Sachverständigenauslagen

  • Ich habe auch keinen kostenlosen Volltext des von mm62 zitierten Urteils des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 55/07 gefunden:

    Lediglich folgender (nicht amtlicher Leitsatz) war zu finden:
    "1. Ein Gericht darf die vom Sachverständigen angegebene Stundenzahl nicht aufgrund einer Schätzung kürzen.
    2. Um die Erforderlichkeit der Stundezahl festzustellen, muss sich das Gericht vielmehr im Einzelnen mit dem geltend gemachten Arbeitsaufwand auseinandersetzen; Maßstab hierfür ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen braucht, um sich nach sorgfältigem Aktenstudium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehenden Überlegungen seine gutachterliche Stellungnahme zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. GG Art. 3 Abs. 1 JVEG §§ 4a, 8 Abs. 2 Satz 1"

  • 20% von der kleinsten sechstelligen Zahl sind 20.000 €, von der größten 199.999 €. Auf das Gutachten wäre ich neugierig.

    Einmal editiert, zuletzt von Benutzer (10. Dezember 2008 um 11:21) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Spezialfall hin oder her - wenn die Beteiligten den Wert des Objekts auf 0 einschätzen, scheint der SV doch erheblich über das Ziel hinausgeschossen zu sein (Altlasten, Baumängel ?). Er sollte doch nur den VW ermitteln und keine Ursachenforschung betreiben. Da hätte er schon nachfragen müssen, ob dieser Aufwand vom Auftrag überhaupt abgedeckt ist. Nur damit könnte man eine Kürzung rechtfertigen, mit der Höhe des Vorschusses, auf den er nicht hingewiesen wurde, sicher nicht. Nach dem über Beckonline zugängl. Kommentar Musielak, ZPO, 6. Aufl. Anm. IV zu § 407a ZPO besteht bei von Amts wegen einzuholenden Gutachten für den SV auch ohne gerichtl. Belehrung eine Hinweispflicht, wenn die vorauss. Kosten außer Verhältnis zum Streitwert stehen (Faustregel 50 %). Dazu soll er mal was sagen und seine Kosten auf bestimmte Teilbereiche der Ermittlungen aufschlüsseln. Danach kannst Du kürzen.

  • Spezialfall hin oder her - wenn die Beteiligten den Wert des Objekts auf 0 einschätzen, scheint der SV doch erheblich über das Ziel hinausgeschossen zu sein (Altlasten, Baumängel ?).



    Diese Aussage halte ich für sehr gewagt. Wie oft weichen die Vorstellungen der Beteiligten vom Gutachten ab ... egal ob nach oben oder unten - da können ganz banale persönliche Gründe dahinterstecken.
    Und gerade wenn Altlasten eine Rolle spielen, gehen SV-Kosten hoch.
    Im übrigen geb ich dir recht.

  • Vielleicht hab ich es überlesen, aber wie hoch ist der Gesamtbetrag des Vergütungsantrags?


    Die Kosten betragen etwa 20 % des ermittelten sechsstelligen Verkehrswertes,



    wobei der Betrag durchaus noch 5stellig ist und etwa 3 Monate Arbeit bedeutet. Aber, wie gesagt, ich unterstelle hier, dass die Arbeit tatsächlich geleistet wurde. Ich frage mich allerdings, ob ein solcher Betrag im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens auch bei äußerst schwieriger Sachlage (keine Altlasten) noch angemessen sein kann.


  • Die Frage, die also bleibt ist, war es notwendig in diesem ergiebigen Umfang ein Gutachten zu erstellen und hätte der SV nicht doch einmal Laut geben müssen, da auch er hätte wissen müssen, dass dieses Honorar alle Grenzen sprengt.



    Unformal würde ich das im Rahmen einer gedeihlichen Zusammenarbeit zwingend erwarten, sonst siehts für weitere Gutachtenaufträge schlecht aus.

    Formal bin ich mir nicht sicher. Der Vorschuss ist dem Gutachter ja offenbar nicht formal als feste Größe mitgeteilt worden, sondern er kann ihn nur aus der Akte ersehen haben. Aber er war ihm bekannt und er musste dies als Maßstab im Sinne von § 407a III ZPO verstehen. Das würde ich ihm schon zurechnen.

    Ein Überschreiten des Vorschusses führt nicht generell zum Ausschluss des Erstattungsanspruches. Bei Unterlassen der Mitteilungspflicht kann der Erstattungsanspruch aber sehr wohl gefährdet sein (Zöller/Greger, Rdnr. 6 zu § 413). Deshalb neige ich dazu, dass ein Kürzen auf den Vorschuss (oder etwas darüber) durchaus vertretbar wäre.

  • Natürlich möchten die Beteiligten den Wert vom SV haben, wie es gerade passt. Wenn aber schon Gl. und Schuldner sagen, hat keinen Wert, muss der SV doch vor aufwändigen Ermittlungen rückfragen, ob das vom Auftrag gedeckt ist, auch wenn vielleicht sein Widerspruchsgeist geweckt wurde. Hätten seine Untersuchungen nämlich die Einschätzungen der Beteiligten bestätigt, stünde die Vergütung nun wirklich im krassen Missverhältnis.
    Ich habe z.B. ein ehemaliges Hotel mit Gaststätte, da hatte die Sch. so viele Balken des alten Fachwerkhauses entfernt, dass es einsturzgefährdet erscheint, Gewissheit kann man aber nur mit einer neuen Statik (oder dem Einsturz) bekommen. Das hat der SV ins Gutachten geschrieben, aber keine Statik berechnet. Es ist Aufgabe des SV, das Objekt so zu bewerten, wie es sich auch dem Interessenten darbietet, ohne spezielle Sonderuntersuchungen.

  • Zitat von Stefan
    Die Frage, die also bleibt ist, war es notwendig in diesem ergiebigen Umfang ein Gutachten zu erstellen und hätte der SV nicht doch einmal Laut geben müssen, da auch er hätte wissen müssen, dass dieses Honorar alle Grenzen sprengt.

    eindeutig ja! Von einem vernüftigen SV erwarte ich einen Rückruf.

    Ich verstehe nicht, warum die Höhe des Vorschusses für die Erstellung des Verkehrswertgutachtens hier von so großer Wichtigkeit sein soll. Die Beauftragung eines SV kann doch nicht von einem Auslagenvorschuss abhängig gemacht werden. Gem. § 74 a ZVG wird der Verkehrswert durch das Gericht "nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen": Abs. 5 S. 1 festgesetzt. Wir haben doch z.B. bei Auslagenfreiheit des Gläubigers keinen Vorschuss. Gleichfalls verstehe ich nicht, warum die Geschäftsstelle ohne Rücksprache mit dem zuständigen Rechtspfleger die Auslagenerstattung abgelehnt hat.

  • Natürlich möchten die Beteiligten den Wert vom SV haben, wie es gerade passt. Wenn aber schon Gl. und Schuldner sagen, hat keinen Wert, muss der SV doch vor aufwändigen Ermittlungen rückfragen, ob das vom Auftrag gedeckt ist, auch wenn vielleicht sein Widerspruchsgeist geweckt wurde. Hätten seine Untersuchungen nämlich die Einschätzungen der Beteiligten bestätigt, stünde die Vergütung nun wirklich im krassen Missverhältnis.
    Ich habe z.B. ein ehemaliges Hotel mit Gaststätte, da hatte die Sch. so viele Balken des alten Fachwerkhauses entfernt, dass es einsturzgefährdet erscheint, Gewissheit kann man aber nur mit einer neuen Statik (oder dem Einsturz) bekommen. Das hat der SV ins Gutachten geschrieben, aber keine Statik berechnet. Es ist Aufgabe des SV, das Objekt so zu bewerten, wie es sich auch dem Interessenten darbietet, ohne spezielle Sonderuntersuchungen.



    Dein Vergleich hinkt leider etwas, da eine Statikberechnung nunmal nicht in den Bewertungsbereich fällt.
    In Stefans Fall könnte es aber durchaus sein, dass die SV-Tätigkeit im abgerechneten Umfang durchaus notwendig war, sofern man zu einem korrekten Wert kommt. Dazu muss er aber selbst entscheiden.

    Wir sind uns aber insoweit einig: Bei 5-stelligen Vergütungsrechnungen wäre eine vorherige Anzeige beim Gericht definitiv sinnvoll, wenn nicht gar erforderlich gewesen.


  • Einerseits denke ich kann § 407a ZPO nicht uneingeschränkt auf das ZVG Verfahren angewendet werden, ...



    Der Grund für diese Mitteilungspflicht, nämlich den Beteiligten das Abwägen von Prozessrisiko und Kostenrisiko zu ermöglichen (Zöller, Rdnr. 3 zu § 407a ZPO), kann aber doch auch Geltung in der Zwangsversteigerung haben.

    Auch das Versteigerungsverfahren ist ein Antragsverfahren, selbt wenn das Gutachten von Amts wegen einzuholen ist. Es muss mE den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, das Verfahren ggf. anders zu erledigen (zB durch freihändigen Verkauf) oder den Antrag zurückzunehmen, wenn die Kosten erheblich den Rahmen zu sprengen drohen. Insbesondere wenn die Kosten die zu vollstreckende Forderung überschreiten sollten.

    Schließlich muss auch bei einem amtswegigen Gutachten irgendwer die Zeche zahlen, hier Gläubiger oder Schuldner.

    Eine Rückfrage des Sachverständigen würde ich in einem solchen Fall übrigens auch zwingend erwarten, wenn ich keinen Vorschuss angefordert hätte.

  • Mein letztes Altlastengutachten hat rd. 23.000 € gekostet.
    In anderen Extremfällen -ohne Altlasten- konnte es auch mal in den Bereich zwischen 5-8.000 € gehen, darüber war ich noch nie, soweit ich mich daran erinnere.
    In Anlehnung an #22 geben die bisherigen Angaben eine verdammt grosse Bandbreite her.
    Falls das Objekt nicht in irgendeiner Hinsicht als Exot zu bezeichnen ist, würde ich mit der Formulierung beginnen: Überlicherweise liegen die Schätzungskosten für derartige Objekt im Bereich von....€.

  • Nur ein kleiner Hinweis zur weiteren Meinungsfindung:

    Sogar das Bundesverfassungsgericht hat sich in einem durchaus vergleichbaren Fall (allerdings nicht die Zwangsversteigerung betreffend) bereits mit der Sachverständigenvergütung nach JVEG befasst: Beschluss vom 26.07.2007, 1 BvR 55/07. (Einen kostenfreien link habe ich leider nicht gefunden.)



    Zur Erhellung (nach juris):
    In diesem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung eines schweizerischen Schiedsspruchs ging es um ein Gutachten über die Frage, ob letztlich ein Abtretungsausschluß auf der Grundlage indischen Rechts wirksam vereinbart sei.
    Das Gericht forderte einen Vorschuß an, der Sachverständige teilte mit, daß dieser Vorschuß voraussichtlich nicht reichen werde, er werde sich jedoch melden, wenn der Vorschuß verbraucht sei. Eine solche Meldung erfolgte nun nicht, stattdessen legte er sein Gutachten vor und rechnete etwa das 37fache des Vorschusses ab. Das Gericht setzte seine Vergütung auf der Grundlage eigener Zeitaufwandsschätzungen schließlich auf weit weniger fest.
    Diese Schätzung hatte vor dem BVerfG keinen Bestand, allerdings enthält dessen Beschluß a.E. die Feststellung, daß der Sachverständige gegen seine Pflicht aus § 407a ZPO verstoßen habe, indem er sich nicht, wie angekündigt meldete, als der Vorschuß verbraucht schien.

  • Um noch mal auf das Ausgangsposting zurückzukommen: Ich verstehe das so, dass die Begründung für die Herabsetzung des Vergütungsanspruches hier die deutliche Überschreitung des Kostenvorschusses ist. Meine Erfahrung besagt jedoch, dass der SV im ZV-Verfahren meist gar nicht weiß, ob und wieviel Vorschuss geleistet worden ist. Die Beiträge im weiteren Diskussionsverlauf deuten darauf hin, dass das auch hier der Fall ist. Ergo: Kannte er die Höhe des Vorschusses nicht, konnte er auch dessen deutliche Überschreitung nicht anzeigen und die o. a. Begründung der Kostenbeamtin greift m. E. nicht. War ihm die Höhe des Vorschusses entgegen meiner Vermutung jedoch bekannt, hätte er auf die Überschreitung (auch im ZV-Verfahren) zweifellos hinweisen müssen.

    Weiter heißt es im Ausgangssachverhalt: "Es wird unterstellt, dass die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wurde und seine Auslagen angefallen sind." Dies wiederum deute ich dahingehend, dass keine Zweifel bezüglich der abgerechneten Arbeitsstunden und ggf. der entstandenen Auslagen bestehen. Demnach dürfte es wenig bis gar keinen Sinn machen, den SV zu einer weiteren diesbezüglichen Erläuterung aufzufordern. Denn wenn keine Zweifel bestehen, kann er mit weiteren Erklärungen ja auch keine Zweifel beseitigen.

    Zu der Frage, ob die entstandenen Kosten "erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes" im Sinne von § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO stehen, kann ich aus der Ferne natürlich nichts sagen. Allein die absolute Höhe kann hier m. E. ein Indiz dafür sein. Die Tatsache, dass sie ca. 20 % des Verkehrswertes betragen, könnte hingegen eher dagegen sprechen. Das kann bei anderer Ausgangslage schon mal vorkommen.

    Was mich am Sachverhalt allerdings "stört", resultiert aus § 407a Abs. 3 Satz 1 ZPO. Dort heißt es: "Hat der Sachverständige Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages, so hat er unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen." Wenn ein "gerichtserprobter" SV bei einem Verkehrswertgutachten im ZV-Verfahren Kosten im hohen fünfstelligen Bereich produziert, dann sollten (oder vielmehr "müssen") ihm doch Zweifel am Umfang seines Auftrages kommen! Und selbstverständlich hätte er m. E. (unabhängig vom zu erwartenden Verkehrswert) auch darauf hinweisen müssen.

    PS: Unabhängig davon schließe ich mich Benutzer in Posting #22 an: Das Gutachten möchte ich sehen ;)

  • Ich hänge mich hier mal mit folgender Frage ran:
    kann ich in meine vorläufige Kostenrechnung für das geringste Gebot die Sachverständigenauslagen für ein Gutachten aus einem früheren Verfahren, welches durch Rücknahme endete, einstellen.
    Hintergrund ist folgender: Die WEG betreibt, Kosten für das Gutachten wurde auch von der WEG bezahlt. Dann kommt der Grundpfandrechtsgläubiger und löst ab, die WEG nimmt dann den Antrag zurück. Das Spiel hatten wir bereits 3 mal. Zum morgigen Termin wurde die WEG heute wieder abgelöst, diese hat ihren Antrag zurückgenommen, der Grundpfandrechtsgläubiger betreibt diesmal aber auch und es wird wohl beim Termin bleiben. Kann also die WEG die Sachverständigenauslagen geltend machen, obwohl ihre Verfahren wegen der Ablösung immer mit Antragsrücknahme endeten ?

  • Nein, es sind nicht die Kosten deines Verfahrens. Kosten aus früheren Verfahren, sind Kosten gem. § 788 ZPO im Range des Rechts.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



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