Pfandfreigabe

  • Kollegin aus dem FamGer kam mit folgender Fragestellung:
    Für mj. Kinder sind am Gesamtbesitz Gesamtgrundschulden zur Sicherung der erbfallmäßigen Ansprüche aus Todesfall des Vaters eingetragen.
    Die Mutter hat in der Vergangenheit Grundstücke verkauft, Freigabe aus den Grunschulden wurde durch ErgPfleger erklärt, letzteres auch immer genehmigt.
    Notar fragt nun bei FamGer. an, ob es dieses Procedere bedürfe, da ja die Pfandfreigabe nur eine dem Grundbuchamt gegenüber zu erklärende Verfahrenshandlung sei, somit keine materiellrechtliche Erklärung, die genehmigungsbedürftig sei -§§ 1629, 1795 I Nr. 2(führt hierzu auch Literaturmeinung an).
    Wir sind der Meinung, § 1795 I Nr. 2 BGB trifft zu.

  • bin auch der meinung, dass es sich hierbei um ein genehmigungsbedürftiges RE handelt, da die entlassung aus der mithaft sehr wohl eine materiell rechtliche erklärung darstellt. eine pfandfreigabe ist nach schöner/stöber RNr. 2706 als teilweise verzichtserklärung des gläubigers auszulegen (§ 1175 I 2 BGB) und als solche einseitige, materiell rechtliches RE.

    die pfandfreigabe/teilverzicht ist entweder dem GBA oder dem eigentümer gegenüber zu erklären. da einer der möglichen erklärungsempfänger unter den vertretungsausschluß nach § 181 BGB fällt ist aus gründen des minderjährigenschutzes die bestellung eines ergänzungspflegers erforderlich (palandt RNr. 13 zu § 181).

    eine VG ist erforderlich nach §§ 1812, 1915, nicht nach § 1821, da hier im absatz 2 grundschulden ausgenommen sind.
    wichtig hierzu: dass § 1812 für eltern nicht gilt ist unerheblich, da hier die vorschriften der §§ 1909 ff mit verweisungen in § 1915 gelten und nicht die vorschriften der elterlichen sorge.

  • nachtrag: ein vertretungsausschluß besteht natürlich nicht nur nach §§ 1795 II, 181, sondern auch nach § 1795 I Zif. 2.

    im ergebnis bleibt es aber beim gesagten.

  • Ergänzung zu LuckyStrike:

    Der Notar vernachlässigt die materiellrechtliche Seite der Angelegenheit, nämlich, dass die pfandfreie Abschreibung eines Grundstücks oder einer Teilfläche einen materiellen Verzicht auf das Grundpfandrecht i.S. des § 1175 Abs.1 S.2 BGB darstellt, der (anders als nach § 1183 BGB bei der Gesamtaufhebung) nicht der Zustimmung des Eigentümers bedarf. Wie sollte auch ein Teilerlöschen des dinglichen Rechts ohne hierauf gerichtete materiellrechtliche Erklärung möglich sein?

    Die materielle Verzichtserklärung ist entweder dem GBA oder dem Eigentümer gegenüber zu erklären (§ 1168 Abs.2 S.1 BGB). Da der Eigentümer sachlicher Empfänger der Erklärung ist, ist § 181 BGB aber nicht nur anwendbar, wenn die Mutter den Verzicht des Kindes gegenüber sich selbst, sondern auch, wenn sie ihn gegenüber dem GBA erklärt. Ob in der Norm des § 1795 Abs.1 Nr.2 BGB ein weiterer Grund für einen Vertretungsausschluss erblickt werden kann, erscheint fraglich, weil es sich bei dem Grundpfandrecht des Kindes nicht um eine Hypothek, sondern um eine Grundschuld handelt (verneinend OLG Braunschweig JW 1936, 2937, bejahend KG HRR 1933 Nr.1789, wobei teilweise wieder danach differenziert wird, ob es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt oder nicht). Das kann aber letztlich wegen der Anwendbarkeit des § 181 BGB dahinstehen.

    Der Verzicht des Pflegers ist nach § 1822 Nr.13 BGB genehmigungspflichtig. § 1822 Nr.13 BGB enthält im Gegensatz zu § 1795 Abs.1 Nr.2 BGB keine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf bestimmte Sicherungsinstrumente.

    Damit geht die in der Vergangenheit erfolgte Pflegerbestellung (samt Genehmigung) völlig in Ordnung. Fraglich ist nur, ob das VormG oder das FamG für die Anordnung der Pflegschaft zuständig ist (nach meiner Auffassung das VormG). Die Genehmigung i.S. des § 1822 Nr.13 ist vom VormG zu erteilen, weil ein Pflegerhandeln und kein Elternhandeln in Frage steht. Ist im vorliegenden Fall eine Dauerpflegschaft eingerichtet, erübrigt sich natürlich die Zuständigkeitsfrage im Hinblick auf die (dann ja nicht mehr notwendige) Pflegschaftsanordnung.

  • ach ja richtig, in der liste vom § 1822 steht ja auch alles möglich drin.

    also insofern asche auf mein haupt, es ist nicht § 1812 sondern § 1822 Nr. 13. bleibt sich aber im ergebnis auch wieder gleich.

    das die VG vom VormGer zu erteilen ist steht glaub ich außer frage. interessanter ist aber die frage, wer die ergänzungspflegschaft anzuordnen hat. der palandt hat hierzu in der früheren auflage geschrieben, dass hierfür das VormGer zuständig wäre, ist aber neuerdings umgeschwenkt auf FamGer (RNr. 8 in der vorbemerkung zu 1909).
    bei uns macht das immer die kollegin in der familie.

  • Genehmigungszuständigkeit beim Pflegerhandeln:

    Für die Zuständigkeit des VormG: BayObLG, Rpfleger 2004, 93; BayObLG, NJW 2004, 2264 = Rpfleger 2004, 482 = FGPrax 2004, 123; Zorn, FamRZ 2000, 719, 721; Wolf, Rpfleger 2003, 557, 558; Bestelmeyer, FamRZ 2001, 718; ders., Rpfleger 2004, 162; Schröder/Bergschneider/Weisbrodt, FamVermR, Rdnr. 8.443 Fn. 14.

    Für die Zuständigkeit des FamG (halte ich für abwegig): OLG Hamm, NJW-RR 2001, 437 = FamRZ 2001, 717; OLG Köln, ZMR 2004, 189 = Rpfleger 2003, 570; Wesche, Rpfleger 2000, 145, 147. Offen gelassen von BGH, NJW 2005, 415 = Rpfleger 2005, 189.

    Zuständigkeit für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft:

    Für die Zuständigkeit des VormG: OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 568; OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 41; OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 364 = Rpfleger 2001, 129 unter Aufgabe von OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 1601; OLG Stuttgart, Rpfleger 2003, 501; KG, FamRZ 2001, 719; OLG Koblenz, OLGR 2001, 16; OLG Thüringen, FamRZ 2003, 1311; Klüsener, Rpfleger 1998, 221, 230; Kraiß, BWNotZ 1999, 50; Bienwald, FamRZ 1999, 1692; Coester, FamRZ 2000, 439; Zorn, FamRZ 2000, 719, 720; Niepmann, MDR 2000, 613, 619; Bestelmeyer, FamRZ 2000, 1068; ders., FamRZ 2001, 718; ders., Rpfleger 2004, 162; Schröder/Bergschneider/Weisbrodt, FamVermR, Rdnr. 8.441, 8.442; Schreiben des BMJ vom 15.12.1998, Gz. 3473/6 - II 121637/98.

    Für die Zuständigkeit des FamG: OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 243 = Rpfleger 1999, 489; BayObLG, FamRZ 2000, 1111 = Rpfleger 2000, 268; BayObLG, NJW-RR 2000, 959 = FamRZ 2000, 568 = Rpfleger 2000, 158; BayObLG, FamRZ 2001, 716; OLG Dresden, FamRZ 2001, 715 = Rpfleger 2000, 497; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 437 = FamRZ 2001, 717; MünchKomm/Schwab, BGB, 4. Aufl., § 1909 Rdnr. 62; Wesche, Rpfleger 2000, 145.

    Unentschieden OLG Hamburg, FamRZ 2001, 719; OLG Naumburg, FamRZ 2003, 1406.

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