"Verzicht auf Einwendungen" als Inhalt einer Dbk?

  • Hallo,

    in einem Vertrag ist ein Haufen unterschiedlicher Dienstbarkeiten bewilligt. Unter § 15 Ziffern 1-3 des Vertrages wurde die Duldung einer Grenzbebauung bewilligt. Damit habe ich kein Problem -> also rein damit. Aber jetzt kommts - es soll eine weitere Grunddienstbarkeit eingetragen werden:
    § 15 Ziffer 6 des Vertrages: "...Der Käufer verzichtet auf sämtliche Einwendungen gegen etwaige Verletzungen nachbarschützender Normen im Zusammenhang mit eventuellen für den Bahnbetrieb erforderlichen Bauvorhaben ..., die bauplanungsrechtlich - auch unter Zulassung von Ausnahmen und der Erteilung von Befreiungen, denen ebenfalls im Vorraus unwiderruflich zugestimmt wird - zulässig sind und von den Genehmigungsbehörden genehmigt werden...."

    Kann man sowas als Inhalt einer Dienstbarkeit sichern?

  • Erster Gedanke:

    Gibt es Anhaltspunkte, dass die Vereinbarung zum Zeitpunkt ihres Zustandekommens eine derart einseitige Lastenverteilung enthält, dass sie gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 BGB)?

    Nächster Gedanke:

    Es gibt Rechte, auf die man nicht verzichten kann. Gehören Einwendungen gegen Verletzung nachbarschützender Normen dazu?

  • Ich hänge mich mal hier dran...

    Inhalt meiner Dienstbarkeit lautet wie folgt:

    ...und verzichtet auf öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Abwehrrecht und Rechtsbehelfe gegen die Bebaauung der begünstigten Grundstücke 1 und 2 sofern und soweit die Bebauung des jeweiligen Grundstücks sich im Rahmen der Festsetzungen des des Bebauungsplans einschließlich etwaiger nach dem Bebauungsplan vorhergesehenen Ausnahmen hält....

    Also hab mir die Schö/Stö Randnummern (Mola) angeschaut und auch den von Zaphod erwähn ten DNotI-Report und die dem u.a. zugrunde liegende Entscheidung des LG Köln.
    Ich finde dass die hier gewählte Formulierung viel zu allgemein gehalten ist "solange ordnungsgemäß bebaut ist, kannst du keine Abwehrrechte jeglicher ö-rechtl. oder p-rechtl. geltend machen"....das ist doch nicht bestimmt....

    Ich tendiere eigentlich dazu das ganze als nicht eintragungsfähig einzustufen und so dem Notar mitzuteilen. Irgendwie brauch ich nur noch en paar Stimmen die mich in meiner Entscheidung bestärken - lass mich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen.

    Für das ein oder andere kurze Feedback wäre ich sehr dankbar.

  • Da das "ordnungsgemäß" (B-Plan...) bestimmbar (notfalls mit gerichtlicher Hilfe) ist, könnte es doch eintragbar sein.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Mmh ja, evtl. vielleicht schon...bin mir einfach zu unsicher, würde es so nicht eintragen. Deswegen Zwivfg und gucken was kommt. Trotzdem danke.

  • Da es in Deinem Fall um den Verzicht auf Abwehrrechte und Rechtsbehelfe gegen eine Bebauung des Grundstücks, die sich an den Festsetzungen des Bebauungsplans orientiert und auch nur Ausnahmen betrifft, die ebenfalls bereits im Bebauungsplan vorgesehen sind, ist der Umfang eigentlich bestimmbar.

    Ich hatte den Fall, in dem ein RM-verzicht auch für die Fälle vereinbart wurde, bei denen die Baubehörde Ausnahmen zugelassen hat. Vielleicht kannst Du daraus etwas verwerten. Ich fasse (Stand Anfang 2006) zusammen:

    Das Argument, die Zulässigkeit des Rechtsmittelverzichts orientiere sich an der größtmöglichen Belastung (BayObLG, DNotZ 2000, 62 und DNotZ 2004, 928), kann m.E. nach nicht greifen. Die Stellungahme im DNotI-Report 5/1997, 56/57 hält den Verzicht auf materiell-rechtliche Einwendungen auch nur gegen bestimmte an sich unzulässige Einwirkungen vom Nachbargrundstück für eintragungsfähig. Das LG Köln, Rpfleger 1994, 56, hat den Umfang des Rechtsmittelverzichts durch Auslegung ermitteln können, weil dort auf die für ein Mischgebiet geltenden Bestimmungen und Grenzwerte abgestellt war und sich diese Grenzwerte anhand objektiv feststellbarer Kriterien ermitteln ließen. Sollen jedoch nicht nur die baurechtlich genehmigungsfähigen Maßnahmen geduldet und hierzu ein Rechtsmittelverzicht vereinbart werden, sondern auch solche, zu denen die Genehmigungsbehörde Ausnahmen erteilt hat, ist offen, wie diese Ausnahmen aussehen könnten. Demzufolge kann auch nicht bestimmt werden, ob sich die mit dem Rechtsmittelverzicht verbundene Duldungspflicht lediglich auf die Beschaffenheit des Baukörpers und/oder die Art der Bebauung (z. B. Wohn- oder Gewerberäume) oder auch auf den Standort der Baumaßnahme bezieht (z. B. Unterschreitung des Grenzabstands), so dass sich auch die Reichweite des künftig zu Duldenden und der Umfang des Verzichts auf die Geltendmachung von Eigentümerrechten nicht konkret feststellen lässt. Dazu müsste das Recht einen objektiv bestimmbaren und damit hinreichend bestimmten Bedeutungsinhalt haben (BGH, NJW 2002, 1797/1798; MünchKomm/Falckenberg, BGB, 4. Aufl., § 1018 RN 10 m. w. N.). Ansonsten ist der Inhalt der Grunddienstbarkeit nur unvollständig geregelt, was dazu führt, dass die Bestimmtheit des Rechtsinhalts nicht gegeben ist (BayObLG, a. a. O.; MünchKomm/Falckenberg, § 1018 BGB RN 11). Dies wäre nur dann anders, wenn die Duldungspflicht allumfassend sein soll, sich vorliegend also auf jedwede Baumaßnahme beziehen würde und die Beteiligten außerhalb des Grundbuchs schuldrechtliche Ausnahmefälle vereinbaren würden (BayObLG, a. a. O. <zur Duldung immissionsrechtlich genehmigungspflichtiger Anlage> unter Zitat BayObLG, Rpfleger 1983, 391). Allerdings kann sich nach Ansicht von Bauer in Bauer/von Oefele, Grundbuchordnung, 1999, AT I RN 106 ein äußerlich auf den Ausschluss aller Abwehransprüche und damit abstrakt in eindeutiger Weise formulierter Dienstbarkeitsinhalt wegen seiner Dimension und Reichweite einer Übertragung in die Wirklichkeit entziehen und in seiner konkreten Bedeutung so wenig faßbar sein, dass er weder mit dem Bestimmtheits- noch mit dem Publizitätsgrundsatz vereinbar und deswegen nicht eintragungsfähig ist…“

    Eine Kollegin hat im Übrigen die Eintragung vorgenommen.

    Mayer führt im Staudinger, Bearb. 2009, § 1018 BGB RN 128 aus:
    „Ob auch ein Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigungen Inhalt einer Ausschlussdienstbarkeit sein kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Hier wird man zwischen dem verfahrensrechtlichen Verzicht auf Einlegung von Rechtsbehelfen/Rechtsmitteln und dem Verzicht auf die dem materiellen Recht entspringenden Einwendungen zu differenzieren haben (s Gutachten DNotI-Report 1997, 58). Auch der Verzicht auf Einwendungen gegen die Verletzung nachbarschützender Normen in einem Baugenehmigungsverfahren kann Gegenstand einer Grunddienstbarkeit sein (vgl Staudinger/Ring [1994] Rn 59). Der Verzicht auf die materiell-rechtlichen Einwendungen hat dann jedoch zur Folge, dass eine Klage als unbegründet abgewiesen wird (bzw wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig; weitergehend LG Köln Rpfleger 1995 (richtig: 1994), 56, 57: Verzicht auf Rechtsmittel gegen entsprechende behördliche Bescheide als Dienstbarkeit, was öffentlich-rechtlich problematisch ist, vgl BVerwG DÖV 1958, 737; DVBl 1964, 874: Rechtsmittelverzicht erst nach Zustellung des entsprechenden Bescheids).“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für deine umfassende Antwort. Hatte es zwischenverfügt und für heute hatsich die Reno angekündigt um das ganze mal mit mir zu besprechen. Ich freu michdrauf. Die hatten sowas ähnliches schonmal hier, da ging es aber explizit um nachbarschaftsrechtliche Abwehrrechte. Damit hätte ich kein Problem. Hab jetzt nochmal beck-online bemüht und einen Satz gefunden, den ich schonmal beruhigend finde, "durch den Ausschluss öffentlich-rechtlicher Abwehransprüche wird nach Auffassung der Rspr aber eine sich aus dem öffentlichen Recht ergebende Pflicht der zuständigen Behörde, bei unzumutbaren Belästigungen für die Nachbarn, Anordnungen gegen die Störer zu veranlassen, durch Dienstbarkeiten nicht ausgeschlossen.(BayVGH)....das war nämlich auch so ein Gedanke. Gut ich werde jetzt nochmal die Kollegen nerven und dann mal gucken zu welchem Ergebnis ich komme.

  • Ich hänge mich hier mal mit meiner Frage an:

    Es ist u.a. eine Unterlassungsverpflichtung im Rahmen einer Grunddienstbarkeit zur Eintragung beantragt.

    Dabei verzichtet der Eigentümer des belasteten Grundbesitzes entschädigungslos gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des berechtigten Grundbesitzes darauf, zivilrechtliche Abwehransprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, sowie öffentlich-rechtliche Abwehransprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, gegen diesen oder Dritte geltend zu machen, die darauf ausgerichtet sind, eine Ausweisung des "herrschenden Grundbesitzes" als Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 2 Baunutzungsverordnung, gleich welcher Art, zu verhindern oder einzuschränken.


    Unter Hinweis auf MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, BGB § 1018 Rn. 42 ("... Entscheidend ist das Merkmal „dem anderen Grundstück gegenüber“, da es hiernach um den Ausschluss von Eigentumsrechten geht, die gegenüber dem Verpflichteten gerade als Eigentümer des Grundstücks bestehen. Ansprüche, die sich gegen jedermann richten, können somit nicht Gegenstand der Ausschlussdienstbarkeit gemäß § 1018 Var. 3 sein. ...") habe ich um Konkretisierung hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abwehransprüche gegen Dritte gebeten (da ich mir darunter nichts vorstellen konnte :oops:). Jetzt kommt der Vorschlag, den obige Teil zu ergänzen "soweit die Ansprüche und/oder die Klagebefugnis ihre Grundlage im Eigentum des belasteten Grundstücks haben" ...

    So weit so gut, aber ich habe immer noch keine Vorstellung, was das wäre und damit, ob das als Inhalt der Grunddienstbarkeit eintragbar wäre ... :gruebel: ?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Ohne drängeln oder quengeln zu wollen :oops: - kann mir vielleicht doch jemand weiterhelfen (oder ist das Ganze so eindeutig und nur ich auf dem Holzweg :gruebel:)?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


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