Insolvenzanfechtung II

  • Im Rahmen der Insolvenzanfechtung stelle ich mir in letzter Zeit die folgenden Fragen:

    Ich habe hier einige Fälle, bei denen die unterhaltsberechtigten Familienmitglieder im Zeitraum des § 131 InsO Unterhalt vollstreckt haben. Auch wenn es irgendwie unmoralisch klingt, bin ich der Meinung, dass mit Ausnahme der Vollstreckung in den Vorbehaltsbereich einer Insolvenzanfechtung keine Gründe entgegen stehen.

    Die zweite Frage betrifft die Frage der Anfechtung gegenüber Sanierungsberatern und Schuldnervertretern. Sofern kein nachvollziehbares Konzept einer Sanierung vorliegt, sind die Honorare wohl nach § 133 InsO anfechtbar. Damit nimmt man dem Schuldner im IN-Bereich aber jede Möglichkeit, sich im Insolvenzfall beraten zu lassen. Wo ist also mein Denkfehler.

    Letztendlich: Kann man den Erlass des Bundesministerium für Finanzen, den Exec hier zitiert, irgendwie "aushebeln"?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Zur zweiten Frage:

    Ich muß zugeben, daß ich da gedanklich / inhaltlich mittlerweile etwas "raus" bin. Aber war oder ist es nicht so, daß Honorare jedenfalls dann nicht anfechtbar sind, wenn die Voraussetzungen für ein Bargeschäft vorliegen? Oder ist es neuer Stand der Dinge, daß auch die Qualität der Sanierungsplanung eine Rolle spielt?

  • @ advocatus diaboli:

    Die Anfechtung gemäß § 130 InsO dürfte tatsächlich am Bargeschäft scheitern.

    Aber dann steht immer noch die durch Bargeschäft nicht auszuschließende Anfechtung gemäß § 133 InsO im Raum. Dabei kommt es weniger auf die Qualität der Beratung, als auf die Sanierungsfähigkeit des Schuldners an. Wenn ich als Berater erkenne, dass der Schuldner sanierungsunfähig ist, oder schlimmer noch, wenn der Schuldner mich mit der Erstellung eines Insolvenzantrags beauftragt, weiß ich als Berater doch sicher, dass der Schuldner seine anderen Gläubiger nicht in dem gleichem Umfang wie mich befriedigen kann. Dann kenne ich aber den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen. Und das führt nun mal zwingend zu § 133 InsO.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Du schmierst Salz in offene Wunden.

    Fakt ist, dass ein außergerichtlicher Schuldenplan im IK-Verfahren, sei er noch so abstrus und blödsinnig, immer als eine Art "notwendige Sanierungsmaßnahme" anzusehen ist, weil vom Gesetz ja zwingend vorgeschrieben. Da zockt ein cleverer Anwalt rund 3000 € ab und meint, er habe richtig "saniert".
    Da kommt man dann nur noch mit 138 BGB dagegen an.

  • Nein Ernst, mit der Insolvenzanfechtung. Denn wenn der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan vorgeschrieben ist, heißt dies im Zeitalter von Beratungshilfe und Schuldnerberatungsstellen doch nicht, dass der Schuldner dafür löhnen muss. Und notwendige Sanierung - dass ich nicht lache. Die außergerichtlichen Schuldenbereinigungspläne sind in der Regel doch eine überflüssige Farce.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • hast Du überhaupt eine Gläubigerbenachteiligung ?
    wenn in den § 850d ZPO Teil vollstreckt worden ist, gehe ich mal davon aus nicht.

    Schnurzegal, bislang hatte ich bei sämtlichen Anfechtungen von Unterhaltszahlungen erfolgt. Kommt eben doch davon, dass die meisten keine Ahnung haben vom Insorecht :wechlach:

  • Schnurzegal, bislang hatte ich bei sämtlichen Anfechtungen von Unterhaltszahlungen erfolgt.



    Da ich heute auf Krawall aus bin, weise ich mal ganz diskret darauf hin, dass dieser Satz keinen Sinn ergibt.

    Im Übrigen liegt eine Gläubigerbenachteiligung wohl dann nicht vor, wenn in den Vorbehaltsbereich vollstreckt wird (vgl. Nr. 1).

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Im Rahmen der Insolvenzanfechtung stelle ich mir in letzter Zeit die folgenden Fragen:

    Ich habe hier einige Fälle, bei denen die unterhaltsberechtigten Familienmitglieder im Zeitraum des § 131 InsO Unterhalt vollstreckt haben. Auch wenn es irgendwie unmoralisch klingt, bin ich der Meinung, dass mit Ausnahme der Vollstreckung in den Vorbehaltsbereich einer Insolvenzanfechtung keine Gründe entgegen stehen.



    Einer unserer Verwalter hatte diese moralischen Bedenken vor einiger Zeit auch. Er hat dann in der Gl.-Versammlung beantragt, dass ihm die Gläubiger die Zustimmung erteilen, keine Anfechtung (gegenüber den minderjährigen Kindern) durchzuführen. Nach erhitzter Diskussion der Anwesenden im Termin wurde diese Zustimmung dann auch erteilt.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Bei minderjährigen Kindern hätte ich keine Bedenken, die Anfechtung wegen offensichtlicher Vermögenslosigkeit zu unterlassen. Ich habe hier aber Verfahren, bei denen die Kinder aufgrund der recht weit reichenden Verjährungsfristen mittlerweile erwachsen sind und eigenes Einkommen haben.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Damit ich hier auch mal was Sinnvolles vorbringe und mich nicht zum Rüffel machen lassen muss:

    1.) Ihr habt Recht, Beträge im Rahmen des § 850 d ZPO dürften nicht anfechtbar sein.

    2.) Gegs, du bist geladen, ich wollte dich auch nicht angreifen. Sorry. :tomate
    Aber mal ehrlich: Versuchen kann ich es doch, zahlt der Gläubger ok. Zahl er nicht und beruft sich auf § 850 d oder die mangelnde Benachteiligung, lasse ich es eben sein. Ich muss doch meinen Prozessgegner auch nicht auf die Einrede der Verjährung im Prozess hinweisen, oder?

    3.) mal was anderes: Angenommen, ein Schuldner hat ein monatlich pfändbares Einkommen von 100 €. Eine Woche vor Antragstellung zahlt er an den Gerichtsvollzieher eine Teilrate von 150 € aufgrund eines vorliegenden Vollstreckungstitels. In welcher Höhe ist diese Zahlung nun anfechtbar? Wohl nur in Höhe von 100 Euronen, da nur in dieser Höhe eine Gl-Benachteiligung gegeben ist. :gruebel::gruebel:

  • @ Ernst:

    Sorry - ich bin heute wirklich auf Krawall gebürstet. Zu viel Bekloppte auf einmal sind des Insolvenzverwalters Tod :D.

    Ich denke, es kommt nicht auf eine Rechnung hin oder her an. Vielmehr muss Du Dich fragen, auf welchen Betrag die Gläubiger theoretisch Zugriff gehabt hätten.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ Ernst:

    ......... auf welchen Betrag die Gläubiger theoretisch Zugriff gehabt hätten.

    Das wären "rechtlich" 50 €. Allerdings wäre der "Geldschein an sich" wieder voll pfändbar, ebenso wie die Zahlung vom Konto, die nur über § 850 k bzw. § 765a ZPO dem Pfädnungsschutz entzogen werden kann. :(

  • @ Ernst:

    ......... auf welchen Betrag die Gläubiger theoretisch Zugriff gehabt hätten.



    Das wären "rechtlich" 50 €. Allerdings wäre der "Geldschein an sich" wieder voll pfändbar, ebenso wie die Zahlung vom Konto, die nur über § 850 k bzw. § 765a ZPO dem Pfädnungsschutz entzogen werden kann. :(



    Das ist doch ein Argument.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich frage mich sowieso, wie Unterhaltszahlungen sinnvoll angefochten werden können? Gerade Unterhaltszahlungen sind doch typischerweise dazu da, für die Kosten der Lebenshaltung verbraucht zu werden. Damit könnte sich ein "Anfechtungsgegner" immer auf Entreicherung berufen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Auf Entreicherung kann er sich nur im Rahmen des § 143 Abs. 2 InsO berufen. Es ist eher die Macht des Faktischen. Wenn der Anfechtungsgegner die Leistung für den laufenden Lebensunterhalt verbracht und auch sonst kein Vermögen hat, ist mein schöner Anfechtungsanspruch wertlos.

    Auf Deinen Brötchengeber spielst Du aber jetzt nicht an?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ist Unterhalt denn entgeltlich? Mein Brötchengeber behandelt Unterhaltszahlungen nämlich als unentgeltliche Zahlungen - falls du das meinst.

    Davon ab sehe ich auch massive Schwierigkeiten, dem Unterhaltsempfänger die Kenntnis vom Genachteiligungsvorsatz nachzuweisen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich sehe bzgl. des Nachweises keine größeren Schwierigkeiten als wie bei anderen Anfechtungsgegnern. Wahrscheinlich hat ein Familienmitglied noch am ehesten Kenntnis von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners. Dem wird § 133 Abs. 2 InsO gerecht.

    Auf die Entgeltlichkeit kommt es nur im Rahmen von § 134 InsO an.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!