Empfangsbekenntnis "i.A" unterschreibbar?

  • Ein Anwalt, den ich häufiger in ZVG-Sachen bestelle, ist gerade aus privaten Gründen vorübergehend selten in der Kanzlei.

    Ich habe jetzt schon mehrere EBs (§ 174 ZPO) bekommen, die "i.A." von jemandem unterzeichnet worden sind, ich kann nur eine Sekretärin dahinter vermuten.

    M.E. sind Bevollmächtigungen zur Unterzeichnung von EBs nicht zulässig (s. Zöller/Stöber, Rdnr. 12 zu § 174).

    Etwas irritiert bin ich allerdings über Musielak, Rdnr 5 zu § 174. Dort heißt es "Das schriftliche Empfangsbekenntnis des Adressaten oder seines zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigten Vertreters dient wie bisher dem Nachweis der Zustellung."

    Oder sind damit nur die in § 174 genannten Empfänger, die nicht natürliche Personen sind, gemeint?

  • Ich habe leider gerade keinen Zöller zur Hand.

    Wieso soll es denn nicht möglich sein, jemanden zum Empfang von Zustellungen/EBs zu bevollmächtigen?!? Was spricht denn dagegen??
    Ein RA kann doch sogar einem anderen Untervollmacht zur gerichtl. Vertretung in Terminen geben, wenn er selbst verhindert oder von auswärts ist.

    Und wie ist es, wenn das EB an eine Sozietät (z.B. "RAe Meyer & Kollegen" oder "RAe Meyer, Müller und Schlulze") adressiert ist. Müssen dann sämtliche Anwälte unterschreiben oder wie???

    Ich persönlich sehe eigentlich keinen Grund, warum ich an der Wirksamkeit der Zustellung zweifeln sollte, wenn das EB von irgendwem unterschrieben und mit Kanzleistempel versehen zurück kommt.
    Die übrigen Postsendungen werden doch wahrscheinlich auch von einer Sekretärin angenommen und wenn ich's gegen ZU an den RA zustellen lassen würde, könnte die Zustellung ja auch an einen dort Beschäftigten erfolgen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich weiß nicht, ob nachfolgende Entscheidung u.U. etwas weiterhilft (Erklärungsbote?):

    Zitat
  • ich greif mal auf BGB AT zurück:

    sekretärin = rechtsfähig + geschäftsfähig, kann daher träger einer vollmacht sein.

    vollmacht grundsätzlich überall möglich, wo gesetz nicht höchstpersönlichkeit anordnet.

  • Hilft vielleicht auch diese Entscheidung weiter, denn es war ja wohl Absicht des Gesetzgebers, dass gerade nicht an jede Person gegen EB zugestellt werden kann. Dies würde doch aber durch die von ol beschriebene, aufs BGB-At gestützte Auffassung "Vollmacht an jede rechts-/geschäftsfähige Person" unterlaufen werden?:

    "Ein Empfangsbekenntnis gem ZPO § 212a kann nur von einem Rechtsanwalt, dem amtlich bestellten Vertreter eines Rechtsanwalts oder einem nach BRAO § 30 bestellten Zustellungsbevollmächtigten, nicht aber von einem sonstigen Bevollmächtigten unterzeichnet werden." (BGH, NJW 1982, 1650).

  • Gespickt ist die genannte Zöllerfundstelle mit allerlei OLG- und BGH-Rechtsprechung. So aus der Luft gegriffen scheint mir meine Meinung also nicht zu sein. Bei Sozietäten kann, wenn die Kanzlei PV ist, sicher jeder der RAe unterschreiben; bei Bürogemeinschaften mag das vielleicht schon wieder anders sein.

  • Zitat von Kai


    M.E. sind Bevollmächtigungen zur Unterzeichnung von EBs nicht zulässig (s. Zöller/Stöber, Rdnr. 12 zu § 174).



    Stimme dem zu, die EBs sind vom Ra. zu unterzeichnen, anderer Ra. in der Kanzlei geht auch, nicht jedoch die Sekretärin. Auch bei Behörden darf das EB nur von entsprechend befugten Personen (Abteilungsleiter etc) unterzeichnet werden, ansonsten unzulässige Zustellung. Ich bin schon seit langem dazu übergegangen nur noch mit Post-ZU (außer Rechtanwälte und Notare) zuzustellen, da dann ZU mit Eingang wirksam ist, während andernfalls Wirksamkeit erst mit Unterschrift eintritt, was teilweise 2 Wochen nach Eingang war.
    Gruß
    Stefan

  • Wußte ich echt noch nicht!

    Ich persönlich halte das im Grunde auch für formaljuristischen Blödsinn aber wenn es so viel höchstrichterliche Rechtsprechung und Literatur gibt, die diese Ansicht stützt, kommt man Wohl oder Übel nicht daran vorbei.

    Ehrlich gesagt wäre ich vor Kais Beitrag hier nie auch nur auf die Idee gekommen, dass ein nicht vom RA, Notar und dessen amtl. bestelltem Vertreter unterzeichnetes EB unwirksam sein könnte.

    Wenn da jetzt aber nicht "i.A." steht und die Unterschrift unleserlich ist, kann ich doch sicherlich davon ausgehen, dass es der Richtige unterschrieben hat, oder!?

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zu den Anforderungen an eine Unterschrift auf einem EB BGH NJW-RR 92, 1150:

    Die nach dem Gesetz erforderliche http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit23Unterschrifthttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit25 des Anwalts ist eigenhändig und handschriftlich zu leisten. Zur näheren Bestimmung der http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit24Anforderungenhttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit26 an die anwaltliche http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit25Unterschrifthttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit27 sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei bestimmenden Schriftsätzen. Als http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit28Unterschrifthttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit30 genügt ein Schriftzug, der individuellen Charakter aufweist und einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglicht, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen, der Unterzeichnende also erkennbar bleibt. Danach muß die http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit30Unterschrifthttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…enntnis+a#hit32 zwar nicht unbedingt lesbar, mindestens einzelne Buchstaben müssen aber - wenn auch nur andeutungsweise - zu erkennen sein, weil es sonst am Merkmal einer Schrift fehlt.

  • Zitat von Ulf


    Ehrlich gesagt wäre ich vor Kais Beitrag hier nie auch nur auf die Idee gekommen, dass ein nicht vom RA, Notar und dessen amtl. bestelltem Vertreter unterzeichnetes EB unwirksam sein könnte.



    spricht doch nur für ne vernünftige denkfähigkeit. wenn sowas sogar schon beim BGH war, halten oder hielten es ja wohl sogar OLG-juristen auch für zulässig.

  • Na ja, mal ehrlich Leute!

    Was ist Sinn und Zweck eines EBs?
    Es ist ein Zustellnachweis, genau wie eine ZU. Nicht mehr und nicht weniger.

    Und was wird bei einem Zustellnachweis bescheinigt?
    Wie der Name schon sagt: Dass das zuzustellende Schriftstück in den Herrschaftsbereich (oder wie auch immer man das nennen will) des Empfängers gelangt ist. Genau dies erfolgt bei einer ZU durch die Angaben des Zustellers über die Durchführung der Zustellung auf dem Zustell-Formblatt, welches dann an den Absender zurück geht. Dort ist ja sogar Einlegen in den Briefkasten inzwischen als wirksame Methode möglich.

    Wenn jetzt jemand ein EB unterschreibt - und sei es auch mit "i.A." vor der Unterschrift - und einen Kanzleistempel aufdruckt, ist auch das in meinen Augen ein Nachweis dafür, dass das zuzustellende Schriftstück in den Herrschaftsbereich des RAs (nämlich in seine Kanzleiräume) gelangt ist.

    Wie soll man denn einem vernünftig denkenden Menschen (ok, diese Kriterien treffen nicht immer auf RAe zu... :D ) klar machen, dass ein EB nicht von einer Angestellten unterschrieben werden darf, bei einer ZU oder einem EgR dieses aber geht und bei der ZU sogar Einlegen in den Briefkasten genügen würde???

    Die Argumente des BGH mögen ja rechtlich richtig sein, vernünftig und logisch erscheinen sie mir jedoch nicht.

    Na ja, mir ist's egal:
    Da ich mit EBs nie so genau ansehe, wird mir vermutlich auch gar nicht auffallen, ob dort jemand mit "i.A." unterschieben hat.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat von Ulf

    Na ja, mir ist's egal:
    Da ich mit EBs nie so genau ansehe, wird mir vermutlich auch gar nicht auffallen, ob dort jemand mit "i.A." unterschieben hat.



    Ich würde vor einer solchen laxen Sichtweise warnen. Immerhin geht geht es beim EB oft um die Ingangsetzung von Fristen, die bei einem nicht ordnungsgemäßen EB eben nicht in Gang gesetzt sind.

    In einer vom Zöller zitieren Entscheidung war von einem Referendar ein Facsimile-Stempel verwendet worden. Der Anwalt konnte sich dann damit rausreden, dass die Frist eben nicht in Gang gesetzt wurde, da die Zustellung nicht wirksam gewesen ist.

    Euer Rechtsgefühl in Ehren, aber wegen so einer vermeidbaren Lapalie in Schwierigkeiten kommen? Den Schuldnern eine Angriffsfläche bieten? ZVG-Sachen sind durch die Vielzahl der Beteiligten sehr ZU-lastig. Ich habe keinen Bock, wegen eines "i.A."-EBs einen Zuschlagsbeschluss oder andere Beschlüsse um die Ohren gehauen zu bekommen. Da muss ich einfach die offenbar herrschende Auffassung zur Kenntnis nehmen; egal was ich davon persönlich halte.

    Ich kontrolliere aus reinem Selbstschutz in vielen Fällen sogar die Post-ZUs, ob die Kreuzchen an den richtigen Stellen sitzen. Wenn nicht, habe ich ggf. keine wirksame Zustellung ergo keine in Gang gesetzte Frist und keinen Zugang. Dann hätte ich mir die Zusendung auch ganz sparen können.

    Ich empfehle zum Thema unwirksame Zustellung auch Änderung der ZU-Vordrucke - Eine Falle?

  • Im Zweifel lässt sich ja immer noch argumentieren, dass der RA das Handeln seiner Angestellten gegen sich gelten lassen muss... [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/more/bigs/e058.gif

    Auf der anderen Seite hat Kai Recht, denn wenn ein Einzelanwalt in Urlaub ist, unterschreibt immer der vertretende RA. Um ehrlich zu sein, ich kann mich auch gar nicht entsinnen, jemals ein i.A.-EB gesehen zu haben, weil diese von den Angestellten in aller Regel per Mappe dem RA zur Unterschrift vorgelegt werden. Selbst die Fax-EBs sind durch die Bank von einem RA unterschrieben.

  • Noch etwas:

    Zitat
    Zitat


    (3) Auf seiten des Anwalts muß die Kenntnis von der Zustellungsabsicht vorhanden sein sowie der Wille, die in seinen Gewahrsam gelangte Sendung, hier den Schiedsspruch, als zugestellt anzunehmen; unabdingbar ist weiter die Ausstellung eines mit Datum und Unterschrift des Anwalts versehenen Empfangsbekenntnisses (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1994 aaO).

    BGH, Beschluss v. 20.09.2001 - 3 ZB 57/00

  • macht euch über das thema nicht zu viel gedanken. bald kommt, wie in § 174 IV für das EB geregelt, die elektronische übersendung und rücksendung, dann gibts eh keine unterschrift mit tinte mehr.

    elektronisch kommt ja bald auf ganz breiter basis: online-mahnbescheidsantrag gibts schon, elektronische beglaubigung ist im beurkundungsgesetz schon enthalten und ab nächstes jahr das equipment für notare pflicht, elektronische HR-anmeldungen werden auch pflicht undundund...

  • Zitat von Kai

    Euer Rechtsgefühl in Ehren, aber wegen so einer vermeidbaren Lapalie in Schwierigkeiten kommen? Den Schuldnern eine Angriffsfläche bieten? ZVG-Sachen sind durch die Vielzahl der Beteiligten sehr ZU-lastig. Ich habe keinen Bock, wegen eines "i.A."-EBs einen Zuschlagsbeschluss oder andere Beschlüsse um die Ohren gehauen zu bekommen.



    Aber hallo, ich kontrolliere auch sehr akribisch, obwohl das Bewirken der Zustellung Sache des UdG ist. Gerade im Zwangsversteigerungsverfahren sind hohe Anforderungen an wirksame Zustellungen zu stellen. Dabei geht es mir nicht so sehr darum vom LG irgendwas um die Ohren gehauen zu bekommen.
    Gesetzt den Fall, die ZU des Zuschlagsbeschlusses an den Schuldner wäre unwirksam, keiner merkts, Rechtskraftzeugnis wird erteilt, Verteilungstermin abgehalten, Geld verteilt, akten weggelegt. Ein paar Monate später meldet sich der Schuldner und trägt vor, daß Zustellung unwirksam sei. Wenn dem dann tatsächlich so ist, was dann???

  • Zitat von Stefan

    Ein paar Monate später meldet sich der Schuldner und trägt vor, daß Zustellung unwirksam sei. Wenn dem dann tatsächlich so ist, was dann???



    irgendwie ziemlich hypothetisch, dass ein schuldner nach monaten untätigkeit auf einmal die zustellung angeht. wer was zur sache einwenden will, meldet sich doch zeitnah. außerdem kenn ich keine schuldner die überhaupt ne ahnung davon hätten, worüber sich hier ja selbst profis uneins sind.

    und selbst wenn - dann müsste man doch einfach nur nochmal zustellen.

  • Ist ja richtig, was Kai und Stefan vortragen. Gar keine Frage.

    Aber ich möchte nicht wissen, wie viele Vollstreckungsklauseln schon falsch sind, weil die EB-Zustellung des Titels nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

    Und wenn man jetzt plötzlich anfangen würde, zurückkehrende EBs zu beanstanden und erneut zuzustellen, würde man einige Anwälte bestimmt erst auf Ideen bringen, in Fällen, wo sie sonst rechtlich auf verlorenem Posten stehen, sich die Zustellungen doch mal genau anzusehen.

    Ganz abgesehen davon, dass viele Büros wohl die EBs gar nicht erst mehr zurück schicken würden, wenn man denen ständig die falsch unterschriebenen um die Ohren haut.

    Zum Glück mache ich ja keine ZVG- oder andere Vollstreckungssachen. Daher kann es mir in den meisten Fällen egal sein, ob eine Zustellung wirksam war oder nicht!!! :teufel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • ich hab mal ein urteil vollstreckt, was einem quasi-obdachlosen von der polizei auf der polizeiwache ausgehändigt worden ist, was auch von der polizei protokolliert wurde. eigentlich ist polizei kein zustellungsorgang und die zustellung war unwirksam. aber was solls. der typ hätte nie behauptet, das schriftstück nicht bekommen zu haben.

    man darf bei sowas nicht aus den augen verlieren, dass es sich um rein formelles recht handelt und erstmal gar nichts damit zu tun hat, ob jemand das schriftstück wirklich gekriegt hat. daher gibts ja auch den:


    "ZPO § 189 Heilung von Zustellungsmängeln


    Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Schriftstück unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist."


    und zum fall des "i. A." EBs - der anwalt wird sich sicher nie jemals auf die unwirksamkeit der zustellung berufen, der würde ja völlig das gesicht verlieren.

  • Die Unterzeichnung eines EB's durch einen anderen als den Anwalt als Zustellungsempfänger ist m. E. unzulässig, da der Beginn einer Frist, wie oben ausgeführt, darauf abgestellt wird, wann der Anwalt das zuzustellende Schriftstück zur Kenntnis genommen hat und nicht dann, wann es in seinen Herrschaftsbereich gelangt ist.

    Aus diesem Grunde wird auch bei zukünftiger elektronischer Abwicklung des Schriftverkehrs zwischen Gericht und Anwalt die qualifizierte elektronische Signatur Verwendung finden, die an die Signaturkarte des Anwalts gebunden ist.

    Allerdings lässt sich auch diese durch die Sekretärin nutzen, ebenso wie bei der Rücksendung eines EB's durch Fax die Unterschrift gescannt werden kann.
    Die offensichtliche Nutzung des Zusatzes i. A. kann m. E. keine ordnungsgemäße Zustellung bewirken.

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