Nacherbenvermerk und Übertragung des Anwartschaftsrechtes

  • Mit der Suchfunktion habe ich nichts gefunden, daher hier mal eine Frage an alle:
    Es ist Nacherbschaft ohne Ersatznacherbfolge angeordnet. Die Nacherben übertragen ihre Anwartschaftsrechte nunmehr auf den Vorerben.
    Kann ich den Nacherbenvermerk löschen oder muss ich ggfls. wg. möglicher vermuteter Ersatznacherbfolge (wg. § 2069 BGB) etwas beachten? Dazu habe ich aber keine Infos.
    Bin mir unsicher, neige aber dazu, den Vorerben als Alleineigentümer einzutragen und den Nacherbenvermerk zu löschen.

  • Wie lautet denn der diesbezügliche Antrag und wie wird er begründet?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Offenbar war der Erblasser Alleineigentümer, sodaß jetzt der Vorerbe als Alleineigentümer und der entsprechende Nacherbenvermerk eingetragen ist. Also kann keine Eigentumsumschreibung beantragt sein, der Vorerbe ist schon als Eigentümer eingetragen. Das Problem scheint zu sein, ob der Nacherbenvermerk gelöscht werden kann, weil alle Nacherben ihre Anwartschaftsrechte notariell auf den Vorerben übertragen haben. Das hängt davon ab, ob es Ersatznacherben gibt.

    Beruht die Eintragung des Vorerben und des Nacherbenvermerks auf einem Erbschein oder auf einer notariellen letztwilligen Verfügung? Was ist im Erbschein oder im Testament zu Ersatznacherben gesagt? Die Erwähnung des § 2069 BGB im Sachverhalt läßt mich vermuten, daß Kinder des Erblassers zu Nacherben bestimmt sind, im Nacherbenvermerk aber keine Ersatznacherben erwähnt wurden.

  • Eigentumsumschreibung und Löschung des Nacherbenvermerkes.



    Wieso Eigentumsumschreibung? Der Vorerbe dürfte doch schon als Eigentümer eingetragen sein. Seine Beschränkung durch die angeordnete Nacherbschaft ergibt sich doch nur aus dem Nacherbenvermerk.

  • Der Sachverhalt ist sehr unterschiedlich zu beurteilen, je nachdem, ob es Ersatznacherben gibt oder nicht.
    Hast du einen Erbschein vorliegen? Dann müsste sich daraus ja auch die Einsetzung von Ersatznacherben ergeben. Ansonsten musst du über die mögliche Anwendbarkeit von § 2069 BGB leider selbst entscheiden.
    Wie weiter zu verfahren ist, steht ziemlich gut beschrieben in RdNr. 3528 Schöner/ Stöber.

    Ich hatte mal einen Fall mit Ersatznacherben. Da habe ich den Nacherbenvermerk nicht gelöscht, sondern nur einen Vermerk in der Veränderungsspalte eingetragen und den Namen des Nacherben gerötet.

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Es liegt eine letztwillige Verfügung vor, über Ersatznacherben ist nichts gesagt, Schöner/Stöber hab´ ich gelesen.
    Bin nur bei beck-online bei "Nieder-Testamentsgestaltung" über die mögliche Anwendung des § 2069 BGB gestolpert.
    Schöner/Stöber (jedenfalls meine Auflage - die 13.) spricht nur vom "berufenen" Ersatznacherben.

  • Die Frage des § 2069 BGB wäre schon bei der Testamentsauslegung anläßlich der Eintragung des Nacherbenvermerks zu entscheiden gewesen - Ersatznacherben sind im Erbschein und demzufolge auch im Nacherbenvermerk anzugeben. Es ist nach meiner Auffassung praktisch der Regelfall, daß die Abkömmlinge der zu Nacherben bestimmten Kinder nach § 2069 BGB Ersatznacherben sind. Es kann daher nur die Übertragung der Anwartschaftsrechte der Nacherben im Grundbuch eingetragen werden. Der Nacherbenvermerk muß bestehen bleiben und er dürfte bezüglich der Ersatznacherben auch von Amts wegen zu ergänzen sein. Die Übertragung des Anwartschaftsrechts wird wirkungslos, wenn ein Nacherbe den Nacherbfall nicht erlebt und Abkömmlinge hinterläßt (Palandt-Edenhofer § 2108 Rn. 10).

    Der Vorerbe kann seinem Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks zum Erfolg verhelfen, wenn er einen Erbschein beantragt, in dem keine Ersatznacherben vermerkt sind. Ein Erbschein mit diesem Inhalt wird voraussichtlich nicht erteilt werden.

  • Bin über die Formulierung "wenn der Erblasser keinen Ersatznacherben berufen hat" gestolpert. Das setzt nach dem Wortlaut m. E. voraus, dass der Erblasser in der letztwilligen Vfg. explizit Ersatznacherben bestimmt hat.
    Aufgrund der Formulierung im Schöner/Stöber hätte ich jetzt eigentlich ohne weiteres den Nacherbenvermerk gelöscht.
    Erst mein weiteres Forschen brachte mich zum 2069.
    Bin nicht der Super-Nachlassexperte und tue mich mit dem Bereich Vor/Nacherbschaft immer etwas schwer.
    In 13 Jahren Grundbuch ist mir der Fall der Übertragung des Anwartschaftsrechtes des NE auf den VE auch noch nie untergekommen.
    :confused:

  • Es liegt ein Erbschein vor. M ist befreite Vorerbin, S und T sind Nacherben. Keine Ersatznacherben. In notarieller Urkunde übertragen S und T ihr Nacherbenanwartschaftsrecht an M.
    Das GB ist noch nicht berichtigt. Der Erblasser war Alleineigentümer.

    Eingetragen werden soll M als Alleinerbin ohne Beschränkung.

    Gemäß privatschriftlichem Testament sind S und T und alle weiteren Kinder Nacherben. Die Vererblichkeit und Übertragbarkeit wurde nicht ausgeschlossen.
    Ersatznacherben sind nicht benannt.

    Wären diese nicht gemäß § 2069 die Abkömmlinge des jeweiligen Nacherben?

    Oder interessiert mich dies nicht, da ja ein Erbschein ohne Ersatznacherben vorliegt.

  • Kommt darauf an, ob der Erbschein inhaltlich richtig ist. Wahrscheinlich ist er es (wegen § 2069 BGB) nicht, sodass ich beim Nachlassgericht deren Einziehung und inhaltlich zutreffende Neuerteilung anregen würde. Dies hätte allerdings bereits anlässlich der Eintragung des Nacherbenvermerks erfolgen sollen.

    Hier sieht man wieder einmal, welche fatalen Folgen ein unrichtiger Erbschein haben kann. Denn wenn der Nacherbe den Nacherbfall nicht erlebt und Ersatznacherben an seine Stelle treten, wirkt die Übertragung des NE-AWR auf den Vorerben nicht auch für die Ersatznacherben, es sei denn, sie hätten ihre AWR ebenfalls auf den Vorerben übertragen.

    Aus meiner aktiven Zeit weiß ich zu berichten, dass mindestens die Hälfte aller Erbscheine, die eine Nacherbschaft verlautbaren, inhaltlich falsch ist, weil man in früherer Zeit die sich aus § 2069 BGB ergebende Ersatznacherbfolge nahezu regelmäßig nicht vermerkt hat (wodurch dann auch die Grundbücher falsch wurden, weil auch die Grundbuchämter die Dinge nicht hinterfragten). Meist hatte diese Unrichtigkeit aber keine negativen Konsequenzen, weil die Nacherben den Nacherbfall erlebt hatten oder man es bei der späteren Erteilung des Nacherbenerbscheins dann einfach richtig machte.

    Oft ist es aber leider so, dass die Nachlassgerichte ihre fehlerhafte Sachbehandlung - obwohl meist von heute gar nicht mehr tätigen Richtern fabriziert - nicht eingestehen wollen und stur an ihrer offenkundig unrichtigen Ansicht festhalten. Und dann soll das Grundbuchamt auch noch "Hurra" schreien, weil man auch an einen erkennbar unrichtigen Erbschein gebunden sein soll?

    Leider sind die nachlassgerichtlichen und - bei Erbscheinen hieraus folgend, bei notariellen Testament aber selbstverschuldet - auch die grundbuchamtlichen Sachbehandlungen bei Nacherbfolgen extrem fehlerbehaftet. Ich habe nie begriffen, weshalb das so ist. Das Recht der Nacherbfolge ist zwar mitunter kompliziert, aber nicht derart, dass man es nicht begreifen könnte.

    Natürlich sind auch viele notarielle Testamente diesbezüglich "Schrott".

  • Dann war es absolut richtig, sich über den zutreffenden Inhalt des Erbscheins Gedanken zu machen, weil die Problematik des § 2069 BGB bei zu Nacherben eingesetzten Kindern förmlich ins Auge springt.

    Der Umstand, dass neben S und T auch noch alle weiteren Kinder (des Erblassers!) Nacherben sein sollen, sollte dagegen zu vernachlässigen sein, weil sich der Kreis der Abkömmlinge in dem Zeitraum zwischen Testierung und Erbfall nicht mehr verändert hat.

    Wie gesagt: Ich würde beim Nachlassgericht auf die Problematik hinweisen und die Einziehung des Erbscheins anregen, weil davon auszugehen ist, dass die Abkömmlinge der Nacherben zu Ersatznacherben berufen sind (§ 2069 BGB). Ich würde es so handhaben, dass ich mir die Nachlassakte anfordere und nachsehe, ob zu dieser Problematik irgendwelche Erklärungen (oder zumindest Überlegungen) angestellt wurden. Sodann würde ich die Akten mit meiner Einziehungsanregung wieder zurückleiten.

    Dass § 2069 BGB im Verhältnis zur Vererblichkeit des Nacherbenrechts in aller Regel Vorrang hat, ergibt sich aus folgender Überlegung: Nehmen wir an, S verstirbt vor dem Eintritt des Nacherbfalls, hinterlässt Abkömmlinge und setzt seinen Ehegatten zum Alleinerben ein. Dann wird der besagte Ehegatte kraft Vererblichkeit des Nacherbenrechts neben T hälftiger Nacherbe und die Abkömmlinge von S gehen leer aus. Dies wird in aller Regel keinesfalls dem Erblasserwillen entsprechen.

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