Lebensversicherungen zur Nachlassmasse?

  • Der Versicherunganspruch fällt aufgrund des Bezugsrechts nicht in den Nachlass. Also ist der Nachlasspfleger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Entgegennahme der Versicherungsleistung zuständig. Ob der Personenkreis der Bezugsberechtigten und der Erben identisch ist, spielt hierfür keine Rolle.

  • Im Gegensatz zum TV ist der NLP nicht Partei Kraft Amtes sondern gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben. Seinen Wirkungskreis legt dabei das Gericht fest. Er ist aber immer gesetzlicher Vertreter der Erben. Egal wie der Wirkungskreis ausgestattet ist.

    Insofern wäre tatsächlich überlegenswert, ob man nicht den Wirkungskreis auch auf die „vom sonstigen Nachlass abgesonderte Verwaltung der Versicherungsleistung“ bestimmen könnte.

    Ich hab mal so gearbeitet und es hat prima geklappt. Halte das auch für eine rechtlich vertretbare Variante.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Der Nachlasspfleger ist - das liegt in der rechtlichen Natur der Dinge - nur für den Nachlass zuständig.

    Sind die Bezugsberechtigten unbekannt, ist das ein Fall für eine Pflegschaft nach § 1913 BGB.

    Wurden hier nicht schon Fälle besprochen in denen der Nachlasspfleger schneller als die Versicherung sein soll und die Wirksamkeit des Schenkungsvertrages an den Bezugsberechtigten durch widerspruch unterbinden soll. Wenn der Nachlasspfleger jetzt das Geld hat, dann hat er doch das Bezugsrecht beerdigt und der Nachlasspfleger verteilt gemäß Erbschein an die Erben. Ich glaube, ich hätte hierniemanden danach gefragt. Die Versicherung hat doch die Suche um ihrer Verpflichtung gerecht zu werden eingestellt und an den NACHLASS ausgezahlt.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
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  • In #56 ist von einer entsprechenden Tätigkeit des Nachlasspflegers überhaupt keine Rede. Wäre er entsprechend tätig geworden, würde sich die aufgeworfene Frage im Übrigen überhaupt nicht stellen.

    Cromwell

    Ich weiß, um #56 geht es doch schon gar nicht mehr, seit es mit #57 beantwortet war.

    Hier ist doch aber schon um einiges weitergesponnen worden und daraus resultiert wiederum mein "weiterspinnen".

    Und Du weißt doch: Es gibt keine Blöde Fragen, nur Blöde Antworten und die sind hier immer ein kann, aber kein muss!

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  • Der Nachlasspfleger ist - das liegt in der rechtlichen Natur der Dinge - nur für den Nachlass zuständig.

    Sind die Bezugsberechtigten unbekannt, ist das ein Fall für eine Pflegschaft nach § 1913 BGB.

    So einfach ist das nicht. Der § 1960 BGB spricht eindeutig nur davon, dass für die Erben ein Pfleger bestellt wird und nicht "für den Nachlass".

    Der Nachlass ist keine eigene Rechtsperson und wenn der Pfleger handelt, verpflichtet er auch nicht "den Nachlass", sondern immer nur "die Erben" und das sogar ganz direkt und ohne deren Zutun, noch dazu sich die Nachlassmasse mit dem Eigenvermögen des Erben unmittelbar mit dem Erbfall verschmilzt.

    Ich hätte mich gefreut, wenn du etwas feinsinniger dieser Spur folgen würdest, denn dass der Nachlasspfleger die Bezugsberechtigten nicht quasi per Amt vertrtitt, ist klar. Aber wenn die Bezugsberechtigten "die Erben" sind, ist es durchaus überlegenswert, wenn man mal die Rechtsstellung des NLP hinterfragt und nicht einfach nur darauf verweist, dass er eben (weil das imnmer so ist) den Nachlass verwaltet. Das ist oft so, aber er ist eben nicht der Vertreter des Nachlasses. Die Verwaltung des Nachlasses ist sein üblicher Wirkungskreis, der ihm vom Gericht auferlegt wird, aber nicht Legaldefinition seiner Tätigkeit.

    "Die Erben" sind "die Erben". Und die werden vom Pfleger vertreten. Es geht einzig um dessen Wirkungskreis und ich wiederhole mich gerne, dass ich mit entsprechend erweitertem Wirkungskreis schon von Versicherungen so die Ansprüche einziehen konnte. Aber natürlich muss ich dann die Beträge vom Nachlass getrennt halten bzw. darf damit eigentlich keine Nachlassverbindlichkeiten oder Nachlassregelungskosten begleichen. Das ist aber wieder ein anderes Thema.

    Das Thema mit dem Widerruf der Bezugsberechtigung ist eine schwierige Sache, wenn die Erben unbekannt sind. In der Regel kann der NLP nur den Auftrag an die Versicherung, den Eintritt des Bezugsrechts dem Bezugsberechtigten mitzuteilen, widerrufen. Die Versicherungen gehen dann inzwischen dazu über, an niemanden mehr auszuzahlen odre aber für die unbekannten Berechtigten zu hinterlegen.

    Ich halte das für ein wichtiges Thema, denn in was weiß ich wievielen Fällen habe ich eine LV im Nachlass mit Bezugsberechtigung für "die Erben" und wie oft kommt man da nicht ran und die Versicherung behält die Kohle einfach für sich. Das ist eigentlich ein Unding. Noch dazu, weil die Betreuungsgerichte sich oft weigern einen Pfleger zu bestellen, weil Sie "kein Bedürfnis" sehen. Das Geld kommt ja nicht weg, meinen sie.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (26. März 2021 um 14:21)

  • Der Nachlasspfleger vertritt den "welcher Erbe wird" (§ 1960 Abs. 2 BGB) in Bezug auf die Sicherung des Nachlasses (§ 1960 Abs. 1 BGB).
    Die Anordnung der Nachlasspflegschaft ist eine Sicherungsmaßnahme in Bezug auf den Nachlass.

    Eine Vertretung darüber hinaus durch den Nachlasspfleger ist durch § 1960 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Absatz 2 bezieht sich auf den Absatz 1. Aber auch die Formulierung "welcher Erbe wird" bezieht sich auf den Übergang des Vermögens im Rahmen des § 1922 BGB.

    Ich bring's mal auf den Punkt:

    Der Nachlasspfleger ist ein Nachlasspfleger und kein Erbenpfleger.

    4 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (26. März 2021 um 19:58)

  • Das Gericht bestellt für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger.

    Das ist keine Pflegschaft für eine Sache, sondern für eine unbekannte Person.

    Dreht es wie ihr wollt.

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  • Der Nachlasspfleger ist - das liegt in der rechtlichen Natur der Dinge - nur für den Nachlass zuständig.

    Sind die Bezugsberechtigten unbekannt, ist das ein Fall für eine Pflegschaft nach § 1913 BGB.

    Ich war bisher immer der Meinung, die Nachlasspflegschaft ist eine Sonderform der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, und zwar dann, wenn die unbekannten Beteiligten Erben einer verstorbenen Person sind. Und auch die unbekannten Bezugsberechtigten sind die Erben einer verstorbenen Person.

    Schließt insoweit die Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht die Anordnung einer weiteren Pflegschaft durch das Betreuungsgericht aus?

  • Der Nachlasspfleger ist - das liegt in der rechtlichen Natur der Dinge - nur für den Nachlass zuständig.

    Sind die Bezugsberechtigten unbekannt, ist das ein Fall für eine Pflegschaft nach § 1913 BGB.

    Ich war bisher immer der Meinung, die Nachlasspflegschaft ist eine Sonderform der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, und zwar dann, wenn die unbekannten Beteiligten Erben einer verstorbenen Person sind. Und auch die unbekannten Bezugsberechtigten sind die Erben einer verstorbenen Person.

    Schließt insoweit die Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht die Anordnung einer weiteren Pflegschaft durch das Betreuungsgericht aus?

    Es kann durchaus unbekannte Bezugsberechtigte geben (z.B. eine Jugendliebe, der der Erblasser vor vielen Jahren mal ein Bezugsrecht eingeräumt hat). Diese unbekannte Bezugsberechtigte ist aber keine unbekannte Erbin und wird deshalb ganz gewiss nicht vom NP vertreten. Es mag Sinn haben für sie einen Pfleger nach § 1913 BGB zu installieren.

    In dem Fall des § 160 Abs. 2 VVG sehe ich aber keinen Raum für eine Pflegschaft nach § 1913 BGB. Die Bezugsberechtigten, die Erben wären, wenn sie nicht ausgeschlagen hätten, können nicht unbekannt sein. Sie sind ja gerade erst zwecks Ausschlagung beim Gericht aufgetaucht.

  • Das Gericht bestellt für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger.

    Das ist keine Pflegschaft für eine Sache, sondern für eine unbekannte Person.

    Dreht es wie ihr wollt.

    Dem stimme ich vollkommen zu. Etwas anderes habe ich auch nicht behauptet. Im Kern geht es hier darum in welchem Umfang der Nachlasspfleger den Erben vertreten darf, d.h. um die Reichweite der gesetzlichen Vertretungsmacht.

    Der Nachlasspfleger vertritt den unbekannten Erben eben nicht umfassend, sondern seine Vertretungsmacht ist nach § 1960 Abs. 1 und 2 BGB auf die Sicherung des Nachlasses beschränkt. Eine Parallele kann man zum Unterschied zwischen General- und Spezialvollmacht ziehen, auch wenn es sich hier um einen gesetzlichen Vertreter handelt. Dieser maximale Rahmen der Vertretung des Erben zur Sicherung des Nachlasses wird vom NLG durch die Bestellung weiter konkretisiert bzw. eingeschränkt.

    Zum Beispiel kann der Nachlasspfleger als Vertreter des Erben weder einen Erbschein beantragen noch die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, da dies über die Sicherung des Nachlasses hinausgeht.

    Auch vertritt der Nachlasspfleger die Person des Erben nur in ihrer Eigenschaft als Erbe ("welcher Erbe wird").

    Wenn in einer Lebensversicherung als Bezugsberechtigter "der Erbe" genannt ist, dann erwirbt dieser die Leistung nicht im Rahmen des Erbfalls, sondern es handelt sich um eine lebzeitige Zuwendung auf den Todesfall. Die Forderung gegenüber der Versicherung fällt nicht in den Nachlass.

    Die Vertretung in Bezug auf die Lebensversicherung ist also weder eine Vertretung für den "welcher Erbe wird" (§ 1960 Abs. 2 BGB) noch handelt es sich um eine Vertretung des Erben im Rahmen der Sicherung des Nachlasses (§ 1960 Abs. 1 BGB).

    Eine wirksame Vertretung durch den Nachlasspfleger ist also nicht möglich.

    5 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (27. März 2021 um 12:26)

  • Als Nachlasspfleger vertrete ich aber nicht nur den Erben in Bezug auf den Nachlass.

    Ich verpflichte ihn direkt mit meinen Handlungen. Begründe z.B. neue und vom Nachlass unabhängige Verbindindlichkeiten, die der Erbe sich zurechnen lassen muss. Völlig unabhängig vom Nachlass. Bis hin zu Schadensersatzansprüchen Dritter, die ich durch Handeln oder Unterlassen gegen die Erben begründen kann.

    „Der Nachlass“ ist mein Sicherungsobjekt, aber nicht das, in dessen Interesse ich tätig werden soll. Das ist einzig der Erbe und dessen gesetzlicher Vertreter bin ich solange und sogar parallel zu dessen eigenen Handlungen, bis die Pflegschaft aufgehoben ist.

    Ich glaube es ist einzig eine Frage des Wirkungskreises. Mehr nicht.

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  • Da gehe ich mit, dass das eine Frage des Wirkungskreises ist. Dessen Rahmen ja - wie dargelegt- durch § 1960 Abs. 1 und Abs. 2 BGB vorgegeben ist.

    Ob neue Verbindlichkeiten, die ein Nachlasspfleger für die Erben (i.d.R. Erbengemeinschaft zur gesamten Hand vor der Auseinandersetzung) im Rahmen der Sicherung des Nachlasses eingeht, wirklich völlig unabhängig vom Nachlass sein können, da hätte ich Zweifel.

    Wenn das anders wäre dann könnte ein Nachlasspfleger die Haftungsregelungen der §§ 2058 ff. BGB zu Lasten der Erben (sogar schon vor der Auseinandersetzung) durchbrechen.

    Bei solchen vom Nachlasspfleger durch Rechtshandlungen begründete Verbindlichkeiten handelt es sich um Nachlassverbindlichkeiten
    (vgl. § 1967 Abs. 2 BGB ; siehe auch Palandt § 1967 Rdnr.7 und Rdnr 9). Jeder Nachlasspfleger wird ja auch klar machen, dass er Verbindlichkeiten als Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des X eingeht. Eine Vertretung ohne Offenlegung, dass es sich um eine Vertretung als Nachlasspfleger für die Erben des X handelt, wäre meines Erachtens mangels Vertretungsmacht unwirksam mit der Folge, dass der Nachlasspfleger im Außenverhältnis erstmal persönlich haftet.

    Der Erbe, der von seiner Erbschaft noch nichts weiß, muss immer die Möglichkeit haben seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Insofern sind Verpflichtungen des Nachlasspflegers, die für den Erben wirken, die vollkommen unabhängig vom Nachlass sind, nicht denkbar.

    12 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (27. März 2021 um 17:57)

  • Der Erbe ist nicht Erbe, wenn er nicht Erbe ist. Ist er Erbe ist er Erbe.

    Und ist er Erbe, kann er die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränken. Ich glaube aber nicht für Haftungen, die z.B. aus einer schuldhaften Unterlassung des NLP entstanden sind (Oma bricht sich Fuss auf ungeräumtem Gehweg des NL-Grundstücks). Sowas dürfte keine Nachlassverbindlichkeit sein.

    Will der Erbe diese Haftung ausschließen, muss er das Erbe ablehnen. Meine ich. Bin mir aber grad nicht ganz sicher :)

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  • Das ist aber jetzt ein ganz neuer Sachverhalt und hat mit der Frage wieweit die Vertretungsbefugnis des Nachlasspflegers in Bezug auf die Erben geht nichts mehr zu tun.

    Wenn der Nachlasspfleger schuldhaft durch Unterlassen Verkehrssicherungspflichten verletzt und daraus Schadensersatzansprüche resultieren, dann wird er dafür persönlich selbst haften (und ist hoffentlich versichert). Warum sollte der Erbe dafür haften?

    Einmal editiert, zuletzt von Montgelas (27. März 2021 um 20:18)

  • Liebe Kollegen, bitte helft mir doch mal "auf die Sprünge"…
    Ich habe mir Alles durchgelesen, aber der Durchblick fehlt noch.
    Entgegen Beitrag 41 habe ich einen Fall, wo die Bezugsberechtigten von 2 Versicherungen die Erben sein sollen. Es wird also nicht unterschieden zwischen gesetzlichen und testamentarischen Erben.

    (Hier meine erste Zwischenfrage: Diese Info habe ich aus Schreiben der Versicherungen. Die Verträge liegen mir bisher nicht vor. Würde euch das ausreichen?)

    Habe ich das richtig verstanden? Weil theoretisch Ausschlagungen erklärt werden könnten und dann die "nachlassrechtlichen Erben" mit den Bezugsberechtigten, die eigentlich auch Erben genannt wurden, nicht identisch sein könnten, zahlt die Versicherung nicht aus. Und deshalb ist eine Pflegschaft nach § 1913 B erforderlich.

    Und diese Widerrufsgeschichte muss der Nachlasspfleger grundsätzlich machen, damit der Nachlass so groß wie möglich wird?
    Mir kommt das so widersprüchlich vor, weil in meiner Akte bisher keinerlei Anzeichen dafür sind, dass die Erben und die Bezugsberechtigten nicht identisch sein könnten. Dann würde ich hier in der Betreuungsabteilung eine Pflegschaft einrichten, damit letztendlich diese Versicherungserlöse doch in den Nachlass fallen?

    Wie würdet ihr denn den Wirkungskreis des Pflegers formulieren?
    Wie würde es kostenrechtlich laufen?

  • Was die Versicherungen für „Erben“ brauchen, kann dir egal sein.

    Zu meiner Zeit im Nachlass hat eine Versicherung erklärt, sie bräuchten zum Auszahlen die Erben, die das NG für sie zu ermitteln habe. An den Nachlasspfleger würden sie nicht auszahlen, da dieser die unbekannten Erben vertreten würde, sie aber an die wahren Erben auszuzahlen hätten.

    Ich habe der Versicherung damals mitgeteilt, sie könne mich und habe die Akte an das BG weitergeleitet. Ob dort eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte angeordnet wurde??? Aber der Pfleger nach § 1913 BGB vertritt ja auch Unbekannte.

    Soll sich doch der Nachlasspfleger mit der Versicherung rumärgern oder auf dem Geld sitzen bleiben.

  • Egal ist vieles, aber nicht alles.

    Besteht ein Bezugsrecht für „die Erben“, geht dieses außerhalb des Nachlasses auf die Erben über. Und zwar die, die unmittelbar Erbe geworden wären. Ausschlagungen zum Beispiel bleiben unberücksichtigt. Klingt komisch, ist aber so.

    Wenn nun der Nachlasspfleger (insbesondere Bezugsrechte für Dritte) nicht versucht „durch Widerruf“ solche Bezugsrechte für die von ihm vertretenen Erben zu realisieren, kommt er wahrscheinlich diesen Erben gegenüber in die Haftung. Dabei wird deutlich, dass der NLP nicht den potentiellen Willen eines Erblassers zu vollstrecken hat, sondern rein die wirtschaftlichen Interessen der Erben vertritt.

    Merkt ein Nachlassgericht (was selten genug vorkommt / siehe vorstehendes Posting), dass der NLP im Hinblick auf Bezugsrechte nichts unternommen hat, kommt es seiner Aufsichtspflicht nicht nach.

    Inzwischen geben die Versicherungen den Nachlass nicht mehr an den NLP deswegen bei einem Widerruf heraus, weil der Wirkungskreis immer „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses“ lautet und die Versicherungsleistung eben kein Teil des Nachlasses ist. Das Problem sind also nicht die unbekannten Erben, sondern liegt im Wirkungskreis des Pflegers. Folglich akzeptieren viele Versicherungen, wenn der Wirkungskreis auch auf „Geltendmachung, Einzug und Verwaltung der Versicherungsleistung XY“ erweitert wird. Ob das richtig ist, mag man bezweifeln, denn eigentlich ist der Nachlasspfleger dem Gesetz nach nur für den Nachlass bestellt und müsste dann das Betreuungsgericht vom NLG ersucht werden, einen 1913Pfleger mit dementsprechendem Wirkungskreis zu bestellen.

    Bei Bezugsrechten für Dritte wird oft nach Widerruf durch den NLP von der Versicherung hinterlegt. Weil diese nicht prüfen kann und will, ob der Widerruf wirksam ist. Dann hat der NLP wenigstens den Anspruch gesichert und wenn die Erben ermittelt sind, sieht man weiter.

    Im Falle von überschuldeten Nachlässen kann durch geschicktes Vorgehen des NLP manchmal sogar ein schon ausbezahltes Bezugsrecht noch vom NLP durch Vergleich teilweise rückgefordert werden. oder der NLp beantragt die Nachlassinsolvenz und der InsoV macht ne Anfechtung der auf den Todestag erfolgten Schenkung, die dem Bezugsrecht in der Regel zugrunde liegt.

    Ist ne verzwickte Kiste, aber ich möchte nicht wissen, wieviele Versicherungsleistungen so jährlich „unter den Tisch fallen“, weil die Versicherung sich schön stumm stellt und irgendwann ausbucht. Noch dazu, wenn sie dementsprechende Antwort eines Gerichts -wie vorstehenden dargestellt- bekommt, weil sie sich „erdreistet“, den Auszahlungsempfänger ermitteln zu wollen.

    Soweit man als Betreuungsgericht tätig ist, gilt das natürlich auch für die Frage ob man eine Pflegschaft nach 1913 anordnen soll. Oder aber wenn man die Aufsicht über einen Betreuer hat, der ein solches Bezugsrecht nicht widerruft, wenn der Betreute Erbe wurde und bei Wegfall des Bezugsrechts die Lebensversicherungsleistung dann nicht an einen Dritten sondern in das Vermögen des Betreuten fallen würde.

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    4 Mal editiert, zuletzt von TL (20. Juni 2022 um 22:53)

  • Was mein Vorredner schildert, ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass das Gericht irgendwelche Wirkungskreise der Nachlasspflegschaft festlegen soll, nur weil Dritte (meist Banken, hier Versicherungen) nicht in der Lage sind, die zutreffende Rechtslage zu erkennen.

    Das Recht zum Widerruf einer Bezugsberechtigung steht zweifelsfrei den unbekannten Erben zu, sodass ein solcher Widerruf problemlos vom Wirkungskreis der Pflegschaft gedeckt ist ("Verwaltung des Nachlasses" im Sinne der Ausübung eines den unbekannten Erben zustehenden Rechts).

    Ob der Widerruf letztlich durchgreift, ist eine völlig andere Frage. Greift er durch, gehört der Anspruch auf Auskehrung der Versicherungsleistung aber "wieder" zum Nachlass, sodass deren Vereinnahmung wiederum problemlos vom Wirkungskreis der Pflegschaft umfasst wird. Greift der Widerruf dagegen nicht durch, nützt auch der von TL beschriebene zusätzliche Wirkungskreis „Geltendmachung, Einzug und Verwaltung der Versicherungsleistung XY“ nichts, weil er nichts daran zu ändern vermag, dass der Anspruch auf Auskehrung der Versicherungsleistung nicht zum Nachlass gehört.

    Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass - wie TL zutreffend bemerkt - die Versicherung im Fall des vom Nachlasspfleger erklärten Widerrufs des Bezugsrechts lieber hinterlegt, und zwar selbst dann, wenn sich aus den Versicherungsunterlagen unschwer entnehmen ließe, dass der Widerruf im Einzelfall durchgreift.

    Nach dem Gesagten hängt die Antwort auf die Frage, ob der Nachlasspfleger die Versicherungsleistung vereinnahmen kann, von der zunächst zu beantwortenden Vorfrage ab, ob der von ihm erklärte Widerruf der Bezugsberechtigung wirksam ist. Wie TL zutreffend bemerkt, kann man diesen Ungewissheiten - und auch der Hinterlegung der Versicherungsleistung - aus dem Wege gehen, indem man für die unbekannten Gläubiger des Anspruchs auf Auskehrung der Versicherungsleistung (also natürlich nicht für die "unbekannten Erben") eine Pflegschaft nach § 1913 BGB anordnet.

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