Kontopfändung und Insolvenz

  • Ich wärme dieses "Kontopfändung und Insolvenz" Thema auch mal wieder auf:

    Z.B.: Eröffnung Inso, Kontostand im Soll, Bank kündigt das P-Konto und meldet Forderung an.

    Danach werden noch Sozialleistungen an Bank gezahlt und dort auf internem Verwahrkonto verbucht und "gesperrt", wegen:
    1. Entgegennahme auch bei gekündigtem KOnto zulässig (BGH XI ZR 21/06)
    2. Keine Auszahlung, da noch 2 "alte" Kontopfändungen aus Zeit vor Insolvenzeröffnung und somit Verstrickung (BGH IX ZR 40/17 siehe oben...)

    Wie löst man so etwas ?

    1. Meines Erachtens ist der Auszahlungsanspruch gegen die Bank eigentlich Insolvenzmasse, d.h., wenn dieser Anspruch nicht freigegeben, müsste Insolvenzverwalter die entsprechenden Vollstreckungs-Erinnerungen einlegen und anschließend würde der Betrag an die Masse gezahlt. Und von dort dann an Schuldner, da Sozialleistung für laufenden Monat.
    2. Falls Freigabe erteilt wird, kann Schuldner Antrag stellen ?
    3. Oder gibt nicht der BGH IX ZR 40/17 den vollstreckenden Stellen selbst (oder doch dem Insolvenzgericht ?) die Möglichkeit von Amts wegen tätig zu werden, wenn Sachverhalt bekannt.
    4. Könnten natürlich die beteiligten Gläubiger "vernünftigerweise" die Pfändungen zurücknehmen.


    Gibt es für solche Fälle mittlerweile ein in der Praxis erprobtes Standardvorgehen ?

  • Beispiel widersprechen sich "Konto im Soll" und P-Konto.

    Im Verfahren der ZPO, wozu Zwangsvollstreckung und mittelbar auch Insolvenz zählen, passiert von Amts wegen gar nichts... da müssen schon erstmal Anträge her...

  • eingefügt

  • [quote='WinterM','RE: Kontopfändung und Insolvenz widersprechen sich "Konto im Soll" und P-Konto. QUOTE]

    Leider nicht, gibt es schon ab und an. Und § 850k Abs. 6 ZPO gibt hierfür zumindest her, dass keine Aufrechnung durch Bank erfolgen kann, wenn Sozialleistung auf im Soll geführten P-Konto eingeht.


    Und "von Amts wegen":
    ....naja, als langjähriger "alles bei Gericht-Beantrager" würd ich mich auf so was auch nicht verlassen, aber wenn der BGH selbst diese Idee ins Spiel bringt ( BGH IX ZR 40/17 Rn. 14: "Hierzu kann das Vollstreckungsorgan die Voll-streckungsmaßnahme von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten un-eingeschränkt aufheben und damit die Verstrickung beseitigen ...")

    ...na dann los ;)

  • Hallo,

    ich muss mich hier auch mal ranhängen. Mir liegt ein Antrag der Insolvenzverwalterin des Schuldners vor, im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus 2009 und 2014 (sind konkret benannt) aufzuheben und die pfändbaren Beträge des Kontoguthabens des Schuldners auf dem P-Konto und dem Sparkonto bei der Drittschuldnerin zur Insolvenzmasse freizugeben.
    Insolvenzantrag und –eröffnung sind aus 2018.

    Leider ist Insolvenzrecht so gar nicht meine Stärke. Wie muss ich hier vorgehen? Kann ich die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aufheben oder müsste ich hier bis zu einer eventuellen Restschuldbefreiung einstellen? Wobei sich mir nicht ganz erschließt, weshalb das Kontoguthaben nicht automatisch zur Insolvenzmasse gelangt. Ich ging bislang davon aus, dass eine Insolvenz Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen quasi überlagert und damit immer die Inso Wirkung entfalten kann. Aber wie gesagt, Insolvenzrecht ist nicht meine Kernkompetenz^^

    Für Hilfe danke ich bereits im Voraus.

  • da Insolvenz nicht deine Stärke ist, bist du vermutlich das Vollstreckungsgericht.

    In dem Fall bist du für die Erinnerung zunächst nicht der richtige Adressat, da zur Bescheidung der Erinnerung das Insolvenzgericht zuständig ist, § 89 Abs. 3 InsO.
    Dieses würde dir dann die Erinnerung zuleiten, damit du entscheiden kannst, ob du dieser abhelfen willst.

    Hinsichtlich des Sparguthabens sehe ich die Erinnerung als nicht begründet an, da die Gl. wirksam mit der Pfändung ein Absonderungsrecht hieran erlangt haben.

    Hinsichtlich des Girokontos wäre die Erinnerung m.E. insoweit wegen § 89 InsO begründet, als Kontoguthaben, welches der Schuldner nach Insolvenzeröffnung erwirbt, betroffen ist, da hinsichtlich etwaigen alten Guthabens durch die Pfändung ebenfalls ein Absonderungsrecht für die Gl. entstanden ist.

    Solltest du doch das Insolvenzgericht sein: lehn dich zurück, denn du bist funktionell unzuständig. Richtersache :D

  • Kann ich die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aufheben oder müsste ich hier bis zu einer eventuellen Restschuldbefreiung einstellen?

    ....oder bis zur Beendigung ohne Restschuldbefreiung (falls das Ziel des Insolvenzverfahrens nicht erreicht wird).

  • Ich nehme das Thema noch mal auf.
    Ich habe Pfänder aus 2019. Gepfändet wird Arbeitseinkommen und Bankguthaben.
    Der Schuldner hat mitgeteilt, dass er mit gleicher Post Insolvenzantrag gestellt hat.
    Er beantragt nun, die unpfändbaren Anteile seiner laufenden Einkünfte gemäß § 906 ZPO von seinem P-Konto freizugeben.
    Er teilt mit, dass er den pfändbaren Teil künftig an den Insolvenzverwalter abführt.
    Der verbleibende Betrag übersteigt den monatlichen Sockelbetrag des P-Kontos bei der Bank.

    Muss ich da jetzt irgendwas veranlassen?
    Bis zur Insolvenzeröffnung ist es doch nicht möglich den unpfändbaren Teil freizugeben... Warum auch... Pfändung ist wirksam erlassen und sein Guthaben liegt nur über dem Sockelbetrag da er weitere Leistungen bekommt, die pfändbar sind. Und die Gründe der Freigabe sind die Insolvenzeröffnung.
    Und ab InsEÖ ist doch der Insolvenzverwalter bzw. das Inso-Gericht zuständig oder nicht?

    Was mache ich den jetzt mit diesem Antrag?
    Oder denke ich irgendwie falsch?
    Schöne Grüße

  • Aus meiner Sicht fehlt dem Schuldner derzeit die Berechtigung der Antragstellung.

    Ich vermute, er hat auch nicht nachgewiesen, dass er sein pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter abführt, schlicht weil es noch gar keinen Verwalter gibt?

    Wenn ein Vollstreckungshindernis nach § 89 ZPO vorliegt und Erinnerung eingelegt wird, kann das Vollstreckungsgericht abhelfen (strittig). Zur Entscheidung wäre tatsächlich das Insolvenzgericht berufen.

  • Ich würde Handlungsbedarf sehen: Der Schuldner wird bereits beim AG gepfändet, mit seinem Antrag beantragt er die entsprechende Zahlung des AG auf seinem P-Konto frei zu geben (Doppelpfändung). Dies ist begründet. Die Insolvenzantragsstellung ändert m.E. daran nichts (wird überhaupt eröffnet, wann wird eröffnet).

  • Ich würde Handlungsbedarf sehen: Der Schuldner wird bereits beim AG gepfändet, mit seinem Antrag beantragt er die entsprechende Zahlung des AG auf seinem P-Konto frei zu geben (Doppelpfändung). Dies ist begründet. Die Insolvenzantragsstellung ändert m.E. daran nichts (wird überhaupt eröffnet, wann wird eröffnet).

    Da das unpfändbare Einkommen nach dem Sachverhalt den vorhandenen Freibetrag nicht übersteigt, ist der Antrag unbegründet.


    Bis zur Insolvenzeröffnung ist es doch nicht möglich den unpfändbaren Teil freizugeben... Warum auch... Pfändung ist wirksam erlassen und sein Guthaben liegt nur über dem Sockelbetrag da er weitere Leistungen bekommt, die pfändbar sind.

    Insolvenzrechtliche Fragen stellen sich derzeit nicht. Nach Insolvenzeröffnung wären auf eine entsprechende Erinnerung hin die Wirkungen des PfÜB inkl. der Verstrickung für die Dauer des Insolvenzverfahrens auszusetzen.


    Was mache ich den jetzt mit diesem Antrag?

    Zurückweisen.

  • Ich würde Handlungsbedarf sehen: Der Schuldner wird bereits beim AG gepfändet, mit seinem Antrag beantragt er die entsprechende Zahlung des AG auf seinem P-Konto frei zu geben (Doppelpfändung). Dies ist begründet. Die Insolvenzantragsstellung ändert m.E. daran nichts (wird überhaupt eröffnet, wann wird eröffnet).

    Wer lesen kann ist klar im Vorteil - ziehe meinen Einwurf zurück.:oops:

  • Hallo ihr,
    ich muss mich auch mal dranhängen.

    Ich habe hier einen Antrag des Schuldners vorliegen auf Freigabe des Kontoguthabens auf dem P-Konto. Bei dem zugrunde liegenden PfÜB aus 2017 handelt es sich um eine Unterhaltsvollstreckung. Die Bescheinigung nach § 903 ZPO hat die Bank dementsprechend nicht akzeptiert.

    Das Insolvenzverfahren wurde dieses Jahr eröffnet. Weiterhin liegt ein Schreibens des Inso-Verwalters an die Bank bei, in welchem er das P-Konto aus dem Insolvenzbeschlag freigibt.

    Nun frage ich mich, was genau ich da jetzt machen soll.. Der PfÜB ist ja bereits vor Rückschlagsperre erlassen.. Somit doch wirksam oder :confused::confused:


    Lieben Dank schon einmal!

  • Hat der Insolvenzverwalter tatsächlich das P-Konto insgesamt freigegeben? Das fände ich ...interessant... Seit Einführung des P-Kontos sollten solche Freigaben nicht mehr vorkommen (weil überflüssig), den Freibetrag übersteigende Guthaben bekommt der IV in die Masse, das Unpfändbare bekommt der Schuldner und das Insolvenzgericht entscheidet ggf. über weitere Anträge.

    Aber zum Wesentlichen: Die "alte" Pfändung vor der Rückschlagsperre ist weiter wirksam, darf wegen des Insolvenzverfahrens natürlich aktuell nicht bedient werden. Im laufenden Insolvenzverfahren muss der Verwalter nun entweder den Gläubiger davon überzeugen, die Pfändung zurückzunehmen oder ruhend zu stellen, oder an das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO den Antrag stellen, die Wirkung der Pfändung auszusetzen bis zur Aufhebung des Verfahrens (IX ZB 14/20) (da gibt es auch mindestens einen Thread dazu, entweder hier oder im Forum Insolvenz). Das Vollstreckungsgericht ist dann nur im Wege der Abhilfeentscheidung dran (zumindest bei uns... es ist wohl durchaus streitig, ob der Inso- oder der ZV-RPfl da die Abhilfebefugnis hat...)

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Hat der Insolvenzverwalter tatsächlich das P-Konto insgesamt freigegeben? Das fände ich ...interessant... Seit Einführung des P-Kontos sollten solche Freigaben nicht mehr vorkommen (weil überflüssig), ....

    Aus Sicht des Inso-Verwalters dürfte die Freigabe des P-Konto insgesamt nicht überflüssig sein.

    Grund: Durch die Freigabe ist das Konto nicht mehr Teil der Insolvenzmasse und der Schuldner muss gegen eventuell bestehende (oder noch erfolgende) Pfändungen selbst vorgehen, vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 - IX ZB 112/06:

    Zitat

    Es ist daher in Rechtsprechung und Schrifttum fast einhellige Meinung, dass das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auch für vom Insolvenzverwalter oder Treuhänder aus der Insolvenzmasse freigegebene Gegenstände gilt, weil sie zum sonstigen Vermögen des Schuldners gehören.

  • Ich will ja nicht zu weit vom Thema abschweifen, aber wenn der Verwalter das Konto insgesamt freigibt, entgeht der Masse ein eventueller pfändbarer Betrag auf dem P-Konto, außerdem sollte man vielleicht berücksichtigen, dass die BGH-Entscheidung aus der Zeit vor dem P-Konto stammt, damals hätte der Schuldner ohne Freigabe durch den IV erstmal gar kein Geld gehabt...

    Zurück zur Frage von Gastpfleger: Wenn der Verwalter wirklich das Konto insgesamt freigegeben hat, muss der Schuldner die Erinnerung einlegen, Zuständig ist weiterhin das Insolvenzgericht. Du solltest in Erfahrung bringen, was genau der Verwalter der Bank geschrieben hat, oft erklärt der Verwalter nämlich nur, dass das Konto als P-Konto weiter genutzt werden kann und gibt es gerade nicht insgesamt frei.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

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