Urteilsanmerkungen/Kommentare

  • Amtsgericht Essen vom 23.02.2015, 165 IK 218/14, ohne Leitsatz:

    Haben in einem Insolvenzverfahren keine Gläubiger Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, so ist das Durchlaufen der Wohlverhaltensphase eine Förmelei, da Gläubigeranträge auf Versagung der Restschuldbefreiung nicht gestellt werden können. Die Restschuldbefreiung ist dann sofort zu erteilen, § 300 I S. 2 Nr. 1 InsO.

    Dies gilt auch für die nach dem 01.07.2014 beantragt Verfahren,bei denen Kostenstundung gewährt worden ist [gegen den Wortlaut des § 300 I S. 2 InsO].

    :D Mutig. Und offenbar rechtskräftig?

    Was ist daran denn mutig? Und wer soll denn Beschwerde einlegen? Außer vielleicht der Schuldner ;)?!

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - IX ZB 3/15

    a) Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, kann ein während des laufenden Insolvenzverfahrens gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht wegen verspäteter Antragstellung als unzulässig verworfen werden, wenn das Insolvenzgericht den Schuldner nicht rechtzeitig über die Notwendigkeit eines Eigenantrags verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung belehrt und ihm hierfür eine bestimmte richterliche Frist gesetzt hat (Ergänzung zu BGHZ 162, 181).

    b) Ist dem Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag eines Gläubigers keine ausreichende Belehrung erteilt worden, kann ihm nach Eröffnung eine mindestens zweiwöchige Frist zur Stellung eines isolierten Restschuldbefreiungsantrags gesetzt werden. Andernfalls ist ein solcher Antrag bis zur Aufhebung des laufenden Insolvenzverfahrens zulässig.

    Das ist ja eine tolle Wurst. Das Verfahren stammt aus dem Jahre des Herrn 2005. Wenn "jetzt" ein solcher Antrag zulässig ist, dann wäre aber die Laufzeit der Abtretungserklärung schon abgelaufen. Wie setzt man denn dann das weitere Verfahren um, dann ist hier alles ab dem 01.10.2011 überraschendes Neuvermögen iSd IX ZB 247/08, Leitsatz d.), bzw. § 300a II InsO. Besonders spaßig bei Betriebsfortführung und pfändbaren Einkünften. § 55 I Nr. 3 InsO mit Verjährungsproblematik ??

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - IX ZB 3/15

    a) Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, kann ein während des laufenden Insolvenzverfahrens gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht wegen verspäteter Antragstellung als unzulässig verworfen werden, wenn das Insolvenzgericht den Schuldner nicht rechtzeitig über die Notwendigkeit eines Eigenantrags verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung belehrt und ihm hierfür eine bestimmte richterliche Frist gesetzt hat (Ergänzung zu BGHZ 162, 181).

    b) Ist dem Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag eines Gläubigers keine ausreichende Belehrung erteilt worden, kann ihm nach Eröffnung eine mindestens zweiwöchige Frist zur Stellung eines isolierten Restschuldbefreiungsantrags gesetzt werden. Andernfalls ist ein solcher Antrag bis zur Aufhebung des laufenden Insolvenzverfahrens zulässig.

    Das ist ja eine tolle Wurst. Das Verfahren stammt aus dem Jahre des Herrn 2005. Wenn "jetzt" ein solcher Antrag zulässig ist, dann wäre aber die Laufzeit der Abtretungserklärung schon abgelaufen. Wie setzt man denn dann das weitere Verfahren um, dann ist hier alles ab dem 01.10.2011 überraschendes Neuvermögen iSd IX ZB 247/08, Leitsatz d.), bzw. § 300a II InsO. Besonders spaßig bei Betriebsfortführung und pfändbaren Einkünften. § 55 I Nr. 3 InsO mit Verjährungsproblematik ??

    Schöne fette Rückzahlung. Wobei der Schuldner erst am 20.06.2012 überhaupt den Antrag gestellt hat. Das dürfte ja gleich neue Fragen aufwerfen...;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Verstehe ich die Essener Entscheidung richtig, dass die Gläubiger alle ungeachtet ihrer Kenntnis von der Inso nicht angemeldet haben?

    Jepp, kommt gar nicht sooo selten vor. Und dann hängste halt im Normalfall in der WVP fest ohne Gläubiger.

  • Verstehe ich die Essener Entscheidung richtig, dass die Gläubiger alle ungeachtet ihrer Kenntnis von der Inso nicht angemeldet haben?


    Das kann ich aus der Entscheidung nicht entnehmen. Wer weiß, wie lange der Schuldner schon zahlungsunfähig ist. U.u. haben die Gläubiger diese Ansprüche schon lange ausgebucht oder sehen aus wirtschaftlichen Gründen von einer Anmeldung ab. Der Aufwand, eine Uraltforderung von 300 EUR zu belegen, zur Tabelle anzumelden und nach 6 Jahren 1,56 EUR zu verbuchen, steht mE in keinem guten Verhältnis.

    Ist mir auch schon ein paarmal untergekommen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13 - Himbeer-Vanille-Abenteuer II

    " Wo Himbeeren und Vanille auf der Packung abgebildet sind, müssen auch Himbeeren und Vanille drin sein.."

    Da bin ich gespannt, was sie künftig auf die Verpackung drucken. Immerhin wird´s ja wohl nach Himbeere und Vanille schmecken... wobei ich gar nicht wissen will, wie sie das hinbekommen haben... :confused:

  • Verstehe ich die Essener Entscheidung richtig, dass die Gläubiger alle ungeachtet ihrer Kenntnis von der Inso nicht angemeldet haben?


    Das kann ich aus der Entscheidung nicht entnehmen. Wer weiß, wie lange der Schuldner schon zahlungsunfähig ist. U.u. haben die Gläubiger diese Ansprüche schon lange ausgebucht oder sehen aus wirtschaftlichen Gründen von einer Anmeldung ab. Der Aufwand, eine Uraltforderung von 300 EUR zu belegen, zur Tabelle anzumelden und nach 6 Jahren 1,56 EUR zu verbuchen, steht mE in keinem guten Verhältnis.

    Ist mir auch schon ein paarmal untergekommen.

    Grundsätzlich kann ich nachvollziehen, wenn jemand seine Forderung nicht anmeldet.
    Sollte die Entscheidung jedoch auch Gläubiger meinen, die von der Insolvenz überhaupt nichts wußten und aus diesem Grund nicht anmeldeten, führt das meiner Meinung nach sicherlich zu einer erhöhten Vergeßlichkeit bei den Schuldnern

  • Grundsätzlich kann ich nachvollziehen, wenn jemand seine Forderung nicht anmeldet.
    Sollte die Entscheidung jedoch auch Gläubiger meinen, die von der Insolvenz überhaupt nichts wußten und aus diesem Grund nicht anmeldeten, führt das meiner Meinung nach sicherlich zu einer erhöhten Vergeßlichkeit bei den Schuldnern

    Daran ändert doch der Beschluss nichts. Würde sich eine WVP anschließen, könnten auch diese Gläubiger nicht mehr anmelden.

    Und die RSB wirkt gegen alle, auch die, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, wie es ausdrücklich in § 301 I S.2 InsO festgehalten ist.

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  • Grundsätzlich kann ich nachvollziehen, wenn jemand seine Forderung nicht anmeldet.
    Sollte die Entscheidung jedoch auch Gläubiger meinen, die von der Insolvenz überhaupt nichts wußten und aus diesem Grund nicht anmeldeten, führt das meiner Meinung nach sicherlich zu einer erhöhten Vergeßlichkeit bei den Schuldnern

    Ich erinnere mich schwach an die Zustellungsfiktion des § 9 InsO. Gläubiger müssen sich schon mal selbst kümmern. Und wer nicht anmeldet, ist eben draußen. Ich finde die gesetzliche Regelung sowas von unsinnig... Hätte man ja auch anders machen können - halt wie Essen.

  • Diesbzgl. ist das natürlich weiterhin "gefahrlos" möglich;
    Aber ggf. ist auch in diesen Fällen der Gesetzgeber mit seinem Wunsch um eine gewisse "Anstrengung" des Schuldners zu respektieren ?

    Insofern vermag mich da AG Essen mit:

    Da die Wohlverhaltenszeit vorliegend mithin in Bezug auf die Rechtsposition der Insolvenzgläubiger inhaltsleer und fiskalisch widersinnig ist, ist von ihrer Durchführung abzusehen. Andernfalls wird letztlich mittellosen Schuldnern die nach der Entscheidung des BGH bei Fehlen von Anmeldungen mögliche vorzeitige Restschuldbefreiung verwehrt. Der mittellose Schuldner würde dann gegenüber einem Schuldner, der zur Kostendeckung in der Lage wäre, benachteiligt. Dies kann schlichtweg nicht gewollt sein, nachdem vom Gesetzgeber zur Vermeidung einer solchen Benachteiligung aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten das Institut der Verfahrenskostenstundung geschaffen wurde.


    gerade nicht so richtig zu überzeugen:

    Denn im Regelfall kommt der "mittellose" Schuldner eben auch nur in den Genuß einer WP-Verkürzung von sechs auf fünf Jahre, wenn er die Kosten berichtigt (und diese nicht nur gestundet sind).

    Insofern haben wir doch ohnehin eine gewisse Benachteiligung per se,
    (die imo hinzunehmen ist nach dem nunmehr ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers).

    Aber, wie Mosser richtig sagt: in den genannten Ausnahmefällen wird sich konkret i.S.v. AG Göttingen und Essen wohl auch keiner beschweren können...
    trotz ausdrücklicher Regelung, rechtsfreier Raum, Wild West, Yippiejehahouu
    https://www.youtube.com/watch?v=b_mMMI0Kc7I

    ;)


    Einmal editiert, zuletzt von zsesar (4. Dezember 2015 um 19:09)

  • Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13 - Himbeer-Vanille-Abenteuer II

    " Wo Himbeeren und Vanille auf der Packung abgebildet sind, müssen auch Himbeeren und Vanille drin sein.."

    Da bin ich gespannt, was sie künftig auf die Verpackung drucken. Immerhin wird´s ja wohl nach Himbeere und Vanille schmecken... wobei ich gar nicht wissen will, wie sie das hinbekommen haben... :confused:

    Das ist das Ende der Zigeuner-Soße.

  • Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13 - Himbeer-Vanille-Abenteuer II

    " Wo Himbeeren und Vanille auf der Packung abgebildet sind, müssen auch Himbeeren und Vanille drin sein.."

    Da bin ich gespannt, was sie künftig auf die Verpackung drucken. Immerhin wird´s ja wohl nach Himbeere und Vanille schmecken... wobei ich gar nicht wissen will, wie sie das hinbekommen haben... :confused:

    Das ist das Ende der Zigeuner-Soße.

    Und Hundekuchen oder Jägerschnitzel??????

  • BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015 - I ZR 23/14

    Besteht zwischen einer verkehrsdurchgesetzten dreidimensionalen Klagemarke und der beanstandeten, für identische Waren verwendeten Form eine hochgradige Zeichenähnlichkeit, so ist im Regelfall davon auszugehen, dass der Verkehr nicht nur die Form der Klagemarke, sondern auch die angegriffene Gestaltung als herkunftshinweisend wahrnimmt (Fortführung von BGH, Urteil vom 25. Januar 2007 - I ZR 22/04, BGHZ 171, 89 Rn. 31 Pralinenform I; Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 17/05, GRUR 2010, 1103 Rn. 28 = WRP 2010, 1508 Pralinenform II).

    So richtig lecker sieht das Urteil nicht aus....

    Da sollte man wohl lieber mit der Mundspüllösung III - Entscheidung nachgurgeln...

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  • Ein gesundes Neues :beifallkl.

    @ La Flor de Cano: Sind die Marken-Entscheidungen Dein Hobby. Andere lesen die "Titanic" oder wahlweise auch den "Eulenspiegel". Du führst Dir die Urteile des Bundesgerichtshofs zu Gemüte.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • AG Aurich, Beschl. v. 3.12.2015 - 9 IN 145/15

    Auszug:
    Im gegenständlichen Insolvenzverfahren hat der Schuldner keinenAntrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt, sodass dasInsolvenzgericht im Hinblick auf § 302 InsO nicht verpflichtet ist, ihnüber sein Widerspruchsrecht zu belehren.

    Dies halte ich für falsch, da davon nichts in § 175 Abs. InsOsteht. Da steht nur, dass, wenn angemeldet wird ich zu belehren habe, sonstnichts.

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