehensausz.-anspr. abgetreten sind und die Erstvaltuierung nur zum Zweck der Kaufpreiszahlung erfolgen darf. Wenn man ganz sicher gehen will, bittet man die Bank, dies schriftlich zu bestätigen, und schickt erst dann eine Ausfertigung der Grundschuldurkunde zur Bank. Siehe zu dieser Überwachungstätigkeit kostenrechtl. (nur wen es interessiert, für GBA natürlich egal) § 147 Anm. 30 im KostO-Kommentar von mir, und zu der Frage, welche Auswirkungen eine Vollmacht über einen den Kaufpreis übersteigenden Betrag hat auf die Beurkundungsgebühren aaO § 44 Anm. 18 - 22 (nach Auffassung des BGH, siehe Entscheidung in vielen Heften Mai - Juli zB JurBüro, NotBZ, RNotZ, ZNotP usw. überhaupt keine Mehrkosten, weil sich die Vollmacht als Durchführungsgeschäft zum KV. darstelle und für solche Geschäfte deren Wert auf den Wert des Hauptgeschäfts, hier KV., begrenze; anders die vorher hM, s. die vielen krit. Anm. zu den Entschdg. vom Feb. u. März 2006).

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