Lebensversicherungen zur Nachlassmasse?

  • Wenn die Gelder aus der Lebensversicherung mangels Bezugsberechtigung oder mangels "greifender Bezugsberechtigung" (= Bezugsberechtigter vorverstorben; keine Ersatz-Bezugsberechtigung) in den Nachlass fallen : ja, sonst : nein (da die Gelder außerhalb der Erbfolge aufgrund Versicherungsvertrags direkt auf den Bezugsberechtigten übergehen). Interessant erscheint der Sonderfall der Bezugsberechtigung "der Erben", da m.E. auch in diesem Fall die Gelder außerhalb des Erbfalls aufgrund Bezugsbeerchtigung übergehen. Im letztgenannten Fall bin ich mir also nicht sicher, ob die LV in den Nachlass fällt.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Bei einer Lebensversicherung besteht die Möglichkeit, das Bezugsrecht für eine oder mehrere Personen zu bestimmen. Ist das der Fall, gehört die Auszahlungssumme m.E. nicht in den Nachlass.

    Ist aber nichts bestimmt oder sind "die Erben" als Bezugsberechtigte vermerkt, fällt der Betrag m.E. in den Nachlass.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
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  • TL:

    Man muss unterscheiden. Gibt es ein wirksames Bezugsrecht, geht die Versicherungssumme aufgrund des hierin liegenden Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall außerhalb des Nachlasses auf den oder die Bezugsberechtigten über. Liegt keine Bezugsberechtigung vor oder ist diese unwirksam, so fällt die Versicherungssumme in den Nachlass.

    Wenn "die Erben" als Bezugsberechtigte bestimmt sind, fällt die Versicherungssumme ebenfalls nicht in den Nachlass. Das Bezugsrecht bewirkt vielmehr nur, dass die Erben und die Bezugsberechtigten personell identisch sind. Es gilt also nichts anderes, als wenn der Alleinerbe im Wege des Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall ein Bankguthaben des Erblassers außerhalb des Nachlasses erwirbt.

    Bei der genannten Bezugsberechtigung ("die Erben") ist übrigens Streit vorprogrammiert, weil nicht klar ist, ob die gesetzlichen oder (vorrangig) evtl. Testamentserben gemeint sind.

  • Zitat von juris2112

    Bei der genannten Bezugsberechtigung ("die Erben") ist übrigens Streit vorprogrammiert, weil nicht klar ist, ob die gesetzlichen oder (vorrangig) evtl. Testamentserben gemeint sind.



    Was heißt Streit : Die Versicherung wird sich im eigenen Interesse einen Erbschein vorlegen lassen und somit kommen im Zweifel die "Erben" (vorrangig also die Testamentserben) zum Zuge ?!

    the bishop :kardinal:

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  • @juris2112: :huldigen:

    Wenn :hetti: was sagt, dann kann ich nur noch :beifallkl geben und trau´mich kaum noch im Forum meinen "Senf" dazuzugeben. :grin:

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  • the bishop:


    Bei kleineren Beträgen zahlt die Versicherung aber auch schon mal gg. Vorlage der Police und gleichzeitiger Abgabe einer Erklärung, daß die Antragsteller abschließend die Berechtigten sind (incl. Haftungsfreistellung), an die Antragsteller ohne Erbschein aus.

    Streit gibt´s dann aber trotzdem, wenn die "richtigen" Berechtigten kommen...

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  • the bishop:

    Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich wollte vielmehr darauf hinaus, dass es durchaus fraglich sein kann, wen der Erblasser mit der Bezugsberechtigung denn überhaupt begünstigen wollte. Für diese Beurteilung kommt es auf den Willen des Erblassers im Zeitpunkt der Begründung des Bezugsrechts an, der auch 20 Jahre vor dem Erbfall und auch zeitlich vor einer nachfolgenden Testamentserrichtung liegen kann. Es ist im Einzelfall somit eine Frage der Auslegung, ob der Erblasser seine gesetzlichen Erben (ohne Berücksichtigung eines vorhandenen Testaments) oder seine wahren Erben (also die Testamentserben) begünstigen wollte.

  • Zitat von juris2112

    Es ist im Einzelfall somit eine Frage der Auslegung, ob der Erblasser seine gesetzlichen Erben (ohne Berücksichtigung eines vorhandenen Testaments) oder seine wahren Erben (also die Testamentserben) begünstigen wollte.



    Interessante Problematik. Da das doch sicher schon 2-3 mal vorgekommen sein wird, dürfte es doch schon Rechtsprechung (oder entsprechende Zweifelsregelungen in den Versicherungsbedingungen o.ä.) hierüber geben ?!?

    the bishop :kardinal:

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  • OLG Köln FamRZ 2005, 552:

    Sind die Bezugsberechtigten mit der Formulierung "die gesetzlichen Erben" oder "gesetzliche Erbfolge" bezeichnet, sind Testamentserben regelmäßig nicht gemeint.

    Für die Formulierung "die Erben" gibt § 167 Abs.2 VVG eine Auslegungsregel, die allerdings nur gilt, wenn die individuelle Auslegung des Erblasserwillens zu keinem Ergebnis führt:

    (2) Soll bei einer Kapitalversicherung die Leistung des Versicherers nach dem Tode des Versicherungsnehmers erfolgen und ist die Zahlung an die Erben ohne nähere Bestimmung bedungen, so sind im Zweifel diejenigen, welche zur Zeit des Todes als Erben berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile bezugsberechtigt. Eine Ausschlagung der Erbschaft hat auf die Berechtigung keinen Einfluß.

    ----------------

    Im Einzelfall kann auch § 2066 S.1 BGB analog anzuwenden sein (Damrau FamRZ 1984, 443),

    Ganz problematisch wird es, wenn der Erblasser Nacherbfolge angeordnet hat, weil dann völlig unklar erscheint, wer zu welchen Anteilen bezugsberechtigt sein soll (hierzu vgl. etwa OLG Schleswig ZEV 1995, 415 und ZEV 1999, 107 sowie Muscheler ZEV 1999, 229).

    Also ein weites Feld!

  • Wir haben jetzt genau den Fall, dass die Versicherung nur an die "gesetzlichen Erben" auszahlen will.
    Erblasser ist ohne Testament verstorben. Nachlasspflegschaft wurde angeordnet, da die Erben unbekannt sind und sicherungsbedürftiger Nachlass vorhanden ist. Der Nachlasspfleger macht unter Hinweis auf seine Stellung als Vertreter der noch unbekannten gesetzlichen Erben die Versicherungssumme geltend. Die Versicherung verweigert die Zahlung (nachdem ich diesen Thread gelesen habe m.E. zu Recht) und weist gleichzeitig auf die Verjährung des Zahlungsanspruches hin. Die Versicherung geht von einer Verjährungsfrist von drei Jahren aus.
    Ich finde es sehr unbefriedigend, dass die Versicherung ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen will. Könnte man in solchen Fällen nicht die Bestellung eines Pflegers für unbekannte Beteiligte anregen? Der Pfleger könnte dann die Versicherungssumme anfordern und müsste die unbekannten gesetzlichen Erben ermitteln (neben dem Nachlasspfleger).

  • Wenn "die Erben" als Bezugsberechtigte genannt sind dann fällt der Betrag nicht in den Nachlass und der NP kann den Anspruch nicht geltend machen. Es bliebe wohl wirklich nur der Weg über Abwesenheitspflegschaft. Aber andere Frage, mal die Verjährungsproblematik aussen vor, wäre die Versicherung nach Kenntnis vom Versicherungsfall nicht verpflichtet den Betrag für die unbekannten Berechtigten zu hinterlegen?

  • Aber andere Frage, mal die Verjährungsproblematik aussen vor, wäre die Versicherung nach Kenntnis vom Versicherungsfall nicht verpflichtet den Betrag für die unbekannten Berechtigten zu hinterlegen?



    Ich meine, die Versicherungen/Banken haben in ihren AGB´s drinnen stehen daß, wenn der Anspruch nicht nach soundsoviel Monaten geltend gemacht wird, das Guthaben an die Versicherung/Bank fällt.

    Mit deiner Unterschrift unter der Versicherung/Vertrag erklärst du dich damit einverstanden.

  • Wenn also
    - einziger bekannter Vermögensgegenstand des Erblassers eine LV wäre mit Bezugsrecht für die Erben
    - und die Erben unbekannt wären
    dann würdet Ihr also keine nachlasspflegschaft anordnen? Sondern? :gruebel:


  • Ich meine, die Versicherungen/Banken haben in ihren AGB´s drinnen stehen daß, wenn der Anspruch nicht nach soundsoviel Monaten geltend gemacht wird, das Guthaben an die Versicherung/Bank fällt.

    Selbst wenn es so eine Klausel gäbe, meinst Du, dass die die Inhaltskontrolle überleben würde?

    Die Verjährung ist kenntnisabhängig. Ich denke, dass das Versicherungsunternehmen gerne verklagt werden möchte.

  • Das mit der Inhaltskontrolle hatten wir auch schon überlegt. Könnte aber wieder die Probleme mit der Verjährung hervorrufen, falls "wir" nicht Recht bekommen.
    Wir hatten uns jetzt überlegt, dass zum Einen der Nachlasspfleger versuchen soll, die Versicherung auf Auszahlung zu verklagen (Inhaltskontrolle) und wir gleichzeitig bei der Betreuungsabteilung anregen, einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen.
    Seht Ihr Probleme, wenn dieses Amt auch dem Nachlasspfleger übertragen wird, so dass er dann zwei Ämter inne hat?

  • Eine Klausel mit der der Kunde auf die gesetzliche Verjährung verzichtet? Überraschender geht es doch gar nicht. Kein bei trost seiender Bankkunde würde so etwas bei Kenntnis der AGB unterschreiben.

    Der NP kann nicht klagen. Nicht der Nachlass hat einen Anspruch gegen die Versicherung, sondern "die Erben" aus in ihrer Person entstandenem Recht. Dieses Recht können sie nur selbst wahrnehmen.

    Personalunion aus Nachlasspfleger und Abwesenheitspfleger? mir drückt der Bauch ein wenig aber ich kanns noch nicht in Worte fassen.

  • Personalunion aus Nachlasspfleger und Abwesenheitspfleger? mir drückt der Bauch ein wenig aber ich kanns noch nicht in Worte fassen.

    Genauso ist unser Empfinden: Der Nachlasspfleger ist in der Materie, aber wir haben ja mal gelernt, dass Personalunion immer gefährlich ist. Da wir uns der Gefahren bewusst sind, wir unser Bauchgrummeln aber nicht in Worte fassen können, meine Frage, ob Ihr Euer Bauchgrummel in Worte fassen könnt. Sonst überwiegen unseres Erachtens in diesem Fall die Vorteile dermaßen, dass wir der Betreuungsabteilung dieses eine Mal vorschlagen werden, den Nachlasspfleger ganz ausnahmsweise zu bestellen.

  • Da es ja kein Testament gibt, ist der erste Teil nicht problematisch.
    Was allerdings die Bestimmung der Bezugsberechtigung angeht, müssen wir mal schauen.

    Zunächst vielen Dank für die Antworten.

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