Gemeinschaftliches Testament - Ehefrau schlägt aus

  • Hallo alle zusammen!

    Wie seht ihr das?

    Ehegatten haben ein gemeinschaftliches Testament errichtet mit gegenseitiger Erbeinsetzung und die gemeinsame Tochter als Schlusserbin vorgesehen.

    Es liegt der erste Sterbefall vor; die Ehefrau schlägt jedoch die Erbschaft nach ihrem Ehemann aus allen Berufungsgründen aus.

    Würdet Ihr sagen, dass die Tochter nunmehr aufgrund gesetzlicher Erbfolge Alleinerbin wird oder aufgrund des Testaments als Ersatzerbin erbt.

    Eine ausdrückliche Erklärung hinsichtlich einer Ersatzerbschaft enthält das Testament nicht.

  • Sie erbt als testamentarische Erbin. Es gibt da auch nen Auslegungsparagraphen...mein ich. Bin aber grade zu Hause und hab kein Gesetz zur Hand. In dem steht so ungefähr, dass wenn jmd. als Nächstberufener bestimmt ist, gilt der als nächster Erbe egal ob die andere Person durch Tod oder anderweitig weggefallen ist.

  • Eine solche Auslegungsnorm gibt es nur für den Fall der Nacherbschaft (§ 2102 Abs. 1 BGB). Bei der Ausschlagung wird lediglich gesetzlich fingiert, daß der Ausschlagende vorverstorben ist (§ 1953 Abs. 2 BGB). Der in einem gemeinschaftlichen Testament bedachte Schlußerbe kann nur kraft Testaments erben, wenn er durch Auslegung als Ersatzerbe für den als Alleinerbe vorgesehenen Ausschlagenden angesehen werden kann (§ 2096 BGB). Ansonsten tritt gesetzliche Erbfolge ein, die hier zum gleichen Ergebnis wie eine Ersatzerbenberufung führt.

    Wenn die Frage darauf abzielt, wer für die Erteilung des Erbscheins funktionell zuständig ist, würde ich empfehlen, daß der Erbschein vom Nachlaßrichter erteilt wird. Man umgeht damit die Gefahr, daß der vom Rechtspfleger erteilte Erbschein einzuziehen ist, auch wenn testamentarische und gesetzliche Erbfolge identisch sind.

  • Hallo, ich setze meine Frage mal hier darunter :)

    In meinem Fall haben sich Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament zu gegenseitigen Alleinerben eingesetzt.
    Schlusserbe soll das Kind der Ehefrau sein.
    Der Ehemann verstirbt, die Ehefrau schlägt aus.
    Der Ehemann hatte keine eigenen Kinder.
    Würdet ihr den als Schlusserben eingesetzten jetzt auch als „Ersatzerben“ sehen und bezüglich der Ausschlagung anschreiben?

  • In einer solchen Konstellation wird der Schlusserbe regelmäßig kein Ersatzerbe (OLG Hamm, FD-ErbR 2014, 357525, beck-online).
    Der Wortlaut der Verfügung wäre allerdings interessant, da man im Einzelfall natürlich auch zu einem anderen Ergebnis kommen kann.

  • Der Wortlaut ist wie folgt:

    Erbeinsetzung:
    Wir setzen uns gegenseitig, der Zuerstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen Erben ein, gleichgültig, ob und welche Pflichtteilsberechtigten aus ehelicher oder nichtehelicher Verwandtschaft beim Tode des Zuerstversterbenden vorhanden sind.

    Verfügung des Zuletztlebenden
    Der Längstlebende von uns beruft zu seinem Erben den Sohn der Ehefrau, nämlich Herrn X (Adresse + Geburtsdatum).
    Zu Ersatzerben beruft er die Abkommenschaft des Genannten zu gleichen Teilen nach Stämmen.

    Sollte beim Tod des Längstlebenden von uns weder Herr X leben oder sollte keiner der benannten Nacherben existieren so beruft der Längstlebende zum weiteren Ersatzerben den Neffen der Ehefrau, Herrn Y.

  • Also sowohl Schlusserbe, als auch Ersatzerbe und weiterer Ersatzerbe Verwandte der Ehefrau. Da würde es mir schwerfallen, über die gesetzliche Erbfolge in die Verwandtschaft des Ehemanns zu geraten. Wie wäre es denn mit einer Anhörung der Ehefrau, die sollte doch zu den Motiven der Erbeinsetzung etwas sagen können?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Nach meiner Auffassung würde die gesetzliche Erbfolge greifen.
    Wenn es nur darum geht, wen du als Nächstberufenen im Ausschlagungsverfahren anschreibst, würde ich auf Nummer sicher gehen und sowohl die gesetzlichen Erben als auch den Schlusserben anschreiben.

  • Mir gefällt die Begründung des OLG Hamm nicht so richtig. Denn letztlich muss doch bei fehlenden Angaben im Testament zuerst geprüft werden, was sich über eine ergänzende Auslegung zum tatsächlichen Testierwillen entnehmen lässt. Und dann war der damals entschiedene Fall doch auch etwas anders gelagert.

    Wer ausschlägt, gilt als vor dem Erbfall verstorben. Unter dieser Prämisse betrachtet, wäre der jetzt verstorbene Ehemann wie der Zweitverstorbene und würde dann genau auch das Kind der Frau dessen Alleinerbe/Schlusserbe werden. Es tritt genau das ein, was die Testierenden wollten. Nur eben, dass zunächst die Ehefrau keine Erbin mehr wird. Aus deren eigenen Entscheidung.

    Wie dem auch sei…wenn sich das Gericht der Erbfolge und auch der Erben nicht sicher ist und es wegen de überschuldeten Nachlasses (wahrscheinlich wird auch noch eine Immobilie im Nachlass sein) und so weiter ein Sicherungs- und Regelbedürfnis ergibt…ihr ahnt es…dann wäre eine Nachlasspflegschaft anzuordnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!