Hinterlegung trotz bekannter Erben?

  • Hallo!
    Habe gerade folgenden Fall:
    Es wurde ein Erbschein erteilt, der 4 Erben ausweist. Nun will die Bank bei ihr befindliches Guthaben hinterlegen wegen Gläubigerungewissheit, weil die Erben sich nicht einigen können, an wem ausbezahlt werden soll. Meines Erachtens liegt hier aber doch keine Gläubigerungewissheit vor. Die Erben stehen fest und sind auch nicht unbekannten Aufenthalts. Sie können sich nur nicht einigen, wie ausbezahlt werden soll. Das ist doch lediglich ein Problem der Auseinandersetzung, aber doch keine Gläubigerungewissheit. Es steht fest, dass das Guthaben der Erbengemeinschaft gesamthänderisch zusteht. Ebenso wurde auch von keinem Miterben die HL nach § 2039 BGB verlangt. Auch wenn beispielsweise nur ein Erbe Zahlung an sich allein verlangen würde, wäre meines Erachtens Gläubigerungewissheit nicht gegeben, weil feststeht, dass der Anspruch der Erbengemeinschaft zusteht.
    Wie seht ihr das??

  • Ein Hinterlegungsgrund liegt nicht vor. Das Verhalten der Bank ist nicht verständlich. Es ist im Interesse der Bank, die Nachlaßgelder so lange wie möglich zu behalten, solange sich die Erben streiten. Eine Auszahlung kann nur auf übereinstimmende Weisung aller Erben erfolgen.

  • Für mich war das Verhalten der Bank auch nicht verständlich. Auf meine Zwischenverfügung hin, hat die Bank aber nunmehr eine Anwaltskanzlei beauftragt. Trotzdem wird nach wie vor die HL beantragt und der Antrag auf meine Zwischenverfügung hin nicht zurückgenommen.
    Es wird nunmehr der Vergleich mit mehreren Mietern herangezogen, bei dem ein Mieter vom Vermieter die Auszahlung an sich allein beantragt. In diesem Fall ist anscheinend nach Aussage der Anwaltskanzlei Gläubigerungewissheit gegeben.
    Aber bei meinem Fall mit der Erbengemeinschaft bin ich nach wie vor der Meinung, dass kein HL-Grund vorliegt.

  • Weise den Hinterlegungsantrag mit entsprechender Begründung zurück und mache Dir keine weiteren Gedanken darüber.

  • Nur weil ein Anwalt auftritt, muss es nicht unbedingt richtig sein ;)
    Anwälte sind doch auch nur Wesen mit Daseinsberechtigung :teufel:
    Nein, ernsthaft ... von Hinterlegung haben RA im Zweifel so viel Ahnung wie der gewöhnliche Rpfl. - keine. :D

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Könnte die Bank evtl. wg. Gläubigerverzug hinterlegen?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Die Hinterlegung bei Uneinigkeit der Erben ist ein klassischer Hinterlegungsfall. Die Bank hat eine Leistung an eine Gesamthand zu leisten. Die Leistung ist unteilbar. Ohne jetzt genauer nachzusehen, würde ich 432 BGB heranziehen. Ein Blick in den Kommentar zur Hinterlegungsordnung in die Vorbemerkungen dürft dies auch bestätigen.

  • Ich nehme gleichfalls bei solchen Sachverhalten die Hinterlegung an.
    Nach meiner Auffassung heißt: über die Person des Gläubigers im Ungewissen sein auch, nicht zu wissen, welchem der bekannten Gläubiger hier welcher Betrag zusteht. Und das ist der Fall bei mangelnder übereinstimmender Willenserklärung der Erben.

  • § 432 gilt allgemein. § 2039 BGB gilt hier für die Erbengemeinschaft.
    Sowohl nach § 432 als auch nach § 2039 BGB kann aber nur der Berechtigte bzw. Miterbe die Hinterlegung verlangen. Bei mir will aber die Bank hinterlegen. Deshalb wäre dieser HL-Grund für mich nicht gegeben.

    Wegen Gläubigerverzug wurde bisher überhaupt nichts vorgetragen.

  • Vier Erben melden sich und alle wollen das Geld. Ist das nicht einer der klassischen Hinterlegungsfälle? Ob die Bank nun das Wörtchen "Gläubigerverzug" in den Mund nimmt oder es - laienhaft - "Unklarheit über den Empfänger" nennt, wäre mir egal. Soweit kann ich das hinterlegungsersuchen noch auslegen, wenn mir klar ist, worum es tatsächlich geht. Da genügt auch ein Einzeiler als Aktenvermerk.

  • Ich dachte, den Umkehrschluss ergibt sich von selbst. Für die Skeptiker: Münchner Kommentar 3. Auflage § 2039 Rn 12 "Die Pflicht des Nachlassschuldners an alle Miterben gemeinschaftlich zu leisten, entspricht deren Pflicht, die Leistung gemeinschaftlich anzunehmen. Kommt auch nur einer der Miterben dieser Pflicht nicht nach, hat dies Annahmeverzug sämtlicher Miterben und das Recht des Schuldners zur Hinterlegung bzw. zum Selbsthilfeverkauf (§§ 372 ff.) zur Folge."

  • Mit der Hinterlegung habe ich auch so Probleme. Hier bei uns ist es jetzt so, dass das Vormundschaftsgericht nach Beendigung der Betreuung und Erben beim Nachlassgericht noch nicht bekannt sind bzw. die Erbangelegenheit dort noch nicht abgeschlossen ist, die Sparbücher der ehemaligen Betreuten hinterlegt. Die Sparbücher werden nicht an die HL-Kasse abgeführt. Wie wird das woanders gehandhabt ?

  • Die Sparbücher werden bei uns durch den Hinterleger direkt an die Landesjustizkasse übersandt per Einschreiben mit Rückschein.

  • Wir sind sowohl Hinterlegungskasse als auch -stelle. Von den anderen Hinterlegungsstellen im LG-Bezirk werden die Sparbücher an uns als Kasse übersandt - aber anschließend auf Ersuchen der Hinterlegungsstellen auf unsere Kosten an die Empfangsberechtigten wieder herausgeben/ übersandt.
    Das müsste sich aber aus der AVHO Eures Landes ergeben, ein länderübergreifender Austausch ist wohl nicht so sinnvoll. Dass die Sparbücher in der Hinterlegungsakte? bleiben, kommt mir aber seltsam vor, dort sind sie doch nicht sicher aufbewahrt :confused:

  • Die Sparbücher werden bei uns an die zuständige Gerichtskasse übersandt zur Verwahrung. Sie bleiben auf keinen Fall in der Akte. Dies kann ich mir auch nicht vorstellen.

    Wir hatten in letzter Zeit auch vermehrt Anträge von Betreuern, die nach Beendigung der Betreuung durch den Tod des/der Betreuten die Sparbücher "loswerden" wollten, auch wenn die Erben bekannt sind, diese aber noch keinen Erbschein in der Hand hatten (der Antrag war aber schon gestellt oder sollte umgehend gestellt werden).

    Wir haben dann abgelehnt, da die Betreuer in Kürze ja gegen Ausfertigung des Erbscheines sowieso an die Erben aushändigen können. Dies betrifft die Sparbücher als auch Aktenordner, sämtliche Unterlagen der Betreuten. Die Betreuer benötigen sowieso meist den Erbschein. Das ganze also in die amtsgerichtliche "Zwischen"-Hinterlegung zu nehmen, vermeide ich.

    Es sei denn, die Erben sind tatsächlich unbekannt oder streiten sich oder es liegt Annahmeverzug, auch eines der Miterben natürlich, vor.

    Aber den Betreuern sollte ein kurzes Verwahren der Sparbücher eigentlich zuzumuten sein, bis der Erbschein in 1 - 2 Wochen erteilt ist, immerhin verwahren sie die Sparbücher ja auch während der gesamten Betreuung.

  • Wenn sich die Erben nicht einigen können, an wen ausgezahlt werden soll, dürfte das doch reichen die nicht auf Fahrlässigkeit beruhende Ungewissheit über die Person des Empfängers (§ 372 BGB) zu begründen.

  • Könnte die Bank evtl. wg. Gläubigerverzug hinterlegen?





    ... mit dem richtigen Antrag bzw. der griffigen Begründung klappt vieles...:strecker

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