Prüfung Schlussrechnung u. Vergütungsantrag

  • Mir wurde der Schlussbericht in einem großen IN-Verfahren vorgelegt. Die Schlussunterlagen sollen an einen Gutachter zur Prüfung geschickt werden.
    Da der Vergütungsantrag sehr umfangreich ist, überlege ich dem Gutachter aufzugeben, Stellung zu dem Antrag hinsichtlich der Angemessenheit der hohen Zuschläge (z. B. für Unternehmensfortführung) zu nehmen.
    Ich werde den Antrag natürlich auch selbst prüfen und mir eine Meinung bzgl. der Höhe der Zuschläge bilden, fände es allerdings ganz praktisch auch noch eine andere Meinung zu hören.
    Wie handhabt ihr solche Fälle?

  • In umfangreicheren Verfahren lasse ich gelegentlich schon mal externe Prüfer ran, weil uns in Hildesheim mal gesagt wurde:
    "Das können Sie doch gar nicht. Dafür sind Sie nicht ausgebildet. Richter greifen doch auch auf Sachverständige zurück, wenn es darum geht, ob eine Herzklappe richtig eingebaut wurde."

    Ich kenne übrigens keine Rechtspflegerin/keinen Rechtspfleger der in ZVG-Sachen die Verkehrswerte ohne Beauftragung eines Gutachters festsetzt.

    Mein Auftrag lautet dann üblicherweise:

    1.
    Ergibt die rechnerische Nachprüfung der Schlussrechnung Erläuterungsbedarf ?

    2.
    Sind die in der Schlussrechnung ausgewiesenen Einnahmen zu korrigieren ?

    3.
    Ergibt die Gegenüberstellung der Einnahmen mit dem Vermögensansatz der Eröffnungswerte / Inventar nicht erläuterte Abweichungen ?

    4.
    Sind die geltend gemachten Aus- bzw. Absonderungsrechte ordnungsgemäß erfasst und befriedigt worden ?

    5.
    Sind Massekosten und Masseschulden entstanden ?

    6.
    Sind Rechtsanwaltsgebühren aus der Masse entnommen worden ?

    7.
    Sind einzelne Geschäfts und Aufgaben auf Hilfskräfte übertragen worden ?

    8.
    Sind die in der Schlussrechnung ausgewiesenen Ausgaben zu korrigieren ?

  • Eine Stellungnahme des Sachverständigen zur Angemessenheit der Zuschläge ist wohl kritisch - wir bitten den Sachverständigen aber durchaus um Prüfung, ob die Tätigkeiten, mit denen der Insolvenzverwalter seine Zuschläge begründet, ausgeführt wurden (z. B. Erstellung von Insolvenzgeldbescheinigungen für 23 Mitarbeiter oder ähnliches ...).

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Bei der Bemessung der Höhe der Zuschläge handelt es sich um eine Aufgabe des Tatrichters (also um die Aufgabe des Rechtspflegers), vgl. u.a BGH IX ZB 277/05.
    Deshalb kann man das m.E. nicht durch einen Sachverständigen beurteilen lassen. Da ist es evtl. hilfreich, sich durch ein paar BGH-Entscheidungen zu ackern (Suchfunktion auf der BGH-Seite ist da echt toll); vielleicht ist ja was vergleichbares dabei.
    Ach ja, und nicht die Vergleichsrechnung mit dem Überschuss vergessen...

    Sehr umfangreiche Schlussrechnungen geben wir übrigens auch zum Sachverständigen, da wir einfach keine Zeit haben, uns durch Kisten Ordner zu wühlen und m.E. das Gericht mit der Prüfung von 5 Stichproben seiner Prüfungspflicht nicht nachkommt.
    Ich finde es übrigens immer witzig, wenn dann das Kostenargument kommt, wobei Richter ohne Gutachter ja gar nix machen und die IV auch jeden Furz auf Kosten der Masse auslagern...


  • Sehr umfangreiche Schlussrechnungen geben wir übrigens auch zum Sachverständigen, da wir einfach keine Zeit haben, uns durch Kisten Ordner zu wühlen und m.E. das Gericht mit der Prüfung von 5 Stichproben seiner Prüfungspflicht nicht nachkommt.



    Nur wo soll man da die Grenze ziehen, da ich als Gericht nur zur stichprobenartigen Überprüfung verpflichtet bin?

  • Wir halten es wie bei Astaroth. Ich denke auch, eine Prüfung des Vergütungsantrags durch einen Sachverständigen ist aus den genannten Gründen nicht möglich.

    Hinsichtlich der Intensität der Prüfung werden wir wohl erst dann wissen, in welchem Umfang wir hätten prüfen müssen, wenn - umgangssprachlich ausgedrückt - der erste von uns an die Wand genagelt oder geteert und gefedert durchs Rechtspflegerdorf gejagt wird. Erst wenn die ersten obergerichtlichen Entscheidungen kommen, wonach stichprobenhaftes Prüfen reicht oder nicht und in welcher Form und wie intensiv geprüft werden muß oder nicht, dann weiß man wohl genaueres. Ich hoffe nur, dass ich es nicht bin;).

    Ich habe auch immer gedacht, bei den letzten Verwalterveruntreuungen würden jetzt ein paar Amtshaftungsprozesse auftauchen. Jedenfalls haben unsere Insolvenzverwalter so etwas angedeutet. Aber nix dergleichen liest man. Wäre ja mal schön, zu erfahren, wie man es "richtig" macht.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Schmidt: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Auflage 2007
    Autor: Büttner/Weitzmann


    Eine lückenlose Überprüfung jedes Belegs und jeder Kontenbewegung ist abgesehen von besonderen Einzelheiten weder sachlich geboten noch wirtschaftlich vertretbar. In der Regel reicht eine Prüfung anhand von Stichproben aus (Nowak a.a.O.). Die Prüfung ist nach allg. M. eine Rechtmäßigkeits- und keine Zweckmäßigkeitsprüfung (Uhlenbruck-Uhlenbruck § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_2766http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_29 Rn. 31; MK-Nowak § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_2866http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_30 Rn. 17). Anderenfalls würde die Gefahr bestehen, dass das Prüfungsrecht des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung von einem Instrument der Gläubigerselbstverwaltung zu einem administrativen Verfahren umfunktioniert wird, was zudem für die Gerichte mit einem erheblichen Zeitaufwand und besonderen Haftungsrisiken verbunden wäre

  • Na, dann halte dich man an dem Hamburger Kommentar.

    Wie hat denn eine stichprobenhafte Prüfung bei einer Betriebsfortführung mit 150 Beschäftigten auszusehen ? Hole ich mir da 20 Belege aus den 30 Ordnern und gucke, ob die in der Einnahmen- und Ausgaberechnung aufgeführt sind ? Reichen 20 oder müssen es 40, 80 oder 100 sein ? Muß ich nach irgendeinem Prinzip vorgehen (die 20 größten Beträge und die zwanzig kleinsten, aus jedem Jahr welche etc), oder wurschtel ich einfach lustig vor mich hin ? Nehem ich nur Masseverbindlichkeiten, oder nur Einnahmen aus L & L ? Muß ich die Absonderungsrechte gesondert prüfen, oder kontrolliere ich die auch nur stichpunktartig ?
    So lange nicht halbwegs definiert ist, wie eine stichpunktartige Prüfung auszusehen hat, ist es m.E. schwierig, sich einfach auf irgendeinen Kommentar zu beziehen, 10 Belege zu ziehen und und dann einen Prüfungsvermerk zu schreiben. Das mag reichen, aber deshalb meine Anmerkung #7. Das wird man erst sehen, wenn das erste Gericht dazu befindet und sich dazu äußert, wie man es hätte machen sollen.
    Wobei ich auch in gewissen Fällen stichpunktartig prüfe (zB. Verteilungsverzeichnis mit 200 Gläubigern prüfe ich nicht, ob wirklich alle Quoten betragsmäßig richtig sind). Aber ich befinde mich da immer auf Glatteis.

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  • War ja nur ein Anhaltspunkt. Andere Kommentare haben natürlich wieder eine andere Meinung und solange im Gesetz nichts eindeutiges steht, suche ich mir die einfachste Variante für mich raus.





    Und warum beauftragst Du dann keinen Gutachter?

  • War ja nur ein Anhaltspunkt. Andere Kommentare haben natürlich wieder eine andere Meinung und solange im Gesetz nichts eindeutiges steht, suche ich mir die einfachste Variante für mich raus.





    Und warum beauftragst Du dann keinen Gutachter?



    Weil ich so eine Megaschlussrechnung bisher noch nicht bekommen habe. Alle die ich bisher bekomme habe konnte ich gut alleine überprüfen.

  • Hallo "rainer" wünsche Dir auch mal ca. 40-50 Leitz-Ordner zum Prüfen. Dann sucht man sich schnell einen "geeigneten" Sachverständigen.

    Kleine und mittelgroße Schlussrechnungen prüfe ich selbst. Aber die großen Hämmer, da lasse ich einen Sachverständigen drüber und mach selbst noch Stichproben.
    Hinsichtlich der Zuschläge gebe ich keinen Auftrag an den Sachverständigen. Aber regelmäßig, ob die Berechnungsmasse für die Vergütung zutreffend ist. Im übrigen gilt: der Sachverständige schlägt vor, das Gericht entscheidet.

  • Dann mache ich hier mal weiter. Ich hatte in einem umfangreichen Verfahren die SR zur Prüfung zum Gutachter gegeben. Leider ist die Masse gering und es wird zu einer Einstellung gemäß § 207 InsO kommen. Nun meint der IV, ich könne die Gutachterkosten für die Prüfung der SR nicht ansetzen. Haarmeyer..., Rdnr. 43 zu § 1 InVV ist auch dieser Ansicht. Bisher gab es da nie Probleme. Habt ihr damit schon Erfahrungen gemacht?

  • Bisher gab es da nie Probleme. Habt ihr damit schon Erfahrungen gemacht?



    Aber die gibt es, wenn das Geld nicht reicht.

    Meine Erfahrungen liegen schon ein paar Jahre zurück.

    Eigentlich ein normales Insolvenzverfahren mit Beauftragung eines Schlussgutachters.

    Leider hatte ich das Auftragsvolumen (sprich den Höchstsatz seiner zu veranschlagenden Vergütung) nicht begrenzt und so schlug er richtig zu.

    Die Insolvenzmasse gab es zwar noch her, aber für die Vergütung des Insolvenzverwalters reichte es dann nicht mehr, zumindest nicht in voller Höhe.
    Halt Pech für den Insolvenzverwalter, dessen Tätigkeit als selbständige freiberufliche Tätigkeit konzipiert und deshalb auch mit einem Verlustrisiko behaftet ist.

    Die Kosten des Schlussgutachters fallen ganz klar und die Gerichtskosten (GKG KV 9005) und sind daher in der Schlusskostenrechnung aufzunehmen.

    In einem anderen Fall, reichte es zwar noch für die reine Vergütung des Insolvenzverwalters, aber nicht für dessen Auslagen.
    Hier erfolgte eine Quotelung der restlichen Insolvenzmasse. Die Auslagen des Insolvenzverwalters und die gerichtlichen wurden entsprechend aufgeteilt.

    Ich meine dafür auch eine Rechtsgrundlage gesehen zu haben, komme im Moment aber nicht darauf.
    Vielleicht lässt sich in Deinem Fall diese Möglichkeit als Gentlemen´s Agreement anbieten.

  • @frica
    es geht um Geld. Wenn das Verfahren nach § 207 InsO eingestellt werden soll, wären zunächst die Auslagen zu bezahlen, die des Gerichts und des Verwalters, danach der Rest der Verfahrenskosten mit Quotelung. Jeder EUR der für Auslagen abgeht vermindert die Vergütung.

    Das H/W/F zu der Ansicht nach § 1, RdNr. 43 kommen, verwundert sicher nicht.
    anders: MüKo, § 66 m.w.N.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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