Anrechnung Orga-Haft oder nicht??

  • Habe hier eine Strafe ( etliche sind einbezogen) mit Strafbeginn 08.04.2002 ( Strafbeginn einer einbezogenen Strafe). Strafmaß ist 4J 6 Mt und Unterbringung Entz.anstalt.
    In der Sache ( einbezogene ) wurde er dann am 14.10.2003 entlassen.
    Am Strafe am 09.03.2004 war 1 Tag Festnahme in einbezogener Sache. Ab 13.03.2004 bis 19.03.2004 war wiederum U-Haft. Ab 20.03.2004 war Rechtskraft einer einbezogenen Strafe. Er saß von da ab durchweg in Haft.
    Rechtskraft des zu vollstreckenden Urteils: 31.03.2005
    Ich habe anhand der Strafzeitberechner nun mit Strafbeginn 08.04.2002 und Unterbrechungen und Wiederbeginn als 2/3 den 03.09.2005 bekommen.

    Ab 12.06.2005 war der VU für das zuletzt ausgesprochenen Urteil sodann in der Unterbringung. Diese endete im Juli 2006

    Nun zu meinen Fragen:
    a) durch die Vorverlegung des Strafbeginns wurde dem VU die verlängerte Höchstfrist doch weitestgehend genommen. Gibt es hierzu andere Meinungen? Nachdem die Unterbringung nun eh erledigt wurde, ist es egal.

    b) Orgahaft wurde hier verbüßt vom 31.03.05 – 12.06.2005.: Da der VU erst im Juni 2005 in Unterbringung kam und im Juli 2006 bereits wieder herauskam, also innerhalb der gewöhnlichen Höchstfrist, meine ich, scheidet eine Anrechnung der Orga-Haft aus, oder? Laut Handbuch steht es so drin.

    Lese ich aber den Tenor der BVerfG-Entscheidung vom 18.06.1997 ( Rpfleger 1998, 80) müsste ich stets die Orga-Haft abziehen. Kann ich hier in Jugendsachen eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen? Und welches ist dies dann?

    Ich hatte gedacht, da der 2/3 Zeitpunkt bereits überschritten ist, ist auf jeden fall das letzte 1/3 zu vollstrecken.

    c) Laut der jüngsten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom Februar dieses Jahres müsste ich – m.E. unter Missachtung sämtlicher Strafzeitberechnungsregeln – nun noch die Tage der U-Haft vom letzten Drittel abziehen. Das kann doch nicht sein.

  • Hi Diabolo!


    zu b) kann ich nur sagen, dass man die Orga-Haft auf jeden Fall anrechnen muss. Die Frage ist nur wie...
    Meiner Meinung muss die Orga-Haft auf das Restdrittel angerechnet werden. Dazu gabs denke ich auch mal ne Entscheidung vom OLG München (mit Fundstellen kann ich leider grad nicht dienen, weil ich daheim bin...).

    zu c) Die Entscheidung des OLG Düsseldorf habe kürzlich auch gelesen. Allerdings kann ich da nicht wirklich zustimmen. Ich folge weiterhin der Meinung, die die U-Haft vorneweg abzieht (und dadurch die Höchstfrist verkürzt) und nur die Orga-Haft vom Restdrittel abzieht.

    Viel mehr kann ich dazu aus dem Stand jetzt nicht sagen...

  • Danke; ich meine aber , das vorliegend dann die Orga-Haft unberücksichtigt bleiben muß, da ein tatsächlicher Doppelvollzug ja gerade nicht stattgefunden hat. Ich habe nun gerichtliche Entscheidung beantragt.

    zu Düsseldorf: die Meinung ist auch m.E. falsch. Das OLG Zweibrücken sieht es glücklicherweise anders

  • Nur zum besseren Verständnis gefragt: Wie ist denn das mit der Nicht-Anrechnung/-Berücksichtigung gemeint? Das BVerfG hat 2005 entschieden, daß die Vollstreckung von Organisationshaft Grundrechte verletzen kann, wenn nicht dafür Sorge getragen wird, daß der Verurteilte unverzüglich in den Maßregelvollzug überstellt wird: BVerfG, Beschluß vom 26.09.2005 - 2 BvR 1019/01 Spricht das nicht erst recht dafür, daß eine Anrechnung vorzunehmen ist, oder habe ich da etwas mißverstanden?

  • Ja. Das gilt doch aber nur dann, wenn es aufgrund der Orga-Haft zu einer effektiven Haftverlängerung kommt. Um hier entgegenwirken zu können, wäre eine Anrechnung notwendig.
    Eine Haftverlängerung ist m.E. dann gegeben, wenn zunächst ORGA-Haft verbüßt wird - also eine haftart, die das gesetz nicht kennt - und anschließend noch die um die Orga-Haft verlängerte Höchstfrist. Dann hat der VU quasi diese Zeit doppelt verbüßt. Das darf nicht sein.
    Aber in meinem Fall denke ich liegt das ja gerade nicht so. Der Abzug würde ja zu einer Besserstellung führen.

  • Zu advocatus diaboli:

    Nach 67 IV StG kann die Zeit der Unterbrinung auf die Strafe angerechnet werden, bis 2/3 verbüßt sind. Faglich ist wie mann die 2/3 errechnet:

    a) vor Entscheidung des BVerfG.

    Strafbeginn
    + Strafe
    ./. U-Haft
    ./. Org-Haft
    Strafende
    davon 2/3

    b) nach Entscheidung des BVerfG.

    Strafbeginn
    + Strafe
    ./. U-Haft
    Strafende
    davon 2/3


    c) abwegig (vgl. Rpfleger 06, S 284)

    Strafbeginn
    + Strafe
    Strafende
    davon 2/3

    Vom letzten Drittel werden dann U-Haft und Org-Haft abgezogen

    zu diaboli:

    Nach Meyer-Goßner Anm 7 zu § 457 StPO kann die Vollstreckungsbehörde die Strafzeitberechnung vom Gericht nicht überprüfen lassen.

    Sie könnte aber Verteidiger oder den VU dazu anhalten.

    Zuständig: m.E. StVK auf Haftort. Meyer-Goßner schweigt sich aus, sonst habe ich keinen Kommentar zur Hand.

  • Die Anrechnung der Org.-Haft erfolgt immer erst dann, wenn es tatsächlich zur Vollstreckung des restlichen Drittels der Strafe kommt und die Vollstreckung sich bereits zum Zeitpunkt der Beedigung der Unterbrinung in der verlängerten Höchstfrist befand; 2/3 der Strafe müssen also dann schon durch Anrechnung erledigt sein.
    Zum dargestellten Sachverhalt kann ich nur anmerken, daß mir nicht klar ist, weshalb es zu einer Vorverlegung des Strafbeginns kommen soll. Bei der Berechnung nimmt man den Unterbringungsbeginn=Strafbeginn und muß dann eben sämtliche Vorverbüßungen incl. der in den einbezogenen Strafen erlittenen Haft anrechnen. Dann müßte man auch eine verlängerte Höchstfrist erhalten.

  • Zitat von alterHase

    Die Anrechnung der Org.-Haft erfolgt immer erst dann, wenn es tatsächlich zur Vollstreckung des restlichen Drittels der Strafe kommt und die Vollstreckung sich bereits zum Zeitpunkt der Beedigung der Unterbrinung in der verlängerten Höchstfrist befand; 2/3 der Strafe müssen also dann schon durch Anrechnung erledigt sein.
    Zum dargestellten Sachverhalt kann ich nur anmerken, daß mir nicht klar ist, weshalb es zu einer Vorverlegung des Strafbeginns kommen soll. Bei der Berechnung nimmt man den Unterbringungsbeginn=Strafbeginn und muß dann eben sämtliche Vorverbüßungen incl. der in den einbezogenen Strafen erlittenen Haft anrechnen. Dann müßte man auch eine verlängerte Höchstfrist erhalten.



    im vorliegenden Fall war es so, dass der ( fiktive) 2/3 ZP bereits seit langem überschritten war ( 6 Monate). Der VU befand sich aber noch in der normalen, unverlängerten Höchstfrist. Hierzu kam es eben, weil ein Großteil der Strafe bereits in den einbezogenen Sachen verbüßt wurde oder aufgrund der U-Haft.
    Wie sieht es dann da aus?

  • Denn dann ist ja "fiktiv das letzte 1/3" angebrochen. Aber er befindet sich nicht in der verlängerten Höchstfrist.
    Den Zeitraum des Doppelvollzuges ab fiktiv 2/3 bis zur Überstellung in die JVA verbüßt er ja dennoch "zusätzlich".
    Aber ist das nicht immer so? Hat doch mit der ORGA-Haft insoweit nichts zu tun, oder?
    Ich blick*s gerade gar nicht mehr. Der Mist ist, dass man sich unheimlich schwer tut, wenn man mal aus der vollstreckung draußen ist.

  • Diese Konstellation ergibt sich, weil der (alte) Strafbeginn am 08.04.02 zugrunde gelegt wurde. Beginnt man die Berechnung ab dem 12.06.05 müßte es doch trotz der Anrechnung von zuvor verbüßter Haft noch möglich sein, die Berechnung nachvollziehbar durchzuführen. Ohne den Sachverhalt im einzelnen zu kenne, ist es enorm schwierig hier eine passable Antwort zu geben. Die Vorlage an das Gericht ist in dieser Situation sicherlich die eleganteste Lösung.

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