Nicht genügend geeignete Bewerber?

  • Nach Feststellungen des BdR finden die Justizverwaltungen nicht mehr genügend geeignete Bewerber für den Beruf des Rechtspflegers. In Berlin wurden dem Vernehmen nach im vergangenen Jahr nur gut die Hälfte der zur Verfügung stehenden Anwärterstellen besetzt. Und dies, obwohl über 800 Bewerbungen vorgelegen haben sollen. Die entsprechene Veröffentlichung findet sich hier auf Seite 2.

    Vielleicht ändert sich die Situation aber auch bald wieder. Erfahrungsgemäß steigt das Interesse für unterbezahlte Beamtenposten in Krisenzeiten.

  • Das kann ich für Ba-Wü nur unterschreiben.

    Im letzten Einstellungsjahrgang 2008 konnte auch eine stattliche Zahl an freien Stellen für Anwärter nicht besetzt werden.
    Man gibt hier offen zu , dass die Qualtität der Bewerber in den letzten Jahren gesunken sei.

  • Zitat von bdr-online

    Auch in Hessen sind die Bewerberzahlen 2008 im Vergleich zum Vorjahr um ca. 30% eingebrochen. Von den verbliebenen 615 Bewerbungen wurden 581 Bewerber zum Einstellungstest geladen. Lediglich 19 der getestenen Bewerber wiederum waren uneingeschränkt für den Rechtspflegerberuf geeignet. Weitere 77 Bewerber waren nur mit Einschränkungen geeignet.


    Allein diese Aussage ist schon erschreckend!


    Kein Wunder, dass die OLGs keinen fertigen Rpfl. mehr gehen lassen!


  • Man gibt hier offen zu , dass die Qualtität der Bewerber in den letzten Jahren gesunken sei.



    Die Qualität der Bewerber ist auch in unserem Beruf in den letzten Jahren stark gesunken. Oft hat man am Ende nur die Auswahl zwischen "Not" und "Elend".

    Der Klügere gibt nach, aber nicht auf. ;)

  • Wenn ich mir überlege, daß ich vor ca. 10 Jahren, als ich bereits einige Jahre Berufserfahrung als ReNo und außerdem ein abeschlossenen Hochschulstudium hatte (also ungleich qualifizierter war als alle Schulabgänger, die sich ebenfalls beworben hatten), nicht zum Rechtspflegerstudium zugelassen wurde, weil ich beim Kopfrechen- und Konzentrationstest (o.k., nach einer 40-Stunden-Woche am Samstagmorgen war einfach nicht mehr drin) nicht besonders gut abgeschnitten hatte, frage ich mich schon, nach welchen Kriterien Anwärter überhaupt ausgwählt werden.

  • ..., frage ich mich schon, nach welchen Kriterien Anwärter überhaupt ausgwählt werden.



    Das fragen wir uns auch, wenn wir die Ergebnisse als Kollegen bekommen. Man hört, dass zur Zeit viel Wert auf Teamfähigkeit gelegt werden soll. Blöd nur, wenn mann dann in der Praxis feststellt, dass man ganz alleine entscheiden muss und der Beschluss auch nicht vom Team unterschrieben wird, sondern nur der eigene Name darunter steht.

  • Legt allen Ernstes jemand Wert auf Teamfähigkeit aus den Chefetagen??

    Das kann ich mir anhand der hier herrschenden Verhältnisse echt nicht vorstellen...

    Im Gegenteil, man hat hier eher das Gefühl, das ein gutes Arbeitsklima eben nicht gewünscht wird! Durch das Rotationsprinzip wird ein allzu enges Kollegenverhältnis doch unterbunden, dazu wurde noch die Frühstückspause im Rahmen einer "Kaffeerunde" gestrichen/verboten usw. ...

    Und dann soll allen ernstes Wert auf Teamfähigkeit gelegt werden?? Wozu das denn??

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Sorry, aber den Artikel in diesem tollen blauen Heftchen , was mir auch zugeschickt wurde, finde ich schon ulkig.
    Ich bin eher der Meinung, dass die Ansprüche viel zu hoch gesteckt werden bei der Auswahl der Bewerber.
    Hier in S.-H. möchte man ja am liebsten nur Abiturienten mit nem Einser-Schnitt haben.
    Aber warum soll denn nur so ein Schulabgänger geeignet sein und einer mit 2,5 nicht ? ?
    Wenn das OLG schon im 1. Stadium der Bewerberauswahl (nur anhand Sichtung der Bewerbungen) erst mal alles was schlechter als 2,3 ist aussiebt, haben sie nicht das Recht zu sagen, es fehlen geeignete Bewerber wenn sie den anderen gar keine Chance gegeben haben.
    Und 3 Jahre später wundert sich das OLG , warum plötzlich 10 % der eingestellten Überflieger keine Lust mehr haben, in der Praxis zu arbeiten und doch lieber noch nen Jurastudium anfangen.
    Der Artikel des BDR ist nur bedingt zutreffend !

  • Sorry,
    Ich bin eher der Meinung, dass die Ansprüche viel zu hoch gesteckt werden bei der Auswahl der Bewerber.
    Hier in S.-H. möchte man ja am liebsten nur Abiturienten mit nem Einser-Schnitt haben.
    Aber warum soll denn nur so ein Schulabgänger geeignet sein und einer mit 2,5 nicht ? ?



    Und das absurde geht ja nach dem Studium noch weiter.
    Selbst bei einem Rechtspflegernotstand soll es da ja ein BL ganz im Norden geben, das seine Rechtspfleger nicht übernimmt/fest anstellt/neu einstellt (obwohl sie sich tlw. im Angestelltenverhältnis schon als gute Rpfl. bewährt haben), wenn diese ein schlechteres Diplom als 3 haben.



  • ach ja, den Quatsch mit dem Diplom hatte ich auch schon mal gehört.

    Und dann stellt unser Bundesland auch noch absichtlich weniger Leute ein mit dem Hintergedanken, man könne so das Geld für eine eigene Ausbildung sparen, indem man später die überzähligen im Bundesgebiet nicht übernommenen Rpflg. ablösefrei abwerben und hier zum Einsatz bringen kann.
    Das sind dann zwangsläufig die mit dem schlechteren Diplom, aber natürlich nicht zwangsläufig auch die in der Praxis schlechteren Rpflg.
    Ein Jahr später wundert man sich doch glatt beim OLG, dass einige aufgrund Heimweh (Entfernung etwa 800 km und mehr) doch lieber wieder in ihre Heimat möchten.
    Eine Personalpolitik, die für mich in keinster Weise mehr nachvollziehbar ist.

  • Ich kanns verstehen, dass sich immer weniger bewerben.

    Wir sind hier chronisch unterbesetzt, werden immer schlechter bezahlt (nach mehreren Jahren Null-Runden kann man ja nicht mehr von gerechter Bezahlung reden) und es werden noch weiter Leute abgezogen, obwohl man eigentlich welche einstellen sollte.
    Dann werden jetzt einige nach der Prüfung zuerst als Angestellte übernommen.
    Die Zeit, wo man dann als Angestellte tätig ist bekommt man weniger Gehalt, obwohl man die selbe Arbeit macht, wie der "normale" Rechtspfleger und wenn man dann Glück hat und übernommen wird, dann wird die Zeit, die man schon als Angestellte geleistet hat auf die Beamtenlaufbahn nicht einmal angerechnet.
    Das einzig positive, was mir zu unserem Job noch einfällt ist der sichere Arbeitsplatz und ein abwechslungsreiches Tätigkeitenfeld.
    Wenn ich nochmal die Wahl hätte, dann würde ich mich wahrscheinlich auch für etwas anderes entscheiden.
    Zudem gebe ich meinen Vorpostern Recht, das OLG stellt viel zu hohe Anforderungen bei den Bewerbern.
    Ein Abiturient mit einem Notendurschnitt von 3,0 kann immernoch besser geeignet sein als ein Abiturient mit einem Schnitt von 1,0.
    Was sagen Noten schon über die Leistungsbereitschaft und die Teamfähigkeit eines Bewerbers aus?
    Man sollte auch "schlechteren" Abiturienten eine Chance geben sich zu beweisen!
    Wenn die Bewerberzahlen weiter zurückgehen haben die OLG's eh keine andere Wahl mehr als den Notendurchschnitt anzuheben.

  • Ich finde, genau diese Misere haben unsere Landesregierungen verdient. Was glauben die eigentlich: dass wir Leibeigene sind?
    Der Nachwuchs fehlt nicht nur im Rechtspflegerbereich. Auch Richter sind schwer zu finden. Gleiches gilt für Angestellte: Bei uns haben sich im letzten Jahr deutlich weniger für eine Ausbildung beworben. Passend hierzu waren dann vom OLG die Anforderungen so hoch geschraubt worden, dass etliche Gerichte nicht einmal ihre Ausbildungsstellen voll besetzen konnten.
    Solange der öffentliche Dienst (=der Arbeitgeber) alles dafür tut, nach außen hin Signale zu setzen wie längere Arbeitszeiten, steigende Belastung, weniger Geld, werden sich Abiturienten, denen jedes Studium offen steht, nicht dafür entscheiden. Allein ein sicherer Arbeitsplatz vermag die jungen Leute von heute glaube ich nicht mehr zu überzeugen.
    Aussage einer Bekannten von mir, deren Tochter z. Zt. eine Ausbildung zur Rechtspflegerin macht und deren Ehemann Richter ist: " xxx wird nach der Ausbildung nicht als Rechtspflegerin arbeiten. Für die Bezahlung ist sie viel zu hoch qualifiziert.... Sie wird weiter studieren." Ich gehe davon aus, dass von den eingestellten und dann fertigen Anwärtern mindestens 30 % den Dienst gar nicht antreten.

  • Ich finde diese Entwicklung ehrlich gesagt prima. Nur so kann auch dem dümmsten Politiker (ein Titel um den sich ja heute viele zu streiten scheinen) vor Augen geführt werden, dass ein sicherer Arbeitsplatz eben nicht das K.O.-Kriterium ist, für das die Leute immer weitere Einkommensnachteile und Arbeitszeitverlängerungen in Kauf nehmen.
    Ich glaube, dass eine Situation, in der nicht mehr genügend Nachwuchs rekrutiert werden kann, die einzige Chance für uns ist, Verbesserungen zu erreichen.

  • Der Film ist gut.
    Sag ich nun mal so als Anfänger.

    Aber grade wie die ersten Szenen mit den Interviews der Leute auf der Straße, so kenn ich es auch im eigenen Umfeld.
    Egal wen ich von meinen Freunden und Kollegen frag, ob sie wissen was ein Rechtspfleger sei oder was er macht kommen nur ratlose Blicke.


  • Egal wen ich von meinen Freunden und Kollegen frag, ob sie wissen was ein Rechtspfleger sei oder was er macht kommen nur ratlose Blicke.


    Schon schon. Ich frage mich nur - angesichts des üppigen Burn-out-Threads, ab es wirklich besser ist, den Beruf zu kennen, wenn man sich bewirbt. ;)
    Ich bin raus und das ist gut so.

  • Zitat von bdr-online

    Lediglich 19 der getestenen Bewerber wiederum waren uneingeschränkt für den Rechtspflegerberuf geeignet. Weitere 77 Bewerber waren nur mit Einschränkungen geeignet.



    Was bedeutet "nur mit Einschränkungen geeignet" praktisch? Wird man dann nicht eingestellt oder wenn doch, wird während der Ausbildung und vielleicht auch noch später genauer hingeschaut?

  • Dann werden jetzt einige nach der Prüfung zuerst als Angestellte übernommen.
    Die Zeit, wo man dann als Angestellte tätig ist bekommt man weniger Gehalt, obwohl man die selbe Arbeit macht, wie der "normale" Rechtspfleger und wenn man dann Glück hat und übernommen wird, dann wird die Zeit, die man schon als Angestellte geleistet hat auf die Beamtenlaufbahn nicht einmal angerechnet.

    Wo gibts denn das?

  • Ich gehe davon aus, dass die Zahl der burn out-Fälle bei uns weiter steigen wird. Dieses Jahr ging die Belastung bei uns zwar erstmals wieder minimal runter, aber so wie wie vor 10 Jahren oder länger ist es leider nicht mehr und wird es wohl auch nicht mehr werden.
    Im Schnitt 1x im Jahr - wenn einer in den Ruhestand geht, aus privaten Gründen ausscheidet oder zu einem anderen Gericht etc. wechselt - gibst erst mal für mindestens das nächste halbe Jahr (bis Ersatz kommt) eine Notumverteilung, sprich ein Dezernat wird auf alle verteilt. Diese regelmässigen zusätzlichen Belastungen sind bei den ohnehin schon grossen Dezernaten auf Dauer nicht auszuhalten.

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