Testamentsvollstrecker zur Erfüllung des "eigenen" Vermächtnisses

  • Guten Morgen!

    Für die alten Hasen unter euch ist dies wahrscheinlich ein glasklarer Fall, aber als Neuling im Nachlass bin ich mir etwas unsicher:

    Zum Alleinerben wurde durch notarielles Testament die Tochter bestimmt. Daneben wurde zugunsten der Lebensgefährtin des Erblassers ein Vermächtnis dergestalt ausgesprochen, dass der Lebensgefährtin das lebenslängliche Wohnrecht am gesamten Gebäude des Erblassers eingeräumt werden soll inkl. Eintragung eines entspr. Wohnrechts im Grundbuch. Zur Erfüllung des Vermächtnisses wird die Lebensgefährtin selbst zum Testamentsvollstrecker ernannt mit der einzigen Aufgabe, sich selbst das Wohnrecht am Anwesen einzuräumen. Befreiung von § 181 BGB wurde ausgesprochen.

    Ich hätte jetzt die Erbin angeschrieben, ob sie das Erbe annimmt und wenn ja, ob sie gleich Grundbuchberichtigung beantragt. Erbschein ist ja entbehrlich.
    Gleichzeitig hätte ich die Vermächtnisnehmerin angeschrieben, ob sie das Amt als Testamentsvollstreckerin annimmt.

    Wenn beide mit "Ja" antworten, würde ich der Testamentsvollstreckerin noch eine beglaubigte Kopie ihrer Annahmeerklärung übersenden und die Akte dem Grundbuchamt zuleiten. Dann noch die übrigen Mitteilungen machen, Kosten und fertig.

    Es müsste dem Notar und Grundbuchamt bei Bestellung des Wohnrechts zur Legitimation der Testamentsvollstreckerin doch eine begl. Kopie des notariellen Testaments nebst Eröffnungsniederschrift und begl.Kopie der Annahmeerklärung ausreichen, oder?

    Wenn das Grundbuchamt den Berichtigungsantrag der Erbin vollzieht, wird dann eigentlich ein Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO eingetragen?

    :2gruebel:

  • Wir hatten schonmal einen Thread zum Testamentsvollstreckerzeugnis. Annahme ist formlos möglich, aber zur Erlangung des Zeugnisses muss der TV noch eine eidesstattliche Versicherung (ähnlich wie ES) abgeben, also Beurkundung des Antrages + eV in der Regel sinnvoll,
    (§ 2368 Abs. 3 HS 1 BGB i.V.m. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB.)
    Also reicht begl. Kopie des Testamentes mit EÖP sowie Annahmeerklärung ans GBA nicht aus!

  • Bei notariellem Testament ist kein TV-Zeugnis erforderlich, aber die Annahme des TV-Amtes muss dem Grundbuchamt nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist nach hM in der Form des § 29 GBO zu führen (siehe Meikel § 29 Rn.173-175). Eine beim Nachlassgericht eingereichte und von diesem beglaubigte privatschriftliche Annahmeerklärung ist dafür nicht ausreichend. Notwendig ist dann eine förmliche Bestätigung des Nachlassgerichts, dass der TV sein Amt angenommen hat. Sie wird aber leider nicht von allen Nachlassgerichten erteilt. Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, raten wir dem TV, seine Annahmeerklärung vor der Beurkundung beim Nachlassgericht vorsorglich noch einmal zu Protokoll zu erklären.
     Der TV-Vermerk muss m.E. eingetragen werden. Er verhindert, dass der Erbe vorrangige Rechte bestellt. In diesen Fällen empfehlen wir dem Erben, die Grundbuchberichtigung erst nach der Eintragung des Wohnungsrechts zu beantragen. Dann kann der Erbe ohne TV-Vermerk eingetragen werden, weil die TV bereits wieder erloschen ist. Die Eintragung des Wohnungsrechts kann nach § 40 Abs.2 GBO ohne Voreintragung des Erben erfolgen. Eine Beschränkung auf die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts besteht hier nicht.

  • Der Stellungnahme von Schutzengel ist nichts hinzuzufügen außer vielleicht

    Notwendig ist dann eine förmliche Bestätigung des Nachlassgerichts, dass der TV sein Amt angenommen hat. Sie wird aber leider nicht von allen Nachlassgerichten erteilt.



    dass wir solche Bestätigungen erteilen und auch nicht wüssten, warum wir das nicht sollten.

  • Hallo liebe Forenmitglieder,
    ich hänge mich aufgrund eines ähnlichen Problems hinten an:

    E ist verstorben. Sie hatte eine Tochter T, diese wiederum 2 Söhne - A und B. Aufgrund notariellem Testament sind A und B als Erben eingesetzt.
    Zugunsten T ist jedoch ein Vermächtnis in Form der Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechtes angeordnet.

    Zusätzlich ist eine Auflage enthalten: A und B ist ein Verfügungs- und Belastungsverbot hinsichtlich des gesamten Grundbesitzes (also auch des vom dinglichen Wohnungsrecht betroffenen Grundstücks) auferlegt, solange T lebt.

    In dem Testament hat die Erblasserin aber gleichzeitig auch Testamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstreckerin ist T (die auch gleichzeitig die Vermächtnisnehmerin ist).
    Diese Testamentsvollstreckung ist als Dauervollstreckung angeordnet; T hat die Verwaltung über die Volljährigkeit hinaus bis zum 25. Lebensjahr (Erben mittlerweile älter als 25) zu führen und darüber hinaus - unabhängig von zeitlichen Grenzen - die Erfüllung der Auflage sowie des Vermächtnisses durchzuführen, insbesondere das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu überwachen.

    Vorliegen habe ich:
    die teilweise Erbauseinandersetzung des A+B hinsichtlich des gesamten Grundbesitzes der E, also auch bezüglich des Grundstücks, das von dem Wohnungsrechtsvermächtnis betroffen ist. T hat niemals mitgewirkt. Nach einer extra Runde zum Nachlassgericht wurde nunmehr das Bestehen der Testamentsvollstreckung "zur Vermächtnis- und Auflagenerfüllung" festgestellt. T hat das Amt angenommen.

    A)
    Ist in der Auflage (Veräußerungs- und Belastungsverbot) trotz der angeordneten TV nur eine beaufsichtigende TV zu sehen, sodass ein TV-Vermerk im Grundbuch diesbezüglich nicht einzutragen wäre und A+B frei verfügen können ?

    B)
    Untersteht das Grundstück, welches vom Wohnungsrechtsvermächtnis und gleichzeitig von der Auflage betroffen ist, nicht der beaufsichtigenden TV (ohne entspr. TV-Vermerk), sondern der Vermächtnisvollstreckung, sodass bzgl. dieses Grundstücks die GB-Berichtigung (die hilfsweise in der Auseinandersetzungsurkunde beantragt wurde) auf A+B unter Eintragung des TV-Vermerks erfolgen müsste, damit T nicht ihr potentielles dingl. Wohnungsrecht verliert?

    c) T könnte doch nun - nach entsprechendem Nachweis der Amtsannahme in Form des 29 GBO, weil bisher nur privatschriftlich geschehen - die Auseinandersetzung nachgenehmigen - unter Verzicht auf Eintragung des dinglichen Wohnungsrechts. Selbst wenn dann noch Zweifel an der Art der TV bestehen, hat sie mitgewirkt und dann wären A+B frei verfügungs- und auseinandersetzungsbefugt oder ?

    D) Andernfalls müsste ich doch sagen: Auseinandersetzung kann nur hinsichtlich des Grundbesitzes erfolgen, der nicht von der Vermächtnisvollstreckung betroffen ist (da nur beaufsichtigende TV und somit verfügungsberechtigte Erben).

    Bzgl. des vom Wohnungsrechtsvermächtnis betroffenen Grundstücks hat GB-Berichtigung + Eintragung des TV-Vermerks (von Amts wegen) zu erfolgen. Ggf. erfolgt dann anschließend die Eintragung des Wohnungsrechts aufgrund TV-Antrag (=Bewilligung; T ist befreit von 181 lt. Testament) und ggf. Löschung des TV-Vermerks. Denn dann wäre ja ausgehend von einer sonst nur beaufsichtigenden Vollstreckung der TV-Vermerk bzgl. der Vermächtnisvollstreckung hinfällig, weil Vermächtnis erfüllt.

    Ich würde mich sehr freuen, wenn es Meinungen dazu gibt wie ihr die Anordnungen der E seht und ob ihr ggf. andere Vorgehensweisen zur Lösung seht :oops:

    Danke für eure Meinungen und das Teilen eures Wissens :)

  • Ich habe Zweifel daran, ob es sich wirklich nur um eine beaufsichtigende Testamentsvollstreckung handelt. Denn ohne eine materielle Beschränkung der Verfügungsbefugnis der Erben i. S. des § 2211 BGB ist die Testamentsvollstreckung ein stumpfes Schwert, weil der Testamentsvollstrecker eine Verfügung der Erben mangels im Testament angedrohter Sanktion überhaupt nicht verhindern kann.

    Im Hinblick auf den von der Vermächtnisanordnung betroffenen Grundbesitz bleibt sich dies allerdings einerlei, weil im Hinblick auf diesen Grundbesitz in jedem Fall von einer verfügungsbeschränkenden Testamentsvollstreckung auszugehen ist, weil das Vermächtnis anderenfalls von den Erben mittels einer entsprechenden dinglichen Verfügung (und sei es nur eine Belastung) vereitelt oder jedenfalls beeinträchtigt werden könnte.

    Nimmt man alles zusammen, kommt ein Grundbuchvollzug der Erbauseinandersetzung nur unter - bislang fehlender - Mitwirkung des Testamentsvollstreckers in Betracht. Ob dieser Vollzug auch ohne Voreintragung der Erbfolge (samt TV-Vermerk) erfolgen könnte, dürfte im Ergebnis keine Rolle spielen, weil der Testamentsvollstrecker vernünftigerweise nur mitwirken wird, wenn diese Voreintragung erfolgt (den diesbezüglichen Antrag kann er ja selbst stellen).

  • Ich habe in meinem Fall nun vorgelegt bekommen:

    Genehmigung und Zustimmung der TV zur Erbauseinandersetzung. Sie stimmt der Verteilung des Nachlasses ausdrücklich zu und erklärt sich mit dem Grundbuchvollzug einverstanden.
    Auf dingliche Sicherung des vermächtnisweise eingeräumten Wohnungsrechts wird derzeit verzichtet.

    Auf Grundbuchberichtigung wurde ja "soweit möglich" aus Kostengründen verzichtet und nur hilfsweise beantragt. Diese hilfsweise Antragstellung wird ebenfalls wiederholt, also keine ausdrückliche Beantragung des TV-Vermerks. Keine ausdrückliche Freigabe o. ä.

    Ich bin mir nun unsicher, ob ich tatsächlich nur an dem Wohnungsrechtsvermächtnis-Flurstück einen TV-Vermerk eintrage oder doch an allen zum Grundbesitz betreffenden Flurstücken.
    Das Veräußerungs- und Belastungsverbot wurde ja (nur) als Auflage formuliert.

    Ich würde mich nochmal um Meinungen dazu freuen :oops:

    2 Mal editiert, zuletzt von Butzel (13. Juni 2021 um 19:59)

  • Die Krux an der Sache ist der völlig nichtssagende Inhalt des TV-Zeugnis, das in keiner Weise dazu Stellung nimmt, ob und inwieweit die Testamentsvollstreckung eine Verfügungsbeschränkung zu Lasten der Erben bewirkt. Solange die sich hieraus ergebenden Unwägbarkeiten nicht beseitigt sind, ist alles Spekulation.

    Das Nachlassgericht soll ein inhaltlich ordnungsgemäßes TV-Zeugnis in die Welt setzen und dann ist es eben so oder anders. Aber dem Rechtsverkehr Ratespielchen aufzugeben, wird der Sache nicht gerecht.

    Ich würde daher beim Nachlassgericht eine entsprechende Anregung unterbreiten. Vorläufig würde ich mich jedenfalls auf den rechtlichen Standpunkt stellen, welcher der weitestgehenden Interpretation des Inhalts des TV-Zeugnisses im Sinne einer bestehenden Verfügungsbeschränkung entspricht. Und da ein Verzicht auf die Eintragung des TV-Vermerks nicht möglich ist, ist damit die weitere Verfahrensweise vorprogrammiert (Voreintragung der Erbfolge -> TV-Vermerk).

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!